Das Bürokratiemonster kommt noch, Herr Kollege Frömmrich. – Die Meinung derer, die es insbesondere betrifft, nämlich der kommunalen Seite, lautet: Wir brauchen ein solches Bürokratiemonster nicht. – Das ist das Ergebnis der Anhörung, zumindest was die Kommunalen Spitzenverbände angeht. Ich finde, das sollten wir in diesem Plenarsaal nicht verheimlichen.
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das waren aber die Einzigen! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ein solches Gesetz ist absolut überflüssig. Es widerspricht einem konsequenten Bürokratieabbau, dem Sie ansonsten in Sonntagsreden gerne zustimmen.
Wir haben bereits heute ausreichende Akteneinsichtsrechte im Bereich des Datenschutzes, im Bereich der Pressegesetze, im Verwaltungsverfahrensgesetz und in fachspezifischen Gesetzen,z.B.der Umweltgesetzgebung. Wir brauchen also kein zusätzliches Informationsfreiheitsgesetz. Da geben wir den Kommunalen Spitzenverbänden uneingeschränkt recht.
Herr Kollege Frömmrich, das hat nichts mit Angst zu tun. Wir sind sehr dankbar dafür, wenn sich Bürger in unserer Gesellschaft aktiv beteiligen. Dafür bedarf es aber eines solchen Gesetzes, wie es hier vorgelegt worden ist, nicht.
Wir haben von unserer Seite festzustellen: Auch dieser Gesetzentwurf der LINKEN folgt einem falschen Staatsund Verwaltungsverständnis. Das generelle Misstrauen, das Sie hier zum Ausdruck bringen, haben wir nicht. Wir
Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, in dem es hinreichend Rechte gibt, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns überprüfen zu lassen. Ein Teil dieser Überprüfung sind z. B. wir, das parlamentarische Kontrollorgan. Ein weiterer Teil ist der Rechtsschutz durch die Gerichte. Auch dort findet eine Verwaltungskontrolle statt. Dabei gilt nicht der Beibringungsgrundsatz – wie z. B. in Zivilprozessen –, sondern im Verwaltungsprozess gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, sodass hinreichende Informationen durch die Ämter selbst beigebracht werden. Insofern gibt es auch hier keine Notwendigkeit, ein solches Gesetz zu beschließen.
Darüber hinaus gibt es Akteneinsichtsrechte – allerdings immer vor dem Hintergrund, dass derjenige, der eine Information haben möchte, auch ein berechtigtes Interesse hat. Das halten wir für notwendig. Derjenige, der eine Information vom Staat haben möchte, muss ein berechtigtes Interesse haben. Verwaltungen sind nicht dazu da, die Neugier von Bürgerinnen und Bürgern in bestimmten Einzelfragen zu befriedigen.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein Gott! Demokratie funktioniert ohne Bürger am allerbesten, nicht wahr?)
Lassen Sie mich daher für die CDU-Fraktion zum Abschluss noch einmal feststellen: Wir werden einem Informationsfreiheitsgesetz weder in grüner noch in roter, noch in dunkelroter Form zustimmen. – Vielen Dank.
Danke,Herr Beuth.– Als Nächster hat Herr Kollege Weiß für die SPD-Fraktion die Möglichkeit, am Mikrofon seine Position darzulegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon ein abenteuerliches Verfahren, das wir heute von den LINKEN erleben. Es liegen zwei gute Gesetzentwürfe für ein Informationsfreiheitsgesetz vor. Sie wurden in erster Lesung eingebracht und in schriftlicher und mündlicher Anhörung ausführlich beraten.
Der normale Gang des Verfahrens, den auch unsere Geschäftsordnung vorsieht, ist, dass eine Fraktion Änderungsanträge in der Ausschusssitzung – oder danach – zu den vorliegenden Gesetzentwürfen einbringt. Von den LINKEN ist kein Änderungsantrag zu den Gesetzentwürfen der SPD und der GRÜNEN gekommen. Stattdessen präsentieren Sie uns, nachdem Sie zu diesem Thema ein halbes Jahr lang gar nichts gesagt haben,einen eigenen Gesetzentwurf, der so überflüssig wie ein Kropf ist und dessen inhaltliche Abweichungen von den bereits vorliegenden Entwürfen problemlos auch in einem Änderungsantrag hätten dargestellt werden können. Das wäre das richtige parlamentarische Verfahren gewesen.
Die Begründung des Kollegen Wilken stammt aus der Stellungnahme von Prof.Kloepfer in der Anhörung zu unserem Gesetzentwurf: die Regelungen des UIG und des IFG sollten so weit wie möglich harmonisiert werden. – Herr Kollege Wilken hat aber offenbar nicht verstanden, dass „harmonisieren“ etwas anderes bedeutet als „integrieren“. Die Zusammenfassung von IFG und UIG, die die LINKEN hier versucht haben, ist nicht unproblematisch. Deshalb hätten die LINKEN lieber die Finger davon lassen sollen. Das Ergebnis, das Sie uns heute präsentieren, ist nicht nur untauglich, sondern erweist dem berechtigten Anliegen, möglichst schnell ein Recht auf Informationsfreiheit in Hessen zu verabschieden, einen Bärendienst.
Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf auf die explizite Ausweisung von einzelnen Umweltinformationstatbeständen zugunsten einer Generalklausel verzichtet. Ob dies der Umweltinformationsrichtlinie der EU entspricht, aufgrund derer das hessische UIG geschaffen werden musste, darf durchaus bezweifelt werden. Zweifelsfrei schmücken Sie sich mit Ihrem Gesetzentwurf mit fremden Federn, da Sie etwa 95 % Ihres Gesetzestextes aus dem hessischen UIG und – das ist besonders dreist – aus den Gesetzentwürfen der SPD und der GRÜNEN übernommen haben. Die restlichen 5 % sind Eigenleistung – und noch dazu handwerklich so schlecht gemacht,wie man es nach einem halben Jahr Anlauf eigentlich nicht hätte erwarten können.
Im Einzelnen – der Kollege Frömmrich hat auf einzelne Punkte schon hingewiesen –: In § 2 Abs. 2 Ihres Gesetzentwurfs muss es statt „Kontrolle nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1“ „Kontrolle nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2“ heißen. Das kommt davon, wenn man Sachen zusammenfügt und nachher nicht schaut, ob alles passt.
In Abs. 2 Nr. 7 wird auf § 2 Abs. 3 Ihres Gesetzes verwiesen. Den gibt es aber gar nicht. Auch hier wurde die Regelung des UIG 1 : 1 übernommen, ohne zu schauen, ob es überhaupt passt.
In § 8 haben Sie offensichtlich ganz bewusst weggelassen, die internationalen Beziehungen und die Landesverteidigung als schutzwürdige Belange zu bezeichnen, wie es im UIG und auch in den Gesetzentwürfen der SPD und der GRÜNEN der Fall ist. Wenn dies wirklich bewusst geschah, wirft das ein interessantes Bild auf Ihr Staatsverständnis.
Ebenso nicht tragbar ist die Kostenfreiheit der Zugänglichmachung von Informationen, die Sie in § 11 vorsehen. Dies ist ein Affront besonders gegenüber den Kommunen.Wenigstens aber sind Sie in Ihrer Interessenlosigkeit gegenüber den Kommunen konsequent, indem Sie die Kommunalen Spitzenverbände bei der Mitwirkung an der Evaluation des Gesetzes aussparen – wieder im Gegensatz zu SPD und GRÜNEN.
Aus all diesen Gründen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen, vor allem aber, da dadurch ein laufendes Gesetzgebungsverfahren behindert wird. Sie verzögern mit diesem seltsamen Verfahren die Chance für Hessen auf ein modernes Informationsfreiheitsrecht.
Die Anhörung hat gezeigt,dass – mit Ausnahme der Kommunalen Spitzenverbände,deren Job es ist,aufzuschreien, wenn ihren Mitgliedern zusätzliche Aufgaben übertragen werden sollen – ausnahmslos alle Experten ein Informationsfreiheitsgesetz für Hessen gutgeheißen haben.
Zum Abschluss darf ich aus der Berichterstattung der „Frankfurter Rundschau“ vom 2. Oktober dieses Jahres zum Forum Datenschutz, das Herr Frömmrich bereits angesprochen hat, hier im Hessischen Landtag zitieren:
Am deutlichsten wird [der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen] Papier bei seiner Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz... in Hessen. Locker ruft Papier dem Hessischen Datenschutzbeauftragten Ronellenfitsch die Frage zu, ob der denn entsprechende Kontrollaufgaben [als Bundesbeauftragter für die Informationsfreiheit] habe wie sein Kollege im Bund. „Leider nicht“, gibt Ronellenfitsch zurück. „Dann müssen Sie noch daran arbeiten“, schmunzelt Papier.
Die SPD will daran arbeiten, die GRÜNEN auch. Der Gesetzentwurf der LINKEN trägt leider nichts zu dieser Arbeit bei.
Herr Kollege Beuth, ich rufe Sie auf: Arbeiten auch Sie mit daran, sorgen Sie dafür, dass die Informationsfreiheitsrechte, die im Bund bestehen, die in vielen anderen Bundesländern bestehen, den hessischen Bürgerinnen und Bürgern nicht vorenthalten werden, und werfen Sie hier nicht mit solchem Populismus um sich wie „Schnüffelgesetz“ oder „Bürokratiemonster“. Zu solchen Vokabeln greift man meistens, wenn einem die Inhalte fehlen und man keine anderen Argumente hat.
Herr Beuth, wenn Sie sich hier auf die Kommunalen Spitzenverbände als einzige Ablehner dieses Gesetzes beziehen, dann kann ich nur hoffen:Wir haben am Donnerstag eine Aktuelle Stunde zum Thema Kommunalfinanzen.Da hoffe ich auf Ihre Stellungnahme, dass Sie genauso vehement die Interessen der Kommunalen Spitzenverbände verteidigen,wie Sie das heute getan haben.–Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Generalsekretärsmonster ist das! – Gegenruf des Abg. Peter Beuth (CDU): Die GRÜNEN sind müde und frustriert!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Anfang eine Bemerkung voran
schicken. Es wurde aus den Redebeiträgen der Kollegen Weiß und Frömmrich ein Stück deutlich: Es ist schon ein Ärgernis, was wir heute hier haben, dass wir uns heute, nachdem der Landtag schon lange an dem Thema Informationsfreiheitsgesetz arbeitet, anhand der beiden Gesetzentwürfe von SPD und GRÜNEN, mit diesem zusätzlichen Gesetzentwurf beschäftigen müssen, der noch dazu technisch miserabel gemacht ist.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, ein Änderungsantrag wäre in der Tat das Richtige gewesen,wenn Sie nicht daran interessiert gewesen wären, hier ein bisschen Klamauk zu machen, hier noch einmal Zeichen zu setzen, sondern wenn es Ihnen um die Sache gegangen wäre.
In der Sache kann ich den Vorrednern Frömmrich und Weiß in manchen Punkten nur zustimmen. Natürlich ist es gut,wenn es Beteiligungsrechte der Bürger gibt.Natürlich macht es Sinn, solche Beteiligungsrechte recht breit einzuräumen und nicht erst in irgendwelchen gerichtlichen Verfahren. Genau die wollen wir nicht. Wir wollen, dass sinnvollerweise auch ohne gerichtliche Verfahren vernünftige Ergebnisse im politischen Dialog auch mit den Bürgern, die nicht in den Parlamenten sitzen, gefunden werden. Ich kann dazu nur wiederholen, was ich schon mehrfach gesagt habe: Informationsfreiheit ist in der Tat ein hohes Gut.
Lassen Sie mich noch eines dazu feststellen. Informationsfreiheit hat auch mit Schnüffeln nichts zu tun.
Die Frage, die wir hier zu stellen haben und die wir beantworten müssen, ist, ob es denn sinnvoll ist und ein Stück weiterhilft, die zurzeit in zahlreichen Gesetzen verstreuten Rechte der Bürger auf Information in sachgerechter Art und Weise in einem Informationsfreiheitsgesetz zu bündeln. Darüber diskutieren wir schon seit geraumer Zeit. Die Antworten auf diese Fragen müssen äußerst sorgfältig gefunden werden. Nur dann, wenn wir genau prüfen, ob wir neben den bestehenden einzelgesetzlichen Regelungen auch tatsächlich ein besonderes Informationsfreiheitsgesetz brauchen, ob also ein solches Gesetz tatsächlich notwendig ist und ein geeignetes Mittel zur Stärkung der Bürgerbeteiligung ist, macht es einen Sinn. Es macht aber keinen Sinn, wenn wir ohne echten Nutzen für die Bürger letztlich nur zusätzliche Bürokratie auf Kosten der Steuerzahler erzeugen. Das ist die Grundfrage.
Ich sage eines,was wir auf jeden Fall konstatieren müssen. Es gibt viele Verwaltungen auf allen Ebenen dieses Landes, die ganz vorbildlich das Informationsbedürfnis der Bürger erfüllen, sei es durch Internetangebote, durch Informationsveranstaltungen usw., oder auch durch sehr offenen Umgang mit Bürgeranfragen.Aber es gibt auch andere Verwaltungsinstanzen, die sich da und dort schlichtweg hinter irgendwelchen Vorschriften verschanzen, die im Regelfall noch nicht einmal einschlägig sind. Da müssen die Verwaltungen offener werden, müssen auch auf Bürger zugehen und offen mit den Informationen suchenden Bürgern umgehen.
Das war die Ausgangslage.Wir haben daraufhin sehr sorgfältig und sehr breit angelegt eine Anhörung zu den beiden sinnvollen, in beratungsfähiger Form vorliegenden Gesetzentwürfen von SPD und GRÜNEN durchgeführt.
Herr Kollege Weiß, wenn Sie es einmal objektiv sehen, verstehe ich nicht ganz Ihre Euphorie, die aus dieser Anhörung resultiert. Denn was die Anhörung ergeben hat, war ein absolut ernüchterndes Bild. Es gab viele, die gesagt haben, das sei eine schöne Sache. Da stimme ich Ihnen zu, das habe ich auch gehört. Ich habe nur mehrfach nachgefragt, wo denn der konkrete Vorteil ist, wo die konkreten Vorteile in Bundesländern liegen, die schon Informationsfreiheitsgesetze haben. Das ist der entscheidende Punkt, auf den es ankommt. Keiner der Anzuhörenden konnte die großen Hoffnungen stützen, die in die Gesetzentwürfe von SPD und GRÜNEN gesetzt worden waren. Also hat auch der Blick über den hessischen Tellerrand hinaus keinerlei nennenswerte Erkenntnisse gebracht, wonach es einen Sinn macht, diese zusätzlichen Gesetze zu beschließen.