Aber auch die andere Seite bleibt wahr. Wir wollen, dass Energie weiterhin zu preiswerten Bedingungen zur Verfügung steht. Wir wollen erreichen, dass wir als ein wirtschaftstarkes Land mit nachhaltiger Wirtschaft und regenerativen Energien umgehen. Das war immer unser Konflikt.
Dieser Konflikt reicht bis in die eigenen Reihen. Ich brauche nur daran zu denken, wie Sie heute wieder über den Bau von Block 6 des Kohlekraftwerks Staudinger gesprochen haben. Haben Sie das mit Ihrem neuen SPD-Vorsitzenden besprochen, der bis vor wenigen Monaten Umweltpolitiker und einer der wesentlichen Förderer der Entwicklung war, dass in Deutschland die neueste Kohletechnologie eingesetzt wird?
Waren Sie dabei? Sind Sie dafür oder dagegen? Wir wollen,dass dieses Werk genehmigt wird;denn es bedeutet einen Gewinn für die Umwelttechnologie und ist gleichzeitig eine Entscheidung zugunsten des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Herr Schäfer-Gümbel, wo ist der Beifall? Sind Sie jetzt bei Herrn Gabriel? Hat Herr Gabriel seine Meinung geändert? Ist er jetzt ein Wackeldackel,oder was ist hier los? Man kann den Bürgern nicht dauernd etwas anderes erzählen.
Wir sagen Ja zu einer nachhaltigen Entwicklung.Aber wir sagen auch Ja zu einer Industriegesellschaft, die uns das Geld verschaffen muss, damit wir überhaupt zu solch einer nachhaltigen Entwicklung kommen können. Das ist die Philosophie, mit der wir an diese Entwicklung herangehen.
Abgesehen von der Nachhaltigkeit reden wir auch über das Stichwort Integration. Dieser zweite Teil der Integration tut Ihnen offensichtlich in einer besonderen Weise weh.
Ich will Ihnen nur eines sagen: Ich bin dem Kollegen JörgUwe Hahn dankbar, dass er diese Aufgabe mit Nachhaltigkeit angeht. Ich sage Ihnen aber auch, ich bin stolz darauf, dass die Türkei – in der wir gerade gemeinsam waren – dem Bundesland Hessen im Jahr 2005 den Integrationspreis verliehen hat. Nicht der Bundesrepublik Deutschland hat sie ihn verliehen, sondern dem Bundesland Hessen.
Das passt nicht zu Ihrer parteipolitischen Brille. Das passt nicht in die Welt der Auseinandersetzungen, die wir hier vorfinden. Aber ich sage Ihnen: Wir – CDU und FDP gemeinsam – haben im Jahr 1999 damit begonnen, in der Integrationspolitik Standards zu setzen. Wir haben damals Ihre Politik beendet, die so funktioniert hat: Hier sind die Ausländer und der Ausländerbeirat, dort sind die Deutschen, und dann machen wir eine große Gipfelkonferenz.
Wir haben den Integrationsbeirat geschaffen, in dem alle zusammensitzen. Wir haben mit den Vereinen neue Strategien entwickelt. Wir haben begonnen, uns mit dem Unterricht und den dort vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen zu beschäftigen. Wir sind auch jetzt wieder vorne dabei, indem wir über die religiöse Unterweisung reden. Das ist keine einfache Frage. Aber wir gehen an diese Frage heran, weil wir die Auffassung vertreten: Wir werden der Motor für Integration in Deutschland bleiben – aber ohne uns zu überfordern.
Sie können darüber lachen, dass andere uns Preise verleihen; das gestehe ich zu. Aber es ist uns wichtiger, dass wir deren Anerkennung bekommen.
Wenn es um die Zahlen geht, frage ich Sie: Wer hat denn die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch junge Menschen mit einem Migrationshintergrund eine gute Schulausbildung haben? Ist es nicht die Wahrheit, dass der Anteil der jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die die Hochschulreife haben – 24 % sind es –, in diesem Bundesland doppelt so hoch ist wie im Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland? Ist das eine Zahl, die Sie überhaupt nicht wahrnehmen? Könnte es vielleicht daran liegen, dass dort politische Voraussetzungen geschaffen worden sind und dass man das begleitet hat?
Mir ist der Anteil von 24 % noch zu wenig, Ihnen auch. Darüber streite ich nicht.Wir arbeiten daran.Aber wir haben in den letzten zehn Jahren etwas getan.
Herr Al-Wazir, denken Sie daran, Sie halten mir immer vor, dass die Leute, die heute Abitur machen, zur Grundschule gingen, als wir die Regierungsverantwortung hatten. Dann nehmen Sie aber auch zur Kenntnis, dass diejenigen, die damals in die Grundschule gingen, heute eine größere Chance haben, an der Gesellschaft teilzuhaben, als in jedem anderen Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland. Darauf sind wir stolz.
Da Sie das gesagt haben, nenne ich als dritten Punkt Folgendes. In der Bildungspolitik wird es immer viele Baustellen geben, solange ein Landesparlament mit dieser von uns – auch von mir persönlich – mit erkämpften dominanten, autonomen Gestaltungsfreiheit gegenüber allen anderen Institutionen existiert,was diesen Bereich der
Trotzdem sage ich Ihnen hier noch einmal: Das, was unter dem Stichwort selbstständige Schule zusammengefasst ist, ist uns sehr wichtig.Wir werden dafür all unsere Kraft aufwenden. Ich mag nämlich nicht diesen Ausdruck „Wir werden es Ihnen nicht erlauben“;
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das kann ich verstehen! Das würde mir an Ihrer Stelle auch so gehen!)
denn wir haben Ihnen nichts zu erlauben.Ich weiß das.Sie müssen halt darauf schauen, dass Sie irgendwann lernen, dass Sie auch mir nichts zu erlauben haben.
Aber es geht um die Frage, was hinter der Auseinandersetzung steht, um den Versuch, das zu diskreditieren. Für Sie bedeutet Selbstständigkeit, alleingelassen zu werden. Das ist Ihr gesellschaftliches Grundproblem. Sie empfinden individuelle Freiheit ein Stück weit als Alleingelassen-Werden, und Sie empfinden auch Selbstständigkeit ein Stück weit als Alleingelassen-Werden.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hören Sie irgendwann einmal auf, zu denunzieren, und fangen Sie an, sich mit der Sache auseinanderzusetzen!)
Sie ticken an dieser Stelle exakt andersherum als wir. Das ist auch nicht illegitim. Das ist in der Tat der große gesellschaftliche Konflikt.Wir glauben,dass kleinere Einheiten, wenn ihnen Rahmen gesetzt werden und sie sich selbst bewegen können, in aller Regel und nach aller Erfahrung aus den Ressourcen, die sie haben, mehr machen.
Das können knappe oder üppige Ressourcen sein; das ist aber zunächst völlig egal. Die Ressourcen, die sie haben, setzen sie auf diese Weise besser ein, als wenn man das zentral macht. Menschen, die selbstständig Ideen gestalten können und nicht gegängelt werden,machen aus ihren Möglichkeiten mehr, als wenn man das wie einen Einheitsbrei behandelt und ihnen etwas vorschreibt.
Diesen Weg innerhalb einer Bürokratie zu gehen, ihn neu zu entwickeln, ist zweifellos eine Herkulesaufgabe, weil es allen Traditionen zu widersprechen scheint und weil wir in der Kombination von kommunaler Schulträgerschaft und staatlicher Verantwortung für das innere Leben einer Schule in der Tat auch komplizierte verfassungsrechtliche Hürden zu überwinden haben.
Nur eines steht fest:Wir müssen es schaffen, das so wie in anderen Bereichen des Lebens zu organisieren, in denen wir ebenfalls sagen, es kommt auf die örtlichen Gegebenheiten an.In den letzten Jahren sind viele prinzipielle Entwicklungschancen eröffnet worden.
Heute gibt es keinen Zwang mehr, nur nach dem 45-Minuten-Rhythmus zu unterrichten. Heute gibt es keinen Zwang mehr, die Stundentafel über die Jahre abzuarbeiten, sondern man kann die Unterrichtsstunden z. B. zusammenfassen, oder man kann Blöcke bilden. Man hat an dieser Stelle jede Freiheit.Heute werden wir aufgrund der Ganztagsmöglichkeiten und der Erfahrungen, die die Schulen in der Entwicklung zu Ganztagsschulen mit dem Mittagstisch sammeln, teilweise mit freien Gruppen, Vereinen und Verbänden zusammenarbeiten. An anderer Stelle werden wir Defizite haben, die wir nur anders beheben können.
Heute haben wir Schulen, in denen es sinnvoll ist, Klassen in bestimmten Fächern in zwei, drei, vier oder fünf Gruppen aufzuteilen und sie dann zu unterrichten, während
man auf der anderen Seite sagen kann: Bestimmte Sachen können wir auch mit 40 oder 50 Leuten in einem Hörsaal durchführen,und die bekommen es genauso gut mit.– Die Klasse in ihrer alten Form reicht nicht mehr aus, um mit den Problemen umzugehen.
Das Einzige, was wir nicht mehr können, ist, sicherzustellen, dass Ministerien oder Staatliche Schulämter in der Lage sind, das vorzugeben. Deshalb haben wir seit 1999 – schließlich ist das keine Frage, die vom Himmel fällt – Stück für Stück dafür gesorgt, dass es Standards gibt. Wir haben dafür gesorgt, dass es eine Evaluation gibt. Einer Schule, die die Selbstständigkeit bekommen soll, muss man die rechtlichen Möglichkeiten geben, sie zu nutzen.
Dazu gehört das Budget mit der 105-prozentigen Lehrerversorgung, und dazu gehört die Notwendigkeit, dass die Schulleiter eine andere Verantwortlichkeit bekommen und dass wir als Gesetzgeber in den nächsten Jahren darüber reden. Dazu gehören die Budgets, wie es sie in den Versuchsregionen teilweise schon gibt. Nehmen Sie den Main-Taunus-Kreis und den Kreis Groß-Gerau als Beispiel. Dort muss man lernen und sie dahin gehend entwickeln, dass sie weitergehen.
Dazu gehört dann aber auch, dass sich eine solche Schule von außen bewerten lassen muss und dass sie Ziele erreichen muss.Wenn wir sagen: „Mach das, wie du willst, aber du musst zu dem und dem Ergebnis kommen“, muss man das an beiden Stellen verlässlich machen können.
Als wir vor zehn Jahren damit angefangen haben, haben wir die Situation vorgefunden, dass das Ziel gerade darin bestand, alle Vergleichbarkeiten zu zerstören. Wir haben sie alle wieder hergestellt. Wir sind heute institutionell und organisatorisch in der Lage, die selbstständige Schule einzuführen.
Wir wissen, dass uns das noch sehr beschäftigen wird und dass wir mit den Schulleitern über folgende Fragen ernst diskutieren müssen:Wie groß muss eine Schule sein? Welche organisatorische Kompetenz muss dahinterstehen? Wie kann man es an den einzelnen Stellen zwischen Investition und Personalhaushalt übereinanderschieben? Wie viel Freiheit geben wir, Lehrer durch andere Fachkräfte zu ersetzen? Wie schafft es eine Schule, ehrenamtliches Engagement einzubeziehen, ohne das sie die Vielfalt, die sie in Zukunft haben will, nicht darstellen kann?
Da werden uns viele Fragen gestellt.Wir haben ihnen gesagt: Wir werden in dieser Legislaturperiode zu diesen Fragen Lösungen vorlegen. Denn wir haben zwei Legislaturperioden lang mit dem Aufbau des Personals, mit der Ausweitung der Stellen, die Voraussetzung dafür ist, dass man den Unterricht überhaupt abdecken kann, und mit der Chance, die Schulen zu evaluieren, die Möglichkeit dafür geschaffen. Da steckt ein Jahrzehnt Arbeit drin, auf die wir stolz sind. Deshalb sagen wir: Wir haben jetzt den Mut, darüber zu reden, dass die Kultusministerin in dieser Wahlperiode die selbstständige Schule schafft. Das ist unser Projekt. Mit diesem werden wir mit großem Engagement in die Debatte hineingehen.
Ich hatte das bereits angesprochen. Ich will nur eines sagen, damit das nicht verloren geht. Ja, das Bürgerengagement wird ein weiteres zentrales Anliegen dieser Landesregierung sein.
Ich habe gestern den Hessischen Stiftungstag eröffnet. Wir haben erst einmal Jahre gebraucht – das war eine hessische Initiative –, um die materiellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Stiftungen so entstehen können. Da ging es um die steuerrechtlichen Regelungen, die Regelungen im Hessischen Stiftungsgesetz und die Serviceeinheiten, die sozusagen intellektuell dahinterstehen, damit das heute so betrieben werden kann.
Ja, am Ende waren wir im Jahr 2005 so weit, dass wir den ersten Stiftungstag mit 30 Stiftungen und knapp 200 Teilnehmern hatten. Gestern hat Stefan Grüttner als derjenige, der das in der Landesregierung koordiniert, nach zwei Jahren 200 neue Stiftung begrüßt, die da waren. Wir haben heute über 131 Stiftungen, die ihre Leistungen dort ausstellen. Es sind über 1.000 Leute in einem Saal, wenn wir einen solchen Tag abhalten. Wir haben die Zahl jedes Mal verdoppelt, nämlich von 250 auf 500 und von 500 auf 1.000 Teilnehmer.
Ich sage Ihnen: Ja, Hessen ist das Stiftungsland Nummer eins. Wir haben viel dafür getan. Wir wollen, dass das ein Markenzeichen dieses Landes ist. Denn wir sind der Überzeugung, dass der Staat trotz aller Anstrengungen ohne freiwilliges bürgerschaftliches Engagement die Herausforderungen in der Zukunft nicht wird bewältigen können. Deshalb ist das ein Projekt, bei dem alle diese Elemente weiterhin eine Rolle spielen.
Das betrifft nicht nur die Stiftungen. Das betrifft auch die Vereine und die Verbände. Das betrifft all diejenigen, die mitmachen. Das betrifft die Agenturen für das Ehrenamt. Das sind auch viele andere, die mit dabei stehen.
Ich will in diesem Zusammenhang das fünfte Projekt nennen. Ich will damit ein bisschen auch auf das hinweisen, was wir intern tun.
Ja, wir werden am Freitag die Bilanz vorlegen. Dann wollen wir einmal schauen, was von Ihrem Kampfgeheule übrig bleibt. Bisher gab es unter den Haushaltspolitikern dazu eine sachliche Debatte.
Das ist ein Paradigmenwechsel,den so,wie wir es machen, in Deutschland noch keiner vollzogen hat. Es handelt sich übrigens auch um einen, der nicht völlig unstreitig ist. Das ist kein Streit, der allein zwischen der SPD und der CDU oder anderen Parteien geführt wird, sondern da gibt es auch Streit zwischen dem Bund, den anderen Ländern, den Kommunen und über die Philosophien, die dahinterstecken.