Frohlocken können hingegen die Erben größerer Vermögen. Sie haben zwar nichts geleistet für diese zusätzlichen Einnahmen, dürfen jetzt aber wenigstens mehr davon behalten.
Frohlocken können auch die Hoteliers, die ein schönes Zubrot erhalten, wenn sie beim Übernachtungsgeschäft nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz abführen müssen.
Meine Damen und Herren, wer eigentlich nichts braucht, erhält Zuwendungen aus der Staatskasse.Wer es hingegen dringend nötig hat,geht leer aus.Das ist schlimmer als nur
eine einfache soziale Schieflage.Das ist eine völlig auf den Kopf gestellte Sozial- und Gesellschaftspolitik.
Da aus Gründen der Klientelbefriedigung vor allem die FDP dieses Hotelier- und Erbengefälligkeitsgesetz mit Gewalt durchsetzt, wundere sich bitte niemand mehr, wenn sich der Ruf des Wortes „neoliberal“ immer mehr als Schimpfwort festigt. Nicht nur fiskalpolitisch ist dieses Gesetz falsch. Obendrein ist es gesellschaftspolitisch eine Unverschämtheit, die nur noch durch den Worthülsenantrag der hiesigen Koalition, Drucks. 18/1691, überboten wird.
Lehnen Sie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Interesse Hessens im Bundesrat ab,Herr Koch.Stellen Sie endlich einmal die parteipolitischen Interessen der CDU hintenan, und vertreten Sie – Ihrem Diensteid gemäß – die Interessen des Landes und seiner Menschen.
Nach Schuldenrekord und mutwilliger Einnahmenverkürzung vollendet sich das Bermudadreieck der hessischen Fiskalpolitik durch die Scham- und Verantwortungslosigkeit in der Ausgabenpolitik. Aus Zeitgründen möchte ich nur einige Beispiele anführen.
Alle politischen Akteure in diesem Saal und darüber hinaus erklären die Bildung zur Schlüsselressource der Zukunft. Nur die Regierung und ihre Mehrheit ignorieren die Befunde und lehnen alle Haushaltsanträge ab, die in diesem Bereich Verbesserungen einfordern. Haben Sie nicht den aktuellen Bildungsmonitor der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ gelesen? Danach ist nach elf Jahren der Regierung Koch das Land auf Rang 11 von 16 Bundesländern im Gesamtranking. Meinen Sie nicht, dass Sie endlich einmal die Realitäten der hessischen Bildungspolitik wahrnehmen sollten,anstatt sie nur schönzureden?
In der Bildung gibt es schöne Worte statt der notwendigen Mittel. Bei der Repräsentation sieht das jedoch ganz anders aus. Die zweifellos vorhandenen räumlichen Probleme der Unterbringung der Landesvertretung in Brüssel werden trotz miserabler Finanzlage genutzt, um einen neuen Palast für rund 30 Millionen c zu planen. Offensichtlich spielt fehlendes Geld dabei keine Rolle. Gilt es doch, dem beeindruckenden Gebäude der Kollegen aus dem südlich von uns liegenden Freistaat Paroli zu bieten. Für Hessen soll es zwar nicht ein zweites Schloss „Neuwahnstein“ werden, aber ein „Palazzo Protzo“ mit mindestens der dreifachen Fläche gegenüber dem bisherigen Gebäude inklusive einer netten Weinstube und großzügiger Küche soll es dann doch schon sein. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Vorhin haben wir gehört,wie der Europaminister,der dieses Quartier gern beziehen würde, mit den Kommunen umgeht. Herr Hahn, andere sollen sparen, für Sie soll das nicht gelten.
Wer sich aus angeblich finanziellen Gründen dem Schulobstprogramm verweigert und obendrein gegebene Versprechen der Mitfinanzierung der Schulsozialarbeit gleichzeitig bricht, aber die finanzielle Freigabe für ein solches Prestigeobjekt beschließt, der setzt eindeutig die falschen Prioritäten in diesem Haushalt.
Deshalb ist eine Zustimmung ausschließlich aus ideologischen Gründen, aber auf keinen Fall aus vernünftigen Gründen möglich.
Mit anderen Worten: Wir GRÜNE lehnen den Haushalt 2010 aus Überzeugung ab. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, nicht um Herrn Kaufmann zu loben, sondern um einige Dinge klarzustellen.
Sie haben die Landesvertretung angesprochen. Das ist ein Thema, das eigentlich mit allen Fraktionen besprochen war. In dem Koalitionsvertrag, den Sie gemeinsam mit der SPD und der LINKEN unterschrieben haben, war der Neubau der Landesvertretung in Brüssel enthalten.
Die Größenordnung war auch immer die gleiche. Danach ist die Landesvertretung in Brüssel immer noch kleiner als die Landesvertretung in Berlin. Im Übrigen ist es doch völlig unstreitig, dass wir eine ordentliche Vertretung in Brüssel brauchen, weil wir uns zunehmend um die entsprechenden Belange kümmern müssen. Außerdem war dieser Teil des Hauses durchaus auf unserer Seite. Dabei sind wir einer Meinung, und das sollten wir auch bleiben.
Herr Kollege Kaufmann, man kann unterschiedlicher Meinung sein hinsichtlich der Frage der Entlastung von Hoteliers und anderen gastronomischen Betrieben. Im Mai 2009 haben die dortigen GRÜNEN einen Antrag in den Bayerischen Landtag eingebracht. Ich sage das, damit man weiß, dass es parteiübergreifend unterschiedliche Auffassungen gibt. Dort heißt es sinngemäß: Der Landesverband wie auch der Bundesverband der Gastwirte und Hoteliers haben in der vergangenen Woche die Kampagne „Pro 7 % auf Gastfreundschaft“ gestartet. Ziel der Kampagne ist die möglichst rasche Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Gaststätten und Hotels. Wir, die grüne Landtagsfraktion, können diese Forderung mit bestem Wissen und Gewissen unterstützen.
Wenn Sie möchten, lese ich Ihnen etwas aus dem Wahlprogramm der LINKEN vor,verabschiedet im Juni 2009 – darauf kann Herr van Ooyen gleich eingehen –:
DIE LINKE fordert,... den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % auszuweiten auf Produkte und Dienstleistungen... sowie Hotellerie und Gastronomie.
Mein letzter Satz:Wenn wir allen Änderungsanträgen der SPD und der GRÜNEN hier im Landtag zugestimmt hätten, hätten wir eine Neuverschuldung von mehr als 3,3 Milliarden c. So viel zu Ihrer „Ehrlichkeit“ in der Frage der Neuverschuldung.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Danke, Herr Milde. – Jetzt hat Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Möglichkeit zur Antwort. Redezeit: ebenfalls zwei Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Milde, auch wir haben immer gesagt, dass in der Landesvertretung eine räumliche Enge herrscht, die so nicht bleiben kann, und dass wir eine neue Konzeption brauchen.
Wir haben aber gleichzeitig immer gesagt, dass ein „Palazzo Protzo“ mit mehr als der dreifachen Fläche, mit Küche, Weinstube und was nicht allem sicherlich nicht zu einer vernünftigen Landesvertretung gehört. Das zeigen auch die Erfahrungen, die wir in Berlin gemacht haben.
Herr Kollege Milde, ich finde es schön, dass Sie wieder einmal einen Ausflug in andere Bundesländer machen, um vermeintliche Argumente herbeizuholen. Ich sage Ihnen aber eines – und das unterscheidet die CDU mit ihrem Kadavergehorsam von den GRÜNEN –: Unsere Bundestagsfraktion hat im Bundestagswahlkampf und zu allen Zeiten – wie auch wir – genau diesen Vorstoß der Bayern für falsch erklärt und immer wieder gesagt, es solle bei der Mehrwertsteuer bleiben.
Insoweit ist das ein Thema der Bundesebene und dort richtig eingestellt. Das heißt, Sie haben wieder einmal nur die falsche Presseerklärung gelesen.Wenn Sie jetzt versuchen, den miserablen Eindruck, der durch Ihren Haushalt zu Recht erzeugt wird, dadurch verschwimmen zu lassen, dass Sie anderen Leuten Unglaubwürdigkeit vorwerfen, dann muss ich Ihnen sagen: Herr Kollege Milde, das fällt auf Sie und die CDU zurück. Schauen Sie in die Bilanz.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre sicher ganz vernünftig, wenn man für die Currywurst einen Steuersatz von 7 % nehmen würde. Das wäre ein Angebot. Das muss ja bei den Steuerberatern und Juristen nicht als abzugsfähig anerkannt werden. Das möchte ich in diesem Zusammenhang gerne noch vermitteln, damit nicht unnütz über Steuersätze von 7 % oder 19 % diskutiert wird.
Ich entnehme der „Frankfurter Rundschau“ von heute Morgen, dass die Bayern – die wurden in einen Zusammenhang mit dieser Diskussion gebracht – durchaus Interesse daran haben, die hessische Politik zu begutachten.Wenn ein bayerischer Ex-Ministerialbeamter fordert, Hessen solle gegen Koch und Weimar demonstrieren, ist er natürlich an unserer Seite.
Auf die Straße sollten die Menschen auf jeden Fall gehen, damit sie sich bewegen, Herr Klee. Das ist ganz wichtig.