Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht nur der Entwurf für ein Gesetz zur Beamtenfrage wird in hektischer Betriebsamkeit durch das Parlament gepeitscht, sondern auch die Gesetzentwürfe, die heute in zweiter Lesung behandelt werden und die sich mit dem Konjunkturpaket II oder auch mit dem hessischen Landesprogramm beschäftigen, das zusätzlich aufgelegt worden ist, sollen sozusagen im Schweinsgalopp durchgejagt werden.
Man sieht das auch daran, dass die Richtlinien zur Umsetzung eines solchen Gesetzes wahrscheinlich erst in den nächsten Tagen fertiggestellt werden und dass noch relativ viel Zeit benötigt wird, um das mit den kommunalen Trägern abzuklären, damit man ein vernünftiges Verfahren hinbekommt. Stattdessen hätte man das in den Gesetzentwurf aufnehmen und festschreiben können, was der Gesetzgeber tatsächlich will.
Wir haben bereits gestern einen Änderungsantrag eingebracht, den wir als ganz elementar für bestimmte Punkte ansehen. Allerdings meinen wir auch, dass es im Wesentlichen darauf ankommt, ein sehr grundsätzliches Herangehen im Umgang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise zu wählen.
Es geht darum, dass wir schon beim Konjunkturpaket II gesagt haben, dass man hier zu kurz greift und dass in einem Zeitraum von zwei Jahren im Grunde genommen
Wir haben ihn nicht zurückgezogen, sondern für die Beratungen heute Abend zurückgestellt. Dieses Verfahren halten wir für notwendig, da die GRÜNEN und die Sozialdemokraten angedeutet haben, dass sie neue Initiativen ergreifen werden, die dann in diese Beratungen eingehen. Das ist der Hintergrund dafür, dass wir die Auseinandersetzung über diese Gesetzgebungsverfahren weiterhin führen wollen.
Wir wollen natürlich auch eine Durchsichtigkeit haben. Da sind wir sehr bei den GRÜNEN. Auch das haben wir gestern schon einmal angemahnt. Ich habe heute mit großem Vergnügen die „Financial Times“ gelesen, wonach wir – mit Anleihen an Obama – nicht nur dafür sorgen sollen, dass es dort eine Durchsichtigkeit gibt, sondern auch dafür, dass die Nutzung von modernen Kommunikationsmitteln ermöglicht wird. Das sollten wir auch offensiv machen,sodass die Kommunen gegenüber der Öffentlichkeit darstellen können, was sie mit den einzelnen Projekten gefördert sehen wollen und wie der Gang der Dinge ist. Das heißt, dass wir auch im Laufe der Verfahren – der Installation und der Ausgabe der Gelder – an jedem Punkt eine Bürgerbeteiligung erreichen können und damit eine demokratische Debatte ermöglichen.
Es geht mir auch darum, noch einmal deutlich zu zeigen, dass die Laufzeiten, in denen hier diskutiert wird, ein wesentliches Problem darstellen.Wir bekommen immer wieder zu hören – im letzten Jahr war das noch etwas deutlicher –, dass wir die Spendierhosen anhaben. Inzwischen haben die Träger der Spendierhosen gewechselt, und es geht um ganz andere Größenordnungen.
Sie sagen immer wieder, dass wir die Rückzahlung der Schulden nicht den Kindern und Kindeskindern überlassen sollten. Aber das, was jetzt in den Refinanzierungsmodellen angedacht ist,läuft bis zum Jahr 2030.Das heißt, wir beschäftigen fast zwei Generationen mit der Rückzahlung der Schulden.
Das wird mit einem Federstrich gemacht, anstatt sich zu überlegen: Wie können die Schulden, die jetzt entstehen, von denjenigen, die sie gemacht haben, und von denjenigen, die den Reichtum gescheffelt haben, zurückgezahlt werden? Das wäre eine nicht unwesentliche Überlegung gewesen, um das klarzumachen.
Dass jetzt gehandelt werden muss, ist völlig klar. Aber es muss auch die Bereitschaft geweckt werden, diejenigen, die für diese Krise verantwortlich sind,und diejenigen,die sich Milliarden und Billionen verschafft haben, zur Krisenbewältigung heranzuziehen. Das ist für uns ein ganz wesentlicher Punkt.
Weil wir nicht nur fragen, wer die Krise bezahlen muss, sondern in der ganzen Vergabesituation auch diejenigen sehen, die das auslöffeln müssen – da geht es um die Frage, wie diejenigen, die das herstellen müssen, im Baugewerbe, in der Verkehrspolitik und den einzelnen Bereichen finanziert sind –, haben wir mit dem DGB Wert darauf gelegt, dass bei der Vergabe tatsächlich die Tarifverträge eingehalten werden.Wir wollten, dass die Tariftreue als eines der Prinzipien auch ins Gesetz hineinkommt, da
mit für alle erkennbar ist, dass über ein solches kurzfristiges Konjunkturprogramm nicht Gewinnmaximierung möglich wird, sondern dass Veränderungen vorgenommen werden, die auch das Problem des Mindestlohns wieder in die öffentliche Debatte bringen, damit klar ist, dass sich niemand in ausbeuterischer Situation an einem solchen Projekt beteiligen muss.
Herr Wintermeyer, man kann Fehler machen; die muss man korrigieren. Beispielsweise sollten Sie einmal das Vorblatt zu diesem Gesetzentwurf lesen. Es ist ganz interessant, welche Vokabeln da vorkommen. Darüber können wir aber privat reden.
Uns kommt es im Wesentlichen darauf an, unsere grundsätzliche Position darzustellen. Deshalb haben wir heute noch einen Dringlichen Antrag eingebracht, der mit der Wirtschaftskrise anders umgeht. Wir wollen eine soziale, transparente und nachhaltige Investition in die gesellschaftliche Entwicklung. Das heißt, dass wir ein soziales Strukturprogramm für Gerechtigkeit und Beschäftigung wollen, statt der Investitionen in Beton, die jetzt ein kurzfristiges Strohfeuer darstellen.
Das Stichwort für uns ist: Wenn die Konjunkturprogramme bis zum Ende des Jahres 2010 abgewickelt sind, was wird dann 2011 sein? Warten Sie dann schon auf die nächste Krise,um mit einem neuen Konjunkturprogramm die nächsten zwei Jahre zu bewerkstelligen? Wir haben große Sorgen, dass mit großen Spendierhosen Geld ausgegeben wird, sicherlich auch Bedürfnisse befriedigt werden, die sich artikulieren, aber das alles keine langfristige politische Perspektive hat. Auf diesem Weg bereiten Sie jetzt die nächste Krise vor.
Deshalb werden wir die politische Auseinandersetzung um das Konjunkturprogramm in dieser Krise nutzen, um deutlich zu machen, dass wir nicht für diese Krise zahlen wollen. Deshalb werden wir gemeinsam mit Gewerkschaften und vielen anderen am 28. März zu einer Demonstration in Frankfurt aufrufen. Denn nur wenn die Menschen selbst für ihre Interessen aktiv werden, wird man auch Politik in Hessen verändern können. Dafür stehen wir jedenfalls zur Verfügung.
Vielen Dank, Herr van Ooyen. – Herr Lenders, Sie haben sich für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Jetzt ist Gelegenheit dazu.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der gestrigen Anhörung und nach den Stellungnahmen der Kolleginnen und Kollegen darf ich eines feststellen.Es wird vielfach gelobt,dass dieser Gesetzentwurf unbürokratisch ist, damit möglichst schnell Geld bei den Unternehmen ankommt, um dieser Wirtschaftskrise zu
begegnen.Was im Moment von der Opposition kommt,ist genau das Gegenteil. Sie lobt auf der einen Seite die unbürokratische Vorgehensweise und fordert gleich wieder bürokratische Hürden ein.
Man kann natürlich in diesen Gesetzentwurf noch alles hineinschreiben, was energetische Sanierung oder die Bauordnung anbelangt, wenn Ihr Seelenheil daran hängt. Aber diese Dinge sind allerorts schon geregelt. Man muss sich schon fragen, ob wir das immer alles wiederholen müssen und ob die Sache dadurch irgendwo qualitativ besser wird. Meines Erachtens nein. Aber darüber können wir noch reden, wir haben noch einige Beratungen vor uns.
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf macht sich vor allem dadurch bemerkbar, dass die freihändige Vergabe und die beschränkten Ausschreibungen etwas erweitert worden sind. Dabei sind allerdings nur die Grenzen angehoben worden.Alle anderen Regelungen, die dafür sorgen, dass fairer Wettbewerb stattfinden kann, sind nach wie vor in Kraft.
Einer der Kritikpunkte betrifft die Ungerechtigkeiten. Es ist klar, wir fangen nicht bei null an.Viele Kommunen und Landkreise haben Krankenhäuser oder Schulen saniert. Natürlich treffen wir auf die Situation, dass eine Gemeinde bereits Investitionen getätigt hat, also fleißig war. Das werden wir nie verhindern, wenn wir irgendwann mit einem solchen Investitionsprogramm einsteigen.Aber für die Gemeinden, die das gemacht haben, die fleißigen Gemeinden, wie sie genannt worden sind, entstehen auf der anderen Seite Freiräume. Für diese Freiräume sind wir wieder kritisiert worden,weil wir nicht sofort sagen,wofür das ganze Geld ausgegeben werden soll. Das kann ich an der Stelle nicht verstehen.Es kommt bei allen Gemeinden sehr viel Geld an.
Es gibt dann ein Stück weit diese Sterntalermentalität; Aktionismus haben es die einen genannt. Aber wir müssen eines klar sagen: Es gibt keine Projekte auf kommunaler Ebene, für die es keinen Bedarf gibt. Wir lösen nur ein Stück weit Investitionsstau auf.
Meine Damen und Herren, die Gemeinden müssen nichts Neues erfinden, sie haben genügend Baustellen.Wir können mit diesem Programm dazu beitragen, diesen Investitionsstau ein Stück weit aufzulösen. Freiräume entstehen bei den Städten und Gemeinden an anderer Stelle. Die ganzen gewünschten Projekte, die hier so gern vorgetragen werden, können durch die entstehenden finanziellen Spielräume vor Ort umgesetzt werden. Es ist niemandem verboten, ordnungspolitisch sauber zu investieren. Nur eines muss klar sein: Die Investitionshaushalte der Städte und Gemeinden dürfen nicht zurückgefahren werden. Das darf dabei natürlich nicht passieren.
Wir haben die Zusätzlichkeit in dieses Gesetz aufgenommen. Der politische Wille der Koalition ist klar. Aber die Selbstkontrolle der Gremien muss natürlich dazu führen, dass die Maßnahmen ordnungspolitisch sauber umgesetzt werden. Es muss hingeschaut werden, ob eine Gemeinde ihren Haushalt mit diesem Investitionsprogramm nur an anderer Stelle entlasten will, ob sie damit nötige Investitionsausgaben nur an eine andere Stelle wegdrücken will
oder ob wir tatsächlich zusätzliche Investitionen anreizen und damit ein bisschen den Investitionsstau auflösen.
Ich bin mir ziemlich sicher, die Parlamente vor Ort machen eine gute Arbeit. Es gibt mit Sicherheit auch Fehlinvestitionen; das kann man gar nicht wegdiskutieren.Aber die Kontrollmechanismen sind doch nicht außer Kraft gesetzt. Es gibt nach wie vor einen Rechnungshof. Es gibt die Öffentlichkeit, die das kontrolliert. Dann gibt es immer noch eine kommunale Verantwortung. Sollte wirklich ein kommunaler Mandatsträger in die falsche Kiste greifen, dann hat er persönlich Verantwortung zu tragen, und spätestens der Bund der Steuerzahler wird schon die Finger darauflegen. Herr van Ooyen, Sie haben gesagt, es würde dann vielleicht in der „Bild“-Zeitung stehen. Nein, das braucht gar nicht in die „Bild“-Zeitung. Die kommunalen Medien achten heute schon darauf, was da an Ausgaben getätigt wird. Das öffentliche Interesse ist wahnsinnig groß.
Das ist ein Problem, das man nicht wegdiskutieren kann. Aber die Lösungen,die uns bisher vorliegen,sind allesamt sehr bürokratisch. Mit der Finanzierung über 30 Jahre ist gerade den finanzschwachen Kommunen entgegengekommen worden.
Wir müssen uns dies sicherlich noch einmal im Einzelnen anschauen. Aber eines ist doch auch klar: Diese Investitionen, die bei den Unternehmen auch Mehrausgaben anreizen, kommen am Ende wieder bei den Kommunen an.
Missbrauch können wir nicht ausschließen. Das Hessische Vergabegesetz soll nur ein Stück weit dahin verändert werden, dass wir die Märkte etwas lockerer machen, damit die Programme am Ende schneller bei den Unternehmen wirken.
Die Gewerkschaften fordern allerdings noch, das Tariftreuegesetz mit hineinzunehmen.Das ist genau der Punkt, den ich zu Anfang beschrieben habe.Wir fordern und begrüßen überall den Bürokratieabbau. Genau an der Stelle sollen wir dann aber Bürokratie wieder einführen.Das Tariftreuegesetz hat an dieser Stelle wirklich nichts zu suchen. Das wäre kontraproduktiv.