Ich hätte gehofft, dass Herr Schäfer-Gümbel sich mit diesem Argument auch einmal fachlich auseinandersetzt und nicht nur von „juristischem Theater“ spricht.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das ist unredlich, was Sie hier machen!)
Es steht fest, dass bei entsprechendem Bedarf ein Nachtflugverbot ohne Ausnahmen rechtlich nicht haltbar ist. Dies hatte die Planfeststellungsbehörde bei der Aufstellung des Plans zu berücksichtigen.
Jetzt will ich einmal den gedanklichen Weg der SPD oder der Opposition gehen. Lassen Sie mich daher hinzufügen: Das hessische Wirtschaftsministerium hätte es sich bei der Aufstellung des Plans im Jahre 2007 sehr einfach machen können. Es hätte nur opportunistisch null Nachtflüge in den Plan hineinschreiben müssen, um für den Moment in der Öffentlichkeit unangreifbar dazustehen.
Die entscheidende und genehmigende Behörde hat den Planfeststellungsbeschluss am 18. Dezember 2007, also genau 40 Tage vor der Landtagswahl am 27. Januar 2008, erlassen.Um auf Ihr Argument einzugehen,Herr SchäferGümbel: Die Wähler konnten in Kenntnis dieses Planfeststellungsbeschlusses entscheiden. Deshalb ist es schon eine erhebliche Zumutung und Anmaßung, wenn Sie, Herr Schäfer-Gümbel, in dem Zusammenhang von Betrug sprechen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): 2008 hatten Sie keine Mehrheit bekommen!)
Die Landesregierung hat sich für Klarheit, für Wahrheit und für Verantwortung vor diesem Land und seinen Menschen statt für Populismus entschieden. Die Entscheidung,17 Nachtflüge in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen, war, wie wir alle wissen, das Ergebnis eines schwierigen Abwägungsprozesses.
Es ging darum, sorgsam die unterschiedlichen Interessen der Arbeitnehmer auf Arbeitsplatzsicherung und der Anwohner auf Nachtruhe gegeneinander abzuwägen und mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Einklang zu bringen. Dieser Satz ist das Zentrum unserer Diskussion, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich mit diesem Zentrum der gesamten Argumentation oder politischen Debatte auseinandersetzen würden, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich setze mich mit ernsthaften Argumenten auseinander! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Wenn die Opposition jetzt große Töne spuckt und von Wortbruch spricht, frage ich sie erneut – ich habe es in einer früheren Debatte bereits getan –:Welche Motive vermuten Sie bei der Genehmigungsbehörde oder bei der politischen Mehrheit in diesem Hause?
Welche Motive vermuten Sie? Dazu geben Sie keine Antwort. Glauben Sie, es sei Willkür der Planfeststellungsbehörde? Glauben Sie, es sei Unsinnigkeit in der Gedankenführung dieser Koalitionsregierung? Was vermuten Sie? Sie müssen doch wenigstens darüber nachdenken, was wir in Wirklichkeit wollen.
Ich sage es und wiederhole es zum x-ten Male:Wir wollen so wenige Nachtflüge wie möglich unter besonderer Berücksichtigung der Zehntausenden von Arbeitsplätzen, die vorhanden sind, und unter Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Das sind unsere einzigen Motive, keine anderen. Unterstellen Sie uns bitte nicht permanent, dass wir böswillig handeln würden.
Erster Grund. Die Revision ist der schnellste Weg zum Rechtsfrieden und zu einer rechtlich gesicherten Nachtruhe.
Wenn es nach der Opposition ginge, müsste das Land auf Rechtsmittel verzichten.Was wäre dann gewonnen?
Lassen Sie mich auch diesen Gedanken fortsetzen. Was wäre dann gewonnen, wenn wir uns so verhalten würden, wie es GRÜNE, SPD und Linkspartei wollten? Der Verwaltungsgerichtshof sagt, 17 Flüge in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr seien zu viele, und verlangt eine Planergänzung.
Die Version Schäfer-Gümbel: keine Revision, sondern ein Planergänzungsverfahren. – Ein solches Planergänzungsverfahren dauert seine Zeit. Dann erst wird ein entsprechender Beschluss durch die Genehmigungsbehörde gefasst. Dieser Beschluss ist angreifbar und kann wiederum vom VGH und anschließend vom Bundesverwaltungsgericht überprüft werden.
Herr Schäfer-Gümbel, wenn Sie recht bekämen, bestünde die Gefahr,dass Tausende von Mitarbeitern bei Lufthansa Cargo ihren Arbeitsplatz in Frankfurt verlören und die Arbeitsplätze möglicherweise nach Leipzig, nach München oder sonst wohin verlagert würden.
Herr Schäfer-Gümbel, ich frage Sie, ob Sie den Mitarbeitern von Lufthansa Cargo und deren Familien noch in die Augen sehen könnten, die plötzlich ihre wirtschaftliche
Sie haben sich hier als ein Mann geriert, der allen Menschen in die Augen blicken kann. Herr Schäfer-Gümbel, ich unterlasse es, ausführlich darzulegen, dass Sie es waren, der einen der größten Wortbrüche in der Geschichte des Landes Hessen begangen hat. Ich frage mich, ob Sie überhaupt noch in der Lage sind, den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes in die Augen zu sehen.
Das „Verfahren Schäfer-Gümbel“ hätte eine Verlängerung des gesamten Verfahrens um drei Jahre zur Folge.
Zweitens. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Revision ausdrücklich zugelassen, weil geklärt werden muss, ob das Landesplanungsrecht dem Bundesrecht vorgeht. Auch das hat Herr Schäfer-Gümbel völlig ausgeblendet. Man muss sich mit diesem Argument doch wenigstens auseinandersetzen, das im Übrigen auch vom Bundesverkehrsministerium ausdrücklich angesprochen worden ist – in der Erwartung, dass Revision eingelegt wird, mit all den daraus resultierenden Folgerungen für andere Infrastrukturprojekte, für Ortsumgehungen, Bundesstraßen und dergleichen mehr.
Der dritte Grund für die Revision: Die Formulierung der Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs ist aus meiner Sicht doppeldeutig. Ich will Ihnen das im Einzelnen darlegen. Der VGH hat sich in seinem Urteil gerade nicht auf null Nachtflüge als einzig tragbare Lösung festgelegt, obwohl er es gekonnt hätte. Er sagt in der Begründung Folgendes.
Der Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wlirtschaft,Verkehr und Landesentwicklung vom 18. Dezember 2007 beruht zu Recht auf der Annahme, dass für die 17 planmäßigen Flüge je Nacht in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr grundsätzlich ein standortspezifischer Nachtflugbedarf besteht. Das hat die Planfeststellungsbehörde... überzeugend dargelegt.
So der VGH. Einige Seiten später sagt er andererseits, dass der Träger der Landesplanung den Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde eingeschränkt habe. – Das ist ja Ihr Argument. Bei dieser Sachlage muss man sich doch einmal rechtlich damit auseinandersetzen, ob es im Hinblick auf dieses komplexe Thema nicht Bedarf an Klarheit und an Rechtssicherheit gibt.Herr Schäfer-Gümbel, auch dazu haben Sie nichts gesagt.
Lassen Sie mich noch auf Folgendes hinweisen. Im Hinblick auf die Bedeutung des gesamten Verfahrens muss – abseits aller juristischen Argumente – auch die wirtschaftliche Dimension im Blick behalten werden.
Die Arbeitsniederlegungen durch Mitarbeiter von Lufthansa Cargo haben dies in der vergangenen Woche sehr deutlich gezeigt. Hier erwarte ich ein Stückchen mehr
Sensibilität von der SPD,die sich eben aus dem Munde ihres Landesvorsitzenden wieder als „Arbeiterpartei“ bezeichnet hat. Hier erwarte ich mehr Sensibilität im Hinblick auf die Gefährdung von Arbeitsplätzen, im Hinblick auf die Nöte der Menschen, die mit dieser Situation konfrontiert sind. Es geht um den Wirtschaftsstandort Flughafen Frankfurt mit seiner internationalen Drehkreuzfunktion, gerade auch im Frachtverkehr. Ein absolutes Nachtflugverbot würde – das sage ich außerhalb der juristischen Argumentation, die ich vorgetragen habe – Frankfurt gerade als Cargo-Standort massiv gefährden.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wussten Sie vorher nicht? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie müssen den Gesamtzusammenhang sehen. Herr AlWazir, Sie müssen auf der einen Seite die schwerwiegenden juristischen Fragen sehen und bewerten, und auf der anderen Seite müssen Sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die Arbeitsplätze bewerten. Das dürfen Sie nicht einfach ausblenden.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie machen sich so lächerlich! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich füge hinzu: Schon jetzt hat Frankfurt nach den Statistiken der Luftverkehrskontrollorganisation EUROCONTROL die niedrigste Zahl von Nachtflügen auf europäischen Großflughäfen – schon jetzt. Mit einem absoluten Nachtflugverbot würde Frankfurt europaweit völlig allein stehen. Das muss man – sozusagen am Rande der gesamten Diskussion – im Hinterkopf behalten.
Die Folge wäre, dass Arbeitsplätze von Frankfurt abgezogen würden – nach München, nach Berlin, nach Leipzig, nach Paris oder nach Madrid.
Deshalb sprechen auch wirtschaftliche Gründe für eine schnelle rechtskräftige Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Warum haben Sie zehn Jahre lang ein Nachtflugverbot zugesagt, wenn Sie jetzt dieses Argument anführen? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in aller Ruhe klar und deutlich noch eines zu dem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion sagen. Herr Schäfer-Gümbel, in Nr. 2 Ihres Dringlichen Entschließungsantrags schreiben Sie, wenn die Landesregierung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs keine Revision einlege, dann erhielten alle am Flughafenausbau Beteiligten Rechtssicherheit. In Nr. 5 des gleichen Antrags schreiben Sie aber: