Einen Moment. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sind allen Rednern gefolgt. Dann sollten wir jetzt auch Herrn Kollegen Greilich zuhören.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat sie denn beantragt? – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rechtssicherheit ist angesichts der überragenden Bedeutung des Ausbaus des Frankfurter Flughafens für Hessen und das Rhein-Main-Gebiet und der damit verbundenen Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen unverzichtbar. Die Durchführung der Revision ist der kürzeste Weg, um in der Ausbaufrage Rechtsfrieden zu erreichen. Sie verhindert ein Hin und Her. Nach jeder Instanz eine neue Nachtflugregelung festzulegen, ist niemandem zumutbar. Denn die vom Lärm Betroffenen haben ebenso Anspruch auf bestmöglichen und verlässlichen Schutz, wie die in der Luftfahrt- und Logistikbranche tätigen Unternehmen und die dort beschäftigen Menschen Anspruch auf Planungssicherheit und Perspektive haben.
Deswegen freue ich mich, dass aus beiden Gruppen der betroffenen Menschen heute Besucher bei uns sind.
Meine Damen und Herren,deshalb darf ein Verfahren auf Planungsergänzung erst beginnen, wenn ein abschließendes, bestandskräftiges Urteil vorliegt. Das muss man feststellen: Zentrale Rechtsfragen beantwortet das Urteil des VGH nicht abschließend. Es erscheint teilweise sogar widersprüchlich. Der VGH bestätigt nämlich zunächst, dass grundsätzlich ein standortspezifischer Nachtflugbedarf besteht, fordert dann jedoch unter Bezugnahme auf das Bundesverwaltungsgericht, dass der nächtliche Transport nur der Expressfracht dienen dürfe. Diese Forderung lässt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts so allerdings nicht entnehmen.
erlässt gleichzeitig aber ein sogenanntes Bescheidungsurteil, welches einen Spielraum für die Behörde lässt. Was nun tatsächlich gemeint ist, bleibt offen. Ich sage: Vielleicht gerade deshalb hat der VGH den Weg zum Bundesverwaltungsgericht gezeigt.
Noch deutlicher wird dies bei den Ausführungen des Urteils zu den landesplanerischen Kompetenzen. Hier heißt es, dass die Kompetenz zur landesplanerischen Festsetzung eines Vorranggebiets für den Bau einer neuen Landebahn auch die Befugnis der Landesregierung umfasse, den durch lärmmedizinische Erkenntnisse vorgegebenen Rahmen durch Festsetzung einer konkreten Zeitspanne auszufüllen. Diese Festsetzungskompetenz ist ein Novum in der Rechtsprechung zu den Befugnissen der Landesplanung. Es wird so etwas wie eine übergesetzliche Normfestsetzungsbefugnis geschaffen,
die den alten Grundsatz – das sage ich den Politologen; dieser Grundsatz hat sich weitgehend herumgesprochen – „Bundesrecht bricht Landesrecht“ in sein Gegenteil verkehrt. Diesen Grundsatz hat der Hessische Landtag, damals übrigens noch mit den Stimmen der SPD, in seinem Begleitbeschluss zur Änderung des Landesentwicklungsplans beachtet. Dort heißt es – ich zitiere wörtlich –:
[Es]... wird eindeutig klargestellt, dass der Landtag in keiner Weise beabsichtigt, in die Planfeststellungskompetenz des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und seine eigenständige Ermessensausübung einzugreifen.
Diese Kompetenzverteilung hat der VGH völlig außer Betracht gelassen und sich nicht damit auseinandergesetzt,
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unglaubliche Gerichtsschelte! – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))
dass das Handeln der Planfeststellungsbehörde unter dem Regime der Bundesauftragsverwaltung steht und dass die Behörde damit verpflichtet ist, übergeordnete Interessen in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Herr Al-Wazir, auch das ist etwas, was Sie sich langsam klarmachen sollten.
Herr Al-Wazir, Gerichtsurteile befinden sich nicht in einem luftleeren Raum. Über die kann man diskutieren. Mit denen kann man sich auseinandersetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Entscheidung des VGH wird Luftverkehr als Bundesangelegenheit ohne Weiteres, ohne jede kritische Würdigung der Determinierung durch einen Landesverordnungsgeber überlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist juristisch zumindest revolutionär. Das muss zwingend geklärt wer
den, wenn wir im Hessischen Landtag in Zukunft noch verantwortlich, d. h. auf sicherer Grundlage, Politik machen wollen.
Ich verlasse an dieser Stelle die leider unvermeidliche Auseinandersetzung mit den Rechtsfragen. Diese Auseinandersetzung mit Rechtsfragen ist keine Kleinigkeit. Sie ist nicht juristisch spitzfindig. Es handelt sich um keine Ausflüchte. Es handelt sich um kein juristisches Theater. Sie ist vielmehr für ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren unabdingbar.
Eine rechtlich saubere Lösung ist zwingend, um das größte, noch dazu privat finanzierte Konjunkturprogramm für Hessen und darüber hinaus für Deutschland abzusichern. Denn die Erweiterung des zentralen Luftfahrtstandorts Deutschland ist von Bedeutung weit über Hessen hinaus. Es geht vielmehr um die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Luftverkehrswirtschaft.
Es wurde schon ausgeführt: Der Frankfurter Flughafen mit schon heute weit mehr als 70.000 Beschäftigten ist Deutschlands größte Arbeitsstätte. Insgesamt hängen in Deutschland rund 1 Million Arbeitsplätze von der Luftverkehrswirtschaft ab. Den Ausbau kann man also ohne Weiteres als Vitaminspritze für Deutschland bezeichnen. Während anderswo Arbeitsplätze abgebaut werden, steigen die Arbeitsplatzzahlen am Frankfurter Flughafen. In zehn Jahren nahm die Zahl der Arbeitsplätze von 58.000 um rund 13.000 zu, jährlich um ca. 2 %.
Der Ausbau wird allein am Airport 25.000 zusätzliche Jobs bringen. Da ist der Streit müßig, ob es insgesamt „nur“ 40.000 neue direkte und indirekte Arbeitsplätze sind, die durch den Ausbau geschaffen werden, oder ob die auch immer wieder genannte Zahl von 100.000 neuen Arbeitsplätzen richtiger ist. Sei es drum. Wer immer das für vordergründige politische Spielchen aufs Spiel setzt, der handelt verantwortungslos.
Wir nehmen die Verantwortung für die Region und für alle Menschen in Hessen wahr, damit der Flughafen Frankfurt auch künftig seine wichtige Rolle als Arbeitsplatzmotor spielen kann.
Meine Damen und Herren von der Opposition, doch nun zurück zu Ihrem Lieblingsvorwurf eines vorgeblichen Wortbruchs. Ich sage Ihnen zum wiederholten Male und werde es Ihnen auch begründen: Außer dem historischen Wortbruch Andrea Ypsilantis unter Mittäterschaft der SPD und der GRÜNEN gibt es hier keinen Wortbruch zu diskutieren, insbesondere keinen der FDP.
Sie verweisen gern, und haben es auch heute wieder getan, auf den Slogan unseres Wahlkampfes: „Unser Wort gilt“.
(Lachen und demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Narrhallamarsch!)
Herr Al-Wazir, nach Ihrer Vorstellung heute wären Sie vielleicht wirklich besser auf einer Karnevalsveranstaltung aufgehoben.
Ich muss nicht rot werden. – Ich stelle einfach fest: Was Sie hier behaupten, was Sie hier inszenieren, inszenieren Sie wider besseres Wissen. Wenn ich mich der gleichen Wortwahl befleißigen würde wie der Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, müsste ich jetzt sagen: Sie lügen. – Aber das tue ich nicht.
Ich tue das nicht. Ich sage nicht, dass Sie lügen. Ich unterstelle zu Ihren Gunsten, dass Sie die Wahrheit nur vergessen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Entwicklungen und Diskussionen seit Beginn der Ausbaudebatte haben dazu geführt, dass die FDP die rechtlichen Voraussetzungen für das Verfahren zum Flughafenausbau immer mehr in den Vordergrund gerückt hat. Dies wird im Wahlprogramm der FDP zur Landtagswahl besonders deutlich. Dort heißt es auf Seite 47/48 – ich habe Sie vor zwölf Tagen schon einmal darauf hingewiesen; Sie können das ebenso wie jeder andere immer noch nachlesen –:
Die FDP unterstützt den beabsichtigten Ausbau im Rahmen der vorliegenden Planungen im Interesse der Zukunftssicherung des Landes und der Rolle des Flughafens als arbeitsplatzschaffende Infrastruktureinrichtung.