Und was macht der Beklagte? Anstatt dieser Aufforderung nachzukommen, hat sich die Landesregierung nun dazu entschieden, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in Revision zu gehen.
Meine Damen und Herren, wir müssen also zur Kenntnis nehmen,dass die Landesregierung gegen das vorgeht,was sie zuvor politisch versprochen hat.
Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen von 23 bis 5 Uhr genügt jedoch nicht den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz, die sich aus § 29b Abs. 1 Satz 2 Luftverkehrsgesetz ergeben.
Nach dieser Vorschrift ist die Planfeststellungsbehörde verpflichtet, auf die Nachruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Aus dieser Regelung hat das Bundesverwaltungsgericht
in mehreren Entscheidungen in den letzten Jahren Voraussetzungen abgeleitet, die – gleichsam tatbestandlich – erfüllt sein müssen, damit Nachtflugbetrieb zugelassen werden kann...
Meine Damen und Herren, der VGH bezieht sich also in seinem Urteil ausdrücklich auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.
Warum dann die Landesregierung der Auffassung ist, sie müsse jetzt beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Revision einlegen, das erschließt sich mir, meiner Fraktion und vielen Menschen überhaupt nicht.
Es wäre so einfach: Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen zwischen 23 und 5 Uhr ist wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot fehlerhaft. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, Sie brauchen nur Ihre Hausaufgaben zu erledigen – dann wären wir wahrscheinlich schon ein ganzes Stück weiter.
Ausdrücklich hat der VGH weiter festgestellt: Die in der Zeit von 23 bis 5 Uhr zugelassenen Flüge in der Mitte der Nacht werden sich „lärmmedizinisch besonders nachteilig auswirken“.
Damit sind wir bei der von SPD, GRÜNEN und auch von der LINKEN geforderten Anhörung und bei dem geforderten Gutachten des Bremer Mediziners Eberhard Greiser zur Gesundheitsbelastung durch Fluglärm in der Region Köln/Bonn.
Meine Damen und Herren, wir fühlen uns durch die Ergebnisse dieses Gutachtens ausdrücklich in unserer Auffassung bestätigt, dass ein Nachtflugverbot und ein Festhalten am Mediationsergebnis unumgänglich sind.
Ich verstehe diese ganzen Winkelzüge nicht, mit denen man hier vorgeht, um dieses Gutachten zu verhindern.
Die Ergebnisse sind doch eindeutig. Die Verschreibungen von Medikamenten gegen Bluthochdruck und von Arzneimitteln zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen, von Beruhigungs- und Schlafmitteln steigen in Häufigkeit und Menge der Verordnungen mit der Intensität des Fluglärms, dem die Menschen ausgesetzt sind. Die Ergebnisse belegen eindeutig, dass sich die Belastung durch Fluglärm nachteilig auf das Immunsystem auswirkt.
Eine weitere grundlegende Erkenntnis ist – und da sollten wir jetzt alle nachdenklich werden –, dass die schädlichen Folgen sich bereits bei einer viel geringeren Lärmintensität bemerkbar machen, als wir bisher angenommen haben. Meine Damen und Herren, das ist die grundlegend neue Erkenntnis, die wir nicht ignorieren können – im Interesse der Gesundheit der Menschen in dieser Region.
Herr Kollege Arnold, das sind wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse. Sie sind auch nachvollziehbar. Untersuchungen in Skandinavien und den Niederlanden sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen.
Der Wirtschaftsminister erklärt dann aber, wir würden mit der Forderung nach einer Anhörung im Landtag und nach einem Gutachten zu den Folgen der Lärmbelastung rund um den Flughafen Emotionen schüren.
Herr Wirtschaftsminister, welche Ignoranz gegenüber dem Gesundheitsbedürfnis der Menschen in dieser Region spricht eigentlich aus Ihren Worten?
Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Emotionen zu schüren. Die Menschen in der Region sind – nicht zuletzt wegen des Verhaltens der Landesregierung, aber auch wegen der neuesten Erkenntnisse – aufgewühlt und tief verunsichert.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, was wir heute von Ihnen erleben, das ist eine Ohrfeige und schlichtweg unverantwortlich gegenüber dem Gesundheitsbedürfnis und auch gegenüber den berechtigten Ängsten der Menschen.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Es wird doch niemand ernsthaft behaupten, dass die Menschen in dieser Region anders auf Lärmbelästigungen durch Fluglärm reagieren als 800.000 Menschen in der Region Köln/Bonn. Diese Schlussfolgerung ist für mich nicht nachvollziehbar.
Der VGH hat ausdrücklich festgestellt: Der Lärmschutz ist im Planfeststellungsbeschluss nicht ausreichend gewichtet worden. Hier besteht also Handlungsbedarf, sich mit den neuesten Erkenntnissen der gesundheitlichen Folgen durch Lärmbelästigung auseinanderzusetzen.
Da hilft auch kein Hinweis auf ältere, vorhandene Studien: Die Menschen haben einen Anspruch darauf, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bekommen, damit die Politik und diejenigen, die dafür verantwortlich sind, angemessen reagieren können.
Die Ablehnung von CDU und FDP, hier ein Gutachten erstellen zu lassen, wird doch das Misstrauen der Menschen gegenüber dem Flughafenausbau weiter erhöhen.
Die Menschen in der Region wollen und können auch nicht auf die Ergebnisse aus Leipzig warten – bis das Revisionsverfahren entschieden ist. Sie haben jetzt Anspruch auf eine ehrliche Aufklärung darüber, welchen gesundheitlichen Belastungen sie ausgesetzt sein werden.
Ich bin davon überzeugt: Das Gutachten wird sowieso kommen. Dann kann man es auch jetzt beschließen. Schätzungen gehen davon aus, dass ein solches Gutachten ungefähr 500.000 c kosten wird. Meine Damen und Herren, das sollte uns doch die Gesundheit der Menschen wert sein. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Kollege Frankenberger. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Staatsminister Posch das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Frankenberger,erlauben Sie mir nur einen Hinweis. Wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, dann haben Sie gesagt, aus dem Gutachten, das jetzt vorgelegt worden ist und für den Kölner Flughafen gelte, sei doch evident, dass es zu Gesundheitsschädigungen komme, und das müsse man berücksichtigen.
Darf ich Sie fragen,wozu Sie dann,wenn Sie das einerseits so sagen, überhaupt noch ein Gutachten brauchen?
Bitte schön, ich habe gelesen, was die Sozialdemokraten beantragt haben. Nur das, was Sie eben begründet haben, war nicht das, was Sie beantragt haben, denn danach wäre ein Gutachten überhaupt nicht erforderlich.
(Beifall bei der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Aber Herr Posch, das sind wir wirklich nicht gewohnt!)
Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Kaufmann, Sie haben ausgeführt, das würde uns nicht in den Kram passen. Sie haben dann auch noch sinngemäß gesagt, wir würden so tun, als würde Fluglärm gesund machen. Die Realität der Verwaltungspraxis der Hessischen Landesregierung sieht völlig anders aus. Die Diskussion über die gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm hat die Landesregierung immer geführt – seit es die Diskussion um den Flughafen gibt –, und sie hat entsprechende Maßnahmen ergriffen.