Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich weiß! Aber er sagt viel, wenn der Tag lang ist!)

Sie müssten eigentlich festgestellt haben, dass das nicht in die Richtung ging, die Sie hier eben in den Raum gestellt haben. Aber gut, ich möchte an der Stelle versuchen, das, was Roland Koch hier als Lösung in die Diskussion gebracht hat, was aus meiner Sicht nicht wirklich neu ist, zu beleuchten. Ich komme also wieder zu dem Thema: Mit welchem zentralen Argument oder Instrument will Ministerpräsident Roland Koch Hartz IV reformieren und voranbringen? Er benennt es auf Nachfrage der „Wirtschaftswoche“. Die „Wirtschaftswoche“ fragt: „Wie soll das gehen?“ Darauf sagt Roland Koch: „Wir müssen jedem Hartz-IV-Empfänger abverlangen, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht, …“ Dann kommt er zur öffentlichen Beschäftigung. Da könnte man z. B. sagen: durch die Einführung eines sozialen Arbeitsmarktes mit längerfristig öffentlich geförderter Beschäftigung. Das könnte man sagen. Roland Koch sagt hier: „im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung“.

Herr Bocklet kommt gerade nach vorne. Dann kann er auch noch etwas dazu sagen.

Wenn ich mir Punkt 4 c des Antrags der GRÜNEN, Drucks. 18/1795, anschaue, dann lese ich dort den Satz, den ich gerade genannt habe: „die Einführung eines sozialen Arbeitsmarktes mit längerfristig öffentlich geförderter Beschäftigung“. Das hat Herr Al-Wazir unterschrieben. Das ist genau das, was Roland Koch gesagt hat: Er möchte mehr öffentliche Beschäftigung. – Das ist genau der Lösungsansatz, den Herr Bocklet und Herr Al-Wazir in ihrem GRÜNEN-Antrag als Vorschlag bringen. Wo ist denn eigentlich Ihr inhaltlicher Unterschied an der Stelle?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie können es nachlesen. Ich habe Ihnen die Stelle genannt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): 100.000 Arbeitsplätze, das wäre es! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben die Überlegung, einen öffentlichen Arbeitsmarkt zu etablieren, um die Leute in Arbeit zu bringen.

Herr Rock, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Spies?

(René Rock (FDP): Ja, bitte! – Florian Rentsch (FDP): Sachliche Frage!)

Herr Kollege Rock, nur damit wir uns korrekt verstehen: Sie meinen mit einem solchen öffentlichen Arbeitsmarkt, und Sie unterstellen das auch dem Ministerpräsidenten, dass er sozialversicherungspflichtige, tarifgebundene, existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse meint, oder meint er Arbeiten für ein Einkommen von Hartz IV? Denn genau das ist die strittige Frage, Herr Rock,

(Leif Blum (FDP): Kurzintervention!)

ob Leute für nichts arbeiten sollen oder ob Leute in Arbeit gebracht werden – –

Herr Dr.Spies,die Frage.Sie hatten sich zu einer Frage gemeldet.

Die Frage war präzise formuliert.

(Lachen bei der CDU und der FDP)

Sie können das gerne im Protokoll nachlesen. Die Frage war: Meinen Sie mit öffentlicher Beschäftigung, wie Sie es eben gesagt haben,

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Unruhe)

sozialversicherungspflichtige, tarifgebundene, existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse, oder meinen Sie Arbeiten für ein Einkommen, das Hartz IV bedeutet?

Herr Spies, ich kann Ihnen das nur bedingt beantworten, weil ich nicht Roland Koch bin. Ich kann nur darauf hinweisen, was im Antrag der GRÜNEN steht.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kochversteher! – Unruhe)

Sie haben mir doch eine Frage gestellt. Jetzt lassen Sie mich doch auch einmal ausreden. – Herr Spies, ich kann Ihnen nur sagen, was in dem Antrag der GRÜNEN steht. Das könnten Sie nachlesen. Darin steht nämlich, dass sozusagen die Aufwendungen für die Arbeitslosigkeit umgewandelt werden sollen.

Bei Herrn Koch kann ich das nicht sagen. Da müssen Sie etwas warten. Er wird hierzu sicherlich noch etwas sagen. Ich kann es an der Stelle nicht sagen.

Jetzt sage ich Ihnen, was ich vom öffentlichen Beschäftigungssektor halte. Das ist interessanter; denn dazu kann ich eine Aussage machen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aus meiner Sicht kann das nie das richtige Instrument sein.Denn wir haben 2,2 Millionen Langzeitarbeitslose im Jahr 2009 über eine Distanz gehabt, und wir kennen die Erfahrungen mit den Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen. Diese werden vor allem wegen des Verdachts auf Vernichtung regulärer Arbeitsverhältnisse kritisiert und als Ein-Euro-Jobs gebrandmarkt, weil die Gemeinnützigkeit und die Zusätzlichkeit der geschaffenen Stellen nicht ausreichend kontrolliert wird oder kontrolliert werden kann. Darüber können Sie mit jeder IHK oder mit den Handwerkern reden. Sie können sich mit jedem auseinandersetzen. Die Gefahr bei solchen Ideen ist immer, dass sie sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse kaputt machen.

(Beifall bei der FDP)

Daher haben wir und auch ich persönlich mit dieser Sache ein großes Problem.

Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich darf es kurz zusammenfassen: Wenn Oppositionsführer Al-Wazir und Ministerpräsident Koch hier konsequent wären, müssten wir zwei Millionen Stellen in einer solchen Beschäftigungsgesellschaft begründen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): 240.000 reichen!)

Wir brauchen keinen Streit um des Streites willen, sondern wir brauchen eine Reform. Darum ist die Debatte, die Roland Koch angestoßen hat, absolut richtig. Wir brauchen keine platte Polemik,sondern wir brauchen vernünftige Lösungen. – Danke.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Rock, vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Bocklet gemeldet.

Sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident, sehr verehrte Kollegen von der FDP! Herr Rock, Sie sprachen uns direkt an. Machen Sie es doch so wie der Kollege Generalsekretär Lindner, der zu Recht sagt:Ich glaube nicht, dass die bisherigen Äußerungen uns in der Sache weiterbringen. – Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion,sagt,der Hessische Ministerpräsident liege um Jahre zurück. Allgemeine Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen habe man schon lange beerdigt, und die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten verhinderten bereits die Probleme, die er beschreibe.

Die FDP ist noch ein bisschen beim Selbstfindungsprozess.Wir wollen Sie dabei gerne begleiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Florian Rentsch (FDP): Da brauchen Sie aber einen langen Atem!)

Meine sehr verehrten Herren, wenn Sie die Welt nicht nur aus der Perspektive der Windschutzscheibe eines Porsches sehen würden,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

dann wüssten Sie auch, dass es andere Probleme gibt. Die des sozialen Arbeitsmarktes haben wir am 27. Februar 2007 angesprochen. Seit dem 27. Februar 2007 liegt unser Antrag zum sozialen Arbeitsmarkt vor. Wir haben dazu dezidiert Stellung genommen. Herr Rock, vielleicht machen Sie sich die Mühe,und lesen Sie das nach.Es geht um die Umwandlung von Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze durch die Entgeltvariante. Haben Sie davon schon einmal gehört? Nein.

(Florian Rentsch (FDP):Er hat es gelesen,war aber nicht begeistert!)

Aber das ist nicht so schlimm.Wir helfen gerne. Betreuen wollen wir, und fördern wollen wir auch. Das gilt auch für die FDP. Deswegen sehen Sie uns da unterstützend an Ihrer Seite. Ich selbst bin Sozialarbeiter, meine Telefonnummer haben Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was mich interessiert: Sie wollen Sanktionen verschärfen. Oder wollen Sie es nicht? Ich weiß es nicht.Aber wenn Sie es wollen, dann beschreiben Sie doch in Ihrer Antwort, Herr Rock, was Sie verschärfen wollen, wie Sie es verschärfen wollen.Wollen Sie den Menschen wie in Wisconsin nur fünf Jahre lang Sozialhilfe geben und sie dann komplett auf null stellen? Was wollen Sie verschärfen? Das ist reine heiße Luft. Bei uns in der Toilette gibt es einen Heißluftfön. Darüber steht: Es spricht René Rock. – Es kommt nichts Substanzielles heraus.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Bocklet, die zwei Minuten sind herum.

Ich komme zum Ende. – Wenn Sie etwas Substanzielles tun wollen: Stimmen Sie gegen die Vorschläge der Bundesregierung bei der Zerschlagung der Jobcenter in

Hessen; denn die würden zu einer weiteren Verschlechterung für die Arbeitslosen in Hessen führen. Es liegt ein Regierungsentwurf vor. Herr Koch, Herr Rock, stimmen Sie im Bundesrat gegen den Entwurf von Frau von der Leyen. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rock,Sie haben Gelegenheit zur Antwort.Ebenfalls zwei Minuten.

Herr Präsident! Herr Bocklet, ich frage mich, ob Sie mir überhaupt zugehört haben, als ich zu Sanktionen gesprochen habe.