Protokoll der Sitzung vom 02.03.2010

Ich habe noch ein Zitat von Ihrem CDU-Kollegen Matthias Lammert aus Rheinland-Pfalz – die CDU ist in diesem Fall in der Opposition –:

Es ist grundsätzlich von unserer Seite zu begrüßen, dass ein Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf amtliche Informationen besteht. Es ist auch begrüßenswert, dass das Vertrauen in die Verwaltung und in den Staat ausgebaut werden soll. Außerdem sollte durch mehr Transparenz das Handeln der Behörden nachvollziehbarer gemacht werden.

Das ist das Zitat eines CDU-Abgeordneten aus Rheinland-Pfalz. Es kann also kein Bürokratiemonster sein, wenn die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Landesverbänden der CDU das so sehen. Ich glaube, dass wir durch ein Informationsfreiheitsgesetz in Hessen einen Mehrwert bekommen.

Sie sollten sich, wie ich es gemacht habe, die eine oder andere der Stellungnahmen durchlesen,die in der Anhörung vorgetragen worden sind. Professoren und auch viele Juristen, die in diesem Bereich tätig sind, haben dazu Stellung genommen und gesagt, dass die Informationsfreiheit ein wichtiges Element für unsere Demokratie ist, dass wir ein Informationsfreiheitsgesetz brauchen und dass es gerade für das Stammland des modernen Datenschutzes, nämlich für das Bundesland Hessen, wichtig wäre, ein Informationsfreiheitsgesetz zu bekommen.

Herr Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Herr Beuth, Sie sollten endlich aus Ihrer Wagenburg fliehen. Sie sollten die Vorbereitung der zweiten Lesung im Ausschuss dazu nutzen, Ihre Argumente zu überdenken. Sie sollten den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen nicht das verweigern, was die Bürgerinnen und Bürger anderer Bundesländer haben und was auch auf Bundesebene existiert, nämlich ein modernes Informationsfreiheitsgesetz. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Herr Greilich, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion. Bitte schön.

(Günter Rudolph (SPD): In der Opposition war er noch dafür!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, ich muss Sie enttäuschen: Ich war in diesem Haus noch nie in der Opposition. Ich hoffe, das wird auch so schnell nicht geschehen.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist schade! Da hat er recht!)

Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz über das Recht auf Informationsfreiheit in Hessen kommen wir aber gleich am ersten Tag der Plenarwoche zu einem Highlight hessischer Oppositionsarbeit.

(Beifall bei der FDP)

In der Sache stelle ich fest, dass Sie mit Ihrer Initiative im Mai letzten Jahres ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben.Wir Liberale halten die Informationsfreiheit der Bürger für ein sehr hohes Gut. Deshalb haben wir es auch begrüßt, dass wir im Hessischen Landtag über dieses Thema reden. Wir haben, wie angekündigt, Ihre Vorschläge völlig vorurteilsfrei geprüft.

Herr Kollege Frömmrich, ein Grund dafür war der Beitrag des Hessischen Datenschutzbeauftragten, aus dem Sie zitiert haben. Er hat sehr konkret beschrieben, wie wichtig Informationsfreiheit ist.

Die Frage, über die wir hier streiten, ist aber eine völlig andere. Es handelt sich um die Frage: Brauchen wir dafür ein gesondertes Gesetz? Wie wir angekündigt haben, haben wir das sehr genau geprüft. Für uns hat sich aus der Anhörung etwas anderes ergeben. Vielleicht haben wir anders zugehört als Sie.Wir haben nämlich festgestellt, es gibt keinen evidenten Mangel an Informationen für die hessischen Bürger.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stellen Sie fest? Das wird immer besser!)

Herr Kollege Wagner, derjenige, der an einem Verwaltungsverfahren beteiligt ist, kann bei den entsprechenden Behörden schon heute die Unterlagen einsehen. Dafür brauchen Sie kein weiteres Gesetz. Das gilt darüber hinaus auch für jeden unbeteiligten Dritten – das ist entscheidend –, der nur irgendein berechtigtes, nicht völlig willkürliches Interesse hat.

Da das so ist, stellt sich die Frage, ob es wirklich notwendig ist, noch weiter gehende Informationsrechte in einem gesonderten Gesetz zu regeln. Sie meinen, das sei notwendig.Wir meinen, das ist nicht notwendig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie meinen, mit dem Gesetz über Informationsfreiheit gewähren Sie den Bürgern Rechte, auf die diese schon lange warten.Wir meinen, die weit überwiegende Mehrheit der Bürger vermisst ein solches Recht nicht.

Die Statistiken aus den Bundesländern, die Gesetze zur Informationsfreiheit eingeführt haben – Herr Frömmrich hat das ständig wiederholt –, zeigen, dass diese Informationen von den Bürgern überhaupt nicht nachgefragt werden. Das wurde in der Anhörung deutlich. Sie reden über ein theoretisches Bedürfnis, über Wunschvorstellungen. Aber die Erfahrungen aus der Praxis belegen nicht, dass es ein solches Bedürfnis gibt.

Wir haben in der Anhörung zugehört; wir haben nachgefragt.Tatsache ist, dass selbst glühende Verfechter von Informationsfreiheitsgesetzen, die Sie als Experten benannt haben, bestätigen mussten, dass es keine spürbare Nachfrage gibt und dass diese Gesetze auch keine spürbaren Effekte gebracht haben.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Na, dann lassen wir es doch!)

Herr Schaus, das wäre eine wichtige Erkenntnis für Sie. – Gleichzeitig schaffen wir aber eine zusätzliche Bürokratie.

(Günter Rudolph (SPD): Ach du lieber Gott! Wie eine tibetanische Gebetsmühle!)

Ich brauche das nicht zu vertiefen; Herr Kollege Beuth hat das hinreichend dargelegt. Herr Kollege Rudolph, da dies so ist, muss auch hier das Credo gelten:Wenn es nicht erforderlich ist, ein Gesetz zu machen, ist es erforderlich, kein Gesetz zu machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Die Sonntagsöffnung von Videotheken!)

Lassen Sie mich noch etwas dazu sagen, warum ich den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf gleichwohl als Highlight hessischer Oppositionsarbeit bewerte – allerdings als ein negativ leuchtendes Licht der Opposition, wenn wir schon über Licht reden, Herr Kollege Weiß.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was ist ein negativ leuchtendes Licht?)

Dieses Hohe Haus beschäftigt sich mit dem Thema Informationsfreiheit in der 18. Legislaturperiode seit dem 12. Mai 2009, also seit knapp zehn Monaten.Am 12. Mai 2009 haben die GRÜNEN ihren Gesetzentwurf – ich zitiere – „für ein Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen“ eingebracht. Zwei Tage später, am 14. Mai 2009, hat die SPD einen Gesetzentwurf für ein Hessisches Gesetz zur Einführung des Rechts auf Informationsfreiheit vorgelegt. Am 16. Juni 2009 hat der Landtag über beide Gesetzentwürfe in erster Lesung beraten.Am 25.Juni hat der Innenausschuss darüber beraten und am 2.September der Rechts- und Integrationsausschuss. Immer wurden beide Gesetzentwürfe behandelt.Am 24.September 2009 haben wir uns viel Zeit genommen und im Innenausschuss des Hessischen Landtags eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

Jetzt könnte man meinen, nach diesem Verfahren sei bereits ein gewisser Erkenntnisgewinn möglich, der zur Veränderung der Gesetzentwürfe oder, bei klarer Beurteilung, zu deren ersatzlosem Zurückziehen führen würde. Wer so pragmatisch denkt, hat weit gefehlt. Denn nach fünf Monaten Verfahrensdauer, nachdem das Plenum in erster Lesung und zwei Ausschüsse damit befasst waren und eine öffentliche Anhörung dazu durchgeführt wurde, stellte eine weitere Fraktion fest, dass sie bisher nicht mitspielen durfte. So wird am 13. Oktober 2009 ein dritter Gesetzentwurf vorgelegt. Diesmal heißt er: „… für ein Hessisches Gesetz über die Freiheit des Informationszugangs“. Man muss sich abgrenzen, auch wenn es nur um die Überschrift geht.

Im November 2009 befassen sich wiederum die Ausschüsse mit den Gesetzentwürfen. Im Januar 2010 und im Februar 2010 stehen sie wiederum auf der Tagesordnung. Offenbar haben Sie nichts anderes zu bieten.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Meine Damen und Herren, der Höhepunkt naht. Am 11. Februar 2010 wird im Innenausschuss, überraschend für die Öffentlichkeit, mitgeteilt, die Gesetzentwürfe der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN würden einstweilen zurückgezogen, weil man sich darauf geeinigt habe, einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen. Das geschah also nach mehr als einem Dreivierteljahr und ein Vierteljahr nach der Anhörung. Offensichtlich konnten Sie das alles nicht zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, Sie merken, der Spannungsbogen steigt weiter. Am 10. Februar 2010 wird der neue Gesetzentwurf der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD eingebracht. Jetzt heißt er: „… für ein Hessisches Gesetz über das Recht auf Informationsfreiheit in Hessen“.

(Petra Fuhrmann (SPD): Wollen Sie sich nicht einmal mit den Inhalten befassen?)

Meine Damen und Herren, ich habe das für den Fall gesagt, dass Sie sich die Überschrift vorhin nicht gemerkt haben. Dank der vielen Worte in den – –

(Zuruf)

Frau Fuhrmann, was habe ich da eben gehört?

(Petra Fuhrmann (SPD): Ich habe nicht Sie gemeint!)

Ach so, dann ist es gut. Dann brauchen Sie sich jetzt nicht zu entschuldigen. Dann können Sie das bei passender Gelegenheit machen.

Dank der vielen Worte in den Namen der Gesetzentwürfe haben wir tatsächlich vier unterschiedliche Überschriften. Man muss ein bisschen kreativ sein.

Der Spannungsbogen erreicht seinen Höhepunkt. Inzwischen hat es zwei Befassungen des Plenums des Hessischen Landtags, acht Ausschusssitzungen und eine öffentliche Anhörung dazu gegeben. Der interessierte Parlamentarier ist gespannt, zu erfahren, zu welchen zündenden neuen Ideen das in dem gemeinsamen Gesetzentwurf geführt hat.Aber jeder, der jetzt einen Höhepunkt erwartet, wird leider enttäuscht. Hinsichtlich der neuen Ideen gibt es eine Fehlanzeige.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie sehen richtig enttäuscht aus, ganz enttäuscht!)

Meine Damen und Herren der Opposition, wir von den Regierungsfraktionen sind meistens enttäuscht, wenn wir Ihre uninspirierten Anträge lesen.Aber dieser Gesetzentwurf ist der Tiefpunkt hinsichtlich der Enttäuschung.

(Marius Weiß (SPD): Das ist unerträglich!)

Sie haben sich eine neue Überschrift einfallen lassen, haben ein paar Paragrafen aus dem Entwurf der GRÜNEN und ein paar Paragrafen aus dem Entwurf der SPD genommen, haben dann neue Nummern vergeben und das gemeinsam unterschrieben. Dass Sie das gemeinsam unterschrieben haben, soll die Arbeit der Opposition in Hessen sein. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dazu kann ich nur sagen: gute Nacht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Vielleicht fällt Ihnen als Nächstes ein, einen fünften Gesetzentwurf vorzulegen.Denn den dritten Partner für Ihre Koalition in der Opposition haben Sie bisher noch nicht beteiligt.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist schwer zu ertragen!)