Protokoll der Sitzung vom 02.03.2010

den Bürgern maximal schnellen Rechtsschutz zur Wahrung ihrer Ansprüche.Denn gerade beim Informationszugang kommt es besonders auf die zeitliche Nähe an.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Wir haben eine Missbrauchsregelung im Sinne der Verwaltung eingefügt. Wir haben den Datenschutz berücksichtigt, indem wir eine Zustimmung Dritter bei personenbezogenen Daten als Voraussetzung aufgenommen haben, und wir haben die öffentliche Sicherheit gewahrt. Wir haben eine Kostenregelung eingeführt, die die Anliegen der Verwaltung berücksichtigt und gleichzeitig für die Interessenten keinen Hinderungsgrund bildet, und wir möchten einen Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit installieren, als Service für die Bürger, und damit wir uns in Hessen nicht schämen müssen, weil fast alle anderen Bundesländer so etwas längst haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Demokratie ist abhängig von der aktiven Mitgestaltung durch die Bürgerinnen und Bürger.Dafür brauchen wir eine weitestmögliche Öffentlichkeit staatlichen Handelns. Wir wollen, dass die Verwaltung für den Bürger da ist und nicht umgekehrt. Unser Begriff der Freiheit umfasst auch die Freiheit zur Mitverantwortung, zur Kritik und zur effektiven Wahrnehmung von Bürgerrechten. Deshalb braucht Hessen ein Informationsfreiheitsgesetz.

Alle Experten in der Anhörung sind ebenfalls dieser Meinung gewesen. Lediglich die Kommunalen Spitzenverbände haben Bedenken wegen der Kosten geäußert, denen aber durch die bereits erwähnte Regelung Rechnung getragen wurde.

Die Kollegen der FDP-Fraktion haben hier die Möglichkeit, ihren Freiheitsbegriff zu klären, ob sie unter Freiheit nur die Freiheit der Gutverdiener verstehen, sich aus der Solidargemeinschaft in Kranken- und Rentenversicherung zu verabschieden, oder die Freiheit, den Bund, die Länder und die Kommunen durch kreditfinanzierte Steuersenkungen nahezu handlungsunfähig zu machen, was die Bürger mit Gebührenerhöhungen und Leistungskürzungen ausbaden müssen; oder ob ihr Freiheitsbegriff auch die Transparenz öffentlichen Handelns umfasst, den freien Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen, und ob in ihrem Freiheitsbegriff der Bürger ein Recht auf Partizipation an öffentlichem Wissen und Kontrolle staatlichen Handelns hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Beuth wird bestimmt gleich wieder etwas von einem Bürokratiemonster erzählen. Ich bin gespannt, ob er diesen Vorwurf irgendwann einmal anhand von Zahlen belegen kann, abgeleitet aus den Länder-IFGs oder aus dem Bundes-IFG. Ich bin auf den Nachweis sehr gespannt.

Herr Beuth, außerdem warte ich noch immer auf die Klärung des Widerspruchs zwischen Ihrer Aussage und der des Innenministers. Sie haben in der letzten Debatte zum Thema erzählt, alle in unserem Entwurf genannten Auskunftsmöglichkeiten gebe es schon aufgrund anderer Gesetze, deshalb bräuchten wir kein IFG. Der Innenminister sagte hingegen, die NPD würde die Verwaltung mit Anträgen überhäufen, wenn wir ein IFG einführten.Wer irrt denn nun, der Herr Innenminister oder Sie? Beide Argumentationen passen nicht zusammen. Sie haben ja gleich die Möglichkeit, das klarzustellen.

Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss und kann schon jetzt ankündigen, dass wir keine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf brauchen, weil er gerade das Ergebnis einer Anhörung ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön,Herr Weiß.– Herr Kollege Beuth,Sie haben jetzt Gelegenheit, für die CDU-Fraktion das Wort zu ergreifen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen,da uns das Thema in der Tat schon einige Male hier im Plenarsaal beschäftigt hat und die Argumente nicht wirklich neu sind – auch die nicht, die der Kollege Weiß eben vorgetragen hat. Ihre Argumente sind nach unserer Auffassung nach wie vor auch nicht gut. Das will ich Ihnen in wenigen Sätzen noch einmal erläutern.

Herr Kollege Weiß, wenn wir gelobt werden, will ich das Lob artig zurückgeben, denn hier wurde in der Tat eine Fleißarbeit geleistet, zwei Gesetzentwürfe zusammenzufassen und noch einmal vorzulegen. Insofern gebe ich für diesen Fleiß das Lob wieder zurück. Ich sage gleichzeitig: Das wäre nicht nötig gewesen, denn Sie kennen unsere Kritik, die sich nicht auf Detailfragen richtet, sondern auf die Begründung Ihres Gesetzentwurfs. Nach unserer Auffassung verfolgen Sie dabei ein falsches Staats- und Verwaltungsverständnis, das grundsätzlich von einem Misstrauen geprägt ist. Deshalb sind Sie der Auffassung, dass Sie durch ein Gesetz einen Informationsanspruch einführen müssen.Wir hingegen gehen zunächst von der Rechtund Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns aus. Das zeichnet nämlich unseren demokratischen Rechtsstaat aus.

Den demokratischen Rechtsstaat zeichnet darüber hinaus aus, dass für die Kontrolle des Verwaltungshandelns Mechanismen vorgesehen sind, zum einen durch uns, durch das Parlament, zum anderen durch die Gerichte. Den Rechtsschutz durch die Gerichte können alle Bürgerinnen und Bürger in Anspruch nehmen. Auch über die Gerichte üben wir eine Verwaltungskontrolle aus.Unser Verwaltungsrecht ist sogar so strukturiert, dass es – im Gegensatz zum Zivilprozessrecht – umfängliche Rechte zugrunde legt. In Verwaltungsgerichtsprozessen gilt nämlich der Amtsermittlungsgrundsatz, sodass der Rechtsschutz, den Sie mit Ihrem Entwurf verfolgen, im Prinzip bereits besteht.

Der Unterschied zwischen unserer Auffassung und Ihrer Auffassung liegt vor allen Dingen darin, dass wir davon ausgehen, dass derjenige, der eine Information haben möchte, ein berechtigtes Interesse haben muss. Er darf also nicht einfach nur irgendetwas von irgendjemandem, über irgendeinen Verwaltungsvorgang wissen wollen,sondern er muss berechtigt sein – und das auch nachweisen können –, warum ihn diese Information etwas angeht.Wir sind nicht der Auffassung, dass es einen allgemeinen Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung gibt, wonach die Verwaltung jedem einzelnen Bürger x-beliebige Informationen preisgeben muss. Es ist doch nicht klug, wenn wir den sogenannten Amtsverschwiegenheitsgrundsatz, den es in unserer Verwaltung gibt,auflösen oder aushöhlen.Alle,die sich an die

Verwaltung wenden, müssen bei ihren Anliegen darauf vertrauen dürfen, dass die Verwaltung Vertraulichkeit wahrt. Das ist im Bereich des Sozialrechts relativ einfach darzustellen. Wenn Bürgerinnen und Bürger bei der Verwaltung nachfragen, ob z. B. bei Kindergartengebühren oder Ähnlichem Sozialtarife zur Anwendung kommen können, und dafür ihre persönlichen Verhältnisse offenlegen müssen, darf es nach Auffassung der CDU-Fraktion nicht sein,dass der Nachbar – oder wer auch immer – über diesen Verwaltungsvorgang einfach mal drübergucken kann. Das haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz aber so niedergelegt.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Insofern lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

Herr Kollege Weiß,Sie sind auf die Anhörung zu sprechen gekommen und haben die Kommunalen Spitzenverbände nebenbei als Leute abgetan, die sich mit den Entwürfen kritisch auseinandergesetzt haben.

(Günter Rudolph (SPD): Sonst interessieren Sie die Stellungnahmen doch auch nicht! Gerade so, wie es Ihnen passt!)

Sie tragen im Moment die Kommunalen Spitzenverbände wie eine Monstranz vor sich her.In dieser Frage passen sie Ihnen aber gerade nicht. Die Kommunalen Spitzenverbände – und zwar alle, die in der Anhörung anwesend waren – haben Ihren Gesetzentwurf nämlich nicht nur kritisiert, sondern ihn harsch abgelehnt. Insofern haben wir keinen Grund, uns Ihrem Gesetzentwurf anzuschließen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will zuletzt noch einmal erläutern, wie diffus im Grunde genommen Ihre Position ist. Sie ist nicht stringent. Wenn ich mir überlege, dass heutzutage mit großem Beifall beklatscht wird, dass der Staat bestimmte Informationen nicht haben darf, Sie aber gleichzeitig Bürgerinnen und Bürgern an anderen Stellen jede Information zugänglich machen wollen, dann muss ich sagen: Das passt einfach nicht zusammen. Wir wollen Sie vor diesem Irrtum bewahren, indem wir den Gesetzentwurf ablehnen.

(Günter Rudolph (SPD):Wie arrogant!)

Wir sind der Auffassung, dass wir ein solches Schnüffelgesetz nicht brauchen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und den LINKEN)

Vielen Dank,Herr Beuth.– Ich darf Herrn Frömmrich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte die Hoffnung – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, Herr Kollege Beuth –, dass Sie sich vielleicht doch noch inhaltlich mit dem Thema befassen und sich genauer anschauen würden, was Informationsfreiheit bedeutet und was die Informationsfreiheitsgesetze eigentlich erreichen wollen. Dass Sie das nicht getan haben, merkt man gerade an Ihren Ausführungen zur Datensammelwut des Staates auf der einen Seite – darüber hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden – und zu unserem Informationsfreiheitsgesetz auf der anderen Seite,

das mehr Transparenz bei Entscheidungen und mehr Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger bringen soll. Herr Kollege Beuth, das zeigt, dass Sie sich mit dem Gesetzentwurf leider nicht beschäftigt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hessen war immer Vorreiter beim modernen Datenschutz. Das ist in der Anhörung auch so gesagt worden. Hessen ist sozusagen das Stammland des modernen Datenschutzes. Es hätte dem Bundesland Hessen gutgetan, wenn wir als Stammland des modernen Datenschutzes auch Vorreiter im Bereich der Informationsfreiheit geworden wären. Herr Kollege Beuth, leider verhindern Sie seit Jahren, dass wir in Hessen ein modernes Informationsfreiheitsgesetz bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will nur an die Historie erinnern. Sie hätten wirklich Zeit gehabt, sich mit dem Themenkomplex etwas intensiver zu beschäftigen. Wir haben als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der 15. Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt.Wir haben das Gleiche in der 16.Wahlperiode getan.Sie werden sich daran erinnern,dass die 17. Wahlperiode relativ kurz war, aber wir haben in der 18. Wahlperiode wieder einen Gesetzentwurf vorgelegt – nicht deshalb, weil wir die Bürgerinnen und Bürger oder Sie hier im Parlament mit einem Thema beschäftigen wollen, das abgefrühstückt ist, sondern deshalb, weil wir Sie mit einem Thema beschäftigen wollen, das für die Menschen in unserem Land, wie wir meinen, wichtig ist; denn wir wollen die Bürgerinnen und Bürger Hessens nicht benachteiligen. In fast allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland gibt es bereits Informationsfreiheitsgesetze. Sie sollten den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen dieses Recht nicht weiter vorenthalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will gerne unseren Datenschutzbeauftragten, Herrn Prof. Ronellenfitsch, zitieren, der in der Anhörung gesagt hat, dass wir dringend ein Informationsfreiheitsgesetz brauchen. In einem Brief zu unserem Gesetzentwurf hat er in der 16.Wahlperiode Folgendes geschrieben.

Die Informationsfreiheit ist ein Lebenselement der freiheitlichen Demokratie. Je besser der Informationsstand der Bürgerinnen und Bürger ist, desto höher ist die Legitimation der von ihnen gewählten politischen Repräsentanten.

Herr Kollege Beuth, dass unser Datenschutzbeauftragter dies sagt, macht deutlich, dass die Tatsache, dass wir ein Informationsfreiheitsgesetz haben wollen, nichts mit der Datensammelwut zu tun hat, die Sie gerade angesprochen haben.

Wir meinen, der freie Zugang zur Information ist ein Beitrag zur aktiven Bürgergesellschaft. Partizipation und Mitwirkung an politischen Entscheidungsprozessen setzen voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern einen allgemeinen Zugang zur Information geben, damit die Entscheidungen, die gefällt werden, transparent sind und damit die Bürgerinnen und Bürger an diesen Entscheidungen teilhaben können. Nur gut informierte Bürger können nämlich partizipieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, ich weiß gar nicht, wovor Sie Angst haben. Haben Sie Angst vor dem Bürger, der sich für das unmittelbare Umfeld in seiner Kommune interessiert? Ich glaube, das ist die verkehrte Herangehensweise. Die Bürgerinnen und Bürger haben in der Regel eben keinen freien Zugang zu Informationen, die bei staatlichen oder halbstaatlichen Stellen vorhanden sind. Deswegen brauchen wir auch in Hessen endlich ein modernes Informationsfreiheitsgesetz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wie ich gerade gesagt habe, gibt es in anderen Bundesländern solche Gesetze: in Brandenburg, in Berlin, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen, in MecklenburgVorpommern, in Hamburg, in Bremen, im Saarland, in Thüringen,in Sachsen-Anhalt und in Rheinland-Pfalz.Sogar auf der Bundesebene gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz. Herr Kollege Beuth, wenn all das zuträfe, was Sie hier vorgetragen haben,würden praktisch alle Verwaltungen in der Bundesrepublik durch das lahmgelegt, was Sie als ein „Bürokratiemonster“ bezeichnen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Diese Länder haben erkannt, dass Informationsfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger ein Mehrwert ist, und deswegen haben sie diese Gesetze verabschiedet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, es tut mir furchtbar leid, dass Sie das hier ständig wiederholen. Sie haben es auch jetzt wieder getan und von einem „Bürokratiemonster“ gesprochen. Andere CDU-Landesverbände sehen das offensichtlich anders. Daran erkennt man, wie rückständig die HessenCDU eigentlich ist.Sie als Generalsekretär der hessischen CDU sollten wirklich den Versuch unternehmen,die CDU in Hessen zu modernisieren.Zu einer modernen CDU gehört auch, dass sie sich für Informationsfreiheit ausspricht. Herr Kollege Beuth, vielleicht unternehmen Sie einmal etwas in dieser Richtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich will einen Ihrer Kollegen aus dem Saarland zitieren. Er hat gesagt:

Mit dem Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz wird die Transparenz behördlicher Entscheidungen noch besser als bisher gewährleistet. Künftig wird jeder Bürger das Recht haben, Informationen zu verschiedenen Entscheidungen... zu erhalten.

Herr Beuth, das ist ein CDU-Kollege von Ihnen. Das Gesetz kann offensichtlich nicht ein solches Bürokratiemonster sein,wie Sie es sagen.Übrigens war die CDU allein an der Regierung, als dieses Gesetz eingeführt wurde.

Ich habe noch ein Zitat von Ihrem CDU-Kollegen Matthias Lammert aus Rheinland-Pfalz – die CDU ist in diesem Fall in der Opposition –: