Das einfachste und stringenteste Modell wurde von der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti gemeinsam mit Thomas Spies und Thorsten Schäfer-Gümbel entwickelt,
im August 2005 vorgestellt und in die Diskussion eingebracht. Sie schlug vor, das Prinzip der solidarischen Lastenverteilung in voller Konsequenz anzuwenden. Dazu sollten sowohl die Versicherungspflichtgrenze als auch die Beitragsbemessungsgrenze aufgehoben werden.
Ja, das haben wir sehr wohl durchgerechnet. Das heißt, in den mittleren Einkommenslagen bedeutet das erhebliche Beitragserhöhungen, die Sie den Wählerinnen und Wählern verschweigen.
Genau das sollte in der Diskussion über die Bürgerversicherung vertieft beachtet werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Bartelt. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Man kommt dann auf einen Beitrag von 8 %.
Das entspricht doch genau dem, was Sie immer fordern, nämlich der Senkung der Nebenkosten. Wenn man dann 10 % nehmen würde, könnte man alle Zusatzleistungen, die zurzeit von Menschen erbracht werden müssen, die es sich eben nicht leisten können, aus der Liste streichen.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das Einheitssystem in der Ostzone ist gestorben! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Irmer!)
Aber ich denke einmal, die Vorstellung, die die FDP hierzu hat, beschreibt doch sehr genau den Freiheitsgedanken, wie ihn die FDP vertritt, nämlich eine Freiheit, die beinhaltet, dass der Mensch das Recht hat, an den Folgen einer Krankheit oder eines Unfalles zu versterben, wenn er sich den Arzt nicht mehr leisten kann. Diese Art der Freiheit kann ein Sozialstaat nicht akzeptieren.
Solidarausgleich, Parität, Sachleistungsprinzip, Umlageverfahren, Kontrahierungszwang – das sind die Grundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich bewährt haben und die in der Bevölkerung auch Akzeptanz finden. Die gesetzliche Krankenversicherung steht vor großen Herausforderungen, wie sie das alles finanzieren soll – das ist in dieser Situation klar. Aber das Einnahmeproblem ist doch aufgrund der Politik entstanden, die dazu geführt hat,
dass bei sinkender Lohnquote und zunehmender Arbeitslosigkeit die Beitragsleistungen permanent reduziert werden. Die Ökonomisierung der Gesundheitspolitik stellt spätestens seit den Neunzigerjahren die Grundlagen des solidarischen und sozialen Systems infrage.
Die FDP verschärft mit ihrem Vorstoß die Diskussion erheblich. Die CDU bläst mit dem Antrag des heutigen Tages in dasselbe Horn. Die seit Jahren betriebenen Umstrukturierungen im Gesundheitssystem zielen darauf,das Gesundheitssystem vermehrt privaten Anbietern und den Kapitalmärkten zu öffnen, die Umverteilung zulasten der Beschäftigten, der Einkommensschwachen und Kranken zu betreiben
Zuhören ist auch nicht Ihre Stärke, ne? – und das Gesundheitssystem an den spezifischen Wettbewerbsinteressen der Wirtschaft auszurichten.
Die FDP setzt diesen Weg im Grunde nur konsequent fort. Dieser Weg wurde auch mit der Gesundheitsreform beschritten. Wir sind jetzt an der Stelle angekommen, an
der es darum geht, zu entscheiden, ob Gesundheit endgültig zur Ware wird, und zwar zu einer Ware, die sich immer weniger Menschen in diesem Lande leisten können. Vor dem Hintergrund der Krise ist diese Forderung mehr als zynisch.
Ach so,das weiß ja keiner,das hätte ich fast vergessen:Die LINKE hält diesen Weg für falsch. Wir fordern die Einführung einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung im Gesundheitswesen. Im Einzelnen heißt das, wir müssen den Versichertenkreis ausweiten. Die Solidarität macht derzeit an der Beitragsbemessungsgrenze halt. Die Lasten müssen gerechter verteilt werden. Der Solidargedanke kann ganz im Gegenteil zur Forderung der FDP nur gewährleistet werden, wenn alle – auch Selbstständige, Beamte und Freiberufler – in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden.Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Versicherungspflichtgrenze aufgehoben werden.
Das Ganze muss gerechter finanziert werden. Nach den Vorstellungen der LINKEN zahlen alle nach ihrer Leistungsfähigkeit in die Krankenversicherung ein, d. h., alle Einkommensarten werden beitragspflichtig. Am Grundsatz der entgeltbezogenen paritätischen Beitragsfinanzierung wird festgehalten. Dazu dienen die folgenden Maßnahmen.Grundsätzlich werden Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Arbeit sowie Kapital-, Mietund Zinseinkünfte und sonstige Einkommen zur Beitragszahlung herangezogen.
Durch die damit erreichte Verbreiterung der Einnahmebasis und die zusätzlichen Einnahmen wird die Belastung – –
Frau Kollegin Schott, entschuldigen Sie bitte ganz kurz. – Ich weiß, dass es schon relativ spät ist. Dennoch haben auch die Rednerinnen und Redner, die hier nach 18 Uhr an das Rednerpult treten,genau dasselbe Recht,Gehör zu finden, wie alle anderen. Deswegen darf ich den gesamten Saal bitten, die Gespräche einzustellen, ruhiger zu sein und der Rednerin zuzuhören. Herzlichen Dank.
Danke. – Aber auch der Gesundheitsfonds enthält einige entscheidende Fehler und wirft neue Probleme auf. Der Arbeitgeberbeitrag wird faktisch eingefroren, und es werden Zusatzbeiträge per Kopfpauschale erhoben. Für etwaige Zusatzbeiträge müssen ausschließlich Arbeitnehmer und Rentner aufkommen. Damit wird die paritätische Finanzierung zu Grabe getragen.
Wahltarife schaffen Einsparungen für die Jungen und Gesunden, während die Alten und Kranken den vollen Beitrag zahlen müssen. Das ist ein Angriff auf das Solidarprinzip. Nicht einmal die Finanzierung unseres Gesundheitssystems wird dadurch nachhaltig gesichert. Das Prinzip der solidarischen Krankenversicherung wird deshalb nicht nur von der FDP mit ihren wirren Vorstellungen zur
Gesundheitsversorgung, sondern vor allem durch die Regierungspolitik von CDU/CSU und SPD ausgehöhlt.
Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der hiesigen SPD für uns ein Schritt in die richtige Richtung, bleibt jedoch hinter unseren Erwartungen zurück. Das Solidarprinzip in der Krankenversicherung muss bestehen bleiben. Die Weiterentwicklung kann nur im Rahmen der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung erfolgen. – Ich bedanke mich trotzdem, auch wenn Sie mir nicht zugehört haben.