Protokoll der Sitzung vom 29.03.2010

Von daher begrüßen wir insgesamt, dass diese Diskussion jetzt angestoßen ist und weitergeführt wird. Wir glauben aber auch – das möchte ich ausdrücklich sagen –, dass es nicht sinnvoll ist,die Diskussion abgetrennt zu führen und nur die technische Zusammenarbeit zu sehen, statt sie mit der finanziellen Zusammenarbeit über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zusammenzuführen.

Was meiner Meinung im Moment das Hauptproblem in der Diskussion ist und was die Irritationen bis heute fortsetzt, ist die Tatsache, dass der Bundesentwicklungsminister im Prinzip noch keine konkreten Konzepte vorgelegt hat, welche entwicklungspolitischen Ziele er umsetzen möchte. Eine Organisationsreform vorzuschlagen, wo noch nicht klar ist, welche Funktionen hinterher von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ausgeübt werden sollen, das ist das Hauptproblem, das im Moment dazu führt, dass nach wie vor Irritationen vorhanden sind. Das betrifft auch die Frage, wo der richtige und angemessene Standort für die Aufgaben ist, die jetzt anstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich sage Ihnen ganz offen: Eine Entwicklungspolitik, die nur nach deutschen Interessen geht, haben wir glücklicherweise schon lange hinter uns. Was wir brauchen, ist eine globale Kooperation zusammen mit den Vereinten Nationen, zusammen mit der EU und einer klaren Zielrichtung, die den Ländern Möglichkeiten gibt, sich selbst zu helfen. Hilfe zur Selbsthilfe, das ist das entscheidende Schlagwort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Da ist es, finde ich, unverantwortlich, wenn ein Entwicklungsminister solche Vorschläge einfach so in den Raum wirft, die er selbst noch gar nicht durchdacht hat. Ich möchte Herrn Posch auch ausdrücklich auffordern, Herrn Hahn aufzufordern, nicht mit weiteren Irritationen nachzulegen. Denn wenn ein FDP-Minister hier sagt, stattdessen sollten die Arbeitsplätze in Bonn abgebaut werden, ohne dass der Organisationsprozess ausdiskutiert ist,

dann ist das genauso unverantwortlich vom Vorsitzenden der FDP in Hessen, wie es vorher von Herrn Niebel war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. Bitte nur noch ein Satz; die Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, ich finde, die Diskussion muss jetzt vorangeführt werden. Sie muss sachlich geführt werden. Die FDP, Herr Hahn, hat dazu keinen guten Beitrag geleistet.Halten Sie sich in dieser Frage etwas zurück. Auch in Bonn sind Arbeitsplätze. Auch in Bonn gibt es eine FDP, und in Nordrhein-Westfalen gibt es einen Herrn Pinkwart, der ein weiteres Mal nicht sehr begeistert über die Interventionen des hessischen FDP-Landeschefs war. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Florian Rentsch (FDP): Mal ist es euch zu wenig, mal zu viel! – Gegenruf der Abg. Kordula SchulzAsche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man kann doch nicht mitten im Prozess fordern, dass Arbeitsplätze abgebaut werden!)

Danke sehr, Frau Schulz-Asche. – Herr Schork, Sie haben sich für die CDU gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute Gelegenheit, über einen Themenbereich zu sprechen, der aus landespolitischer Sicht meistens nur ein Randaspekt ist, was seiner Bedeutung allerdings nicht gerecht wird.

Die Förderung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit in den hessischen Schwerpunktregionen wie Südasien, China oder Lateinamerika sowie Zuschüsse an hessische Nichtregierungsorganisationen für entwicklungspolitische Projekte im In- und Ausland sind zentrale Bestandteile der Entwicklungspolitik, die auf Landesebene beeinflusst werden können.

In den Leitlinien zur entwicklungspolitischen Zusammenarbeit des Landes Hessen bekennt sich das Land dazu, einen Beitrag zur Förderung von Handel und wirtschaftlicher Entwicklung,zur Wahrung der Menschenrechte,zur Sicherung von Frieden und zur Verständigung zwischen den Völkern zu leisten. Wirtschaftliche Entwicklung ist – dies möchte ich unterstreichen – eine notwendige Voraussetzung zur Armutsbekämpfung.

In seiner Rede zum 75. Jubiläum des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft im letzten Jahr hat Herr Bundespräsident Köhler die Gelegenheit genutzt, um auf die finanziellen Rahmenbedingungen der Entwicklungspolitik hinzuweisen. Ich zitiere:

Gleichzeitig wollen die Steuerzahler in Zeiten der Krise mit Recht besonders genau wissen, was mit

ihrem Geld passiert. Die Entwicklungshilfe muss hier also weiterhin an ihrer Effizienz arbeiten.

Weiterhin sagte er:

Wir brauchen eine bessere Verzahnung von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung.... Allerdings muss Basis der Entwicklungszusammenarbeit das bleiben, was die Partnerländer selbst benötigen und auch eigenverantwortlich umsetzen können.

Diesen Gedanken hat auch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aufgegriffen, in dem eine bessere Verknüpfung von technischer und finanzieller Zusammenarbeit sowie eine Reform der Durchführungsstrukturen und eine Zusammenführung der Organisation der technischen Zusammenarbeit festgelegt werden.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Dies soll letztlich dem Ziel dienen, Doppelstrukturen abzubauen und der deutschen Entwicklungspolitik mehr Profil und Stärke zu verleihen. Dieses Ziel ist im Übrigen auch in der Fachwelt unumstritten. So hat in einem Interview mit dem sonst sicherlich eher auf der linken Seite des Hauses gelesenen „Neuen Deutschland“ der Berliner Professor Theo Rauch im Hinblick auf eine Fusion von Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, GTZ, Deutschem Entwicklungsdienst, DED, und Internationaler Weiterbildung und Entwicklung, Inwent, klargestellt: „Die Fusion ist in der Tat überfällig.“ – Das ist in entwicklungspolitischen Kreisen weitgehend unumstritten.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): So ist es!)

Eine Zusammenlegung der drei Organisationen ist dabei im Hinblick auf ihre thematische Überschneidung zweifellos richtig. Der Deutsche Entwicklungsdienst ist einer der führenden europäischen Personalentsendedienste,bei dem zurzeit etwa 1.200 Fachkräfte in 47 Ländern tätig sind. Inwent ist als Personalentwicklungsdienstleister ebenfalls weltweit präsent und verfügt über rund 800 Mitarbeiter. Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit mit ihrem Sitz in Eschborn ist die größte dieser drei Organisationen. In über 80 Ländern ist sie mit eigenen Büros vertreten. Sie beschäftigt weltweit ca. 14.700 Mitarbeiter.Allein in Eschborn arbeiten rund 1.800 davon.

Das führt zu zwei Schlussfolgerungen: Die Fusion dieser drei Unternehmen ist folgerichtig, und diese Fusion muss am Standort Eschborn erfolgen. Ich denke, dass diese beiden Punkte auch hier im Haus unumstritten sind.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser und Michael Siebel (SPD))

Die örtliche Wahlkreisabgeordnete freut sich. – Dabei ist mir bewusst, dass in § 6 Abs. 2 des Berlin/Bonn-Gesetzes steht, insbesondere auch im Bereich Bonn als Standort für Entwicklungspolitik einen Ausgleich zu realisieren. § 7 Abs. 3 dieses Gesetzes fordert, dass der Bund darum bemüht sein solle, dass unter anderem der Deutsche Entwicklungsdienst seinen Sitz in Bonn nimmt.

Diese alten Regelungen dürfen jedoch meines Erachtens nicht dazu führen, dass es einen Rutschbahneffekt zulasten des Standortes Eschborn gibt.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin daher dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, Herrn Minister Hahn, für seinen Einsatz für die Deutsche

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit gegenüber seinem Parteifreund Niebel sehr dankbar und begrüße und unterstütze seine Haltung ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Am Standort Eschborn festzuhalten ist dabei nicht allein Regionalpolitik, vielmehr bestehen gute Gründe für den Fortbestand der GTZ in Eschborn. Die wesentlichen Gründe sind in dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN aufgeführt. Die brauche ich nicht zu wiederholen.

Ich möchte abschließend ausdrücklich betonen, dass es nicht darum gehen kann,die GTZ überhaupt am Standort Eschborn zu erhalten. Vielmehr muss es unser Ziel sein, dort den Hauptstandort der GTZ zu halten und ihn nicht abwandern zu lassen – ob nach Bonn oder Berlin. Insoweit begrüße ich für die CDU-Fraktion den Antrag der GRÜNEN hierzu insgesamt und denke, dass wir im Ausschuss eine interessante Debatte führen können.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Schork. – Herr Kollege Siebel, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme gleich zu dem Antrag, aber vor dem Hintergrund der Ausführungen des Herrn Kollegen Schork muss ich dann doch einen Takt zur entwicklungspolitischen Initiative und zu der „Kraft“ dessen sagen,was die Hessische Landesregierung hier tut.

Herr Kollege Schork, Sie haben darüber geredet, dass sich das Kabinett in vielfältigen Erklärungen zu den entwicklungspolitischen Millenniumszielen usw. erklärt hat. Wir reden hier aber über administrative Gesamtleistungen des Landes Hessen in Höhe von nur 260.000 c, die diese Landesregierung vor zwei Jahren sogar noch um 30.000 c kürzen wollte.Vor etwa zehn Jahren waren wir wenigstens bei ca.1 Million c.Es wäre ein Schritt nach vorn gewesen, wenn die Landesregierung den Vorschlägen der Opposition im Rahmen der Nachhaltigkeitsdebatte gefolgt wäre, etwas für die Bildung im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit zu tun. Da sollten Sie den Ball ganz flach halten. Ich fände es richtig, wenn wir mehr für die Entwicklungszusammenarbeit tun und den Erklärungen des Kabinetts sowie vielfältigen Beschlüssen folgen würden, statt hier nur die Backen aufzublasen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Nun zum Antrag. Die SPD-Fraktion unterstützt den Antrag in allen seinen Punkten, sodass die Unterschiede tatsächlich in Schattierungen zum Ausdruck kommen wer

den. Ich glaube, es ist unstrittig, dass die Zusammenführung von GTZ, DED und Inwent sinnvoll ist. Das ist über alle Parteien und Fraktionen des Hessischen Landtags und des Deutschen Bundestags hinweg unstrittig. Jetzt ist aber die Frage:Wie machen wir das?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist immer die Frage, wie man es macht. – Von Frau Schulz-Asche kam die Intervention, es wäre hilfreich gewesen, wenn man sich vorher darüber Gedanken gemacht hätte, in welchem konzeptionellen Kontext das passiert. Ich denke, dass diese Kritik richtig ist. Ich will das an ein paar Beispielen verdeutlichen.

Wir alle wissen – das hat der Kollege Schork schön dargestellt –, dass die Unternehmen unterschiedliche Größen haben. Die GTZ ist das größte Unternehmen, Inwent hat etwa 800 Mitarbeiter, der DED ungefähr 250 Mitarbeiter und rund 1.000 Entwicklungshelfer. Die Unternehmen haben außerdem unterschiedliche Unternehmensphilosophien. Die GTZ ist ein Unternehmen, das auch über das Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit Aufträge akquiriert. Die Zahl der Aufträge stieg im letzten Jahr um 12 %, und zwar deshalb, weil aus dem Umweltministerium und aus anderen Ländern dieser Welt Aufträge an die GTZ herangetragen worden sind. Das finden wir gut und richtig. Der DED hingegen wird getragen durch die NGOs, die logischerweise eine andere Unternehmensphilosophie haben. Wenn man diese beiden Stränge zusammenführen will, was sinnvoll wäre, machte es Sinn, vorher zu sagen, wo die Reise eigentlich hingehen soll, statt einfach nur zu sagen: Wir fusionieren, dann wird schon alles gut werden.Von daher gesehen wäre das in der Tat hilfreich gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der aktuelle Sachstand ist, dass ein Eckpunktepapier gemacht wurde, in dem eine ähnliche Verfasstheit aller drei Organisationen – es sind alle GmbHs – als Grundvoraussetzung genannt wird. Es gibt allerdings ein Problem. Es könnte problemlos zusammengeführt werden, wenn alle Gesellschaften in 100-prozentiger Trägerschaft des Bundes lägen. Das ist aber nicht der Fall. An Inwent sind die Länder beteiligt. Es ist auch nicht der Fall beim DED; da sind die NGOs beteiligt. Von daher gesehen wäre es gut gewesen, ein bisschen Gehirnschmalz in den Prozess zu stecken. Die Situation ist jetzt so, dass wir uns mit Gerüchten auseinanderzusetzen haben, was da noch alles passieren soll.

An einem Punkt will ich mich – und zwar begründet – deutlich von dem unterscheiden, was Herr Schork gesagt hat. Herr Schork, Sie haben davon geredet – ich weiß gar nicht, wo Sie das hernehmen –, dass es sinnvoll sei, das personalintensive Geschäft der GTZ mit dem monetären Geschäft zusammenzuführen. Die Idee, KfW und GTZ zusammenzuführen, gab es schon einmal. Ich habe aber von niemandem gehört, dass das weiterverfolgt werden soll. Ich bin froh, dass das nicht weiterverfolgt wird, und zwar aus einem ziemlich simplen Grund. Wenn KfW und GTZ zusammengeführt würden, könnte es passieren, dass die Kreditvergabe im Vordergrund steht und die Frage der Nachhaltigkeit eine nachgeordnete Rolle spielt. Das wollen wir nicht. Deshalb ist es sinnvoll, das zu trennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Siebel, kommen Sie bitte zum Schluss.