Es mag sein, das will ich jedenfalls für mich persönlich sagen, dass man sich hat vorstellen können, dass so etwas in der Weiterentwicklung eines gemeinsamen Europas der nächsten Jahrzehnte einmal kommen wird. Aber ganz sicher kann man auch sagen, dass niemand wollte und vorhergesehen hat,dass zu einem so frühen Stadium der ökonomischen Integration in Europa, wie wir es heute haben und sicher im nächsten Jahrzehnt nicht anderes gehabt hätten, ein solcher Schritt unternommen wird.
Dieser Schritt ist in der Logik von Weltwirtschaftskrisen durchaus nicht ganz unerwartet. Großen Bankenkrisen folgen immer Verschuldungskrisen von Staaten. Das ist in der Weltgeschichte nicht so oft ausprobiert worden, aber immer wenn es kam, folgte es der gleichen Regel. Dieser Regel sind wir nicht entronnen.
Der äußere Anlass dafür ist Griechenland. Die Situation von Griechenland macht sicher auch uns in der Politik,die wir uns im eigenen Land zu rechtfertigen haben, die Debatte nicht einfacher. Denn es bleibt festzuhalten, dass Griechenland mit falschen Zahlen Mitglied der Eurozone geworden ist und dass wir lange Zeit die entwickelten volkswirtschaftlichen Versäumnisse gesehen haben, die es in Griechenland gab und die jetzt zu dem Abgrund einer internationalen Zahlungsunfähigkeit geführt haben. Es bleibt auch festzuhalten, dass wir heute wissen, dass die Europäische Union keine ausreichenden geeigneten Instrumente hat, eine solche Entwicklung zu verhindern.
Ich denke, es muss festgehalten werden: Das Starren auf Griechenland in der Publizistik, teilweise in einer ungewöhnlichen Publizistik, verdeckt ein wenig die Tatsache, dass wir uns mit einem tiefer greifenden Problem beschäftigen, das in Wahrheit alle Volkswirtschaften auf diesem europäischen Kontinent betrifft und am Ende in einigen Facetten bis zu uns heranreicht, nämlich die Tatsache, dass eine Staatskrise über Verschuldung nur ausgelöst werden kann, wenn man zu viele Schulden hat. Die Tatsache, dass wir aus Jahrzehnten kommen, in denen die Schulden insgesamt zu hoch geworden sind, wie unterschiedlich sie im Prozentsatz zum Volksvermögen auch
sein mögen, führt dazu, dass Menschen, die Kredite geben, nun in einer Weise Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen von Staaten nehmen können, das diese Staaten abhängig macht, weil sie ein solches Maß an Schulden haben.
Sicher ist das in Griechenland am extremsten, und die Diskussion ist insbesondere in Griechenland unter dem Gesichtspunkt zu führen, dass dort die volkswirtschaftlichen Versäumnisse am nachhaltigsten sind und jetzt unsere Hilfe am kurzfristigsten und damit sicherlich auch am schwierigsten ist.
Ich will für die Landesregierung ausdrücklich erklären, dass wir der Bundesregierung, der Bundeskanzlerin, dem Bundesaußenminister und dem Bundesfinanzminister, sehr dankbar dafür sind, dass sie diese Hilfen konditionieren. Wir müssen auch sehen, dass es in Europa Länder gibt,die in einem durchaus näheren Stadium an einer sehr hohen Verschuldung sind als wir in Deutschland, die aber jedenfalls nicht die wirtschaftliche Potenz haben, einen so hohen Anteil der Schulden für Europa zu tragen, die manchmal auch in einer erstaunlichen Gelassenheit der Auffassung sind,dass die Schulden der anderen einfach zu tragen seien.
Die Bundesregierung kann und darf das nicht. Wenn, wie manche geraten haben oder immer wieder raten, die Bundesregierung vor sechs oder acht Wochen auf dem damaligen Stand der Beratungen ohne Beteiligung des Internationalen Währungsfonds, ohne klare Erklärungen von Regierungen zur Veränderung des Verhaltens, ohne extrem harte Konditionierungen der Kredite an bestimmte, in Dreimonatsrhythmen zu überprüfende Verhaltensweisen, diese Kredite gegeben hätte, wäre das nichts anderes geworden als eine sich mehr und mehr entwickelnde Transferunion mit einem Länderfinanzausgleich zwischen starken und schwachen Ländern, über den jedenfalls Hessen nicht ohne gewisse Emotionen sprechen könnte. Den wollten wir nicht in Europa, und den wollen wir nicht in Europa, weil er auch nicht die Zustimmung der Menschen findet.
Deshalb ist jetzt wichtig, gerade nach der Tatsache, die ich beschrieben habe, dass wir immer auch über eigene Fehler – eigene Fehler im Sinne politischer Instanzen in den Ländern und der Parteien – miteinander reden, dass mit dieser Beharrlichkeit, auch wenn es teilweise eine Position war, mit der Deutschland in bestimmten Verhandlungen alleinstand, die nationalen Interessen der Bundesrepublik mit vertreten worden sind.
Das Ergebnis ist ein hartes Sanierungskonzept für Griechenland. Ich finde, dass es die Fairness von Politikern gebietet, die hier in Regierung und Parlament sitzen, schon zu sagen, alle Vergangenheit dahingestellt: Das, was die griechische Bevölkerung jetzt eingehen muss, um ihre Zahlungsfähigkeit wiederzuerlangen, ist ein Schritt, von dem wir uns nur wünschen können und alles dafür tun müssen, dass er in unserer Gesellschaft nie von jemandem verlangt werden muss. Denn wenn man sich vorstellt, dass ganze Gruppen der Bevölkerung, ob es die Rentner oder die Bediensteten im öffentlichen Dienst sind, von denen es in Griechenland sehr viele gibt, von einem auf den anderen Monat bis zu 25 % ihres realen Einkommens verlieren, wenn man sieht, dass im gleichen Umfang öffentliche Leistungen, Investitionen, Dienstleistungen gekürzt werden, dann ist das eine Veränderung, die die Belastbar
Das werden wir jetzt nicht ändern können, auch niemand in Griechenland kann es ändern. Aber ich sage noch einmal, weil mich jedenfalls bestimmte Überschriften in einer Zeitung in den letzten Wochen sehr irritiert haben:Ich glaube, dass das griechische Volk einen Anspruch darauf hat, dass sie mit uns hart über wirtschaftliche Bedingungen verhandeln müssen, dass sie aber nach wie vor Sympathie und Solidarität in einem gemeinsamen Europa haben und nicht die Ausgegrenzten sind, auf die man mit dem Finger zeigt. Davon haben wir nichts in einer politischen Gesellschaft und Debatte.
Ich habe bereits gesagt: Wir waren der Auffassung, dass mit dieser Entscheidung, die wir im Bundestag und im Bundesrat getroffen haben, die Probleme auf den internationalen Märkten zunächst einmal zu beherrschen sind. Wir haben lernen und feststellen müssen, dass die Zweifel an der Rückzahlungsfähigkeit der Verschuldung nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen Ländern Europas am Ende dazu geführt haben, dass es nicht mehr nur Zweifel an der Rückzahlungsfähigkeit der Verschuldung einzelner Länder waren, sondern dass daraus ein Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Euro an sich geworden ist.
In der Zeit vom 7. bis 9. Mai, nach dem Schluss der Börsen am Freitag, wurde uns die Situation von den Zentralbankpräsidenten und den Akteuren, die diese Märkte mit der größten Kenntnis beurteilen können, geschildert, dass am Ende wirklich die Frage stand, ob eine massive Spekulation gegen den Euro diese Währung insgesamt in einen Strudel zieht. Der Satz, den der EU-Kommissar Rehn dazu gesagt hat: „Wir werden am Ende den Euro verteidigen, koste es, was es wolle“, ist der einzige Satz, den man in einer solchen Situation sprechen kann, wenn man noch erreichen will,dass die Verteidigung des Euro nicht zu viel kostet – so verrückt und schwierig die Kombination der beiden Sätze ist.
Ich denke, dass mit dem Instrument, das die Regierungschefs und die Finanzminister geschaffen haben, mit den direkten Krediten der EU-Kommission von bis zu 60 Milliarden c, mit der sogenannten intergouvernementalen Zweckgesellschaft der 16 Euroländer und mit einer generellen Kreditzusage des Internationalen Währungsfonds – beides zusammen 660 Milliarden c –, also insgesamt einem 720-Milliarden-c-Paket, eine Sicherheit geschaffen worden ist, die es nicht mehr lukrativ erscheinen lässt, auf die Pleite eines Staates der Eurozone zu wetten. Das bedeutet nicht, dass alles erledigt ist. Das sehen wir in diesen Tagen an den Märkten. Man muss die Aufregung aber in Grenzen halten. Denn der Euro war schon auf ganz anderen Werten, und wir waren nicht der Auffassung, dass das ein schlechter Euro war. Aber es bedeutet, dass die Märkte ihre Unsicherheit nicht verloren haben.
Wir befinden uns nicht am Ende eines Prozesses, sondern wir befinden uns am Anfang eines Prozesses – eines Prozesses,in dem man noch vieles erreichen muss,um die Stabilität des Euro dauerhaft zu sichern. Trotzdem, die Beträge, über die wir sprechen, sind gigantisch. Sie überschreiten unsere individuelle Vorstellungskraft. Das geht uns hier so, die wir im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger mit großen Summen umgehen müssen. Das geht den Bürgerinnen und Bürgern natürlich in noch viel stärke
rem Maße so. Sie sind sehr, sehr verunsichert, oder, sagen wir es deutlicher, sie verstehen einfach nicht, dass wir in den Kommunen und in den Ländern wie im Bund um einzelne Investitionen ringen, über all die Sparmaßnahmen sprechen, und die öffentliche Hand gleichzeitig an anderer Stelle geradezu unvorstellbare Milliardenbeträge binnen kürzester Frist, in einer Woche von der Einbringung bis zur Beratung in den parlamentarischen Gremien, zur Verfügung stellt. Es ist eine sehr gemeinsame Verantwortung, wie doch vieles in dieser Frage gemeinsam gesehen wird, von uns mit Aufklärungsarbeit dafür zu sorgen,Verständnis dafür zu wecken, was hier eigentlich geschieht und warum wir uns mitten in einer weltweiten Krise zu einer solchen Entscheidung gezwungen gesehen haben.
Ich glaube,deshalb ist es wichtig,dass wir sehr deutlich sagen: Ja, wir Deutsche profitieren in einer besonderen Weise von diesem Euro. Unsere Bilanz ist, wie ich finde, eine wichtige und faszinierende, wenn man sich überlegt, was wir im eigenen Land mit dem verdienen, was wir uns gegenseitig verkaufen und was wir an Einkommen dazubekommen, indem wir den Menschen außerhalb unserer Grenzen etwas verkaufen.
Wir haben einen Außenhandelsüberschuss – wir verkaufen also mehr Waren, als wir von anderen Leuten auf der Welt kaufen – in einer Größenordnung von 134 Milliarden c. Einmal abgesehen davon, dass das viel Geld ist, ist mir eine andere Summe sehr viel wichtiger. Schauen wir uns die 16 Euroländer insgesamt an und schauen, welchen Außenhandelsüberschuss sie zusammen genommen haben, weil sie mehr verkaufen, als sie hereinnehmen, oder ob sie eine nicht gedeckte Handelsbilanz haben, weil sie mehr einkaufen müssen,als sie Waren haben,die sie selbst verkaufen können. Der Saldo bzw. der Außenhandelsüberschuss aller Länder der EU-Zone beträgt gerade einmal 22 Milliarden c.
Das bedeutet im Klartext: Mit den Leistungen, die wir außerhalb unserer Grenzen verkaufen, verdienen wir das Sechsfache von dem, was die ganze EU-Zone zusammen verdient. Am Ende ist das, was man in andere Teile der Welt, wo auch immer hin, verkaufen kann, was der Überschuss zu dem ist,was man kauft,Einkommen,Wohlstand. Deshalb muss man gelegentlich vielleicht verstehen, warum viele andere Länder in der Eurozone von uns erwarten, dass wir alle Lasten tragen: weil wir die größten Profiteure sind.Wir tragen auch einen großen Teil der Lasten. Wenn wir diese Lasten tragen, müssen wir unseren Bürgern auch gelegentlich sagen: Wir sind die größten Profiteure.
Man muss überlegen, was wäre, wenn wir den Euro nicht hätten. Tatsache ist, dass 40 % aller unserer Exporte z. B. aus Hessen in die Eurozone gehen.70 % aller Exporte gehen in die Staaten Europas. Nur die letzten 30 % gehen nach China, Indien, Amerika und sonst wohin. Wir leben von unseren Nachbarn. Die bezahlen einen Teil unseres Wohlstands. Deshalb ist dieses Land Bundesrepublik Deutschland das ungeeignetste Land, darüber zu diskutieren, als Erstes die Solidarität der Länder Europas zu verlassen.
Das trifft auch uns Hessen. Wir haben im letzten Jahr für 43 Milliarden c Waren ins Ausland verkauft – wir hier in Hessen: 43 Milliarden c.Wir müssen auch sehen:Wir sind abhängig von dem, was die anderen Länder machen. Das
waren 16 % weniger als ein Jahr zuvor. Das heißt, die aktuelle Krise, all ihre Schwierigkeiten, ist bei uns angekommen. Wir haben sie, Gott sei Dank, in manchen Dingen kompensieren können. Wir haben möglicherweise vieles davon mit klugen unternehmerischen Entscheidungen retten können. Aber es ist ein Problem für uns, wenn es den anderen Ländern nicht gut geht.
Nicht zuletzt sollten wir sehen,dass der Euro mit der Zentralbank in Frankfurt inzwischen eine Währung ist,die auf der Welt geachtet wird. Ein Drittel aller Währungsreserven der Welt wird inzwischen in Euro gehalten. Ich will auch sagen: Die Währung ist auch deshalb in unserem gemeinsamen Interesse, weil kalkulierbare Währungsrelationen, im Verhältnis zu der Tatsache, wie viele Auf- und Abwertungen wir in den Jahren vor 1990 erlebt haben, durchaus etwas sind, was die Wirtschaft zu schätzen weiß.
Aber es bleibt dabei: Wir haben ein großes Interesse daran, und der Paradigmenwechsel ist eine große Herausforderung. Es stellt sich nämlich nicht mehr nur die Frage, was wir mit unserer Volkswirtschaft machen, sondern auch, wie stark wir helfen, und damit, wie abhängig wir von dem sind, was für uns übrig bleibt, wie oft wir helfen müssen, also welche Erwartungen wir daran stellen müssen, was andere tun, die natürlich auch Erwartungen an uns haben. Die Einschränkung der Souveränität, die die Folge der Entscheidungen dieser Tage ist, trifft alle, auch Deutschland – und seine Mitverantwortung, die wir dabei haben.
Deshalb müssen wir über diese neue Ordnung der Souveränität an allen Stellen reden. Es gab Stabilitätskriterien. Ohne den Streit zu groß zu machen,sagen darf man es wenigstens: Diese Stabilitätskriterien, die Theo Waigel, Helmut Kohl und andere in der Kontinuität von Helmut Schmidt einmal erfunden haben, sind von den Deutschen Anfang dieses Jahrzehnts aufgeweicht worden, als eine Regierung unter dem Vorgänger von Angela Merkel dafür gesorgt hat, dass die harten Kriterien von der EUKommission nicht mehr angewandt werden konnten. Das macht uns in der Argumentation, jetzt die Aufseher von anderen sein zu wollen, das Leben nun wahrlich nicht einfacher. Es berechtigt uns nicht mehr dazu.
Aber wir müssen das jetzt ändern.Deshalb,wenn die Hessische Landesregierung dem Vorschlag der Bundesregierung im Bundesrat zustimmt, dann geschieht das, wie Kollege Jörg-Uwe Hahn und ich bereits in der Bundesratsitzung zu den Griechenlandhilfen gesagt haben, in der sehr klaren Erwartung, die zwei unterschiedliche Felder betrifft. Zum einen betrifft es das Feld der Regulierung von internationalen Märkten um Krisen dieser Art. Ohne die Bankenkrise gäbe es die Finanzierungskrise der Länder im Augenblick nicht in dieser Schärfe. Zum anderen betrifft es auch die Frage,wie wir mit unseren eigenen Volkswirtschaften und den Verschuldensregeln und Ähnlichem umgehen.
Der Ruf nach Regulierung, der immer lauter wird, ist berechtigt. Die Ungeduld der Menschen, dass das auf der internationalen Ebene über so lange Zeit irgendwie nicht vernünftig auf die Reihe zu bringen ist, ist ebenfalls berechtigt. Deshalb ist es an dieser Stelle nach meiner Überzeugung notwendig, dass gehandelt wird und dass es, so wie es die Europäische Kommission heute Nacht verabredet hat, im Zweifel dann auch Regelungen gibt, die nicht die ganze Welt betreffen, sondern zunächst einmal die europäischen Staaten zusammenführen.
Man muss auch sehr offen sagen – jenseits aller Volkswirtschaft –: Eine Demokratie verkraftet es nicht, dass diejenigen, die die offensichtlichen Verursacher einer Krise waren, die offensichtlich nur mit massiven Anstrengungen der Steuerzahler überlebt haben, am Ende diejenigen sind, die völlig unbeschadet dieser Ereignisse die Gewinne in der alten Form wieder generieren und an ihre Eigentümer ausschütten, wie das vor der Rettung war. Da muss es irgendeine Form von Veränderung und Regelung geben.
Diese Regeln haben zwei wesentliche Elemente. Das eine ist Transparenz.Viele der Probleme werden gar nicht entstehen, wenn man das in Wahrheit auf dem offenen Markt austragen muss.Wenn man sieht, wie viele Finanztransaktionen von Billionen es im Bereich der Derivate gibt, die nicht an geregelten Börsen stattfinden, so wie wir das von Aktien erwarten, dann ist das für die Weltwirtschaft eine unkalkulierbare Größenordnung. Dann müssen wir erwarten, dass das an die Börsen kommt, so wie es an der Stelle beschlossen worden ist, und das müssen wir am Ende auch durchsetzen. Wir brauchen verbesserte Kompetenzen von Eurostat, damit das, was in Griechenland passiert ist, nicht mehr passiert – auch wenn sie uns mit vielen Zahlen und bürokratischen Nachfragen quälen werden, die an dieser Stelle alle Beteiligten betreffen.
Wir brauchen eine Regelung für die Erhöhung des Eigenkapitals der Banken. Wir brauchen die Einrichtung eines Bankenrettungsfonds, aus dem weitere Mittel für eine Krise zur Verfügung gestellt werden können, und wir brauchen die Schaffung einer europäischen Ratingagentur,damit diese auf beiden Seiten des Kontinents,der Kulturen, die dahintergestanden haben, verlässliche Grundlage der Diskussionen ist.
Ich denke,man kann von den Regierungen erwarten,dass, wenn es Versicherungen für den Ausfall von Krediten gibt, man solche Versicherungen nur abschließen kann, wenn man auch einen Kredit hat, und dass nicht die Versicherung eines Kredites, den man gar nicht hat, zum Gegenstand einer Spekulation werden kann. Das geht bei der Feuerversicherung des Hauses nicht, denn sonst würden sich auf einmal alle Nachbarn freuen, wenn es endlich brennt; und das geht letzten Endes auch nicht bei der Versicherung von Krediten. Dieses Paket mag unvollständig sein. Es ist aber ein Paket von Regulierungen, das wir brauchen.
Die Hoffnung ist, dass dies die G 20 machen, damit es auf der ganzen Welt gleich ist.Wenn das nicht geht,dann muss es Europa machen.Ich sage aber auch sehr deutlich:Wenn es Europa nicht macht, werden wir Deutsche nicht ganz tatenlos sein können. Der Druck muss auch ein Stück von unten kommen.
Denn es wird so bleiben, wie es ist: Demokratisch wird man nicht legitimieren können, dass wir für all das geradestehen und der Gesetzgeber am Ende so tut,als hätte er damit nichts zu tun. Das verkraften die Menschen nicht, und das verkraften sie an dieser Stelle zu Recht nicht.
Es gibt dann auch den zweiten Teil, nämlich die Frage, wie man das finanziert, sei es über die Bankenabgabe oder über andere Instrumente, die gefunden werden. Bei die
sen sagen wir Hessen natürlich auch: Wir wollen Instrumente, die im Wettbewerb so sind, dass sie nicht alle begünstigen außer Frankfurt, den einzigen Finanzplatz, den Deutschland hat. Das heißt, an der Stelle müssen wir miteinander schon europäische Regelungen finden. Da muss man nicht immer intergalaktisch und weltweit denken;wir müssen aber europäische Regeln haben.Wir wollen keine neuen Verschiebungen des Wettbewerbs zwischen London, Paris und Frankfurt, sondern wir wollen das auf europäischer Basis gemeinsam finden. Dafür liegen die Vorschläge auf dem Tisch.
Da muss ein Hessischer Landtag auch nicht einen Vorschlag nehmen und alle anderen für falsch halten, aber es muss so geregelt werden, dass dafür ein angemessener Beitrag geleistet wird. Die Regulierung ist der eine Teil.
Zugleich gibt es den zweiten Teil. Dieser zweite Teil ist das, was wir selbst in unserem eigenen Land und in den Volkswirtschaften der übrigen Länder machen müssen. Wir müssen Wert darauf legen, dass Stabilität in Zukunft ein entscheidendes Kriterium der Politik ist und Haushaltsentscheidungen unter dem Gesichtspunkt der ausgeglichenen Haushalte getroffen werden. Dazu können wir alle etwas beitragen, und Deutschland wird darin nur glaubwürdig sein, wenn wir auf der einen Seite klare Stabilitätskriterien fordern, wenn wir ein frühes Eingreifen der EU ermöglichen und wenn wir das alles vor dem Hintergrund tun, dass wir es selbst auch machen.
Deshalb denke ich, wir haben in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts dafür in Deutschland durchaus Schritte getan. Es ist nicht so, dass wir ganz am Anfang sind. Reformen wie die Agenda 2010, die Rente mit 67 und die sogenannten Hartz-IV-Gesetze sind alles Elemente, die jeweils ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass die Bundesrepublik Deutschland heute sehr viel günstiger dasteht als andere Länder; und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land haben eine gewaltige Anstrengung unter der Führung der Gewerkschaften unternommen.
Denn wenn man sieht, dass in Griechenland die Lohnkosten z. B. von 2000 bis 2008 um 35 %, in Deutschland aber nur um 1 % angestiegen sind, dann ist das ein Grund dafür, warum die Bürger in Deutschland fragen, warum sie jetzt die zusätzlich aufgelaufenen Schulden von Griechenland bezahlen müssen, obwohl sie mit Gewerkschaften und Arbeitgebern für ihre Wettbewerbsfähigkeit einen eigenständigen Beitrag geleistet haben, mit niedrigeren Kosten, um international wettbewerbsfähig zu sein. Damit haben wir recht, und wir müssen das weiterhin so machen.Wir müssen aber auch erwarten können,dass sich andere Staaten diesem Standard anpassen. Das heißt, wir müssen einen Weg gehen, auf dem wir an dieser Stelle durchaus eine Entwicklung haben.
Meine Damen und Herren, wir müssen dann eben auch sehen, dass wir mit 1,7 Billionen c eine gigantisch hohe Staatsverschuldung haben. Wir haben mit noch einmal rund 3 Billionen c eine Staatsverschuldung, die in Wahrheit höher ist, aufgrund der Pensionen und der Leistungen, die letztlich auch Eigentumscharakter haben.Wir sehen, dass der Anteil der Staatsverschuldung am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland von 73 % im Jahre 2009 auf 79 % im Jahre 2011 und auf prognostizierte 82 % im Jahre 2013 steigt,obwohl wir in Europa miteinander eine Quote von maximal 60 % verabredet haben. Deshalb müssen
wir, wenn wir diesen Gedanken der Solidität auf europäischer Ebene zur Geltung bringen wollen, uns auch im eigenen Land darüber Gedanken machen. Das ist die eine Debatte.