Das ist doch genau das Thema:dass man in der Welt unterwegs ist, dass man in Japan gefragt wird, dass man in Singapur gefragt wird und dass diese Leute auf die Bundesregierung schauen und einen Außenminister Westerwelle und einen Wirtschaftsminister Brüderle sehen. Auch die Bevölkerung in Deutschland hat das Gefühl, dass sie von Leichtmatrosen regiert wird. Das ist doch die Einladung zu Spekulationen.
Zum Euro. Die Griechen müssen sich verändern. Ja, sie müssen sich verändern. Sie müssen Ausgaben reduzieren. Ja, sie müssen an vielen Punkten effizienter werden. Ja, sie müssen die Einnahmen erhöhen. Sie erhöhen übrigens auch die Steuern.
Sie müssen sich vor allem in ihrem Steuervollzug, wenn das in Griechenland überhaupt sozial zusammenhalten soll, auch endlich einmal diejenigen vornehmen, die angeblich nichts verdienen. Sie kennen vielleicht die Geschichte, wie viele Leute Abgaben für Swimmingpools zahlen und wie viele Swimmingpools man bei Google Earth allein in Athen sieht. Sie müssen sich auch einmal ihrer Oberschicht zuwenden, damit das in Griechenland weiter funktioniert.
Ich habe das Gefühl, das tun sie auch. Ich sage ausdrücklich: Sie müssen auch einmal an ihre Militärausgaben gehen.
Wenn man sich betrachtet, dass zwei Länder, die es wirklich nicht so dicke haben, nämlich Griechenland und die Türkei, die beide in der Nato sind, sich wechselseitig bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstehen: Das wäre einmal eine europapolitische Maßnahme oder eine Aufgabe für Herrn Westerwelle.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Horst Klee (CDU))
Ich finde es im Übrigen fatal, wenn man hinter den Kulissen hört, dass sowohl die Franzosen als auch die Deutschen gesagt haben:Ja,wir helfen euch,aber die bestellten Fregatten aus Frankreich und die U-Boote aus Kiel von der HDW-Werft, die müsst ihr bezahlen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch da müssen wir einmal überlegen, ob diese Politik eigentlich richtig ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP) – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Verschrotten!)
Wir müssen Schluss machen mit diesen Spekulationen,die die Welt jetzt zum zweiten Mal in diese Situation geführt haben. Herr Rentsch, es ist wirklich absurd, wenn man als Gegenargument für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer Betriebsrenten, Riester-Renten oder Lebensversicherungen anführt. Denn Sie haben sich offensichtlich noch niemals mit einer Tobin-Tax oder Ähnlichem beschäftigt.Wir haben das als GRÜNE das erste Mal in unser Europawahlprogramm 1999 hineingeschrieben. Wir haben schon im Vorfeld des Ganzen sehr genau ausgearbeitet, worum es da geht. Es geht darum, diese Umsätze mit 0,01 % zu besteuern.
Und zwar alle. Herr Hahn, das bedeutet natürlich, dass, wenn Sie 10.000 c zur Lebensversicherung tragen, Sie dann 1 c Transaktionssteuer zahlen. Das ist sehr viel weniger, als Sie Ihrem Versicherungsvertreter gegeben haben, damit er diesen Vertrag überhaupt macht.
Es wird bei Altersversorgungen, Kapitallebensversicherungen und Riester-Renten keinerlei messbare Auswirkungen haben. Das wissen Sie. Aber es trifft diejenigen, die Tag für Tag Milliardensummen hin- und herschieben, die mit der Realwirtschaft überhaupt nichts mehr zu tun haben und die uns in diese Krise gebracht haben.
Wir haben vor etwas über einem Jahr über diese riesigen Rettungspakete und Konjunkturprogramme gesprochen. Wir haben gesagt, dass die Bevölkerung es nicht ein zweites Mal akzeptieren wird, wenn es erneut zu solchen Rettungspaketen kommen muss.
Und wir sind jetzt bei diesen zweiten Rettungspaketen.Es geht jetzt nicht mehr um die Banken, sondern um die Staaten. Ich sage Ihnen sehr deutlich, dass es auch für die Demokratie eine Zukunftsfrage ist, dass wir erstens dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt und dass zweitens völlig klar ist, dass die Gewinner der Spekulation endlich ihren Teil dazu beitragen müssen, wenn es an das Bezahlen der Folgen dieser Spekulation geht.
Wenn wir das nicht machen, dann wird niemand Sparmaßnahmen auf anderen Gebieten akzeptieren, und zwar zu Recht. Deswegen glaube ich, dass ganz klar muss sein: Es muss Schluss sein mit Leerverkäufen, die passieren, ohne dass man das, was man verkauft, eigentlich in der Hand hat. Es muss mit Kreditausfallversicherungen Schluss sein, ohne dass man eigentlich Kredite hat, die ausfallen können. Ich sage ausdrücklich:Wir werden auch darüber nachdenken müssen, im Zweifel Gläubiger an der Umstrukturierung von Schulden zu beteiligen. Es ist nicht ohne Grund so, dass Menschen mit Geld, Banken, Fonds oder wie auch immer ihr Geld nach Griechenland und nicht nach Deutschland verliehen haben. Diese haben da mehr Zinsen bekommen, weil sie wussten, dass das Risiko größer ist. Insofern sage ich Ihnen sehr deutlich: Wir werden auch über eine Beteiligung von Gläubigern nachdenken müssen.
Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer, die dafür sorgt, dass das, was da stattfindet, gebremst wird. Es kann weiterhin stattfinden, wenn Sie es mit 0,01 % besteuern. Es muss aber gebremst werden, und es gibt seriöse wissenschaftliche Institute, die sagen, dass wir trotz dieser Bremswirkung weiterhin die Situation haben, dass wir im Jahr 65 Milliarden c Einnahmen hätten, wenn man das europaweit macht. Das löst die Schuldenkrise nicht. Es ist aber endlich einmal ein Beginn der Beteiligung derer, die die Gewinner dieser Spekulation sind, und es bremst gleichzeitig auch diese Spekulation.
Das, was ich da heute wieder gesehen habe, verlief nach dem Motto: Erst ging durch die Nachrichten, die Bundesregierung sei jetzt auch für Finanztransaktionssteuern und Ähnliches
ja, ja –, dann sehe ich die dpa-Meldung von heute Mittag und dann spricht der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder von einer klaren Botschaft:
Wir wollen die Stabilisierung des Euro, wir wollen aber auch, dass die Finanzmärkte an dieser Stabilisierung beteiligt werden.
Die Bundesregierung werde aufgefordert, sich über eine Bankenabgabe hinaus sich für eine globale,europäische Beteiligung der Finanzmärkte einzusetzen. „Das heißt, für eine Finanztransaktionssteuer oder Finanzaktivitätssteuer.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union – ich schaue jetzt einmal in Ihre Reihen –, ich kann Ihnen nur raten: Sie wissen, dass etwas passieren muss. Sie wissen, dass es im Deutschen Bundestag eine Mehrheit für die Pakete, die jetzt geschnürt werden, braucht. Sie wissen, dass es die Bevölkerung nicht mehr akzeptieren wird,wenn wir dann irgendwann, wenn wir diese Spekulationen nicht eindämmen, zum dritten Mal an eine solche Paketlösung gehen müssen. Deswegen: Hören Sie auf, herumzueiern, und machen Sie jetzt endlich Nägel mit Köpfen.
Wenn es nicht mit der FDP geht, weil die FDP den Schuss immer noch nicht gehört hat, dann sage ich Ihnen: Man kann die Zukunft der Weltwirtschaft, Europas und des Euro am Ende nicht davon abhängig machen,
dass es so ein vorgestriger 7-%-Verein endlich auch versteht. Dann muss man im Zweifel ohne die FDP handeln.
Deswegen jetzt zu Hessen und zu dem, was auch ansteht, nämlich dem Sparen. Herr Ministerpräsident, zuallererst zu Ihnen: Sie sind ungefähr der Letzte, der in irgendeiner Form glaubwürdig erklären kann, wie man spart. Sparen bedeutet eigentlich, dass man weniger ausgibt als vorher. Das versteht man im landläufigen Sinne unter Sparen, also sich einzuschränken. Ich habe Ihnen noch einmal die Quote mitgebracht.
Herr Rentsch, schauen Sie einmal, denn daran kann ich Ihnen zeigen, wie man spart. Das waren die letzten drei Jahre Rot-Grün in Hessen. Das waren jeweils 0,5, 0,6 und 0,7 % weniger Gesamtausgaben, ohne Länderfinanzausgleich. Es soll ja vergleichbar sein. Dann kamen Roland Koch und Karlheinz Weimar mit der FDP; da ging es gleich nach oben. Dann haben Sie fünf Jahre lang richtig auf die Pauke gehauen, mit Steigerungsraten von 3,2 und 2,8 %. Dann gab es das eine Jahr, als nach der Wahl vom Vollgas auf die Vollbremsung gewechselt wurde. Das war das eine Jahr, wo es einmal minus 2,5 % waren. Danach ging es aber gleich wieder richtig nach oben, die Krönung im Jahr 2007: plus 5,6 % an Ausgaben. Wenn es also irgendjemanden gibt, der weiß, wie man nicht spart, dann schlage ich allen vor: Fragt bei Roland Koch nach.
Das sieht man dann auch an der Nettokreditaufnahme. Ich habe hier etwas – das geht bis zum Finanzminister Heribert Reitz zurück –, was die Frage der Nettokreditaufnahme in Hessen wunderbar erläutert.Wenn man sich das einmal anschaut, stellt man fest: Von 1991 bis 1999 wurden unter Rot-Grün,die angeblich nicht mit Geld umgehen können, wie es die FDP dachte, bis sie an die Verantwortung kam, 8 Milliarden c neue Schulden gemacht, in acht Jahren.
Karlheinz Weimar hat es in elf Jahren jetzt schon auf 13,5 Milliarden c neue Schulden gebracht, und das, obwohl da richtig gute Zeiten dabei waren, Herr Finanzminister, wo es bei den Finanzämtern nur so gesprudelt ist. Herr Weimar, es wird noch viel schlimmer, wenn man sich die mittelfristige Finanzplanung anschaut, die Sie vorgelegt haben. Danach werden Sie am Ende dieser Legislaturperiode bei knapp 25 Milliarden c neuen Schulden sein, die Sie allein aufgenommen haben.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Axel Wintermeyer (CDU): 1,4 Milliarden c! Was für ein Pharisäertum!)
Es ist einfach so, denn wenn Sie sich diese Zahlen anschauen, wird noch einmal viel deutlicher, warum man nicht mit Häme auf irgendwelche anderen Länder zeigen sollte. Ich glaube, dass diese Zahlen völlig klarmachen, warum wir hier etwas verändern müssen.