Da Ihr Fraktionsvorsitzender meine emotionale Reaktion offensichtlich nicht versteht: Sie haben vorhin davon gesprochen, dass die Hessische Verfassung auf in einem Willkürstaat gewonnenen Erfahrungen aufbaut. Im nächsten Satz haben Sie unterstellt, dass dieser Gesetzentwurf verfassungswidrig sei. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie eine christlich-liberale Koalition mit dieser Den
klogik treffen können. Es trifft aber denjenigen, der das formuliert hat. Deshalb sage ich das noch einmal ausdrücklich von diesem Pult aus.
Ich darf darüber hinaus noch einmal sagen, dass das Thema Sicherungsverwahrung inhaltlich im Ausschuss sehr intensiv diskutiert worden ist. Ich hatte das Gefühl, dass alle Fachleute in der Ausschussberatung zu dem Ergebnis gelangt sind, es macht keinen Sinn, mehr als das in den Gesetzentwurf zu schreiben, was wir hineingeschrieben haben. Sie wissen, dass sich morgen auf Einladung meines grünen Kollegen die Justizministerkonferenz in Hamburg trifft. Sie wissen, dass wir uns dort sehr intensiv mit dem Thema Sicherungsverwahrung auseinandersetzen werden. Sie wissen, dass wir dort untereinander absprechen wollen,welche Regeln auf nationaler Ebene und welche Regeln auf Länderebene einzuhalten sind.Ich verstehe deshalb nicht, warum hier wider besseres Wissen noch einmal vorgetragen wird, dass es eine Lücke in dem Gesetzentwurf gebe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, solange die Justizminister nicht von ihrer Absprache Abstand nehmen, dass sie eine gemeinsame Lösung für Deutschland organisieren wollen, werde ich keine Einzellösung für Hessen vorschlagen. Das hat etwas mit Solidarität in einem föderalen Staat wie Deutschland zu tun.
Ich darf Ihnen zusichern, dass der Finanzminister des Landes Hessen in den Verhandlungen um den Haushalt 2011 die Finanzierung aller Maßnahmen gebilligt hat, die mit Kosten verbunden sind und deren Grundlage Sie gleich beschließen werden. Ja, es wird teurer werden. Wir wollen im Übergangsmanagement, bei der Vorbereitung auf die Freiheit mehr helfen, sowohl durch begleitende Personen als auch durch begleitende Maßnahmen. Deswegen bin ich allen Beteiligten in der Regierung und auch der Regierungskoalition sehr dankbar, dass Hessen nunmehr ein derart modernes, ein derart liberales Strafvollzugsgesetz bekommt. Hier gilt wieder der Satz aus den Siebziger- und Achtzigerjahren: Hessen vorn.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Ru- dolph (SPD): Den gibt es schon seit den Sechzigerjahren!)
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucks. 18/2499 zu Drucks. 18/2323. Wer dem Gesetzentwurf in dieser Fas
sung die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD und DIE LINKE. Gegenstimmen? – CDU und FDP. Enthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. 18/2498 zu Drucks. 18/2426 zu Drucks. 18/1396. Wer dem Entwurf in dieser Fassung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – CDU und FDP. Gegenstimmen? – SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen und zum Gesetz erhoben.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Bauordnung und des Hessischen Energiegesetzes – Drucks. 18/2523 –
Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ändert die Hessische Bauordnung und nimmt eine neue Zuständigkeitsregelung in das Hessische Energiegesetz auf, die das bundesrechtliche Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz umsetzt.
Herr Posch, warten Sie bitte ganz kurz. – Auch bei diesem Gesetzentwurf gilt, dass er es verdient hat, dass das gesamte Plenum zuhört.Ich darf Sie noch einmal bitten,hier im Saal Ruhe einkehren zu lassen und die Gespräche, wenn sie sein müssen, draußen vor der Tür fortzusetzen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lassen Sie mich zunächst etwas zur Hessischen Bauordnung sagen. Die Hessische Bauordnung stammt aus dem Jahre 2002. Damals wurde die Hessische Bauordnung in grundlegenden Punkten geändert, um die allgemeinen Ziele der Landesregierung, z. B. Bürokratieabbau und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, auch in diesem Bereich umzusetzen.
Mit der Hessischen Bauordnung aus dem Jahre 2002 sind wir neue Wege gegangen, beispielsweise mit der Genehmigungsfreistellung im sogenannten beplanten Bereich. Das war damals die Zielsetzung bei der Änderung des Gesetzes. Das Gesetz ist bis zum 31.12.2010 befristet, sodass zu prüfen war, wie sich die damaligen Regelungen – insbesondere die Genehmigungsfreistellung – bewährt haben. Hinsichtlich der Bewährung in der Praxis verweise ich auf den Erfahrungsbericht aus dem Jahr 2009, den Sie im Übrigen auf der Homepage unseres Hauses nachlesen können.Wir haben viele Institutionen und Stellen befragt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um diejenigen, die die Hessische Bauordnung anwenden müssen. Das sind
Zusammengefasst kann man sagen, es hat eine überwiegend positive Bilanz gezogen werden können. Zugegeben: Wahr ist, dass es einer gewissen Eingewöhnungsphase bedurfte. Die Beteiligten haben die neuen Verfahrensvorschriften akzeptiert und nutzen die darin gebotenen Möglichkeiten. Die Stellungnahmen, die wir im Zuge dieses Erfahrungsberichts eingeholt haben,enthalten darüber hinaus eine Vielzahl von Vorschlägen für weitere Vereinfachungen sowie für Klarstellungen.
Ein wichtiges Ergebnis dieser Umfrage besteht auch darin, dass bei den unteren Bauaufsichtbehörden eine deutliche Reduzierung des Personaleinsatzes möglich war und die Kommunen auf diese Weise entlastet worden sind. Dieses Stück Bürokratieabbau hat zur Beschleunigung beigetragen – aber auch dazu, dass in den unteren Bauaufsichtsbehörden der Personaleinsatz reduziert werden konnte. Ich glaube, alles in allem wurde im Jahr 2002 ein erfolgreiches Gesetz geschaffen.
Der nun vorliegende Gesetzentwurf greift im Wesentlichen Vorschläge aus der Praxis auf. Zum Referentenentwurf wurden insgesamt 160 Verbände und Stellen gehört. Das Ergebnis der Anhörung wurde so weit wie möglich berücksichtigt.
Ich will nur einige Beispiele nennen, die für die Vereinfachung und Konkretisierung des materiellen Rechts stehen. Beispielsweise wird klargestellt, dass untergeordnete Bauteile bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleiben – ein kleines Beispiel, das aber häufig zu Streitigkeiten geführt hat.
Es wird zweitens definiert und durch die Aufzählung von Beispielen erläutert, was bauliche Anlagen sind, von denen keine Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, sodass kein Grenzabstand einzuhalten ist.
Drittens. Die Regelung für bauliche Anlagen, die an der Grenze zulässig sind, insbesondere Garagen und Abstellräume, wird vereinfacht und ausgeweitet. Wer sich ein klein wenig mit Baugenehmigungsverfahren befasst hat, weiß, dass das immer wieder neuralgische Punkte sind, wenn es um die Frage der Einhaltung von Grenzabständen geht.
Angesichts der zunehmenden Bedeutung der erneuerbaren Energien im Privatbereich dürfte auch die Erleichterung der Brennholzlagerung eine Rolle spielen. Im Übrigen wurde an verschiedenen Punkten eine Angleichung an die Musterbauordnung der Länder vorgenommen.
Ich habe es bereits gesagt: Im Mittelpunkt dieses Gesetzentwurfs steht die Fortsetzung der Deregulierung vor allem der Verfahrensvorschriften.
Die HBO soll eigentlich ein Gesetz sein, das die Baufreiheit respektiert. In der Vergangenheit waren allerdings so viele einengende Vorschriften kodifiziert, dass von einer Baufreiheit eigentlich nicht mehr die Rede sein konnte. All das, was wir jetzt im Wege der Deregulierung machen, hat das Ziel, dass die Baufreiheit nicht nur im Gesetzestext steht, sondern dass sie tatsächlich auch zur Anwendung kommt.
Lassen Sie mich ein paar weitere Beispiele nennen. Gaststätten und Spielhallen: Ab der Grenze von 40 Besucher
plätzen erfolgt bisher die Einstufung als Sonderbau. Wir stellen künftig nicht mehr auf die Zahl der Besucherplätze ab, sondern legen die Bruttogrundfläche von 120 m2 bzw. 70 m2 zugrunde.
Die Ausweitung der Freistellung soll nicht dazu führen, dass sich die Bauherren in ihrer Eigenverantwortung überfordert fühlen. Wir haben damals eine Vorschrift in die Bauordnung aufgenommen, wonach die Bauherren nach wie vor die Möglichkeit haben, ein Genehmigungsverfahren zu wählen. Diese Vorschrift war befristet. Aus der Übergangsregelung soll nun eine Dauerregelung werden. Allerdings meine ich, man sollte von einer solchen Möglichkeit möglichst restriktiv Gebrauch machen; denn der Sinn des Gesetzes besteht eben darin, es zu ermöglichen, auf ein Baugenehmigungsverfahren zu verzichten. Das sollte also in der Tat eine Ausnahmeregelung sein.
Im Jahr 2015 wird erneut ein Erfahrungsbericht vorliegen. Er wird zeigen, ob sich die weiteren Deregulierungsvorschriften bewährt haben. Ich gehe aber davon aus, dass wir, da über solche Fragen immer streitig diskutiert wird, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hier eine sehr intensive Diskussion über die einzelne Bereiche haben werden, die für sich gesehen vielleicht Kleinigkeiten sind, aber insgesamt einen erheblichen Beitrag zur Entbürokratisierung darstellen. Ich gehe auch davon aus, dass sie dann zum Gesetz erhoben werden können.
Im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion – das will ich nicht verschweigen – stand während der letzten Wochen die beabsichtigte Streichung einer Bestimmung, die es den Gemeinden bisher ermöglicht, aus verkehrs- oder aus städtebaulichen Gründen die Herstellung von Garagen und Stellplätzen zu untersagen und von den Bauherren trotzdem Ablösebeträge zu verlangen. Ich kann verstehen, dass Kommunen ungern auf Einnahmequellen verzichten. Trotzdem sprechen aus meiner Sicht die weitaus meisten Gründe dafür, die Ermächtigung zur Erhebung von Ablösebeträgen wieder auf die Fälle zu beschränken, in denen die Bauherrschaft, also der Bauherr, die vorgeschriebenen Stellplätze tatsächlich nicht herstellen kann oder will.
Herr Minister, gestatten Sie mir kurz die Bemerkung,dass die für die Fraktionen vereinbarte Redezeit bereits abgelaufen ist.
Ich mache es kurz. – Einen Punkt aber will ich noch ansprechen: Ich glaube, dass es richtig ist, die ursprüngliche Intention aufrechtzuerhalten, nämlich Ablösebeträge dort zu verlangen, wo es tatsächlich nicht oder nur schwer möglich ist, Stellplätze herzustellen. Von der Ermächtigung, die es jetzt erlaubt, gegen den Willen des Bauherrn anstelle der Herstellung von Stellplätzen einen Ablösebetrag zu verlangen, haben nur wenige Städte Gebrauch gemacht.Es kann deshalb zu Wettbewerbsverzerrungen und städtebaulich zweifelhaften Investitionsverlagerungen kommen. Die finanziellen Auswirkungen sind auch begrenzt, da die normale Stellplatzablösung selbstverständlich erhalten bleibt.
Ich weiß,dass dies problematisiert wird.Deswegen sollten wir im Ausschuss sehr intensiv über diese Frage diskutieren.
Es bleibt noch, darauf hinzuweisen, dass wir auch Änderungen des Hessischen Energiegesetzes vorsehen. Sie dienen der Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes, für dessen Vollzug die Länder zuständig sind. Das Hessische Energiegesetz soll um zwei Paragrafen, die die Bestimmung der zuständigen Behörden beinhalten, ergänzt werden. Da bei der schon vorhandenen Zuständigkeitsverordnung über Heizkosten und Energie die unteren Bauaufsichtsbehörden für zuständig erklärt worden sind, ist es naheliegend, das hier in gleicher Weise zu regeln.
Ich habe nur ein paar Punkte angesprochen. Ich gehe davon aus, dass uns die Detaildiskussion im Ausschuss hinreichend Gelegenheit geben wird, über die Intention der einzelnen gesetzlichen Vorschriften ausgiebig zu diskutieren. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Minister, vielen Dank für die Einbringung. – Bevor wir zu der Aussprache kommen, bei der jede Fraktion siebeneinhalb Minuten Redezeit hat, möchte ich darauf hinweisen, dass ich es in diesem Saal nach wie vor sehr unruhig finde. Bevor ich zu härteren Maßnahmen greife, bitte ich Sie nochmals eindringlich, Ruhe im Saal einkehren zu lassen und Gespräche vor der Tür fortzusetzen. Das gilt beispielsweise auch für Herrn van Ooyen.