Die Babyprämie z. B. wird in Spanien nun gestrichen, und zwar komplett. Dort gibt es nun keine Form von Kindergeld mehr. Weshalb machen sie das im sozialen Bereich? Sie machen es, weil bei Unantastbarkeit eines großen Haushaltspostens wie dem des Sozialen alle Sparbemühungen ungenügend bleiben würden.
Das gilt besonders für Länder wie Deutschland, in denen dieser Posten der mit Abstand größte ist. Er ist in Deutschland nicht deshalb so groß,weil bei uns die Armut so ausgeprägt ist. Er ist bei uns so groß, weil der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit bei uns besonders ausgeprägt ist.
Wenn Sie einmal über die Grenzen schauen, sehen Sie das ganz genau. In Ländern wie Griechenland wurden viele von den Forderungen umgesetzt, mit denen die LINKEN immer daherkommen, etwa kürzere Lebensarbeitszeit, früherer Renteneintritt, höhere Rente und eine erhöhte öffentliche Beschäftigung.
Jetzt klopft in diesen Ländern die Realität laut und vernehmlich an die Tür. Jetzt merkt man, dass soziale Wohltaten auch irgendwie finanziert werden müssen.
Eine Überdehnung des Sozialstaats würde gerade jene Mittelschicht auspressen und lähmen, um die sich eine aktuelle DIW-Studie Sorgen macht.
Eine Bemerkung zu Punkt 5 im Antrag der LINKEN. Welche Proteste meinen Sie eigentlich, die der Landtag ausdrücklich begrüßen soll? Meinen Sie die Proteste, von denen man letzte Woche in den Nachrichten aus Berlin erfahren musste, Proteste, aus deren Mitte heraus zwei Polizeibeamte durch einen Sprengsatz schwer verletzt wurden,
Proteste unter dem Motto: „Die Krise heißt Kapitalismus“? Meinen Sie diese Proteste, die Sie, wie so oft in der Vergangenheit, gemeinschaftlich mit Autonomen und Anarchisten zur Darbietung bringen?
Ich verstehe,dass das Thema der sozialen Gerechtigkeit in idealer Weise für DIE LINKE geeignet ist, die Straße zu mobilisieren. Aber bitte passen Sie gut auf, wen Sie da möglicherweise mobilisieren. Zudem sollte DIE LINKE besser durch geeignete und ernsthafte Vorschläge glänzen, wie sie gedenkt, mit der schweren finanziellen Situation umzugehen, als durch die Organisation einer außerparlamentarischen Opposition.
Ich fasse zusammen. Die CDU-Landtagsfraktion hat die Vorstellung von einem Deutschland, das finanziell in der Lage ist, den sozial Schwächeren Hilfe und Unterstützung
Danke, Herr Landau. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat sich Herr Bocklet zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde die Debatte ein Stück weit nachdenklicher führen. Ich glaube, es gibt verschiedene Punkte zu diesem Thema zu sagen, die eigentlich eher unbestritten sein müssten. Ich fange damit an, dass ich sage, dass wir GRÜNE mit gutem Gewissen sowohl dem Antrag der SPD als auch dem Antrag der LINKEN zustimmen, weil sie die Situation richtig beschreiben. Denn es ist unbestritten, dass das Sparpaket der Bundesregierung ein Ungleichgewicht aufweist. Dagegen stimmt auch meine Fraktion.
Um es vorwegzusagen: Es ist unbestritten, dass es ungleichgewichtig ist. Der Kollege Schmitt hat es erwähnt. Wenn von einer Summe von 80 Milliarden c die Schwächeren und die Schwächsten, die ALG- II-Empfänger, mit 30 Milliarden c belastet werden und gleichzeitig die Spitzenverdiener, die Wohlhabenden, die Vermögenden, die Erben nicht belastet werden, dann ist das ein klares soziales Ungleichgewicht.Auch wir kritisieren das.
Was mich mit großer Nachdenklichkeit umtreibt, ist die Tatsache, dass es nicht ausreicht, wenn wir der Haushaltswahrheit heute Gerechtigkeit zukommen lassen wollen. Denn wir sprechen von einer Neuverschuldung für den Bundeshaushalt von 85,8 Milliarden c. Darüber hinaus redet der Bundesminister der Finanzen von weiteren 14 Milliarden c in den Schattenhaushalten. Obwohl damit die Verschuldung schon dreistellig ist, entspricht sie immer noch nur der halben Wahrheit. Die aufgehäuften Verluste der Sondervermögen Bankenrettung, Investitions- und Tilgungsfonds und Wirtschaftsfonds Deutschland, unter anderem aus den Konjunkturpaketen, werden sich Ende des Jahres 2010 auf über 43 Milliarden c belaufen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit müssen wir konstatieren: Die Benennung der ehrlichen Verschuldung im Jahr 2010 beläuft sich auf 131 Milliarden c.Wenn wir die gute Meldung von heute Morgen noch dazurechnen, dass wir 20 Milliarden c Mehreinnahmen haben, dann landen wir bei 111 Milliarden c Verschuldung im Jahr 2010. Ich finde, da muss einem schon einen Moment der Atem stocken, wenn man weiß, dass der Bundesetat bei etwa 320 Milliarden c liegt.Wir alle, und zwar alle im Hause, wissen: So, wie es bisher ging, kann es nicht weitergehen. Wenn wir alle zu dieser Erkenntnis kämen, alle fünf Fraktionen in diesem Hause, dann müssten wir eigentlich auch alle in diesem Hause daran mitwirken, dass dieses strukturelle Defizit abgebaut wird – Punkt 1 –, und wir müssten auch alle daran arbeiten, dass es ein soziales Gleichgewicht gibt.
Herr Milde, da möchte ich mit Ihnen von der CDU und der FDP noch eine Runde drehen. Denn selbst wenn ich für eine gedachte Sekunde sagen würde: „Das, was Sie vorgelegt haben,könnte man als einen Teil stehen lassen“, dann muss man aber auch fragen, wo der andere Teil der Einnahmenerhöhung ist. Dazu möchte ich noch einige Ausführungen machen.
Ich glaube, das sind die zwei Pole, zwischen denen wir uns bewegen. Der eine Pol ist – das macht die Bundesregierung für unseren Geschmack deutlich zu radikal –, einseitig auf Einsparungen zu setzen. Der andere Pol, die linke Seite des Hauses, sagt: „Wir wollen einseitig nur die Einnahmen erhöhen.“ Das wird so nicht funktionieren. Das wird nur im Zweiklang funktionieren. Wir werden einerseits Einsparungen vornehmen müssen, und wir werden andererseits auch die Einnahmen deutlich erhöhen müssen. Der dritte Punkt wird sein: Wir werden die Effizienz steigern müssen. Damit ist gemeint, dass wir bei jedem eingesetzten Euro schauen müssen: Wohin investieren wir? Ist es nachhaltig, und schafft es Arbeitsplätze? – Das, was die Bundesregierung vorgelegt hat, wird all diesen Kriterien leider nicht gerecht.
Ich komme zu dem Punkt der Mehreinnahmen und der Frage, wo man noch streichen kann. Die Bundesregierung hat vor, bei den Subventionen 1 Milliarde c zu streichen – eine popelige Milliarde c, und das, obwohl es 42 Milliarden c für ökologisch schädliche Subventionen gibt. Deswegen ist die Bundesregierung an diesen Punkt faktisch überhaupt nicht herangegangen. Bei den Subventionen hätte man deutlich stärkere Kürzungen vornehmen können. Bei den Ausgaben der Bundeswehr erkennt die Bundesregierung zwar zu Recht den Bedarf der Umstrukturierung. Sie bleibt aber weit hinter den Notwendigkeiten zurück.
Die Frage, wie man mit den Vermögenden umgeht, geht die Bundesregierung überhaupt nicht an. Weder wurde der Spitzensteuersatz erhöht, noch wurde an die Vermögensabgabe gegangen, noch wurden die Förderprogramme im Wirtschaftsetat entscheidend angetastet.
Herr Kollege, nein, das sind konkrete Vorschläge. Ich lasse Ihnen dieses Konzept gerne zukommen. Meine Fraktion im Bundestag beziffert sehr genau die Summen. Ich komme gleich dazu. Sie werden nämlich staunen, dass wir als GRÜNE im Bundestag nicht nur fabuliert und heiße Luft ausgestrahlt haben, sondern wir haben genau durchgerechnet, Summen genannt und vorgeschlagen, wo wir sparen wollen.
Herr Rock, ich will die gedachte Sekunde weiterspielen, weil es Sie in die Defensive bringt. Bei den ALG-II-Empfängern nehmen Sie zum Teil Luftbuchungen vor. Sie wollen 3 Milliarden c einsparen, indem Sie die Leute besser in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln wollen. Jeder, der sich ein bisschen in der Arbeitsmarktpolitik auskennt, weiß: Das kann man nicht beschließen. Das ist so, als würden wir heute beschließen, dass das Waldsterben aufhört. Das kann man heute im Landtag nicht beschließen. Dafür muss man aktiv arbeiten. Genauso ist es da auch. Sie können den Arbeitsmarkt nicht von heute auf morgen verändern. 3 Milliarden c zu verbuchen, weil Sie die Leute bes
ser in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, ist eine knallharte Luftbuchung. Man weiß nicht so recht, ob man Sie für das soziale Ungleichgewicht oder für Ihre Luftbuchungen kritisieren soll.
Punkt 2 zu den ALG-II-Empfängern. Sie streichen bei den Steuerrücklagen. Sie wissen genau, dass Sie etwas aus der linken Tasche nehmen und in die rechte geben. Die ALG-II-Empfänger, die dauerhaft in Armut leben, werden Sie auch dann, wenn sie in die Altersarmut kommen, subventionieren müssen. Deswegen ist es eigentlich auch eine Luftbuchung.
Wir sind bei Ihren Vorschlägen in Höhe von 10,9 Milliarden c, schon bei 5 Milliarden c die eigentlich Luftbuchungen sind. Deswegen sind die Punkte auch nicht so richtig ernsthaft und seriös. Natürlich tun die angesprochenen Einsparungen beim Elterngeld und bei den Heizkosten richtig weh. Das sind zum Teil nur 21, 25 oder 35 c, aber wenn Sie nur 350 c im Monat bekommen, dann ist das eine faktische Gehaltskürzung um 10 %. Das tut den sozial Schwächsten wirklich weh. Deswegen muss ich sagen: Sie gehen zum Teil an die Grenze des Zumutbaren. Wenn ich das für eine gedachte Sekunde lang als akzeptabel stehen lassen würde – da wiederhole ich mich –, müssten Sie auch erbringen, dass der Spitzensteuersatz erhöht wird. Dann müssen Sie auch erbringen, dass an die Vermögensabgabe, an die Erbschaftsteuer und an die Finanztransaktionssteuer gegangen wird, sonst ist das soziale Gleichgewicht entscheidend gestört.
Bei diesem Punkt sage ich:Das muss man moderieren.Ich glaube, dass die Reflexe von ganz links falsch sind. Ich glaube, wir wecken in der Bevölkerung durch die Initiativen der Linkspartei die falsche Hoffnung, dass wir, wenn wir nur mehr Einnahmen hätten, auch unser Haushaltsstrukturdefizit in den Griff bekämen.Aber einzig Einnahmen werden es nicht lösen. Selbst wenn Sie die großen Vermögen und die Unternehmen verstaatlichen, wird Ihnen das nicht genügen, dieses strukturelle Defizit zu nullen. Deswegen ist es immer nur ein Teil. Der Reflex der LINKEN, dadurch Hoffnungen in der Bevölkerung zu wecken, man möge nur möglichst die Starken und Vermögenden besteuern, und das würde reichen, ist falsch. Das kritisieren auch wir GRÜNE. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung. Das wird eine linkspopulistische Nummer, womit Sie keinen Erfolg haben werden. Das können Sie nur in der Opposition machen.Wenn Sie in der Regierung wären,würden Sie damit sofort auf den Bauch fallen,liebe Kollegen von der LINKEN.
Das haben Sie nicht in Ihren Antrag geschrieben. – Das, was Sie aber geschrieben haben, war ausnahmsweise vernünftig. Deswegen können wir dem Antrag trotzdem zustimmen. Es ist aber genauso unbestritten, dass ich von den Politikern der CDU erwarten würde, im Hessischen Landtag zu sagen, dass das soziale Gleichgewicht gestört ist und dass es natürlich nicht im Bundeshaushalt drin ist, dass man an die Vermögenden, die Unternehmen und an die vielen anderen geht, die jahrelang profitiert haben. Das ist in hohem Maße bedauerlich.
Deswegen sehe ich unsere Funktion als GRÜNE in diesem Punkt darin, zu moderieren. Wir stehen dafür ein, dass ein Bundeshaushalt präsentiert wird, der nachhaltig und mittelfristig tatsächlich ausgeglichen ist, der in Zukunft investiert, Schwerpunkte bei Bildung und Sozialem setzt und gleichzeitig die Reichen und Wohlhabenden in angemessenem Maße daran beteiligt, wenn auch sozial Schwache ihr Opfer bringen müssen. Das findet momentan nicht statt. Das ist der eigentliche Skandal. Da versagt die Bundesregierung, und das ganz entscheidend. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Für die FDPFraktion hat Herr Blum das Wort.Bitte schön,Herr Blum.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn ich die Analyse des Kollegen Bocklet wegen unterschiedlicher politischer Ansichten nicht zu teilen vermag, will ich doch vorausschicken, dass ich ihm sehr dankbar bin für die Art und Weise, wie er sich hier in die Diskussion eingebracht und seinen Redebeitrag vorgetragen hat. Denn das, was ich von den Kollegen Schott und Schmitt gehört habe, zeigt, wie überdreht die Diskussionen teilweise bei der SPD und auch der LINKEN geführt werden. Sie hatten alles Mögliche im Mittelpunkt Ihrer Redebeiträge; Sie haben aber mit keiner einzigen Silbe die Frage der Notwendigkeit der Konsolidierung der Staatsfinanzen erwähnt, sehr geehrte Frau Kollegin Schott, sehr geehrter Herr Kollege Schmitt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,es ist eben eine Tatsache, dass solide Staatsfinanzen die Grundlage für einen generationengerechten und sozialen Ausgleich sind.