Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE):Alle anderen sind schuld!)

Wenn die SPD-Fraktion zusammen mit den GRÜNEN nicht das katastrophale Wagnis hätten eingehen wollen, mit den Kommunisten zusammen eine Mehrheit zu schaffen, unter Bruch eines grundsätzlichen Wahlversprechens – das ist bundesweit diskutiert worden –, dann hätten wir damals die hessischen Verhältnisse nicht gehabt.

(Zurufe von der SPD)

Das System Ypsilanti – Herr Schäfer-Gümbel, da waren Sie ein ganz fester Bestandteil – hat dazu gestanden, gemeinsam mit den Kommunisten zu regieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Uns ist damals sehr viel erspart geblieben.Leider kann ich das aus Gründen der Zeit nicht im Einzelnen vortragen.

Herr Wagner, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sehr gut!)

Ich komme zum Schluss: Die Bilanz von Roland Koch nach elf Jahren ist eindeutig. Roland Koch hat Hessen zukunftsfest gemacht und hat für das Land Hessen erhebliche Chancen für die nächsten Jahre geschaffen, Chancen auch für die Bürger.

Ein persönliches Wort zum Schluss: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung 1999 unter anderem Bischof Lehmann zitiert:

… die Politik wird an Maßstäbe gebunden, über die sie nicht verfügen kann und die ihr entzogen sind.

Ich finde,dass darin auch zum Ausdruck kommt,dass man als Politiker immer wieder bei seinem Streben und Arbeiten ein Stück Selbstdistanz bewahrt – ein Stück Selbstdistanz die ich bei den beiden Vorrednern der Opposition völlig vermisst habe.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bitte jetzt letzter Satz.

Letzter Satz: Herr Ministerpräsident Koch, Sie haben sich um Hessen und seine Bürger verdient gemacht. Ich danke Ihnen persönlich, aber auch im Namen der gesamten CDU-Fraktion für Ihren riesigen und beispielhaften Einsatz.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war kein Neuanfang!)

Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Dr.Wilken zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir mussten fast erwarten,dass Herr Wagner auch nur dreieinhalb Zeilen hier zum Besten hätte geben wollen. Er hat wortreich, aber genauso inhaltsleer

(Günter Rudolph (SPD):Abgelesen!)

abgelesen – ausgeführt, sodass ich nach dem Beitrag von Herrn Wagner als meinem Vorredner sagen muss, die dreieinhalb Zeilen, so inhaltsleer und so peinlich sie sind, waren offensichtlich ehrlicher als der Beitrag, den Herr Wagner hier gerade geleistet hat.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Koch, man muss heute sicherlich daran erinnern, wie Sie die erste Wahl, die Sie zum Ministerpräsidenten gemacht hat, gewonnen haben. Ich muss daran erinnern, dass Sie in diesem Wahlkampf ganz eindeutig die rassistischen Untertöne in dieser Gesellschaft bedient haben. Wir erinnern uns alle an die Aussagen von Bürgerinnen und Bürgern, die fragten:Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben? – Das ist Ihre Geschichte.

(Zuruf von der CDU: Quatsch! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): „Pro Integration“ stand darauf!)

Zu Ihrer Geschichte gehören die schwarzen Kassen der Hessen-CDU, mit denen Sie nicht nur dem Land Hessen, sondern der gesamten Politik geschadet haben. Mit der

Lüge, mit der Sie dies gerechtfertigt haben, sind wir berechtigt, Sie als Lügner zu titulieren.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Klären Sie doch erst einmal auf, wo die SED-Milliarden geblieben sind!)

Sie sind verantwortlich für die „Operation düstere Zukunft“.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist eine Verrohung der Sitten, wie Sie mit der Regierung umgehen!)

Herr Dr. Wilken, für das Wort Lügner spreche ich Ihnen eine Rüge aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Koch, Sie sind verantwortlich für die „Operation düstere Zukunft“, mit der Sie bei denen gespart haben, die sich nicht wehren konnten: bei Frauenhäusern, bei Sozialinitiativen und selbstverständlich bei den eigenen Beschäftigten im öffentlichen Dienst.Das gehört zu Ihrer Bilanz.

Sie sind auch verantwortlich für das Zusammenstreichen der Finanzierung in Schulen und Hochschulen. Das ist die Bilanz von elf Jahren Koch-Politik.

(René Rock (FDP): Lächerlich!)

Es gibt einen Bereich, da haben Sie dafür gesorgt, dass Hessen vorne ist: Hessen hat den ersten teilprivatisierten Knast der Bundesrepublik Deutschland.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Uniklinikum!)

Das Uniklinikum ist dazugekommen. – Privatisierung, Sozialabbau, Sparen im öffentlichen Dienst: Das ist die Bilanz Koch – nicht zu vergessen, dass Sie dafür verantwortlich sind, dass wir weiterhin statt auf, Ihr Wort gebrauchend, Windkraftmonster in Hessen auf Atomtechnologie als eine Brücke ins Nirgendwo setzen, obwohl auch Sie wissen,dass wir für diese Risikotechnologie noch nicht einmal eine Entsorgungsstrategie haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Koch, Sie sind weiter dafür verantwortlich, im Wettstreit der Bundesländer Hessen einen Standortvorteil verschafft zu haben, indem Sie dafür gesorgt haben, dass am Bankenstandort Frankfurt am Main die Steuerfahndung abgebaut wird und so dafür geworben wird, im Land Hessen ansässig zu bleiben oder zu werden. Auch das gehört zu Ihrer Bilanz.

Weiter gehört zu Ihrer Bilanz,dass Sie im Bund mit für die ungerechte Steuerpolitik gesorgt haben, unter der wir alle leiden, unter der auch die hessischen Kommunen leiden, unter der auch der hessische Landeshaushalt leidet. Sie sind mit dafür verantwortlich,dass uns ein gerechtes Steuersystem im Lande fehlt.

Nach elf Jahren kündigen Sie an, die Politik zu verlassen. Was passiert im Land? Der grüne Parteirat bietet schon einmal Koalitionsgespräche an, obwohl solche gerade gar nicht anstehen.

(Lachen der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! – Minister Stefan Grüttner: Unser potenzieller Koalitionspartner!)

Die GRÜNEN schreiben in ihrem Antrag, Sie hätten Ihre Ziele nicht erreicht, gemessen an dem, was Sie immer in schönen Worten verkündet haben. Da haben die GRÜNEN recht.Ich sehe aber,dass Sie Ihre Ziele sehr wohl erreicht haben. Es sind aber nicht unsere. Das sind nicht die Ziele der schönen Sonntagsreden, sondern das ist das Ziel, dieses Land kaputtgespart zu haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Grüne Neune! – Minister Stefan Grüttner: Rote Neune!)

In dieser Situation muss ich die Kolleginnen und Kollegen von der SPD durchaus daran erinnern, wer dafür verantwortlich ist, dass Herr Koch heute noch Ministerpräsident ist.An uns hat es bekanntlich nicht gelegen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Die SPD ist schuld!)

Ich möchte in dem Zusammenhang auf einen Antrag hinweisen, den wir heute Nachmittag behandeln werden, wo Sie sehr richtig noch einmal aufschreiben, welche andere Politik dieses Land, das Land Hessen braucht, im Gegensatz zu der jetzt angekündigten Sparorgie des Bundes.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Aber Kommunisten brauchen wir nicht!)

Aber ich muss Sie daran erinnern, dass wir durchaus einmal eine Mehrheit im Deutschen Bundestag hatten, um vieles von dem, z. B. gesetzlichen Mindestlohn, durchzusetzen, und Sie sich dem verweigert haben. Also kann ich Sie nur auffordern: Lassen auch Sie den schönen Worten endlich einmal Taten folgen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Na, na, na! – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich fasse zusammen. Herr Koch geht. Das System Koch bleibt.Wir stellen fest: Die Chance zum Neuanfang ist bereits vertan. – Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans- Jürgen Irmer (CDU))