Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans- Jürgen Irmer (CDU))

Danke, Herr Dr. Wilken. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Vorsitzende, Herr Rentsch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Wilken hat sich neben der Tatsache, dass es ein bisschen durcheinanderging, hauptsächlich mit den Sozialdemokraten beschäftigt. Auch das ist ein wichtiges Thema in Hessen. Aber das soll heute nicht im Mittelpunkt stehen.

Meine Damen und Herren, diese Debatte wurde von Ihnen eingebracht, weil Sie über die Person Roland Koch, unseren Ministerpräsidenten, sprechen wollten. – Das darf ich vielleicht einmal grundsätzlich sagen: Die Personen müssen einem nicht gefallen.Aber ein bisschen Hochachtung vor den Staatsämtern, die wir gegenseitig ausüben, wäre aus meiner Sicht angemessen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es heißt immer noch Herr Ministerpräsident. Aber das kann jeder anders sehen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Kollegin Fuhrmann, das würde ich auch sagen, wenn ein Sozialdemokrat in diesem Land Ministerpräsident wäre.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das ist für mich keine Frage der Parteizugehörigkeit, sondern es ist eine Frage des Anstands, wie man in diesem Parlament mit Staatsämtern umgeht.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das, was Sie heute vorgelegt haben, ist der Versuch gewesen, uns zu erklären, dass Hessen einen Neuanfang braucht. Aus Ihrer Sicht ist das Wort „Neuanfang“ das Synonym dafür, dass Hessen jetzt rot-grüne Politik bräuchte. Ich glaube, an dieser Stelle fällt Ihnen schon selbst auf, was an Ihrem Antrag nicht funktioniert. Sie werden von uns nicht erwarten können, von Menschen, die für schwarz-gelbe Politik gewählt worden sind, die wir seit eineinhalb Jahren in diesem Land mit einem unglaublich hohen Reformtempo umsetzen, dass wir auf einmal die Politik machen, die Sie wollen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Günter Ru- dolph (SPD):Ach du liebe Zeit!)

Wir werden weiterhin in diesem Landtag für die Bürgerinnen und Bürger, die uns gewählt haben, in Kontinuität unserer politischen Verantwortung das umsetzen, was wir in unseren Wahlprogrammen und in unserem Koalitionsvertrag vereinbart haben.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!)

Daran können Sie sich messen lassen. Aber erwarten Sie doch nicht von uns,dass wir Ihre Politik umsetzen.Kollege Al-Wazir, das wollen Sie doch auch nicht wirklich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wer das heute verfolgt hat, hat eher das Gefühl gehabt, das ist eine Abarbeitung traumatischer Erlebnisse, die Sie mit dem Ministerpräsidenten Roland Koch gehabt haben. Es scheint für Sie ganz, ganz schlimm gewesen zu sein, dass es CDU und FDP 1999 unter der Führung von Roland Koch gelungen ist, ein aus Ihrer Sicht sozialdemokratisches oder rot-grünes Bundesland auf die schwarzgelbe Seite zu ziehen. Noch schlimmer wird es dann, wenn man sieht, dass es in elf Jahren nicht gelungen ist, dieses Bundesland aus Ihrer Sicht wieder zurückzuerobern.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich kann das verstehen. Aber Sie haben sich, Kollege AlWazir und Kollege Schäfer-Gümbel, gerade ein richtig schlechtes Zeugnis ausgestellt. Denn Sie haben gesagt, wie viele Fehler dieser Ministerpräsident gemacht haben soll. Dass Sie es bei dieser schlechten Performance, wie dies von Ihnen hier behauptet wurde, immer noch nicht geschafft haben,dieses Land wieder zurückzuerobern,das ist abenteuerlich. Da scheint etwas nicht zu stimmen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU)

Jetzt wollen wir doch einmal feststellen – das kann man vielleicht auch einmal über die Grenzen von Parteien hinweg machen; zu den Inhalten der Arbeit der Regierung komme ich noch –,dass es schon eine herausragende Leistung ist, dass ein Politiker in diesem Verantwortungsbereich nach elf Jahren sagt: Ich möchte dieses Amt freiwillig verlassen und möchte mich nicht von den Wählerinnen und Wählern, von einer Opposition oder von wem auch

immer quasi aus diesem Land bitten lassen, sondern ich habe die eigene Kraft, dieses Amt zu verlassen. – Ich zolle dieser Entscheidung großen Respekt.

(Janine Wissler (DIE LINKE):Zehn Jahre zu spät!)

Lieber Ministerpräsident Roland Koch, wir müssen vor dieser Entscheidung großen Respekt haben, weil es eine sehr ungewöhnliche Entscheidung ist,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Eine autonome Entscheidung!)

die ein Mensch trifft, der so viel Verantwortung für ein Bundesland übernommen hat, der für dieses Bundesland so viel inhaltlich gestaltet hat. Ich halte das für einen sehr, sehr großen Schritt und habe davor sehr großen Respekt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Verehrte Kollegen, jetzt will ich nicht sagen, dass elf Jahre mittlerweile die Marke sind,nach der man in Hessen seine Ämter niederlegen muss. Denn dann hätte der Kollege Al-Wazir nur noch knapp ein Jahr als Fraktionsvorsitzender – zehn Jahre ist er es schon – und müsste dann in den Ruhestand gehen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Kollege Al-Wazir, wenn man sich einmal Ihre Beziehung zu dem Ministerpräsidenten anschaut, stellt man fest, dass sie von einer sehr starken Ambivalenz geprägt ist. Sie haben sich selbst vor einiger Zeit als altes Ehepaar bezeichnet. Hinter den Kulissen verstehen Sie sich mit Roland Koch viel besser, als Sie das gerade gesagt haben. Das ist jetzt quasi wie eine Scheidung für Sie. Ich hoffe, Sie haben schon einen anderen Partner gefunden, mit dem Sie dann zusammenleben wollen. Denn klar ist: Wenn man einen Partner verliert, mit dem man so lange zusammengelebt hat, braucht man einen Ersatz. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal mit Volker Bouffier darüber gesprochen haben.Aber er wird auch Ihnen ein offenes Ohr widmen. So habe ich Volker Bouffier kennengelernt. Auch er ist jemand, der zusammenführen möchte. Ich glaube, wenn es darum geht, wird es auch da Gespräche geben können.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist, dass sich in diesem Bundesland in den letzten elf Jahren einiges ereignet hat. Frau Kollegin Sorge, Sie haben sich gerade etwas über den Hans-Eichel-Vergleich ausgelassen. Man muss nicht immer so weit zurückgreifen.Aber in der Empathie, wie man dieses Staatsamt des Ministerpräsidenten ausfüllt, gibt es zwischen Hans Eichel und Roland Koch Gott sei Dank große Unterschiede. Dafür bin ich auch sehr dankbar.

Sie haben gerade mit sehr viel Empathie

(Zuruf von der SPD)

das ist in Ordnung – das, was aus Ihrer Sicht negativ ist, aufgezählt,

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

haben dann gesagt, dass Sie dieses Bundesland trotzdem nicht wieder zurückerobern konnten. Auch das ist eine Wahrheit.

Meine Damen und Herren, Fakt ist – das bescheinigen sogar Presseorgane, die nicht unbedingt im Verdacht stehen, nur CDU und FDP zu unterstützen –, dass die Bilanz dieses Ministerpräsidenten und seiner Regierungen, von CDU und FDP und der CDU, wirklich eindrucksvoll ist.

Diese Regierung hat es unter der Führung von Ministerpräsident Koch geschafft, dass beispielsweise ein Landesteil wie Nordhessen, aus dem ich stamme, mittlerweile nicht mehr ein unter Naturschutz gestellter Landesteil ist, sondern dass sich in diesem Landesteil wirtschaftlicher Erfolg einstellt, wo Menschen Arbeit und Wohlstand haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei der SPD)

Herr Kollege Al-Wazir, ich empfehle Ihnen einmal, zwischen Ihren beiden Gesten des Augenzuhaltens und des Kopfschüttelns einen Blick in den „Extra Tip“ zu werfen. Der „Extra Tip“ ist eine Zeitung in Nordhessen, die die Landesregierung in vielen Fällen auch sehr kritisch begleitet. Dieser hat vor Kurzem eine Lobeshymne auf die Regierungen Koch/Wagner, Koch und Koch/Hahn gehalten,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein wirtschaftspolitisches Fachblatt!)

weil das, was in Nordhessen entstanden ist, für die Menschen dort anscheinend einmalig sein muss. Laufen Sie deswegen nicht so viel in Offenbach herum. Fahren Sie auch einmal nach Nordhessen. Dort erfahren Sie schon, dass es in diesem Land vorangegangen ist.

Meine Damen und Herren, diese Bilanz trifft natürlich auch andere Landesteile.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Extra Tip“!)

Herr Kollege Wagner, schauen Sie da einmal hinein.Wischen Sie nicht immer alles gleich arrogant weg, nur weil es nicht Ihre Zeitung ist. Ich lese auch Sachen, die mir nicht gefallen. Ich habe heute Morgen sogar in der „taz“ geblättert und fand nicht alles furchtbar, was darin stand. Überwinden Sie auch einmal Grenzen. Sie sind doch immer für Versöhnung.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ja, da freue ich mich, dass das so viel Anklang findet. Sprechen Sie nicht immer nur von Toleranz, sondern gehen Sie auch einmal selbst in die Vorhand.

Deshalb glaube ich, dass Herr Ministerpräsident Koch einerseits für den wirtschaftlichen Erfolg dieses Bundeslandes und andererseits – Herr Kollege Wagner hat es gesagt – für die Erfolge, die wir im Bildungsbereich haben, verantwortlich ist. Sie kommen doch nicht an den Zahlen vorbei, die belegen, wie diese Landesregierungen unter der Führung von Ministerpräsident Koch in den Hochschul- und Schulbereich investiert haben. Die Zahlen sind in diesen beiden Bereichen doch wirklich eindrücklich. Da kann man doch auch einmal sagen: Wir waren nicht immer einer Meinung,

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))