Wenn wir alle miteinander uns das hier vorgenommen haben, dann müssen wir es uns alle miteinander nicht nur vornehmen, sondern auch wirklich leben. Dazu gehört auch, wenn es um den Umgang zwischen den unterschiedlichen Parteien hier geht, dass man zu Selbstkritik in der Lage ist. – Vielen Dank.
Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Zurückweisung der öffentlichen Einflussnahme in ein laufendes Verfahren durch den Hessischen Minister der Justiz, für Integration und Europa, Drucks. 18/154.
Wer diesem Dringlichen Entschließungsantrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gegenstimmen? – Das sind CDU- und FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Jetzt bitte ich um einen kurzen Hinweis der Geschäftsführer, ob wir in die Mittagspause eintreten oder den nächsten Tagesordnungspunkt noch behandeln.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Senkung der Klassenobergrenzen in den Schulen und Gruppengrößen in den Kindertagesstätten – Drucks. 18/25 –
Antrag der F raktion der SPD betr effend neues Zuw eisungsverfahren für Hessens Schulen – Drucks. 18/73 –
Dringlicher Antrag der F raktionen der CDU und der FDP betr effend Lehr erzuweisung neu strukturier en – Transparenz herstellen, Ressourcen zielgerichtet einsetzen – Drucks. 18/135 –
Ich möchte vorab mitteilen, dass Frau Kultusministerin Henzler entschuldigt ist. Sie ist auf der Kultusministerkonferenz. Herr Staatssekretär Brockmann ist anwesend – damit dies von vornherein klar ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist einer der ersten überhaupt, der von der LINKEN vorgestellt wurde. Wegen der Auflösung des Landtags ist er in den Ausschüssen noch nicht behandelt worden. Dass die in ihm aufgestellten Forderungen sinnvoll sind, dem wird hier sicherlich keiner widersprechen. Sie sollten sich auch in den künftigen Haushaltsberatungen wiederfinden, daher das erneute Einbringen.
Wir fordern, die Klassen- und Gruppengrößen in Schulen und Kindergärten auf ein pädagogisch sinnvolles Maß zu reduzieren. Die sogenannte Sternchenregelung sollte mit diesem Antrag ersatzlos gestrichen werden. In keiner Klasse in Hessen sollten mehr als 25 Schülerinnen und Schüler unterrichtet und in keiner Kindergartengruppe mehr als 20 Kinder betreut werden.
Schauen wir uns einmal Ihren Koalitionsvertrag an, um zu sehen, ob die von uns aufgestellten Forderungen jetzt obsolet sind. Im Koalitionsvertrag der CDU und der FDP heißt es – ich zitiere –:
Wir werden 2.500 zusätzliche Stellen für die Schulen schaffen. Damit stehen – wie bisher – die Mittel zur vollständigen Unterrichtsabdeckung zur Verfügung. Darüber hinaus werden wir den Schulen den notwendigen Spielraum für mehr individuelle Förderung, die Bildung kleinerer Klassen und für die Entlastung der Lehrkräfte geben. Die Schulen erhalten in Zukunft eine Zuweisung von Lehrerstellen im Umfang von durchschnittlich 105 %, verbunden mit der Möglichkeit,davon 20 % als Geldmittel zur freien Verfügung einzusetzen.
Ihr Dringlicher Antrag enthält demgegenüber nichts Neues. – Nur damit hier im Hause allen klar ist, was Sie da versprechen, verweise ich auf die GEW, die Folgendes ausgerechnet hat: Wenn man berücksichtige, dass die Unterrichtsversorgung in den letzten Jahren bei nur ca. 96 % des zeitlichen Bedarfs gelegen habe, dann bedeute das, dass allein für eine 105-prozentige Lehrerzuweisung ganze 3.581 zusätzliche Stellen im Land benötigt würden.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Die GEW konnte noch nie rechnen! – Janine Wissler (DIE LINKE): Sind da nicht viele Lehrer drin?)
Ihre zusätzlichen 2.500 Stellen sind darin noch nicht eingerechnet, die nach seriösen Berechnungen tatsächlich ausreichen würden, um den Wegfall der sogenannten
Sternchenregelung zu kompensieren. Das bedeutet: Sie haben im Koalitionsvertrag vereinbart, 6.081 neue Lehrerstellen zu schaffen. Für den Unterricht werden ja wohl nur Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt, denn aus der UG+ werden wir alle gelernt haben.
Wir fragen uns natürlich alle, woher Sie diese Lehrer nehmen wollen, angesichts des von der CDU-Regierung zu verantwortenden Lehrermangels. Damit haben Sie sich viel vorgenommen, ohne Frage. Mit dem Wegfall der Sternchenregelung haben Sie bereits einem Teil unseres Antrags aus dem letzten Jahr entsprochen. Dennoch haben bei Ihnen die Gymnasial- und Realschulklassen weiterhin 30 Schülerinnen und Schüler. Die Fraktion DIE LINKE ist jedoch der Meinung, dass individuelle Förderung, wie sie auch Frau Ministerin Henzler immer im Munde führt, unmöglich in so großen Klassen gelingen kann.
Aber vielleicht hängen Sie auch noch der irrigen Meinung an, dass es möglich sei, die Homogenisierung in der Klassenbildung so weit zu treiben, dass eine individuelle Förderung überflüssig ist. Gute Bildung und individuelle Förderung werden unter solchen Bedingungen weiterhin faktisch unmöglich sein.Außerdem werden Abiturienten, die eventuell den Lehrerberuf ergreifen würden, von den Aussichten, in so großen Klassen unterrichten zu müssen, sicherlich abgeschreckt. Das ist, wie wir wissen, völlig kontraproduktiv.
Unser Antrag fordert diese Verbesserungen nicht nur für die Eingangsklassen, wie Sie es tun. Zumindest in mehrzügigen Schulen können diese Verbesserungen durch Klassenneubildungen auch für die anderen Klassen realisiert werden.
Unser Antrag umfasst auch die Reduzierung der Gruppengrößen in den Kindertagesstätten. Wir sagen: Keine Gruppe darf mehr als 20 Kinder haben.
Dies ist auch eine Forderung nach mehr Qualität, denn Kinder zwischen drei und sechs Jahren brauchen kleinere Gruppen – vor allem, wenn wir die oft viel zu kleinen Räumlichkeiten und den erhöhten Differenzierungsbedarf, beispielsweise bei der sprachlichen Förderung, die auch Sie weiter betreiben wollen, bedenken. Sie wollen zwar die Anzahl der Fachkräfte pro Gruppe um 0,25 Fachkräfte erhöhen, aber die Gruppen dürfen weiterhin bis zu 25 Kinder umfassen. Diese Gruppen sind einfach zu groß; und das wird Ihnen auch jede Erzieherin und jeder Erzieher sagen.
Es gibt einen ungeheuren Nachholbedarf an Neueinstellungen im Bildungsbereich. Nach den Angaben des Bildungsfinanzberichts des Jahres 2008 liegt der Bundesdurchschnitt der öffentlichen Ausgaben für Schulen und Hochschulen bei 4,1 %. Hessen, das Sie, Herr Ministerpräsident – er ist nicht da –, zum Bildungsland Nummer eins machen wollen, bildet dabei mit einem Anteil des Bruttoinlandsprodukts von 3,0 % das Schlusslicht aller Flächenländer. In keinem anderen deutschen Flächenland wurde Bildung so kaputtgespart wie in Hessen.
Es gilt eben nicht nur, für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen, wie es der Ministerpräsident während des Wahlkampfs so vollmundig versprochen hat, sondern es gilt auch, jede
Menge Arbeitsplätze im Bildungsbereich neu zu schaffen – und dies nicht auf Kosten anderer Beschäftigungsbereiche.
Wir lehnen daher strikt ab, dass die Regierung diese zusätzlichen Stellen zulasten anderer Bereiche wie Justiz, Polizei oder Verwaltung umverteilen will.
Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes dürfen nicht zu Lückenbüßern Ihrer verfehlten Personalpolitik werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin, lassen Sie uns überall in Hessen, für alle Kinder und Jugendlichen, für alle Schulen und für alle Kindertageseinrichtungen pädagogisch vertretbare Klassen- und Gruppengrößen von maximal 25 Schülerinnen und Schülern bzw. 20 Kindergartenkindern anstreben. Unterstützen Sie daher unseren Antrag,und berücksichtigen Sie ihn in Ihren Haushaltsberatungen.
Noch einen Satz zum SPD-Antrag, der ein neues Zuweisungsverfahren fordert: Wir halten es allerdings für wichtig, dass für Sonderbedarfe auch gesonderte Mittel zur Verfügung gestellt werden. Diese dürfen aber nicht zulasten der Grundversorgung, einer 100-prozentigen Lehrerversorgung, gehen.