Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Daher empfehle ich an dieser Stelle etwas Zurückhaltung.

Herr Kollege Wagner, der stellvertretende Ministerpräsident hat im Moment ein Gespräch.Wir haben ihn aber unverzüglich über Ihr Ansinnen informieren lassen, und er wird alsbald und sofort hierher kommen, um dieser Debatte weiter beizuwohnen.Damit hat sich Ihr berechtigtes Ansinnen in der Tat erledigt.

Allerdings bitte ich ein wenig um Nachsicht dafür,dass die Minister und Ministerinnen das Plenum auch zur Wahrnehmung bestimmter Termine nutzen, die einfach notwendig sind. Das war hier der Fall. Insofern müssen wir diese Sache nicht höher hängen als notwendig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Günter Rudolph (SPD):Abstimmen!)

Das Ansinnen einer Abstimmung wird weiterhin aufrechterhalten.

Dann lasse ich darüber abstimmen, ob der stellvertretende Ministerpräsident, um den es jetzt geht, hierher zitiert und die Sitzung so lange unterbrochen wird.Wer diesem Ansinnen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.

(Minister Jörg-Uwe Hahn betritt den Plenarsaal.)

LINKE, SPD und GRÜNE. Gegenstimmen? – CDU und FDP. Das Zweite ist die Mehrheit.

(Lebhafter Widerspruch bei der SPD)

Das Zweite ist die Mehrheit. – Gerade erscheint auch der stellvertretende Ministerpräsident hier. Er ist uns in der Runde sehr willkommen.

Herr Al-Wazir, Sie haben jetzt das Wort für die GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden gerade über ein Gesetz, das im Laufe dieses und des nächsten Jahres zu öffentlichen Ausgaben in Höhe von 2,6 bis 2,7 Milliarden c führen wird. An dem Antrag, den wir gerade gestellt haben und mit dem wir trotz Ablehnung auch erfolgreich waren – vielen Dank –, haben Sie gesehen, dass wir den bisherigen Verlauf dieser Debatte recht befremdlich finden.

Ehrlicherweise muss ich sagen: Uns allen ist es völlig klar, dass wir in dieser Krise schnell handeln müssen. Uns allen ist völlig klar, dass wir nach allem, was sich jetzt abzeichnet, im Laufe des Jahres 2009 in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser geraten und wir unseren Anteil dazu beitragen müssen, diese Krise zu überstehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank, ich sage Ihnen aber ausdrücklich: Angesichts der Tatsache,dass hier 2,6 bis 2,7 Milliarden c ausgegeben werden, eine Summe und ein Gesetzesvorhaben, die sich in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht wiederholen werden, ist es ein Armutszeugnis für den Respekt vor dem Parlament, dass zu Anfang dieser Debatte kein

einziges zuständiges Mitglied der Landesregierung anwesend war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN – Zuruf des Ministers Stefan Grüttner)

Herr Grüttner, ich weiß, dass Sie auf alles immer eine Antwort haben – ob damit aber dann die Frage beantwortet ist, ist eine andere Sache, wie wir seit Dienstag wissen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedauern es außerordentlich, dass unsere Bemühungen der letzten drei Wochen umsonst waren, trotz des – wenn ich das einmal vorsichtig ausdrücke – von Ihnen sehr angezogenen Tempos der Beratung dieses Gesetzentwurfs unseren Beitrag zur Verbesserung dieses Gesetzes zu leisten.

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

Die Änderungsanträge die wir gestellt haben, waren sehr einfach. Bei ein bisschen gutem Willen hätte man sich über unsere Änderungsanträge verständigen können, wenn es bei Ihnen wirklich ein Bedürfnis gäbe, in diesem Parlament eine breite Mehrheit für dieses Gesetz sicherzustellen. Denn egal, wie wir jetzt beschließen, es ist völlig klar, das, was wir jetzt ausgeben, wird 30 Jahre lang abgezahlt werden müssen. Das heißt, jeder, der hier sitzt, wird mit den Folgen dieses Gesetzentwurfs leben müssen. Mehrheiten ändern sich einmal – auch wenn Herr Grüttner aus Kostengründen dagegen ist.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Nicht nur aus Kostengründen!)

Wir haben beantragt, es solle die jeweils gültige Energieeinsparverordnung gelten. Sie sagen, das sei selbstverständlich. – Ich frage: Wenn dem so ist, warum wird dann in der Begründung des Gesetzes ausdrücklich die EnEV 2007 genannt, wohl wissen, dass die EnEV 2009 gerade in den letzten Zügen vor der endgültigen Gültigkeit ist?

Wir haben beantragt, eine weitgehende Barrierefreiheit herzustellen. Das ist für Behinderte und alte Menschen wichtig; und es ist für jeden wichtig, der einmal versucht, irgendwo einen Kinderwagen hinzuschieben.

(Dr.Walter Arnold (CDU): Das ist Gesetz!)

Sie sagen, es ist Gesetz. Wenn es so ist, dann frage ich mich, wo die ganzen Neubauten herkommen, die dem nicht entsprechen, Herr Kollege Arnold.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gesagt, wir wollen ausdrücklich, dass die Infrastrukturmaßnahmen, die in den Kommunen gemacht werden, eine Richtung bekommen – sie haben bisher nämlich keine –, indem wir ausdrücklich die folgenden Punkte nennen: energetische Sanierung, Nahwärmenetze, öffentlicher Personennahverkehr, Kinderbetreuung, Breitbandversorgung des ländlichen Raums.

Wir wissen, dass die Liste des RMV vorliegt und an die Regierung gesandt worden ist: eine Liste von baureifen Projekten wie Bahnhöfen, Schienenverbindungen und allem, was dazugehört. Diese sind baureif, also nicht nur in der Planung. Wir reden nicht über die Regionaltangente West.

Wir wissen, dass sich diese Regierung dazu entschieden hat, hierfür 0,0 c einzusetzen. Insofern sagen wir – damit

wir uns alle bewusst sind, was wir hier machen –: Hessen ist das einzige Bundesland, das in dieser Höhe ein eigenes Konjunkturprogramm, zusätzlich zu dem des Bundes, auflegt. Hessen ist das einzige Bundesland, das das eigene Konjunkturprogramm komplett mit Schulden finanziert. Das andere Bundesland – es gibt insgesamt nur zwei – ist Baden-Württemberg, und Baden-Württemberg nimmt das Landesgeld aus einer Rücklage.Wenn man dies schon macht, dann legen wir großen Wert darauf, dass es im wahrsten Sinne des Wortes wirklich nachhaltig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schienenbau hilft vielerorts gar nichts!)

Nun zu meinen beiden letzten Punkten. Wir haben beantragt, dass die einzelne Kommune nicht stärker in die Zinsbelastung einbezogen wird, als sie in der Summe Investitionsmittel bekommen hat. Das, was Sie hier vorgelegt haben, führt am Ende dazu, dass die Kommunen, die aus dem Kommunalen Finanzausgleich, da es ihnen vergleichsweise gut geht, relativ wenig bekommen, einen geringeren Zinsanteil zu tragen hätten als die Kommunen, denen es schlecht geht und die aus dem KFA mehr bekommen.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Das heißt, wir verstärken ein Ungleichgewicht, das es sowieso schon gibt. Das kann auch nicht in Ihrem Interesse sein.

Nun zu meinem allerletzten Punkt.Wir wollten, dass über das, was freihändig vergeben wird, Öffentlichkeit hergestellt wird, weil Öffentlichkeit der beste Schutz vor Korruption ist.

Meine sehr verehrte Damen und Herren, Sie haben keinen einzigen dieser Punkte aufgenommen. Das zeigt uns leider, dass die Mehrheit nicht willens war, die Minderheit auf diesem Weg mitzunehmen. Deswegen werden wir uns in der Endabstimmung enthalten – mit großem Bedauern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir hätten das gern besser gemacht, um dann zuzustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schönen Dank, Herr Al-Wazir. – Für die FDP-Fraktion, Herr Lenders.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Die Frage war,wie wir in Hessen auf die beginnende Wirtschaftskrise reagieren wollen. Herr Al-Wazir, es ist in der Tat richtig, dass das Bundesland Hessen das einzige Bundesland ist, das neben dem Konjunkturprogramm des Bundes noch ein eigenes Konjunkturprogramm auflegen kann und dazu ausdrücklich in der Lage ist. Das gebietet aber auch eine besondere Obacht bei dem, was wir tun.

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

Wir haben gesagt, wir können am besten reagieren, wenn wir in die Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur investieren, weil wir damit in Hessen an eine Schlüsselbranche – die Bauwirtschaft – herankommen, die in den letzten Jahren rund 44 % an Auftragsrückgängen zu verzeichnen hatte.

Meine Damen und Herren, davon hängt eine ganze Menge ab: die Baustoffzulieferer, viele kleinere und mittlere Unternehmen sowie das Baunebengewerbe. Wenn man all das, was Sie beschrieben haben, sowie die ganze Kritik, die sich in den Beratungen ein Stück weit abgezeichnet hat, herunterbricht und sagt, wir wollen die Mittel in der Bauwirtschaft – sprich: in der Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur – einsetzen, dann kann man im Umkehrschluss auch feststellen, dass im größten Teil dieses Pakets die Nachhaltigkeit durchaus gewahrt wird.

Natürlich bleibt ein Teil übrig. Wir sollten aber nicht vergessen, dass es in den Beratungen auf einmal einen ganzen Blumenstrauß an Forderungen gegeben hat, wo wir dies dann überall einsetzen könnten. Auch wir haben in den Beratungen das eigentliche Ziel ein Stück weit aus den Augen verloren. Man musste die Beratungen immer wieder auf die Frage zurückbringen: Wo wollten wir eigentlich hin? Wofür wollten wir das Geld einsetzen? Das darf man nicht vergessen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Axel Winter- meyer und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine Damen und Herren, es hieß dann, es würde schnell zu einer Preisexplosion kommen. Auch das ist kein haltbares Argument, weil die Kapazitäten einfach da sind. Es wurde auch gesagt, es würde zu einer Überhitzung auf dem Markt kommen. Diese Gefahr ist nicht gegeben, wenn wir ordnungspolitisch sauber bleiben und uns strikt an diesem Ziel orientieren.

Der Verwendungszweck und das, was man noch alles mit diesem Konjunkturprogramm machen kann, liegen ein Stück weit auch in der Verantwortung und Freiheit der Kommunen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!)

Das ist ausdrücklich so gewollt. Als hessischer Gesetzgeber wollen wir nicht alles von oben diktieren. Die Kommunen haben ein Stück weit die Verantwortung; und sie haben ein Stück weit noch immer ihre Kontrollfunktion. Hierbei machen die kommunalen Parlamente einen verdammt guten Job. Ich weiß gar nicht, warum Sie dies auf einmal kritisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)