Empfinden Sie es als überzogene Einschränkung unternehmerischer Freiheiten, wenn auf der anderen Seite ein Viertel aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor arbeitet und Tausende Bankangestellte gerade um ihren Job bangen?
Die Bundesregierung macht den Bock zum Gärtner. Wenn man sich die personelle Besetzung der Expertengruppe „Neue Finanzarchitektur“ ansieht, die die Bundesregierung ins Leben gerufen hat, sieht man, dass den Vorsitz ein langjähriger Berater der Investmentbank Goldman Sachs führt. Ich denke, liebe Kollegen von der FDP, dass Sie sich da wenig Sorgen machen müssen, dass Ihre Klientel zur Bewältigung der Krise herangezogen wird.
Wenn SPD und GRÜNE sich heute über die Auswüchse der Spekulationen beklagen, sollten Sie sich daran erinnern, dass es Ihre Parteifreunde waren, die den Grundstein genau dafür gelegt haben. Sie haben den Börsenhandel nach angelsächsischem Vorbild liberalisiert, den Investmentfonds ihr Geschäft erleichtert und Leerverkäufe liberalisiert. In Deutschland gäbe es keine Hedgefonds,
wenn Rot-Grün ihnen im Jahre 2005 mit dem Investmentmodernisierungsgesetz nicht die Tür geöffnet hätte. Davor haben Attac und andere immer gewarnt. Sie wollten es nicht hören.
Auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums – das ist bekanntermaßen seit vielen Jahren SPD-geführt – wird heute noch verkündet, und zwar unter der Überschrift „Konkrete Schritte zum Erfolg“:
Das Investmentmodernisierungsgesetz war die Grundlage für die Einführung von Hedgefonds in Deutschland und eröffnete damit den direkten Zugang für deutsche Anleger zu diesem innovativen Produkt.
Hedgefonds können auch in schwieriger Marktlage Erträge erwirtschaften....Der Finanzplatz Deutschland ist... reif für ein solches Produkt.
Herr Kollege Schmitt, ich zitiere: Durch Deregulierung solle die Position der deutschen Börsen- und Marktteilnehmer am internationalen Wettbewerb verbessert werden. – Ich schicke Ihnen gerne den Link. Das ist Politik der rot-grünen Regierung gewesen.
Jetzt müssen Konsequenzen aus dieser Krise gezogen werden. Die Akteure an den Finanzmärkten müssen mit klaren Regeln an ihre Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit erinnert und daran gebunden werden. Statt milliardenschwerer Rettungsschirme für die Banken wäre es an der Zeit, den Bankensektor in die öffentliche Hand zu überführen. Das fordern auch laut einer aktuellen Umfrage zwei Drittel der Deutschen.
Die entscheidende Frage ist doch: Wer zahlt für diese Krise? – Die Krise darf nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die schon vom Aufschwung nichts hatten – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Arbeitslosen und die Rentner.
Jetzt müssen die Profiteure der letzten Jahre zahlen. Deshalb unterstützt DIE LINKE die Demonstration am 28. März unter dem Motto: „Wir zahlen nicht für eure Krise“. Nur wenn Menschen massenhaft auf die Straße gehen, werden wir verhindern können, dass für diese Krise wieder die geradestehen müssen, die vom Aufschwung schon nichts hatten.
Ich komme zum Schluss. Wir bleiben dabei – diese Krise, die tiefste Krise seit 80 Jahren, zeigt, dieses System, der Kapitalismus, ist ein ungerechtes Krisensystem. Deshalb darf er nicht das Ende der Geschichte sein. Ich denke, unser Antrag könnte durchaus unter dem Motto stehen:Vernunft statt Populismus.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP hat zu Recht diesen Antrag gestellt. Denn um dieses Thema ordentlich zu behandeln, bedarf es in der Tat mehr Sachlichkeit, es bedarf in der Tat mehr Vernunft, und es bedarf mehr Detailwissen in der Sache. Dem steht Populismus in allen Fällen gegenüber.
Meine Damen und Herren, über das, was wir heute Morgen zu Recht diskutieren, darf man den Teil der Manager
gehälter nicht überbewerten. Ich bewerte ihn nicht unter, aber man soll ihn auch nicht überbewerten.
Manager sind wie Politiker auf fünf Jahre bestellt. Das unterscheidet sie nicht von Politikern. Manager werden von den Aktionären oder den Anteilseignern bestellt und nach fünf Jahren abberufen oder wiederbestellt. Sie werden von den gleichen, und zwar den Aufsichtsgremien oder den Hauptversammlungen, auch in ihrem Gehalt festgelegt. Das unterscheidet sie von den Politikern, weil Politiker ihr Gehalt in der Regel selbst festsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss nicht unbedingt niedriger sein. Herr Jürgens, es gibt eine ganze Reihe Manager in mittelständischen, in kleinen Firmen, die ihre Arbeit machen und weit weniger als ein Politiker im Hessischen Landtag oder im Deutschen Bundestag haben.Also wollen wir sie nicht alle über einen Kamm scheren. Nicht jeder, der auf der Visitenkarte „Manager“ stehen hat,hat ein Gehalt jenseits von 500.000 c,wie das hier so gerne dargestellt werden will.
Ich sage auch in Richtung von Herrn Schmitt: Frau Zypries, die Sie vor wenigen Tagen in Darmstadt auf den dritten Listenplatz gesetzt haben,
hat vorgestern gesagt, dass die Regeln und die Gesetze in Deutschland ausreichten, und nicht nur das, sondern dass sie die schärfsten in Europa und in den die westlichen Finanzmärkte bestimmenden Ländern wie Japan und USA seien.
Das sollte uns zu denken geben. Ich glaube, dass nicht die Höhe der Managergehälter das wirkliche Problem ist, über das wir in dieser Wirtschaftskrise diskutieren. Das Problem sind die Boni. Das Problem sind aber nicht nur die Boni, wenn sie langfristig gezahlt werden, sondern die Bonuszahlungen,die sich nur über einen Zeitraum von einem Jahr bemessen.
Ich glaube, wenn wir dazu kommen, dass die Bonizahlungen über einen vertretbaren längeren, überschaubareren und nachhaltigeren Zeitraum gezahlt werden, werden diese Auswüchse, wie wir sie jetzt haben, nicht mehr vorkommen. Ich denke, dass man mit Bonizahlungen, wenn überhaupt, über einen längeren Zeitraum, der überschaubar ist,der nachhaltig ist,der viele Elemente und nicht nur Gewinne, sondern Nachhaltigkeit im Unternehmen – Kundentreue, Auftragsbestände, Mitarbeitertreue usw. – mit in Betracht zieht, in diesem Falle wesentlich besser fährt und dann auch zu einer sachlicheren und ordentlicheren Bewertung der Managergehälter kommt.
Lassen Sie mich ein Nächstes aufgreifen. Frau Wissler hat das Hohelied gesungen: Banken in öffentlicher Hand. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer verspricht uns in diesem Land und darüber hinaus, dass Banken in öffentlicher Hand besser als in privaten Händen geführt werden?
Ja, wir haben das Problem in Deutschland doch an der Hand.Wo hat denn die Finanzkrise begonnen? Sie hat bei KfW, bei IBK, bei SachsenLB, bei Nord/LB, bei Bay
Das ist das Problem, das wir haben. Damit ist der Beweis erbracht, dass es die öffentliche Hand bei Weitem nicht besser als private Initiative und Professionalität, die von außen kommt, kann. Und dafür werbe ich.
Ein Drittes. Die Wirtschaftskrise hat zwei Ursachen – ich betone: Wirtschaftskrise. Sie hat zum einen die Finanzmarktkrise, die die gesamten Märkte global in Erschütterung und in eine Schieflage gebracht hat, und sie hat zum anderen eine stinknormale weltweite Konjunkturkrise zur Ursache, was auf einmal zusammenkommt und zusammenwirkt,
was wir in diesem Maße in den letzten Jahrzehnten nicht gehabt haben. Das ist das Besondere an der Krise, die wir zurzeit haben.
Hier wird von der Börsensteuer und der Börsenaufsicht gesprochen.Wir müssen uns mit London, Paris, New York und mit Tokio vergleichen. Ich sage Ihnen: Ein regulierter Markt einer Börse in Frankfurt ist mir lieber als eine unregulierte Marktsystematik in London oder in New York, wo eine Börsenumsatzsteuer bezahlt wird, während in Frankfurt keine bezahlt wird, wo wir trotzdem die Einnahmen haben, wo wir die Märkte kontrollieren können und wo wir trotzdem ein hohes Maß an Vernunft und Sachlichkeit haben. Dies möchte ich in aller Form hier betonen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.