Sehr verehrte Kollegin Wissler, Sie wissen, ich freue mich immer, wenn Sie reden. Das bringt ein bisschen Leben in die Debatte.Aber es gibt drei Punkte, die ich so nicht stehen lassen kann.
Punkt eins. Sie haben wieder ein Märchen von irgendwelchen ungerechten Steuern oder Ähnlichem erzählt. Ich weiß, das ist bei der LINKEN ein Problem. Sie verstehen das Grundproblem nicht: Bevor man etwas umverteilen kann, sei es für die Bildung oder für andere Zwecke, muss man etwas erwirtschaften.
Man kann nicht etwas erwirtschaften, indem man die Leistungsträger und die Mittelschicht in diesem Land durch Steuererhöhungen belastet, sondern indem man sie entlastet. Das sollte endlich in Ihre Köpfe hineingehen.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Döweling, haben Sie schon einmal etwas von der Finanzkrise gehört?)
Zweitens. Frau Wissler, ich verwahre mich gegen Ihre Behauptung, wir hätten die Schulen kaputtgespart. Wann waren Sie zuletzt in einer Schule? Ich habe vorhin gesagt, wir haben im Rahmen des Konjunkturprogramms II das Sonderinvestitionsprogramm für die Schulen aufgelegt. Schauen Sie sich einmal um im Land Hessen. Hessens Schulen sind zu einem überwiegenden Teil in einem sehr guten Zustand. Das lassen wir uns von Ihnen hier nicht kaputtreden.
Als Letztes möchte ich noch auf etwas hinweisen – Sie haben das in Ihrem Antrag wieder so niedlich formuliert; ich habe Ihnen das bereits vor längerer Zeit gesagt –: Beim Bildungsstreik, bei Krawall und Remmidemmi, fühlt sich DIE LINKE so richtig wohl. Sie verniedlichen das so schön und erklären, wir seien nicht zum Dialog bereit.Wir sind die Letzten,die nicht zum Dialog bereit sind.Wir fahren zu jeder Podiumsdiskussion, und wir diskutieren kritisch mit Studierenden und Schülern. Aber das Besetzen von Autobahnen und Krawalle, wie sie unter anderem in diesem Landtag veranstaltet worden sind, lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Frau Wissler, das kann so nicht stehen bleiben.
Herr Döweling, ich finde, Sie haben hier eine sehr spannende Frage aufgeworfen: dass man den Reichtum, den man verteilt, erst erwirtschaften muss. Aber wer erwirtschaftet denn den Reichtum in diesem Land? Das Problem bei Ihnen von der FDP ist, dass Sie als Leistungsträger immer nur den Manager und den Vorstandsvorsitzenden sehen, aber nicht die Krankenschwester oder die Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten.
Herr Döweling,an den Börsen werden keine realen Werte erwirtschaftet. Die Lebensleistung der Menschen, die Sie Anfang des Jahres entlastet haben, ist es, Erbe zu sein.
Deswegen fordern wir, größere Einkommen stärker zu besteuern. Das ist nicht utopisch, und das ist auch nicht illusorisch. Lieber Herr Döweling, wir fordern ein Zurück zu der Steuergesetzgebung, die wir unter Helmut Kohl hatten. Der Spitzensteuersatz lag bei 53 %, und es gab eine Vermögensteuer.Ich habe nicht gesehen,dass damals sämtliche Reiche und sämtliche Unternehmen das Land verlassen hätten.
Wenn Sie wollen, dass die Menschen, die den Reichtum produzieren, auch daran teilhaben, setzen Sie sich doch beispielsweise einmal für Mindestlöhne ein.Dann können die Menschen von ihrer Arbeit leben.
(Fortgesetzte Zurufe von der FDP – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hören Sie auf mit diesen ständigen Angeifereien!)
Meine Damen und Herren, mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand der FDP-Kollegen komme ich jetzt langsam zum Ende. Sie scheinen sich sehr aufzuregen.
Hätten wir heute noch eine Steuergesetzgebung, wie wir sie beispielsweise unter Helmut Kohl hatten, hätten wir heute eine ganze Menge mehr Geld im Landeshaushalt.
Dann könnten wir auch eine gute Bildung für alle, Soziales und Gesundheit finanzieren. Es geht nicht, dass man immer nur die eigene Klientel bedient, Hoteliers und Eliteschulen Geld in den Rachen wirft und dann,wenn es um Bildung und Soziales geht, erklärt, jetzt seien die Kassen leer, es sei kein Geld mehr da. – Vielen Dank.
Bevor ich Herrn Staatsminister Grüttner das Wort gebe, weise ich noch einmal darauf hin: Führen Sie bitte wichtige, notwendige Gespräche außerhalb des Plenarsaals. Das gilt auch für diejenigen, die auf den Regierungsbänken links und rechts von mir sitzen. – Herr Staatsminister Grüttner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder interessant, dass eine solche Debatte zu klassenkämpferischen Aussagen genutzt wird.
Es ist immer noch so, dass Wertschöpfung durch diejenigen erfolgt, die in Lohn und Brot sind, und dass nur das, was wertgeschöpft wird, tatsächlich verteilt werden kann.
Ich habe schon wieder einen Zwischenruf vom Kollegen Wagner gehört und möchte gleich darauf antworten.Vorhin hat er mich ebenfalls angesprochen und mir gesagt,ich möge hier Stellung beziehen. Das mache ich gern.
Ich mache es auch, weil ich sachlich dafür zuständig bin – auch wenn Sie es nicht glauben. Sie haben von dem Bildungsgipfel gesprochen: Der Bildungsgipfel beruht auf einer Vereinbarung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten. Er wird durch die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vorbereitet.
Insofern liegt die Zuständigkeit an dieser Stelle bei den Staatskanzleien. Das ist selbstverständlich, und ich finde, man kann ganz offen damit umgehen. Es gibt doch ein eigenes Interesse der Ressortminister für Kultur und Wissenschaft. Wer hätte nicht gern einen gemeinsamen Beschluss aller Länder und der Bundesregierung, dass sein Etat unantastbar ist und uneingeschränkt für die Aufgaben zur Verfügung steht, die man als Ressortminister übernimmt? Es ist doch selbstverständlich, dass ein Finanzminister vor dem Hintergrund von Vereinbarungen, die ebenfalls auf der Länderebene getroffen worden sind – einer Schuldenbremse, die eingeführt worden ist –, darauf achten muss, dass das finanzielle Gleichgewicht auch in einer solchen Frage gehalten werden kann.
So ist das eben in unserem föderalen System. Das ist nicht nur in Hessen, sondern in allen 16 Bundesländern und Stadtstaaten so:Wenn solche Konflikte auftreten, wenn es etwas gibt, was die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen vereinbart hat, ist die Staatskanzlei zuständig.
So ist es auch beim Bildungsgipfel. Deswegen ist es folgerichtig, dass wir uns über den Bildungsgipfel unterhalten. Möglicherweise kann man auch aufgrund der Tatsache, dass man direkt beteiligt war – auch an der Erarbeitung gemeinsamer Positionen –, etwas zur Sache beitragen.
Das geht aber nur, wenn Sie – Herr Kollege Wagner beispielsweise – überhaupt an einer Sachdiskussion interessiert sind.Ich habe nämlich den Eindruck,dass der Antrag eher der Polemik dient und dass der Versuch unternommen wird, eine unzweifelhafte gute Bilanz der Bildungspolitik im Land Hessen seit 1999, von Kultusministerin Karin Wolff über Kultusminister Jürgen Banzer bis zur Kultusministerin Dorothea Henzler, einfach zu diskreditieren.
Deswegen ist es vielleicht einmal ganz gut, zur Sache zu kommen: Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder haben sich im Jahr 2008 mit ihrer Qualifizierungsinitiative das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2015 den Anteil der Aufwendungen für Bildung und Forschung gesamtstaatlich auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts zu steigern und unser Bildungssystem dauerhaft zu stärken. Das war das Ergebnis des Bildungsgipfels 2008. Ich erkläre an dieser Stelle sehr deutlich – da gibt es kein Vertun –: Das Land Hessen unterstützt dieses Ziel.
Bund und Länder sind sich einig, dass Bildung und Forschung eine hohe Priorität haben und dass diese Bereiche wichtig für die Zukunft unseres Landes sind.Deswegen ist das vor dem Hintergrund unserer derzeitigen finanziellen Situation auch eine besondere Herausforderung. Darum ist bei dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 10. Juni noch einmal über das Erreichen des Ziels von 10 % diskutiert worden.
Um jeglicher Legendenbildung vorzubeugen – auch im Hinblick auf das, was Frau Habermann gesagt hat –: Diese Diskussion ist auf der Grundlage einer Position erfolgt, die von allen 16 Bundesländern getragen worden ist,einer Position, die von den sogenannten A-Ländern entwickelt wurde. Das sind die Länder, in denen die SPD die Ministerpräsidenten stellt. In denen gibt es auch Koalitionen mit den GRÜNEN. Beispielsweise gibt es eine Koalition der SPD und der GRÜNEN in Bremen. In Berlin gibt es beispielsweise eine Koalition der SPD mit den Roten.
Genau diese Länder haben einen Antrag vorbereitet.Dieser Antrag wurde mit 16 : 0 Stimmen von der Ministerpräsidentenkonferenz als Verhandlungsgrundlage mit der Bundeskanzlerin angenommen. Wer jetzt versucht, die Mär zu verbreiten, dass es das Land Hessen gewesen sei, das den Bildungsgipfel habe scheitern lassen, der weiß überhaupt nicht, wovon er redet.