Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

Wie wird das bewerkstelligt? Es muss das Ziel der Verhandlungen sein, die allgemeinen Finanzzuweisungen weitgehend unangetastet zu lassen, weil dies für die Kommunen entscheidend ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD):Vereinzelter Beifall!)

Dann bleiben die besonderen Finanzzuweisungen. Es ist in der Tat richtig und notwendig, unter anderem darüber nachzudenken, ob man im Jahr 2011/2012 z. B. eine Investitionspauschale braucht, wenn man weiß, dass man mit dem Sonderinvestitionsprogramm Maßnahmen der Kommunen in die Jahre 2009/2010/2011 vorgezogen hat, was vom Land mit über 1 Milliarde c finanziert wird. Dies ist der Anteil des Landes.

Herr Kollege Schork, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Die Maßnahmen, die die Kommunen in ihren mittelfristigen Finanzplanungen hatten, die aufgrund des Sonderinvestitionsprogramms vorgezogen worden sind, zeigen sehr deutlich, dass es Ihnen beim Kommunalen Finanzausgleich und bei der Diskussion zwischen Land und Kommunen nicht um die Sache geht, sondern dass sie billige Polemik machen.Wir werden den von uns eingeschlagenen Weg weitergehen. – Vielen Dank.

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Noll, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar Argumentationsketten des Vorredners aufgreifen, und zwar insbesondere die Finanzausstattung der hessischen Kommunen. Herr Kollege Schork hat es schon zur Sprache gebracht: Die Steuerverteilung in Hessen zugunsten der Kommunen ist weitaus besser als in jedem anderen Bundesland. Da können Sie auch nicht argumentieren – –

(Günter Rudolph (SPD): Das ist falsch!)

Der durchschnittliche Steueranteil der Kommunen, und zwar bundesweit außer in Hessen, liegt bei 45 %. In Hessen liegt der Anteil der verteilten Steuern derzeit bei über 49 %.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist nicht vergleichbar!)

Daher können Sie auch nicht damit argumentieren, dass es nur an den Aufgaben liege, die die hessischen Kommunen wahrzunehmen hätten. Das Land Hessen ist kein einsamer Streiter, was die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen betrifft. Da gibt es eine ganze Reihe von Bundesländern, bei denen das ähnlich gelagert ist. Nur in Hessen ist die Steuerverteilung zugunsten der Kommunen derart ausgeprägt.

Meine Damen und Herren, insbesondere von der Opposition, dies muss doch zumindest die Frage aufwerfen, ob denn hier tatsächlich eine einseitige Belastung der Kommunen vorliegt. Dies ist unserer Meinung nach nicht der Fall. Der Kollege Schork hat ja einige Daten und Fakten genannt, z. B. die enorme Ausweitung des Kommunalen Finanzausgleichs, der zuletzt bei 3,3 Milliarden c lag. Das ist eine Summe, die es noch nie gab.

Der Kollege Schork hat es bereits gesagt: Die hessischen Kommunen sind, was die Steuereinnahmen betrifft, in einer sehr guten Situation. So stiegen beispielsweise die Steuereinnahmen von 4,9 Milliarden c im Jahr 2003 auf 7,4 Milliarden c im Jahr 2008.Sicherlich sind sie durch die Finanzkrise ein bisschen gesunken, aber nicht wieder auf 4,9 Milliarden c.

Wenn Sie die Zahlen vergleichen und pauschal behaupten, eine Kürzung im Rahmen der Steuerverteilung, speziell im Kommunalen Finanzausgleich, würde die Kom

munen in die Tiefe reißen, dann will ich Ihnen ein paar Durchschnittszahlen nennen. Die hessischen Kommunen hatten 2008 Pro-Kopf-Einnahmen in Höhe von 1.218 c und lagen damit an der Spitze aller Bundesländer. Lassen Sie diesen Betrag in der jetzigen Phase um bis zu 15 % gesunken sein;das ändert aber nichts an der Aussage und am Trend.

(Zurufe von der SPD)

Bei den Ausgaben war es gar nicht einmal so schlimm.Das Land Hessen und seine Kommunen lagen im Jahr 2008 bei den Personalausgaben – das ist ja der Hauptsektor, den wir zu betrachten haben – bei 575 c.

(Günter Rudolph (SPD):Die sind trotzdem pleite!)

Das war im bundesweiten Vergleich der dritte Platz. Auf Platz eins lag das Land Brandenburg – das im Übrigen bei den Pro-Kopf-Einnahmen mit 629 c auf dem letzten Platz lag. Sie sehen daran doch, dass diese Zahlen ganz andere Verhältnisse darstellen.

(Zurufe von der SPD)

Jetzt komme ich auf die von Ihnen behauptete Belastung zu sprechen. Haben Sie einmal heruntergerechnet, was das pro Kopf überhaupt ausmacht? Eine Verteilungssumme von 366 Millionen c ergibt pro Kopf 60 c – 60 c von 1.218 c. Und da reden Sie davon, dass die Landesregierung die hessischen Kommunen ausbluten lasse und finanziell ruiniere. Das ist doch lächerlich, wie man an diesen Zahlen zeigen kann.

(Beifall bei FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Das Land Hessen hat zusammen mit dem Bund den Kommunen – insbesondere im Rahmen des Konjunkturpaketes – Mittel in Höhe von 2,6 Milliarden c zukommen lassen. Rechnen wir das einmal pro Kopf um: Die hessischen Kommunen haben 429 c pro Kopf aus diesem Topf bekommen. Darüber reden Sie aber nicht. Seien Sie in Ihrer Kritik doch wenigstens ehrlich.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir von der FDP haben,als es darum ging,die Frage zu lösen, wie die Belastung in Höhe von 366 Millionen c verteilt werden sollte, auch in Gesprächen mit dem hessischen Finanzminister und der CDU-Fraktion immer gesagt: Die Belastung muss nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen verteilt werden, weil die Kommunen unterschiedlich viel beitragen können.

Herr Kollege Noll, Sie müssen zum Schluss kommen.

Im Länderfinanzausgleich liegt der kommunale Anteil bei etwa 400 Millionen c. Es führt kein Weg daran vorbei: Die finanzielle Situation ist auf allen Ebenen gleichermaßen schlecht.Alle Ebenen, auch die Kommunen, sind aufgerufen, zu sparen und nicht zu jammern.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Dr. Schäfer. Bitte sehr.

(Staatssekretär Dr. Schäfer fährt das Rednerpult hoch. – Günter Rudolph (SPD): Das dauert länger! Herr Schäfer ist zu groß!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einer Versammlung der Bürgermeister habe ich gesagt: „Ich muss das Pult erst einmal auf die Höhe eines durchschnittlichen Mitteleuropäers bringen.“ – Das kam nicht überall gut an. Deshalb verzichte ich auf diesen Einstieg.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verlauf der Diskussion zeigt, dass eine Aktuelle Stunde und die dafür vorgesehene Redezeit nur schwer geeignet sind, die Diffizilität der Problemlage ausführlich und abschließend zu erörtern.

In Wahrheit sprechen wir bei diesem Tagesordnungspunkt über das Zusammenspiel zwischen dem Land und den Kommunen in unserem demokratischen Gemeinwesen. Unser Grundgesetz behandelt die Kommunen als Teil der Länder. Das kann uns gefallen oder auch nicht, aber es ist nicht zu ändern. Bei der Frage, wie die Steuereinnahmen über den Länderfinanzausgleich bundesweit verteilt werden – wir sind die Hauptzahler in den Länderfinanzausgleich und haben an diesem System einiges zu kritisieren und zu beklagen –, müssen das Land und die kommunale Ebene immer zusammen betrachtet werden. Das heißt, wenn einer der beiden „Partner“ im Verhältnis zum anderen überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen hat, bildet sich das in den Belastungen durch den Länderfinanzausgleich ab.

Das Kernproblem, über das wir hier reden, ist, dass es durch den stärkeren Anstieg der kommunalen Steuern – im Verhältnis zu den Einnahmen des Landes – zu einer zunehmenden strukturellen Schieflage im Verhältnis zwischen Land und Kommunen gekommen ist. Niemand bestreitet, dass der Bund, die Länder und die Kommunen riesige Probleme haben – unabhängig von der parteipolitischen Farbenlehre.Aufgabe dieser Landesregierung und dieses Landtags ist es aber, die Binnenverteilung der Mittel zwischen der kommunalen Ebene und der Landesebene wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Die Zahlen, die Herr Schork und andere vorgetragen haben, zeigen ja, dass sich die Schere zwischen dem kommunalen Steueranteil und den Landessteueranteil gerade in den letzten vier, fünf Jahren immer weiter geöffnet hat. Dies hat letztlich zur Folge, dass wir einen beträchtlichen Teil der Mittel nur deshalb in den Länderfinanzausgleich einzahlen müssen, weil unsere Kommunen im Verhältnis zu den anderen Kommunen in Deutschland so hohe Steuereinnahmen haben.

(Zurufe von der SPD)

Man kann über die Aufgaben im Einzelnen reden, aber die Einnahmesituation ist so, wie sie vorgetragen worden ist. Wenn wir 2008 als Basisjahr heranziehen – das ist das letzte Jahr,aus dem wir vergleichbare Zahlen auch der anderen Länder verfügbar haben –: Die hessischen Kommunen hatten 1,7 Milliarden c mehr, als die deutschen Kom

munen im Durchschnitt eingenommen haben. Das führte im Länderfinanzausgleich zu einer Mehrbelastung von über 1 Milliarde c brutto, weil 64 % der kommunalen Steuereinnahmen im Länderfinanzausgleich berücksichtigt werden. Die müssen aber nicht etwa die Kommunen zahlen, sondern die muss das Land zahlen. Die Einnahmen bleiben den Kommunen. Das ist das Kernproblem, und das müssen wir lösen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist der Versuch,der Finanzsituation der Kommunen in Hessen Rechnung zu tragen. Es gibt nämlich nicht d i e hessische Kommune, sondern es gibt eine große Bandbreite: auf der einen Seite sehr wirtschafts- und finanzstarke Kommunen,

(Günter Rudolph (SPD): Die werden immer weniger!)

auf der anderen Seite aber eine ganz erkleckliche Anzahl von Kommunen, die aufgrund ihrer strukturellen Situation beispielsweise sehr auf die allgemeinen Finanzzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich angewiesen sind. Deshalb sieht der aktuelle Vorschlag vor, die allgemeinen Finanzzuweisungen, die in diesem Jahr im Haushalt etwa 1,4 Milliarden c betragen, nahezu unangetastet zu lassen.Wir diskutieren im Moment über eine Abweichung in Höhe von etwa 20 Millionen c, also über einen finanziellen Anteil von 1 bis 2 %.Wir lassen also den Betrag, der in besonderer Weise den finanzschwachen Kommunen zugutekommt, so gut wie unangetastet.

Wir werden, indem wir die Grunderwerbsteuerzuweisungen aus dem Zuweisungskatalog an die Kommunen herausnehmen, gerade von den Kommunen einen besonderen Beitrag zur Beseitigung der Schieflage erbitten, die besonders steuerstark sind und dazu beigetragen haben, dass der durchschnittliche Einnahmeposten der hessischen Kommunen so hoch ist. Das sind insbesondere die Kommunen im Rhein-Main-Ballungsraum, die im Verhältnis zu den anderen Kommunen extrem steuerstark sind.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie 400 Millionen c herausnehmen, dann schaden Sie doch nicht den reichen, sondern eher den armen Kommunen!)

Wir nehmen die 400 Millionen c ja nicht heraus, Herr Al-Wazir, sondern wir nehmen die Grunderwerbsteuerzuweisungen heraus, die vor dem Kommunalen Finanzausgleich und nicht innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs gezahlt werden, und sorgen durch eine entsprechende Umlage dafür, dass die Last im Wesentlichen von den steuerstarken und nicht von den steuerschwachen Kommunen getragen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deshalb lassen Sie uns diesen Diskussionsprozess fortsetzen, auch mit den Vertretern der Kommunen. Keiner gibt gern etwas ab; das ist völlig klar.

(Heiterkeit – Günter Rudolph (SPD): Da sind wir uns einig, das muss ich direkt einmal sagen!)

Aber ich glaube, dass wir auf dem Weg sind, diese Fragestellungen verursachergerecht abzubilden, und ich glaube auch, dass es im Hinblick auf den Haushalt des Landes Hessen eine gute Entscheidung ist; denn unsere primäre Verantwortung liegt darin,einen gerechten Ausgleich zwischen den kommunalen Interessen und denen des Landes

zu schaffen.Auf diesem Weg sind wir. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)