(Clemens Reif (CDU): Liebe Leute! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Wir wollen Kaiser Wilhelm wieder haben!)
Herr Milde, im Gegensatz zu Ihnen – ich weiß das nicht – war ich noch nie ein Royalist.– Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur wegen des Zwischenrufs: Ich weiß nicht, wie passend oder unpassend das ist. Das müssen Sie selbst beurteilen und vor allem, wie sachbezogen solche Zwischenrufe sind.
Herr Minister, ich will mich zunächst auf Sie beziehen, weil Sie uns Widerspruch in der Argumentation vorgeworfen haben. Den Widerspruch sehe ich überhaupt nicht, weil unsere Kritik genauso wie die der Gewerkschaften daran anknüpft, dass zugesagt war, im Jahr 2009 insgesamt eine Dienstrechtsreform vorzulegen, die erarbeitet und entwickelt wird und zu der eine Ministeriumsanhörung unter Beteiligung der Gewerkschaften stattfindet. Ich stelle fest: Das ist nicht der Fall.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Warum ist denn das nicht der Fall? – Da hätte ich auch eine These. Bei den Einschnitten, die Sie bei der Beamtenschaft insgesamt vorhaben, nicht nur, was die Frage der Lebensarbeitszeit, sondern auch was die dienstrechtlichen Bedingungen angeht,müssen Sie diese in verschiedene Scheibchen schneiden und sich dann sozusagen Stück für Stück mit dem Widerstand auseinandersetzen, damit die Kritik nicht so massiv an einer Stelle zusammenkommt, und um den Widerstand auch klein halten zu können. Das ist die Zielsetzung.
Wir kritisieren das sehr wohl; denn man kann nur insgesamt beurteilen, wo Veränderungen, Vorteile, Nachteile und sinnvolle Dinge sind, und dann können auch die Gewerkschaften, die Personalräte und die Beamtinnen und Beamten in Hessen sich selbst ein Meinungsbild erstellen. Das können sie jetzt erst nach der dritten, möglicherweise vierten oder fünften Maßnahme, und sie können nicht in dem Maße eine Diskussion führen, wie das eigentlich notwendig wäre. Insofern ist unsere Kritik überhaupt kein Widerspruch, weil unsere Forderung ist: Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück. Sie haben selbst zugestanden, dass er Mängel hat und dass Änderungsbedarf besteht. Das habe ich noch nie erlebt.
Herr Minister, ich nehme das positiv zur Kenntnis. Ich habe es aber,seitdem wir im Landtag sind,noch nie erlebt, dass bei einem Gesetzentwurf gesagt wurde, da seien Mängel. Wenn Sie das erkannt haben, müssten Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass es besser gewesen wäre, wenn Sie vorher mit den Gewerkschaften eine Regierungsanhörung durchgeführt hätten; dann wären diese Mängel im Gesetzentwurf nämlich nicht mehr drin. Dafür haben Sie gerade die Argumente und den Beleg geliefert, wenn Sie jetzt feststellen, dass bei den Schwerbehinderten, den Feuerwehrleuten und bei der 20-Jahres-Grenze für Schichtdienst Mängel sind. Diese wären alle nicht notwendig gewesen.
Herr Blechschmidt, Sie haben davon gesprochen, dass in der Anhörung des Innenausschusses 13 Gewerkschaften die Gelegenheit hatten und diese auch wahrgenommen haben, dort mitzudiskutieren. – Natürlich haben sie das wahrgenommen, weil sie vorher nicht gehört wurden, wie das eigentlich nach § 110 des Hessischen Beamtengesetzes vorgesehen ist, wenn es sich um einen Regierungsentwurf handelt.
Insofern bleibe ich bei der Kritik: Die Regierung hat hier die Fraktionen vorgeschoben, um schnell einen Gesetzentwurf durchzuziehen und um an dieser Stelle die Proteste gering zu halten.
Herr Frömmrich, insofern stellt sich natürlich auch die Frage, was Ihre ganzen Zahlen zu bedeuten haben.
Es wundert mich nicht, es ist nicht das erste Mal, dass Sie eigentlich gar nicht kreativ und zukunftsgewandt argumentieren, wie es die GRÜNEN immer vorgeben, sondern sozusagen mit den alten Versäumnissen argumentieren.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielen Dank! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn das Ihre einzige Freude ist!)
Das fand ich sehr interessant. Ich werde für die Verbreitung Ihrer Rede bei den Gewerkschaften sorgen. Das kann ich Ihnen versichern; denn wer so fiskalisch argumentiert
und noch nicht einmal kritisiert, dass Versäumnisse aus der Vergangenheit, z. B. die Nichtberücksichtigung von Rückstellungen bei den Pensionen – –
Herr Präsident, der letzte Satz. – Wer dies negiert und nicht in seine Rede einbezieht, der will nichts anderes als bei der Rente mit 67: über eine entsprechende Arbeitszeitverlängerung Abzocke bei den Beschäftigten vornehmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Blechschmidt, ich will Ihnen ausdrücklich attestieren, dass man sich in der Form der Auseinandersetzung durchaus unterschiedlich austauschen kann. Das ist auch völlig in Ordnung. Es kommt aus dem Bereich des Innern Ihrer Fraktion gelegentlich etwas anders rüber, um es einmal nett zu formulieren.
Herr Innenminister Rhein, Sie kennen die Geschichte mit dem Wald. Wemm Sie in der Art, wie Sie heute auch Gewerkschaften beschimpfen und nicht in Entscheidungsprozesse einbeziehen, agieren, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn diese sagen, sie würden nicht mitgenommen, nicht ernst genommen, und sich dann aus dem Prozess verabschieden.
Da sollten Sie die Ursache eher einmal bei sich und nicht bei anderen suchen. Gewerkschaften haben eine besondere Funktion; sie sind Interessenvertretungen. Das ist grundgesetzlich geschützt. Man muss nicht alles teilen, was die Gewerkschaften formulieren und fordern, aber sie sind ein wichtiger integraler Bestandteil eines demokratischen, sozialen und Rechtsstaats. Das sollte auch für diese Regierung Handlungsmaxime sein, verehrter Herr Innenminister Rhein.
Herr Innenminister, Ihr Vorgänger Herr Bouffier hat vor einigen Monaten in einem Gespräch mit den Polizeigewerkschaften, nicht nur mit der von Ihnen so gescholtenen Gewerkschaft der Polizei,
sondern auch mit der Deutschen Polizeigewerkschaft und dem Bund der Kriminalbeamten, sehr deutlich gesagt, es werde keine Doppelbelastung – Lebensarbeitszeit 67 Jahre und 42-Stunden-Woche – geben. Er hat im Vorfeld oder während der „Operation düstere Zukunft“ gesagt,es gebe keine weiteren Sonderopfer. Die 42-Stunden-Woche ist das eine. Wenn Sie jetzt die Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre erhöhen, ist das eine Belastung. Vielleicht können wir uns intellektuell wenigstens darauf einigen, dass es zwei Jahre mehr und eine Belastung sind,wenn ich die Lebensarbeitszeit von 65 auf 67 Jahre erhöhe. Wenn wir uns darauf einigen könnten, wäre das schon einmal der erste Schritt, um wenigstens die Fakten deutlich zu machen.
Nun sagen Sie, dass Sie Änderungen aufgreifen. Ich nehme an, die Begründung lautet jetzt, eine Anhörung sei dazu da, dass man sich sachkundig mache und mögliche Fehlentwicklungen ausmache.
Das hätte ich an Ihrer Stelle jetzt auch geantwortet. Das ist okay, es reicht auch wieder für einen CDU-Kreisparteitag.
Herr Innenminister, Sie haben den Gesetzentwurf eingebracht, und Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie Ordnungs- und Personaldezernent in Frankfurt gewesen sind. Warum schreiben Sie das mit den besonderen Belastungen für Leute im Schichtdienst denn rein? – Wenn das so ist, dann hätten sie es doch gleich weglassen können. Ich glaube eher, Sie haben es einmal versucht. Wenn der Widerstand nicht groß gewesen wäre, dann hätten Sie es einfach durchgezogen. Herr Innenminister, deswegen sind Sie an der Stelle erkannt, und deswegen ist bei Ihnen leider kein neuer Stil feststellbar. Wir stellen fest: Sie setzen die alte Politik fort. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte mich bei Herrn Schaus dafür bedanken, dass er die Rede verbreiten will. Es freut mich sehr, dass sie Ihnen gefallen hat. Herr Schaus, um aber zum Ernst dessen zu kommen, was Sie hier gerade im zweiten Durchlauf gemacht haben: Sie sind in diesem Hause jede Antwort darauf schuldig geblieben, wie Sie das Ganze finanzieren wollen, was Sie hier immer fordern. Diese Antwort sind Sie schuldig geblieben.
Ich habe vorhin schon versucht, Ihnen ein paar Zahlen zu sagen. Ich argumentiere hier nicht nur rein fiskalisch.