Frau Kultusministerin, es ist jedes Mal die gleiche Rede. Herr Kollege Döweling, die Rede geht so:Alles ist gut an unseren Schulen – erste Feststellung. Zweite Feststellung, mit der selbstständigen Schule wird alles noch viel besser an unseren Schulen. Dritte Feststellung, etwas Konkretes habe ich aber nicht zu liefern, wie es besser werden sollte. – Jedes Jahr die gleiche Rede, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin, ich glaube, Sie sind mit dieser Rede – ich hoffe, Sie glauben sie nicht wirklich –, wenn Sie sie wirklich glauben würden, meilenweit von dem entfernt, wie Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und Eltern den Schulalltag an unseren Schulen wahrnehmen. Wir haben Vertreter der Landesschülervertretung auf der Tribüne. Ich denke, wenn Sie nachher das Gespräch suchen, dann werden Sie eine ganz andere Wahrnehmung bekommen, wie es in Grundschulen ist, wenn aufgrund der Lehrerknappheit der Klassenlehrer oft wechselt, wenn in einer vierjährigen Schulzeit mehrmals der Klassenlehrer wechselt.
Sie werden etwas ganz anderes geschildert bekommen, wenn Sie nach den Zuständen in unseren gymnasialen Oberstufen mit den doppelten Abiturjahrgängen fragen. Sie werden eine ganz andere Realität geschildert bekommen, wenn Sie fragen, welche Probleme G 8 nach wie vor in der Schule und bis weit ins Familienleben hinein macht.
Wie Sie sich da jedes Jahr hierhin stellen und sagen können, es sei alles prima, das verstehe ich wirklich nicht.
Meine Damen und Herren, es ist und bleibt dabei:An unseren Schulen fehlt es an allen Ecken und Enden. Es muss sich nach der Decke gestreckt werden. Es müssen Mittel zusammengeklaubt werden, damit Schulen einigermaßen das machen können, was sie pädagogisch wollen.
Meine Damen und Herren, das sind keine guten Rahmenbedingungen. Wenn wir eines wissen, jenseits aller Fragen von Schulstrukturen usw., dann ist es das: Gute Bildungsprozesse, ein höheres Maß an individueller Förderung brauchen vor allem Zeit.Wir brauchen Zeit an unseren Schulen, nicht Stress und Hektik. Wir brauchen keine Mangelverwaltung, und wir brauchen auch keine Kultusministerin, die die Mangelverwaltung zum Prinzip erklärt.
Frau Ministerin, jetzt sind Sie schon ganze 18, 19 Monate im Amt. Ich finde, nach 18, 19 Monaten darf man einmal
fragen: Wie ist Ihre Leistungsbilanz? Was haben Sie bei den relevanten bildungspolitischen Fragen erreicht, in den Bereichen, die auch Sie selbst für wichtig erklärt haben?
Schauen wir uns eines Ihrer zentralen Wahlversprechen an: 105 % Lehrerversorgung. Ich glaube, alle Menschen in unserem Land haben das noch im Ohr. Wir hatten das Vergnügen, im Wahlkampf zahlreiche Wahlkampfveranstaltungen gemeinsam durchzuführen. Immer wieder hat die damalige Oppositionspolitikerin Dorothea Henzler erzählt:Wählt mich, wählt die FDP, dann gibt es 105 % an Lehrerversorgung.
Meine Damen und Herren, wir wissen, in anderen Bereichen hält die FDP Wort. Dafür haben sich aber auch andere zuvor erkenntlich gezeigt – wenn die FDP Wort hält.
Herr Kollege Rentsch, wollen wir über die Steuervorteile für die Hoteliers reden? Das können wir sehr gerne tun.
Ich bin Ihnen dafür sehr dankbar, denn das hat sehr viel mit Bildungspolitik zu tun. Diese FDP hat dafür gesorgt, dass Hoteliers eine Steuerermäßigung von 1 Milliarde c bekommen.
Meine Damen und Herren,von 1 Milliarde c könnten wir in unserem Land 20.000 Lehrerinnen und Lehrer bezahlen. Das sind die Zusammenhänge und die Prioritätensetzungen dieser FDP. Herr Kollege Rentsch, herzlichen Dank,dass Sie dieses Thema hier nochmals in die Debatte eingeführt haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Wir brauchen diese 105 %, damit die Schulen wieder Luft zum Atmen bekommen, damit sie Zeit haben, Förderkonzepte zu entwickeln, damit sie Zeit für individuelle Angebote an Schülerinnen und Schüler haben. Stattdessen überhaupt nichts.
Jetzt sagt die Kultusministerin, und das ist ganz spannend: Ja, liebe Opposition, Geduld; ich bin jetzt 18 Monate im
Amt, und die Legislaturperiode ist noch lang. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird alles gut mit mir.
Frau Ministerin, dann müssten Sie diesem Landtag und der Öffentlichkeit einmal darstellen, wie Sie das machen wollen: die 105 % erreichen. Jetzt kommt Mathematik. Man kann nämlich ausrechnen, wie viele Stellen – –
Herr Kollege Rentsch, das sagt der Richtige. Das Spannende ist ja: vor Kraft nicht laufen zu können und trotzdem nur 4 % zu haben – das ist doch das Spannende.
Aber lassen Sie uns doch einmal weiter über Bildungspolitik reden. Herr Kollege, ich weiß, Ihre 4 %, und wie Sie da rauskommen, interessieren Sie im Moment mehr – aber es interessiert die Bürger eben nicht. Die Bürger interessiert die Bildungspolitik, und deshalb reden wir jetzt einmal über die Bildungspolitik.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP) – Wolfgang Greilich (FDP): Ein bisschen sachlicher!)
Sie sagen, die 105-prozentige Lehrerversorgung wird noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode erreicht.
Im aktiven Schuldienst haben wir – ich rechne günstig für Sie, nämlich nur die im Unterricht wirklich aktiven Lehrerinnen und Lehrer – rund 40.000 Stellen. Ich glaube, darüber kann man nicht streiten. Ihr Versprechen ist es, dass die Schulen 5 % mehr bekommen, als sie eigentlich zur Unterrichtsabdeckung benötigen. Das heißt, wir müssen ab heute bis zum Ende dieser Legislaturperiode 2.000 zusätzliche Lehrerstellen schaffen.
Es lohnt, gemeinsam an diesem Ziel zu arbeiten. Frau Ministerin, ich glaube aber, Sie sind die Erste, die in der Pflicht ist, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen,
wie Sie das machen wollen. Denn ansonsten ist es ein leeres Versprechen.Wenn es aber ein leeres Versprechen ist, dann ist es ein gebrochenes Wahlversprechen, und ich glaube, das sollten Sie nicht tun.