Die FDP hat heute einen bestimmten Druck, Gemeinsamkeit mit der CDU darzustellen und Solidarität zu zeigen – das kann ich nach der gestrigen Debatte gut verstehen.
Kollege Rentsch hat recht, wenn er sagt, im Länderfinanzausgleich gibt es Fehlentwicklungen. Auch aus unserer Sicht ist das so. Die Anreizsysteme stimmen nicht. Für die finanzstarken Länder, die zahlen müssen, gibt es wenige Anreize, mehr Steuern zu erheben, denn die müssen dann in hohem Maße verteilt werden. Andererseits wird in diesem Gutachten ebenfalls dargestellt, dass es für die Empfängerländer auch wenige Anreize gibt, ihre Steuereinnahmen zu erhöhen, weil ihnen dieses Mehr sofort von den Mitteln abgezogen wird, die sie aus dem Länderfinanzausgleich erhalten. Ich glaube, das ist unstrittig.
Wenn man das allerdings einmal wirklich durchdenkt – ob es die Lebenswirklichkeit trifft, dass starke Länder wie Hessen und Baden-Württemberg tatsächlich bewusst auf Steuereinnahmen verzichten –,
wenn das tatsächlich der Fall wäre, dann müssten wir hier über etwas ganz anderes reden. Meine Damen und Herren,dann müsste der Staatsanwalt hier vor der Tür stehen. Das gilt auch umgekehrt: wenn finanzschwache Länder darauf verzichten würden.
Ich hoffe, das ist nicht politische Praxis. Ich gehe davon aus, dass die Steuern überall gleichmäßig erhoben werden. Die Folge davon ist aber, dass von Steuermehreinnahmen verhältnismäßig wenig in Hessen verbleibt.
Herr Kollege Rentsch, Sie haben das Gutachten eben so gefeiert. Ein Gutachten ersetzt noch lange nicht die notwendigen Verhandlungen.
Wenn diese nicht zu dem Ergebnis führen, kommt eine Klage.Ich kann nur sagen:Wenn sich die Landesregierung stark genug fühlt – sie wird ja noch Stellung nehmen – und die Argumente gut sind, dann soll sie bitte auch klagen.
Wir haben Sie aufgefordert, das möglichst schnell zu tun, aber das hat im Haushaltsausschuss keine Mehrheit gefunden.Wenn Sie wirklich der Überzeugung sind, dass die genannten Gründe durchschlagend sind, muss in den Verhandlungen Druck gemacht und die Klage dann auch geführt werden.
Auf eines aber weise ich hin, Kollege Rentsch hat wenig zu den Inhalten dieses Gutachtens gesagt. Ich hätte es gerne einmal in der Langfassung gesehen. Ich habe nur die Kurzfassung, aber die Langfassung wird es zeigen. Ich wurde nach Lektüre der Kurzfassung äußerst nachdenklich. Denn in dieser Kurzfassung heißt es:
Auf Verfassungsebene ist zudem die überflüssige und deshalb nicht gebotene Hervorhebung bestimmter, bei der Umsatzsteuerverteilung zu berücksichtigender Lasten (Art. 106 Abs. 3 Satz 5 und 6 sowie Abs. 4 Satz 1 HS 2 GG) zu streichen.
Ich würde Sie von der FDP – Kollege Krüger – gerne fragen:Wissen Sie, was das bedeutet? Haben Sie sich einmal damit auseinandergesetzt? Das bedeutet, dass die Länder 4 bis 5 Milliarden c weniger bekommen, die dann dem Bund zufließen würden. Denn das ist der Abzug von Lasten, die die Länder im Rahmen der Kinderfreibeträge zu tragen haben. Meine Damen und Herren, das würde nicht die Länder stärken, sondern da würde dem Bund mehr zufließen.
Ich komme nun zum Hintergrund der Diskussionen um die 360 Millionen c Kürzung im Kommunalen Finanzausgleich. In der Kurzfassung steht:
Der Gesetzgeber hat auch an dieser Stelle das Verfassungsrecht und zudem eine ganze Reihe bereits erteilter Prüf- und Reparaturaufträge des Bundesverfassungsgerichts missachtet... Inhaltlich unzureichend begründet erscheinen namentlich... der pauschale Bedarfsabschlag von den kommunalen Einnahmen...
Die Einnahmen der kommunalen Seite werden nämlich nicht zu 100 %, sondern “nur“ zu 64 % berücksichtigt. Das ist der Hintergrund dieser Diskussion.
Wir haben es verhindert, dass dieser Betrag beim Länderfinanzausgleich zu 100 % einbezogen wird und es zu einem Abschlag kommt. Wenn aber dieser Abschlag nicht kommt, bedeutet das für Hessen rund eine halbe Milliarde c weniger Steuereinnahmen. Das steht in Ihrem Gutachten. Herr Rentsch, warum haben Sie dazu denn nichts gesagt?
Ich möchte gerne die Langfassung haben, und die werden wir sehr genau prüfen. Es kann sein, dass auf der Grundlage dieses Gutachtens, das Sie hier so großartig gefeiert haben – ich fordere die FDP-Kollegen wirklich auf: schauen Sie sich das an –, ein sensationelles Eigentor für Hessen entsteht.Das aber wäre das Schlimmste,was überhaupt passieren könnte.
Wir bekennen uns zum Länderfinanzausgleich und zur Solidarität. Wir haben gestern 20 Jahre deutsche Einheit gefeiert. Die Ostländer werden noch auf überschaubare Zeit auf Zuweisungen angewiesen bleiben.
Meine Damen und Herren, aber eines lassen wir Ihnen nicht durchgehen – die Ausrede, der Länderfinanzausgleich sei Ursache der katastrophalen finanziellen Lage des Landes. Das ist nicht so, sondern dafür verantwortlich sind viele hausgemachte Probleme.
Meine Damen und Herren,wir werden uns konstruktiv an den Diskussionen über die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs beteiligen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange bei dem letzten Satz des Kollegen Schmitt an. Natürlich hat der Länderfinanzausgleich im Wesentlichen dazu beigetragen, dass Hessen eine so hohe Verschuldung hat.Wer doppelt so viel in den Länderfinanzausgleich einzahlt, wie er Schulden macht, der hat ein Problem.
Wir alle bekennen uns zum Länderfinanzausgleich. Das ist hier mehrfach gesagt worden, auch gestern. Das Solidaritätsprinzip wird überhaupt nicht infrage gestellt.Aber der Länderfinanzausgleich kann so, wie er ist, nicht bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier wurde es beschrieben: Wozu führt denn der Länderfinanzausgleich derzeit? Aus Starken werden Schwache, und Schwache bleiben schwach. Er hat überhaupt keine Wirkung darin, Starke stärker zu machen oder Schwache aus ihrer Schwäche herauszuholen.
Es fehlen Anreize, und das liegt im System des Länderfinanzausgleichs. Deswegen muss der Länderfinanzausgleich geändert werden.
Meine Damen und Herren, was passiert im Länderfinanzausgleich mit den Mitteln, die dort eingezahlt werden? Herr Kollege Rentsch hat darauf hingewiesen: Eigentlich sollten die Mittel, die wir als Steuermehreinnahmen in Hessen erwirtschaften, in den schwachen Ländern eingesetzt werden, um mit zielgerichteten Investitionen die Wirtschaft dort so zu stärken, dass sie in Zukunft aus eigener Kraft, ohne den Länderfinanzausgleich auskommen. Aber das ist in keinem einzigen Fall – mit der Ausnahme Bayerns in den Nachkriegsjahren – passiert. Deswegen ist dieses System, wie es ist, einfach verkehrt.
Ich bin auch froh, dass Prof. Kube, der eindeutig gesagt hat, dass der Länderfinanzausgleich heute sowohl gegen Art. 106 als auch gegen Art. 107 des Grundgesetzes verstößt,alle Ebenen des Finanzausgleichssystems betrachtet hat. Das ist hier schon zum Teil deutlich geworden.Wir reden logischerweise nicht nur über den Länderfinanzausgleich – er ist nur eine der vier Ebenen des Finanzausgleichs –, sondern über alle anderen, auch über Bundesergänzungszuweisungen und z. B. den Umsatzsteuervorabzug. Herr Kollege Schmitt hat schon auf einige dieser Dinge hingewiesen.
In der Summe fallen wir bei der Finanzkraft der Bundesländer vom ersten Platz in Deutschland auf den letzten Platz zurück. Das Finanzausgleichssystem in Deutschland stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Deswegen kann es so nicht bleiben.
Ich will Ihnen auch sagen, warum die starken Länder darauf angewiesen sind,dass sie von dem Geld,das sie haben, auch etwas behalten können. Das ist in jedem anderen Steuersystem übrigens auch so. Die schwachen Bundesländer sind schließlich davon abhängig,dass wir stark bleiben und mit immer weiteren Investitionen in Infrastruktur und vor allem auch in Bildung dafür sorgen, dass wir mit den Metropolen in der Welt mithalten können. Wir stehen doch nicht im Wettbewerb mit Rostock oder anderen Städten in den östlichen Bundesländern, sondern wir stehen im Wettbewerb mit den Metropolen dieser Welt von Paris über London bis New York.Wir brauchen doch unser Geld in Hessen dafür,um mit der Infrastruktur Hessen so fit zu machen, dass wir in der Welt wettbewerbsfähig sind, um dann noch genügend Geld zu haben, um die Solidarität in Deutschland deutlich machen zu können. Deswegen brauchen wir das.
Deswegen will ich Ihnen sagen: Es ist nicht richtig, wie das Geld in den anderen Bundesländern verwendet wird. Ich will den Streit nicht noch einmal aufmachen, der über die Sommerferien zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen zu einigen Diskussionen geführt hat.Aber es ist doch ein vertretbares Beispiel, wenn Kollege Rentsch und wir darauf hingewiesen haben, dass mit dem Geld, das aus dem Länderfinanzausgleich kommt, in anderen Bundesländern Prioritäten gesetzt werden, die gerade nicht damit zu tun haben, dass diese Länder gestärkt werden.
Die Mittel werden konsumtiv ausgegeben,z.B.dafür,dass der Wohlfühlcharakter erhöht wird, indem die Kindergartenbeiträge abgeschafft werden.
Es gibt viele andere Beispiele. Wir können darüber streiten, ob es ihnen zusteht, dass sie so etwas machen. Aber, Herr Kaufmann, wir sollten uns doch darüber einig sein, dass wir verlangen können, dass es irgendwo eine Ebene gibt, die kontrolliert,