Da stehen wir jetzt,nämlich in der klaren Erkenntnis,dass der Fluglärm eine hohe Bedeutung hat, wir aber noch nicht wissen, ab welcher Schwelle und in welcher Art und Weise der Fluglärm Menschen in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Das, denke ich, ist eine gemeinsame Beurteilung aller Fraktionen und muss der Beginn einer klaren Beschlussfassung sein:Wir brauchen eine Lärmwirkungsstudie für das Rhein-Main-Gebiet, eine Studie, die nicht nur den Fluglärm betrachtet, sondern auch die anderen Verkehrslärme wie beispielsweise den Automobil- oder den Bahnverkehr, und sie muss auch individuelle Risikodaten der einzelnen Probanden berücksichtigen. Das ist die Hauptkritik an der Greiser-Studie, dass er ausschließlich das Alter und das Geschlecht dieser untersuchten Probanden der Studie einbezogen hat, nicht aber die besonderen Risikofaktoren wie beispielsweise das Gesundheitsverhalten, also ob der Proband raucht, Übergewicht, Diabetes oder andere Dinge hat. Das hat Herr Greiser letzte Woche bei der Anhörung auch selbst eingeräumt.
Diese Studie, die jetzt vom Forum Flughafen und Region, d.h.vom Umwelt- und Nachbarschaftshaus,in Auftrag gegeben werden soll, wird diese Dinge berücksichtigen, insbesondere, was auch bei der Anhörung sehr deutlich wurde, die kognitiven Auswirkungen von Fluglärm auf das Lernverhalten von Kindern, also nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch
die Auswirkungen des Fluglärms auf das Verhalten von Kindern. Wir unterstützen das ausdrücklich. Wir sind dabei, wenn es darum geht, die Auswirkungen von Fluglärm auf die Umgebung sehr genau zu untersuchen und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Lassen Sie uns das aber in einer Langzeitstudie machen, die belastbare Ergebnisse bringt. Wir können in Frankfurt noch zehnmal eine Greiser-Studie machen; sie wird uns nicht weiterbringen. Nur eine wissenschaftlich fundierte Studie wird die Erkenntnisse bringen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgeschreckt von einer groß angelegten epidemiologischen Studie, die von Prof. Eberhard Greiser zum Risikofaktor nächtlicher Fluglärm im Umfeld des Flughafens Köln/Bonn im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführt wurde, fand in der letzten Woche im Landtag die zweitägige Anhörung „Fluglärmmonitoring und Gesundheitsschutz im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main“ statt. Dabei hat der Vertreter des Umweltbundesamts, Herr Dr. Babisch, das Ergebnis nach 16-stündiger Expertendiskussion in dem Satz zusammengefasst:„Es gibt kausale Zusammenhänge zwischen Fluglärmbelastung und Gesundheit“. Aus der Anhörung ergab sich auch, dass eine besondere Gefährdung der Bevölkerung durch nächtlichen Fluglärm gegeben ist. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass die langjährige Forderung der Bevölkerung in den Anrainergemeinden, nämlich nach einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, dringend geboten ist.
Vor diesem Hintergrund fordern wir die Hessische Landesregierung erneut auf, umgehend ein Nachtflugverbot zu verhängen sowie ihr Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht gegen die Nachtflugentscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs umgehend zurückzuziehen.
Die gesundheitsgefährdenden Lärmbelastungen bestehen schon seit Langem. Sie werden sich mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn nur noch weiter steigern.Es muss also jetzt gehandelt werden,um weitere Gesundheitsschäden von den Menschen abzuwenden. Es ist darüber hinaus dringend geboten, das bestehende und zukünftige Ausmaß der gesundheitlichen Schädigungen durch den Fluglärm auf Frankfurt/Rhein-Main zu untersuchen, um die Bevölkerung so früh wie möglich aufzuklären und weitere Maßnahmen ergreifen zu können.
Hierzu haben 19 betroffene Kommunen, die in der Initiative Zukunft Rhein-Main zusammengeschlossen sind, einen sinnvollen und praktikablen Vorschlag unterbreitet. Sie fordern ein qualifiziertes Gesundheitsmonitoring, welches aus drei Stufen besteht:
So sollen erstens die Auswirkungen von Fluglärm auf das Lernverhalten von Kindern, zweitens die Wirkungen von Fluglärm auf Belästigung,Gestörtheit und Lebensqualität der Bevölkerung und drittens die Ermittlung der Krank
heitsgefährdung durch Fluglärm untersucht werden. Dabei geht es den 19 Kommunen insbesondere darum, dass zeitnah Ergebnisse vorgelegt werden und bereits vor der Inbetriebnahme der neuen Landebahn wesentliche Untersuchungen vorgenommen werden.
Ihr Vorschlag, getragen von namhaften Wissenschaftlern, unter ihnen auch die Professoren Kaltenbach und Greiser, geht von einer zügigen Bearbeitungszeit von 18 Monaten aus, ist also zeitnah machbar. Wir sollten deshalb dem Wunsch der Betroffenen unbedingt folgen.
Kurz vor Beginn der öffentlichen Anhörung hat das Umwelt- und Nachbarschaftshaus eine Lärmbelastungsstudie gegen die Vorstellung der Rhein-Main-Kommunen beschlossen. Das Ergebnis der zweitägigen Landtagsanhörung wurde dabei bewusst nicht abgewartet. Ihr Vorschlag ist keine Alternative, weil sich die Untersuchung nicht nur auf Fluglärm,sondern auf den gesamten Verkehrslärm beziehen soll und über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren angelegt ist. Ihr Vorschlag hat nichts anderes zum Ziel, als das unvermeidbare Thema Gesundheitsstudie durch entsprechende mehrjährige Aktivitäten politisch abzudecken, um in dieser Zeit weitere unumstößliche Fakten im Interesse von Fraport und Lufthansa zu schaffen.
Deshalb ist es auch klar, meine Damen und Herren, dass in dem Antrag von CDU und FDP genau dieses begrüßt wird. Dringend notwendige Maßnahmen hingegen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung werden so weiterhin auf die lange Bank geschoben, was unverantwortlich ist.
Deshalb sage ich auch klar und deutlich: Dass das Umwelt- und Nachbarschaftshaus seine europaweite Ausschreibung bereits zehn Tage vor Beginn der Anhörung vorgenommen hat, ist der Versuch, weitere Fakten zu schaffen. Er ist ein Affront gegenüber dem Hessischen Landtag. Das Umwelt- und Nachbarschaftshaus, der Zögling der Landesregierung, hat mit diesem Vorgehen seine selbst behauptete Unabhängigkeit verlassen.
Deshalb haben wir kein Vertrauen in diese Einrichtung und lehnen eine Zusammenführung der beiden Untersuchungsergebnisse ab.
Stattdessen fordern wir, dass neben der Fluglärmstudie auf der Grundlage der Zukunft Rhein-Main gleichzeitig die oft geforderte Gesamtbelastungsstudie für das gesamte Rhein-Main-Gebiet endlich durchgeführt wird.
Nehmen wir die erheblichen Gesundheitsgefahren durch Fluglärm endlich ernst, und handeln wir unverzüglich. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erkenntnisse häufen sich im Laufe der Zeit an. Manchmal hilft es, statt einfach nur auf einen Zeitpunkt zu schauen, die Dinge nacheinander zu betrachten. Wir haben Aussagen zur Frage des Fluglärms und seiner Auswirkungen in diesem Landtag in der Debatte um den Landesentwicklungsplan gehabt. Wir haben sie außerhalb des Landtags gehabt in der Debatte um die Planfeststellung des Flughafens, und wir haben sie erneut im Landtag gehabt in der vor Kurzem erfolgten Anhörung. Wer diese Ausführungen nacheinander liest, wird feststellen: Es gibt eine Tendenz. Die Tendenz lautet, dass die Auswirkungen von Fluglärm immer stärker eingeschätzt werden von einem Zeitraum zum anderen. Der Kollege Arnold hat das sehr deutlich gesagt. Zum ersten Mal ist das auch sehr klar gesagt worden: Es gibt Auswirkungen.
Wir haben in unserem Antrag sehr bewusst geschrieben, dass es einen Punkt gibt, wo sich die Experten nicht einig sind. Die spannende Frage, wo sich Unterschiede ab 40 dB(A) und mehr ergeben, ist die Frage:Wann beginnt der Punkt, ab dem man eingreifen muss?
Die Frage ist aber, wenn Sie die Entwicklung anschauen – da bin ich, Herr Dr.Arnold, wieder nicht mit Ihnen einig –, ob Sie nicht ein bisschen unterschätzen, was weiter passiert ist. Denn Herr Prof. Greiser ist ja nicht der einzige Gutachter, sondern sein Gutachten ist eines von vier international erstellten Gutachten. Das stärkste der vier ist sogar vor Greiser erstellt worden, das Erikson-Gutachten von vor zwei Jahren, in dem relativ präzise nachgewiesen wird, dass es einen Zusammenhang gibt und dass dieser Zusammenhang relativ stark ist. Das heißt, wir sind nicht mehr in der Situation – das ist in der Anhörung auch deutlich geworden –,dass ein einzelnes epidemiologisches Gutachten, das keine Kausalität für sich in Anspruch nehmen kann, alleine steht, sondern es stehen bereits vier Gutachten – nur für den Fluglärm, die anderen lasse ich alle weg – im Raum, die alle die gleiche Grundtendenz erkennen lassen. Das heißt, der Kausalitätszusammenhang verdichtet sich.
Der spannende Punkt ist, dass auch diese vier Gutachten sich in der Frage unterscheiden: Fängt es bei 40 dB(A) an, fängt es bei 55 dB(A) an, fängt es bei 60 dB(A) an? Das ist der unscharfe Bereich, in dem wir uns bewegen. Da neige ich, ehrlich gesagt, nicht dazu, jetzt zu sagen: Liebe Leute, wir brauchen noch ein Gutachten. – Die erste Frage ist vielmehr:Was passiert heute? Für mich heißt das relativ klar, nachdem klar ist, dass es einen Zusammenhang gibt und dass er nachts schlimmer ist als am Tag und die Erkenntnisse bisher eher unterschätzt worden sind, dass die Vorsorge gebietet, dass das Nachtflugverbot eine zentrale Forderung dieses Landtags bleiben muss.
Der zweite Punkt ist die spannende Frage: Wie geht es weiter? Dazu gehört, dass jetzt der Stand vor Ausbau aufgenommen werden muss. Alles, was diese Aufnahme verzögert, wird die Debatte nachher erschweren. Das ist für mich überhaupt nicht mehr interessant für die jetzige Bewertung des Flughafens,sondern es geht darum,dass man, was die nächsten Ausbaudebatten, was die Ausbaudebatten in anderen Bundesländern, was die internationale Debatte über Flughafenausbau insgesamt angeht, eine belastbare, auf Dauer durchgeführte Studie hat, mit der man den Zustand vorher und nachher präzise beschreiben kann. Ich habe wenig Hoffnung, dass das hier in Frankfurt irgendetwas ändert, aber das ist ein wichtiger Punkt.
Nun komme ich zu einer Frage, die ich ganz faszinierend finde. Uns liegt eine ganze Reihe von interessanten Vermerken aus dem Umwelt- und Nachbarschaftshaus vor, dass die Vertreter der Landesregierung dort intensive Gespräche geführt haben. Das ist legitim, das dürfen die. Dass sie es aber tun müssen, spricht dafür, dass es vielleicht auch notwendig ist, aus Sicht der Landesregierung Einfluss auf dieses Gutachten und auf seine Vergabe zu nehmen. Die Frage ist, ob es, wenn es legitim ist, auch klug ist oder ob diese Form von Gesprächen, diese Art von Gutachtenvergabe nicht dazu führt, dass das Gutachten von vornherein seinen Wert verliert. Dafür ist diese Landesregierung verantwortlich, die versucht hat, ihre eigenen Fakten zu setzen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr.Walter Arnold (CDU): Es ist doch erst einmal das Design ausgeschrieben! Das Gutachten ist doch noch gar nicht ausgeschrieben!)
Alles in allem, meine Damen und Herren, werden Sie damit leben müssen,dass es erstens ein Gutachten ist,dessen Wertigkeit bereits kontaminiert ist, bevor es erstellt worden ist, und dass es zweitens einen Vorschlag gibt, ein anderes Gutachten zu erstellen, dessen Rahmenbedingungen bisher noch nicht einmal festgelegt sind und auf das der Landtag in seiner Debatte hätte Einfluss nehmen können. Das ist Ihre Entscheidung, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktionen, und die Frage ist, ob Sie viel Geld für ein Gutachten ausgeben wollen, das hinterher wertlos ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Grumbach, es ist bislang das Design für die Studie ausgeschrieben, nicht die Studie ist ausgeschrieben.
Der zweite Punkt ist:Wir haben nicht mehr ewig Zeit. Sie haben selbst angesprochen, dass wir mit der Studie möglichst schnell beginnen müssen,um die Daten noch vor Inbetriebnahme der neuen Landebahn erheben zu können.
Das heißt, wir können nicht mehr im November oder Dezember irgendetwas im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr auswerten und dann irgendwann überlegen, wie wir damit loslegen, weil wir dann diese Daten nicht mehr ermitteln können. Insofern gehen Ihre Vorwürfe, die Sie zuletzt erhoben haben, völlig ins Leere und völlig an dem Thema vorbei.
Auch von meiner Seite aus zunächst noch einmal herzlichen Dank an die Experten, die uns in der letzten Woche wirklich sehr viele Hinweise gegeben haben. Sie haben diese Hinweise auch schon im Forum Flughafen und Region in Kelsterbach im April gegeben. So sehr unterschiedlich waren die Anhörungen im Endeffekt nicht.
Wenn ich allerdings heute verschiedentlich gehört habe, dass in der Vergangenheit keinerlei Lärmschutz betrieben wurde usw., dann wundert mich das schon etwas. Denn schon seit 1972 gibt es Beschränkungen beim Nachtflug. 2001 wurden lärmbegrenzende Betriebsbeschränkungen eingeführt, und die Fraport wurde verpflichtet, passive Schallschutzmaßnahmen durchzuführen. Im September 2001 wurde ein Lärmpunktekontingent eingeführt,das bis heute Bestand hat. Durch den Planfeststellungsbeschluss kommen mit der Inbetriebnahme neue Punkte hinzu: Beschränkung auf 17 Flugbewegungen, keine Flugbewegungen in der Nacht auf der Landebahn Nordwest, Verbot verspäteter, verfrühter oder ungeplanter Flugbewegungen zwischen 0 und 5 Uhr – dies alles, soweit das Bundesverwaltungsgericht nichts anderes entscheidet.
Aus dem Bereich des aktiven Schallschutzes nenne ich das Verbot der Schubumkehr bei Landungen und Beschränkungen bei Triebwerksprobeläufen. Die Flughafenentgelte der Fraport enthalten lärmabhängige Komponenten, die in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht wurden.
Meine Damen und Herren, wer angesichts all dieser Maßnahmen behauptet, es sei in den vergangenen Jahren im Bereich der Lärmbekämpfung nichts passiert, der geht an der Realität vorbei.