Protokoll der Sitzung vom 30.09.2010

(Allgemeiner Beifall – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Rentsch!)

Dies haben letztendlich ja bereits die Fraktionen der CDU, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im März dieses Jahres – das ist nicht ganz so lange her, wie der Länderfinanzausgleich alt ist – zum Ausdruck gebracht.

Es ist unbestritten, dass wir jetzt Änderungen vornehmen müssen. Es ist auch unbestritten, dass wir hierfür schon Daten genannt haben, nämlich die Diskussion bis zum Ende des Jahres 2011 voranzutreiben.Es ist außerdem unbestritten, dass wir im Notfall als Ultima Ratio, wenn nichts anderes geht, auch die Klage vereinbart haben. Insofern erzähle ich Ihnen nichts Neues.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das FDP-Gutachten aber auch nicht!)

Ich möchte aber dafür plädieren und darum bitten, dass wir zunächst über die Vorgehensweise diskutieren sollten, also auf welcher sinnvollen Basis ein neuer Länderfinanzausgleich stehen könnte, ohne per se mit dem Knüppel draufzuhauen.

Nach meiner ersten Rede schaue ich jetzt auf die Uhr und stelle fest: Ich habe noch 3, 2, 1 Sekunden. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU,der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Frau Staatssekretärin, herzlichen Dank. Es ist guter Brauch, dass hier zur ersten Rede vor dem Hessischen Landtag besonders gratuliert wird.Alles Gute und herzliche Gratulation. Es war sehr schön.

(Allgemeiner Beifall)

Punktgenau in der Zeit gelandet, ein Vorbild für alle Mitglieder der Landesregierung.Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall)

Der Präsident ist während der laufenden Sitzung nicht zu kritisieren. Das wissen Sie ja alle.

(Heiterkeit)

Sie haben verschiedene Möglichkeiten. Wenn Sie sie ausreizen, dann müssen Sie das zeitlich verantworten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 56 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Schutz vor Fluglärm statt weiterer Wortbruch) – Drucks. 18/2900 –

Anschließend – das haben wir so vereinbart – werden die Anträge unter den Tagesordnungspunkten 69, 80 und 83 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen.

Der Kollege Kaufmann hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir GRÜNE haben diese Aktuelle Stunde beantragt – manche mögen sagen: ausnahmsweise – nicht zum streitigen, sondern zum Zweck der Einleitung eines ergebnisorientierten Diskurses möglichst im Einvernehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hatten nämlich vergangene Woche im Landtag, letztendlich durch eine Initiative von uns GRÜNEN ausgelöst, eine zweitägige Veranstaltung, eine Fachanhörung mit dem Titel „Fluglärmmonitoring und Gesundheitsschutz im Rhein-Main-Gebiet“, die – das darf ich festhalten – von allen Fraktionen im Ergebnis als bereichernd gewürdigt wurde. Obendrein hat sie zur einvernehmlichen Feststellung geführt, dass für Frankfurt eine Studie der gesundheitlichen Auswirkungen des Fluglärms erforderlich ist. Sie hat weiterhin ergeben, dass rasch gehandelt werden muss, um die Situation der Fluglärmbelastung noch vor der vorgesehenen Inbetriebnahme der zurzeit in Bau befindlichen neuen Landebahn zu erfassen.

Meine Damen und Herren, allen vortragenden Experten und Vertretern der Institutionen und Kommunen, die sich engagiert in diese Anhörung eingebracht haben, ist herzlich zu danken. Sie alle, die in diesem Saal waren, haben

dazu beigetragen, dass wir jetzt mehr wissen. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Nachdem sich das Umwelt- und Nachbarschaftshaus des Forums Flughafen und Region mit der Ausschreibung eines Studiendesigns für eine Lärmwirkungsstudie von unserer Debatte im Haus unabhängig machen will, wollen wir GRÜNE insbesondere mit dem anschließend zu behandelnden Antrag erreichen, dass die gemeinsamen Erkenntnisse der Anhörung in diesem Verfahren nicht verloren gehen, sondern noch wirksam werden können.

Meine Damen und Herren, man muss daran erinnern, dass wir weniger Zeitdruck hätten, wenn es Anfang des Jahres gelungen wäre,

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

einen positiven Beschluss zu unserem damaligen Antrag auf Durchführung einer Anhörung zu erreichen. Damals haben CDU und FDP das Anliegen allerdings abgelehnt. Die weitere Auseinandersetzung, die folgte, über die Enquetekommission bis hin zur Anhörung in der vergangenen Woche, will ich jedenfalls jetzt nicht weiter schildern.

Heute können wir dankbar feststellen, dass auch die Mehrheitsfraktionen Erkenntnisfortschritte gemacht haben, so hoffe ich doch zumindest, auch wenn der für heute vorgelegte Dringliche Entschließungsantrag daran wieder Zweifel aufkommen lässt.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass zu diesem Erkenntnisfortschritt auch gehört, dass es wirklich um den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden durch Fluglärm geht und nicht um die Vernebelung bereits vorhandenen konkreten Wissens der Schallwirkungsforschung über Fluglärm, insbesondere in der Nacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn das,wie es am Freitag anklang,von allen Fraktionen so gesehen wird, dann, denke ich, kommen wir durchaus auch über die zukünftigen Schritte für die Studie für den Frankfurter Flughafen zusammen.

Meine Damen und Herren, wir GRÜNE streben im Ausschuss, wohin die Anträge überwiesen werden sollen, eine konsensorientierte Behandlung an, weil wir es als notwendig erachten, mit klarer Priorität die Belastung der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet durch Fluglärm und dessen gesundheitliche Auswirkungen zu untersuchen und die Untersuchungsergebnisse zeitnah zur Verfügung zu stellen. Vergleichende Studien mit der Fluglärmsituation anderer Flughäfen oder der Lärmbelastung durch andere Verkehrsträger sehen wir als willkommene Ergänzungen einer solchen Untersuchung an. Deshalb wollen wir einen modularen Aufbau der Studien, damit Handlungsbedarf ohne Zeitverzögerung erkannt und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen eingeleitet werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir halten es für geboten, an der Erstellung der einzelnen Module der Studie neben der Luftverkehrswirtschaft sowohl die Kommunen in der Umgebung des Flughafens als auch Umweltverbände und Bürgerinitiativen angemessen zu beteiligen. Darüber hinaus, denken wir, sollte es selbstverständlich sein, schon bei der Entscheidung über das Studiendesign und weiterhin während der Erarbeitung

der Studien ein Gremium ausgewiesener Fachleute zur Qualitätssicherung fortlaufend zu beteiligen. An der Finanzierung der Studie sollten sich nach unserer Meinung neben dem Land und/oder der Stiftung Flughafen und Region auch die betroffenen Kommunen sowie Fraport angemessen beteiligen.

Zum Schluss insbesondere an CDU und FDP eine Bitte: Enttäuschen Sie die Menschen in der Region bitte nicht wieder, indem Sie trickreich durch eine Gigauntersuchung dafür sorgen, dass in absehbarer Zeit keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, sondern allerhöchstens Vertröstungen gegen den Fluglärm ausgesprochen werden.

Wir brauchen nämlich klare Aussagen zur Fluglärmbelastung. Wir brauchen eine Reduzierung der Fluglärmbelastung, und wir brauchen vor allen Dingen ein Nachtflugverbot, und zwar jetzt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Das Wort hat Herr Abg. Dr.Arnold, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anhörung in der vergangenen Woche war tatsächlich ergiebig und hat auch neue Erkenntnisse zur Beurteilung des Fluglärms gebracht. Ich möchte an dieser Stelle ebenfalls sehr herzlich den Wissenschaftlern danken, die daran teilgenommen haben. Es ist einerseits ganz sicher hervorzuheben, dass wir mit dem Flughafen Frankfurt einen Weltflughafen haben, dessen wirtschaftliche Bedeutung für die Region,ich glaube,von niemandem bestritten werden kann.

Es ist andererseits auch klar, dass wir diese mit dem Luftverkehr verbundenen Fluglärmbelastungen sehr aufmerksam betrachten müssen, die letztendlich eine ganze Region betreffen, und dass bezüglich dieses Planungskonflikts alle Beteiligten sehr sensibel damit umgehen müssen. Die Menschen – Herr Kaufmann, da pflichte ich Ihnen ausdrücklich bei – in der Umgebung des Flughafens haben ein Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit. Darin sind wir uns sicherlich einig.

Ich sage aber auch sehr ausdrücklich: Wir werden nicht zulassen, dass unbewiesene Zusammenhänge, beispielsweise was die Auswirkungen des Fluglärms auf die Gesundheit anbelangt, dazu instrumentalisiert werden, den Ausbau des Flughafens Frankfurt in Misskredit zu bringen. Wer den Versuch wagt, mit den Ängsten und Sorgen der Menschen in der Umgebung des Flughafens Politik betreiben zu wollen, handelt zynisch und wird unseren erbitterten Widerstand haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wo stehen wir mit diesen Erkenntnissen? – Die Auswirkungen von Fluglärm auf Gesundheitsbelastungen wie Stress oder Schlafstörungen sind untersucht worden und haben ihren Eingang in das Fluglärmschutzgesetz gefunden. Dort sind Grenzwerte festgelegt worden. Wenn diese Grenzwerte überschritten werden, haben die Menschen in der Nachbarschaft einen Anspruch auf die Gewährung von baulichem Schallschutz, auf Entschädigungen und andere Dinge. Hier ha

ben die Studie von Herrn Prof. Greiser, ausgehend 2006 mit der sogenannten Arzneimittelstudie, und die vom UBA in Auftrag gegebene Krankenhausstudie vom März 2010 zur Beurteilung der Auswirkungen von Fluglärm eine neue Dimension in die Diskussion gebracht.

Herr Kaufmann, Sie haben bemängelt, dass Anfang des Jahres darüber diskutiert und noch nicht beschlossen wurde, dort auch für Frankfurt eine Studie in Auftrag zu geben. Ich glaube, dass wir nicht unterschlagen dürfen, dass die noch im April durchgeführte Expertenanhörung in Kelsterbach deutlich erwiesen hat, dass diese GreiserStudie besondere Mängel hat, die beispielsweise auch dazu geführt haben, dass diese Studie bei der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes 2007 keinen Eingang gefunden hat.

Herr Präsident, ich möchte mit Ihrer Erlaubnis auf eine Veröffentlichung in der „Frankfurter Neuen Presse“ hinweisen, die nicht nur in der Überschrift, sondern im Text deutlich sagt:

Greiser-Studie stößt auf Skepsis. Wissenschaftler bezweifeln Kausalität von Fluglärm und HerzKreislauf-Erkrankungen.

Das war – das möchte ich deutlich sagen – in der Anhörung der vergangenen Woche ein Stückchen anders. Dr. Babisch, Lärmforschungsexperte des Umweltbundesamts, hat in dieser Deutlichkeit erstmalig gesagt, dass er eine Kausalität zwischen Fluglärm und Herz-KreislaufErkrankungen sehe. Er hat aber auch deutlich gemacht – das haben die gehört, die diesen Vorträgen aufmerksam gefolgt sind –, dass es noch keine wissenschaftliche Studie gebe, die diesen Zusammenhang belastbar untersuche. Er hat seine eigenen Ausführungen mit der Aussage beendet, dass es zwei Fragen gebe: Erstens. Wie ist die Steigerung der Dosis-Wirkungs-Kurve? Zweitens.Ab welchem Pegel fängt sie an?

Da stehen wir jetzt,nämlich in der klaren Erkenntnis,dass der Fluglärm eine hohe Bedeutung hat, wir aber noch nicht wissen, ab welcher Schwelle und in welcher Art und Weise der Fluglärm Menschen in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Das, denke ich, ist eine gemeinsame Beurteilung aller Fraktionen und muss der Beginn einer klaren Beschlussfassung sein:Wir brauchen eine Lärmwirkungsstudie für das Rhein-Main-Gebiet, eine Studie, die nicht nur den Fluglärm betrachtet, sondern auch die anderen Verkehrslärme wie beispielsweise den Automobil- oder den Bahnverkehr, und sie muss auch individuelle Risikodaten der einzelnen Probanden berücksichtigen. Das ist die Hauptkritik an der Greiser-Studie, dass er ausschließlich das Alter und das Geschlecht dieser untersuchten Probanden der Studie einbezogen hat, nicht aber die besonderen Risikofaktoren wie beispielsweise das Gesundheitsverhalten, also ob der Proband raucht, Übergewicht, Diabetes oder andere Dinge hat. Das hat Herr Greiser letzte Woche bei der Anhörung auch selbst eingeräumt.