Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Meine Damen und Herren, auch nach der Kabinettsumbildung lässt sich nur ein Fazit ziehen. Das System Koch heißt jetzt zwar System Bouffier, aber steht weiter für eine Politik der Zementierung sozialer Ungerechtigkeit, des Ausverkaufs staatlichen Reichtums und der Umverteilung von unten nach oben.

(Florian Rentsch (FDP): Großer Gott!)

Weil diese Regierung die alten neoliberalen Fehler fortschreibt, sieht sie keine Antwort auf die Wirtschafts- und Finanzkrise. Im Gegenteil setzt sie da an, wo Thatcher und Reagan schon gescheitert sind. Sie bleibt dem großen Kapital und den Konzernen verpflichtet.

(Karlheinz Weimar (CDU): Immer wieder schön, so etwas zu hören!)

Sie unterstützt weiter eine Bundesregierung, die Steuersenkungen organisieren will, und will dann auch noch einen Blankoscheck für Sozialabbau.

(Karlheinz Weimar (CDU): 1969 habe ich das schon gehört! Das erinnert mich wirklich an alte Zeiten!)

Herr Weimar, aber Sie haben nichts dazugelernt. Es muss natürlich jetzt eine Kontinuität dieses Prozesses erfolgen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da seid ihr beide gleich! – Heiterkeit)

Dass Sie weiterhin uninspiriert in Zeiten der Wirtschaftskrise das Land Hessen bestenfalls verwalten statt gestalten, ist ein Armutszeugnis dieser Politik. Wir werden in den Beratungen unsere Alternativen für ein soziales und gerechtes Hessen einbringen. Herr Bouffier, wir werden Sie und Ihren Finanzminister Dr. Schäfer bei der nächsten Tränenarie über Steuerausfälle daran erinnern, dass Sie die Möglichkeit vertan haben, mehr als 1,8 Milliarden € Mehreinnahmen aus der Vermögensteuer und einer neuen gerechteren Erbschaftsteuer zu gewinnen, und die Zukunft der öffentlichen Haushalte verspielen.

Die Finanzinstitute müssen durch eine Bankenabgabe und eine Finanztransaktionsteuer für den angerichteten Schaden bezahlen. Die Steuerpolitik muss hohe Einkommen und Vermögen zur Finanzierung von Bildung und des Gesundheitswesens, des ökologischen Umbaus und armutsfester Sicherungssysteme heranziehen. Uns geht es nicht nur um Chancengerechtigkeit. Wir wollen auch Verteilungsgerechtigkeit durchsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden Sie auch daran erinnern, dass diese Landesregierung die soziale Krise mit zu verantworten hat. Wir werden Sie auch daran erinnern, dass Ihre Bildungs- und Finanzpolitik des Bildungschaos und der Kreditbremse die Zukunft kommender Generationen verspielen. Dafür werden wir nicht nur mit den Aktionen im heißen Herbst, sondern auch mit einem aktionsreichen Jahresbeginn bis zu den Kommunalwahlen im März 2011 sorgen.

(Holger Bellino (CDU): War das eine Drohung?)

Deshalb werden wir gemeinsam mit vielen Initiativen und den Gewerkschaften für ein Nein gegen die Schuldenbremse mobilisieren. Die Verteilungsfrage steht dabei für uns im Mittelpunkt, denn die Menschen in diesem Land wissen: Gerecht geht anders. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollegen van Ooyen, vielen Dank. Wir nehmen hier an, dass Sie mit der Bezeichnung „schwarze Geier“ nicht Mitglieder dieses Hauses gemeint haben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Unter keinen Umständen!)

Ich frage nur. „Unter Geiern“ ist von Karl May – das wissen Sie noch. Sie meinten irgendwie andere Vögel. Dann müssen wir das auch nicht rügen.

(Allgemeine Heiterkeit – Günter Rudolph (SPD): Auch nicht das Präsidium!)

Das Präsidium steht über allen Vögeln.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, als Nächster hat jetzt Herr Dr. Wagner, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn einige wenige Sätze zu der Rede des Oppositionsführers Schäfer-Gümbel verlieren.

Verehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, in Ihrer Rede waren viel Polemik und wenig Inhalt zu hören. Wenn ich die Schlagworte, die ich mir aufgeschrieben habe, nochmals Revue passieren lasse, habe ich wirklich das Gefühl, dass außer Polemik nichts gewesen ist. Sie sprachen von „Schaum vor dem Mund“, „Armutszeugnis“, „Skandalpolitik“, Sie sprachen von „harter Hund“, „Fehlstart“, „Klientelpolitik“, „Dilettantismus“. Eine Phrase jagte die andere. Herr Schäfer-Gümbel, das ist nicht der Anspruch, den die Demokratie und unser Haus an das Niveau einer Oppositionsrede haben müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, im Übrigen haben Sie ein Bild von unserem Lande gezeichnet, das mit der Realität nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Sie konnten die 100 Tage nicht abwarten. Das verstehe ich. Voller Ungeduld wollten Sie schon heute Ihre gesamte Polemik gegen die Landesregierung dem Hause bieten.

Ich sagte es bereits: Ihr Realitätsbild hat mit der Lebenswirklichkeit in unserem Lande nichts zu tun. Sie haben ausgeblendet, dass die Arbeitslosenzahlen in unserem Land massiv gesunken sind, bundesweit von 5 Millionen auf 3 Millionen. Sie haben nichts davon gesagt, dass wir davon leben, dass wir einen riesigen Wirtschaftsaufschwung zu verzeichnen haben,

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

um fast 4 %. Mit diesen Werten sind wir internationale Spitze.

Eben gerade habe ich eine dpa-Meldung bekommen, in der es heißt, in den ersten neun Monaten haben nach Aussagen des Statistischen Landesamtes in Hessen die hessischen Großhändler einen Branchenumsatzzuwachs von 20 % zu verzeichnen. Herr Schäfer-Gümbel, all diese Zahlen gehören auch zur Beschreibung der Realität in unserem Lande dazu. Deshalb erwarte ich von Ihnen, dass Sie etwas differenzierter auftreten.

Bei Ihrer Rede hatte ich den Eindruck, es war die allgemeine Oppositionsrede, austauschbar. Die Frage ist, wer Ihnen diese Rede geschrieben hat. Ist sie aus einem Redehandbuch der SPD-Bundeszentrale abgeschrieben worden? Nach zehn Jahren Frust in der Opposition kann man fast Verständnis dafür haben, dass Ihnen nichts Neues einfällt.

Herr Schäfer-Gümbel, Herr Müntefering hat zu Recht gesagt: „Opposition ist Mist.“ In Hessen muss ich sagen: Opposition macht Mist. Da müssen Sie wirklich erheblich besser werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD – Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2011 ist Ausdruck unseres politischen Willens, die Zukunft unseres Landes zu gestalten. Der Haushaltsplan 2011 ist von Verlässlichkeit und Solidität geprägt. Er weist den Weg zu Wachstum und Arbeitsplätzen. Er ist auch Ausdruck unseres Mutes und unserer Bereitschaft zur Verantwortung.

Meine Damen und Herren, man muss sich nochmals vor Augen führen, wo wir vor einem Jahr, im November 2009, bei den Haushaltsberatungen gestanden haben: Die größte Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegsgeschichte hatte unserem Land einen Sturm beschert, der – um es bildlich auszudrücken – unser Schiff in schweres Fahrwasser gebracht hatte. Wir haben das Ruder in die Hand genommen und gegengesteuert. Gefordert waren Augenmaß und Überblick. Für uns hieß das damals, antizyklisch zu handeln und in großem Umfang zu investieren, um Arbeitsplatzverluste zu vermeiden und die Chancen für neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Meine Damen und Herren, was ist dann passiert? Es ist das eingetreten, was wir uns vor einem Jahr vorgenommen hatten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Derzeit erlebt Deutschland einen Wirtschaftsaufschwung von außergewöhnlicher Dimension. Ich sagte das bereits: Fast 4 % Wirtschaftswachstum, weniger als 3 Millionen Arbeitslose, und – der Ministerpräsident hat es bereits angesprochen – die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand der letzten 18 Jahre gesunken, auf 5,9 %.

(Holger Bellino (CDU): Alles Zufall?)

Wir haben in Hessen die magische Grenze von 200.000 Arbeitslosen deutlich unterschritten.

Verehrter Herr Schäfer-Gümbel, korrekterweise hätte auch das zu Ihrer Analyse und Wirklichkeitsbeschreibung dazugehört.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Dann hätte man Ihren Ausführungen wahrscheinlich auch mehr Bedeutung beigemessen – wenn Sie die Wirklichkeit unseres Lebens korrekt beschrieben hätten.

In Nordhessen ist die Arbeitslosenquote – darauf sind wir besonders stolz – überdurchschnittlich gesunken. Außerdem will ich erwähnen, wenn ich den Blick noch einmal zurückwende auf die Zeit von vor einem Jahr: In den vergangenen Monaten haben wir in den Debatten immer wieder erlebt, insbesondere von der linken Seite dieses Hauses, wie die Marktwirtschaft – oder der Kapitalismus, wie es DIE LINKE mit Karl Marx sagt – diffamiert wurde. Sie haben uns damals vorgehalten, er sei am Ende. Meine Damen und Herren, heute wissen wir: Das Gegenteil ist der Fall. Das System soziale Marktwirtschaft hat sich in der Krise bewährt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unser Vorgehen in dieser Krise und unser Verständnis von sozialer Marktwirtschaft lassen die deutsche Wirtschaft gestärkt und wesentlich schneller aus dieser Krise herauskommen als die meisten Volkswirtschaften der Welt.

Meine Damen und Herren, zu diesem Aufschwung haben viele beigetragen: Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben konstruktiv und auch kreativ zusammengearbeitet. Flexible Arbeitszeitgestaltung und Lohnverzicht haben Hunderttausende von Arbeitsplätzen gesichert.

Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsaufschwung ist aber auch das Ergebnis einer klugen und verantwortungsbewussten Wirtschaftspolitik von FDP und CDU.

(Beifall bei der CDU und der FDP)