Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, mit Ihrer Politik verschulden Sie das Land. Was aber noch viel schlimmer ist, Sie verschulden auch die Menschen. Je höher die Verschuldung des Landes ist, desto mehr sind Sie gezwungen, den Menschen per Wassercent oder Kühlwasserabgabe in die Tasche zu greifen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Was mich bei den Haushaltsvorschlägen der Sozialdemokraten schon etwas verwundert hat, ist, dass ich keinen Änderungsantrag im Hinblick auf die von Ihnen häufig kritisierten 360 Millionen €, die aus dem Kommunalen Finanzausgleich entnommen sind, gesehen habe. Sie laufen landauf, landab durch die Öffentlichkeit und kritisieren diese Koalitionsregierung. Ich habe Ihnen gesagt, warum es notwendig ist, in dieser Weise vorzugehen. Wenn Sie glaubwürdig wären, würden Sie den Mut haben, die 360 Millionen € als eigenen Änderungsantrag wieder in den

Haushaltsplanentwurf 2011 aufzunehmen und gleichzeitig zu sagen, wie Sie das finanzieren wollen. Aber die Antwort bleiben Sie schuldig.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Das überzeugt noch nicht einmal die eigenen Leute!)

Meine Damen und Herren, die GRÜNEN haben, wenn ich das richtig sehe, zwar schon in der Öffentlichkeit über Haushaltsanträge gesprochen, aber noch keine eingebracht. Ich bin gespannt, was die GRÜNEN zur dritten Lesung an Haushaltsanträgen einbringen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie können allen zustimmen!)

Ich finde das Verfahren etwas ungewöhnlich. Wir hätten uns lieber schon in der zweiten Lesung mit Ihren Änderungsanträgen beschäftigt. Aber wir können auch noch in der dritten Lesung darüber sprechen.

(Zuruf der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu den GRÜNEN Folgendes sehr grundsätzlich sagen:

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oje!)

Die Politik der GRÜNEN fällt bundesweit, nicht nur in Hessen, im Wesentlichen dadurch auf, dass sie gefühlten Mehrheitsmeinungen nachläuft. Keine Parole, die derzeit nicht auch noch von den GRÜNEN mitgerufen würde. Keine Sitzblockade, bei der sich nicht noch ein GRÜNER medientauglich wegtragen lässt. Kein Trecker im Wendland, auf den nicht noch ein GRÜNER draufgehüpft wäre.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Unglaublich!)

Die GRÜNEN fordern den Ausbau erneuerbarer Energien. So weit, so gut, da sind wir uns sogar in vielen Teilen einig.

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Sie sind aber in Thüringen gegen den Bau einer Hochspannungsleitung, die von den Küsten Windstrom ins Land bringen soll. Wie verträgt sich das miteinander? In Nordrhein-Westfalen könnte ein modernes Kraftwerk fertiggestellt werden, das gegenüber den Altkraftwerken jeden Monat 100.000 t CO2 einsparen würde. Das wird von den GRÜNEN verhindert. In Baden-Württemberg stehen die GRÜNEN an der Spitze des Protestes gegen den Bau eines Pumpspeicherkraftwerkes. Meine Damen und Herren, das nenne ich Opportunismus in Reinkultur. Mit so einem Opportunismus kann man keine Regierung verantwortlich führen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Meine Damen und Herren, deswegen lassen Sie mich wenigstens am Rande ein Wort zu Stuttgart 21 verlieren. Die GRÜNEN haben sich immer auf die Fahnen geschrieben, dass sie die Pro-Schiene-Partei sind. Sie sind gegen Straßenbau, gegen Straßenverkehr in vielfältiger Beziehung. Ich erlebe in Marburg jeden Tag, was Rot-Grün dort anstellt. Jetzt ruft diese Pro-Schiene-Partei gegen den Bau eines modernen Bahnhofs auf, der infrastrukturell diesen Schienenverkehr modernisieren und verbessern würde.

Hören Sie bitte zu bei den GRÜNEN: Im Jahre 2005

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh mein Gott!)

haben die GRÜNEN im Bundestag einem Antrag zugestimmt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, „das Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht infrage zu stellen“.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Diesem Antrag haben die GRÜNEN noch vor fünf Jahren zugestimmt. Heute stellen sich die GRÜNEN medienwirksam auf die andere Seite des Bauzauns und blockieren in Stuttgart den Bau eines neuen Bahnhofs und den Ausbau einer neuen Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Ulm. Meine Damen und Herren, eines können Sie mir glauben: Ihre grüne Politik mündet in einer Sackgasse. Wahrscheinlich halten Sie deswegen auch so gerne an Kopfbahnhöfen wie in Stuttgart fest.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir müssen der Öffentlichkeit deutlich machen: So populistisch und so populär, wie die GRÜNEN im Augenblick sind – das muss man auch einräumen –, bloße Protestbewegung ist noch keine Gestaltung der Zukunft unseres Landes. Die grünen Modernisierungsverweigerer haben das „Dagegen“ zum Politikprinzip erhoben. Das gilt auch für Hessen. Ich habe es von diesem Podium aus häufig genug gesagt: gegen den Ausbau des Flughafens Frankfurt, gegen Kassel-Calden, gegen Autobahnen, gegen Kernkraft, gegen das Kohlekraftwerk Staudinger, gegen Gentechnik, gegen Gorleben und dergleichen mehr.

Wenn ich an Gorleben denke, dann fällt mir nur ein: Sie sind wirklich eine Blockadepartei im doppelten Sinne des Wortes. Die GRÜNEN, das unterscheidet uns von den GRÜNEN, sehen in der modernen Entwicklung und Technologie nur die Risiken, sie sehen keine Chancen. Sie sind eine Angstmacherpartei. So kommt ein Land nicht voran.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Es erfordert Mut, sich den Herausforderungen der Realität zu stellen. Mit einer Nein-Danke-Politik kommen wir in unserem Land nicht weiter.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Eines ist mir in dem Zusammenhang noch wichtig festzustellen. Ich habe es bereits an anderer Stelle gesagt. Sobald die GRÜNEN im demokratisch legitimierten parlamentarischen Verfahren unterliegen, gehen sie auf die Straße. Um ihre Politik durchzusetzen, beteiligen sie sich an den Protesten im Wendland oder in Stuttgart. Ich stelle überhaupt nicht das Recht auf Demonstration in unserem Land infrage. Ich stelle aber fest, welchen Politikstil Sie hier praktizieren. Dieser Politikstil führt zum Schluss in die Sackgasse.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die GRÜNEN sehen sich bereits auf dem Weg zu einer Volkspartei neuen Typs, so habe ich es neulich gehört. Ich will hinzufügen: Volksparteien zeichnet aus, dass sie das gesamte Spektrum der Probleme und der Themen aufgreifen und verantwortbare Lösungskonzepte erarbeiten. Die GRÜNEN dagegen vertreten Partikularinteressen und Populismus. Sie meinen, wenn alle Müsli essen, Fahr

rad fahren, Müll trennen und einmal pro Woche zur Protestdemo gehen, seien sämtliche Probleme gelöst. Das ist zu wenig, um unser Land verantwortbar in die Zukunft zu führen.

(Gerhard Merz (SPD): Gut, dass Sie nicht so sind!)

Meine Damen und Herren, die Verantwortung für die Umwelt ist zweifellos wichtig. Das sage ich ausdrücklich. Diese Auffassung wird von allen Fraktionen in diesem Hause geteilt. Verantwortung heißt aber auch, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Ein Tunnel für Frösche darf nicht teurer sein als eine Straße für Menschen. Meine Damen und Herren, das muss die Richtschnur unseres Handelns sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir dürfen nicht vergessen: Ohne funktionierende Ökonomie lässt sich die Ökologie nicht finanzieren. Die GRÜNEN schielen in ihrer Politik populistisch auf das, was ankommt, und verweigern Antworten auf die Fragen, worauf es ankommt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss feststellen: Wir haben mit dem Haushaltsplanentwurf 2011 ein Konzept für die Zukunft unseres Landes vorgelegt. Wir setzen unsere erfolgreiche Arbeit als christlich-liberale Koalition für Hessen fort. Wir stellen uns mutig und verantwortungsbewusst den Herausforderungen unserer Zeit, und wir geben auch unpopuläre Antworten, wenn es notwendig ist, um im Interesse des Wohles unseres Landes die Zukunft zu sichern. Der Haushaltsplan 2011 ist der richtige Weg, um Wachstum und Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern und auszubauen. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Es gibt eine Kurzintervention des Vorsitzenden der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Kollegen Al-Wazir.

(Zurufe der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) und Florian Rentsch (FDP))

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wagner, ich finde es schön, dass Sie nicht über den Haushalt, sondern über die GRÜNEN reden. Aber wenn Sie das tun, sollten Sie bitte bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erstens. Stichwort: Stromtrassen. Es war der Umweltminister Joschka Fischer, der das Genehmigungsverfahren für die Stromtrasse zwischen Mecklar und Vieselbach eingeleitet hat. Die steht da inzwischen übrigens auch.

Es war der Umweltminister Jürgen Trittin, der, ganz klar sehend, dass da ein Bedarf nach Nord-Süd-Trassen ist, 2005 ein Stromtrassenneuordnungsgesetz auf den Weg gebracht hat. Wissen Sie, wer das gestoppt hat? – CDU und CSU im Bundesrat auf Druck der Stromkonzerne.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die im Jahr 2007 in dieses Parlament ein Erdkabelgesetz eingebracht hat, übrigens nach niedersächsischem Vorbild. Wer hat es abgelehnt? Sie höchstpersönlich in diesem Landtag.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es waren die GRÜNEN in Hessen, die sich schon im Jahr 1989, Stichwort: Bahntrassen, nach heftigen internen Debatten dafür ausgesprochen haben, dass es eine neue Trasse, eine Schnellfahrstrecke Köln – Frankfurt, gibt.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Aber diese Schnellfahrstrecke hat einen wirklichen Gewinn gebracht. Vorher waren es nämlich zwei Stunden und danach weniger als eine Stunde. Was wir nicht machen, ist, in Stuttgart 4 Milliarden € für einen Gewinn von vier Minuten auszugeben.