Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

(Beifall der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Die Liste dessen, was für die soziale Infrastruktur in diesem Lande notwendig wäre, ist lang. Da geht es nicht nur um die Tagesbetreuung der Kinder und eine Familienpolitik, die ihren Namen verdient. Es geht um eine angemessene Infrastruktur für Senioren gerade im ländlichen Raum. Es geht um die Erziehungsberatung für Eltern, damit der Versuch gelingt, Familie zu werden.

Sozialpolitik ist viel mehr als das, was heute Morgen bereits umfangreich behandelt wurde, nämlich die Bekämpfung der Armut.

Herr Kollege Dr. Spies, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Die Sozialpolitik muss die soziale Infrastruktur für das Zusammenleben aller Menschen organisieren. Deswegen hat die SPD-Fraktion wie jedes Jahr mithilfe von Änderungsanträgen zum Haushaltsentwurf ein umfangreiches und detailliertes Sozialbudget vorgelegt. Herr Minister, wir würden uns freuen, wenn Sie dieses Angebot aufnehmen würden und sich im Gegensatz zu den letzten elf Jahren als der Hessische Sozialminister erweisen würden, dem die soziale Infrastruktur wichtig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Dr. Spies, vielen Dank. – Bevor es hier weitergeht, darf ich noch Folgendes mitteilen: Der ursprünglich mit dem Einzelplan 15 aufzurufende Dringliche Antrag unter Tagesordnungspunkt 82 soll jetzt doch nicht mit dem Einzelplan 15 aufgerufen werden. Vielmehr soll er ein gesonderter Punkt am Ende der Tagesordnung sein. Habe ich das richtig verstanden? – Die Mehrheit nickt. Dann wird es stimmen. Ich habe das nur gesagt, damit das auch festgehalten ist.

Nächster Redner ist Herr Dr. Bartelt. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Sozialministeriums soll im Jahr 2011 von 643 Millionen €, die es im Jahr 2010 waren, auf 632 Millionen € gekürzt werden. Er soll damit seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.

Die Leistungen für die Bürger und die soziale Infrastruktur werden in gleicher Qualität erhalten bleiben. Die freiwilligen Leistungen werden sogar geringfügig gesteigert werden.

Hessen nimmt weiterhin eine Spitzenposition bei der Familienpolitik, der Arbeitsmarktpolitik und der Krankenhausfinanzierung ein.

Kernpunkte der Familienpolitik in Hessen sind die Wertschätzung der Familie als Kristallisationspunkt der Staatsund Gesellschaftsordnung, als Hort der Schöpfung, Ort der Weitergabe von Werten und sozialen Kompetenzen, das Vertrauen in die Elternkompetenz zur Erziehung, aber auch staatliches Handeln, wo es zum Kindeswohl notwendig ist, und die Bereitstellung qualifizierter Infrastruktur der frühkindlichen Bildung, damit berufliche Entwicklung und Familienplanung vereinbar werden.

(Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vor- sitz.)

Haushaltspolitisch ist dies alles natürlich eine Herausforderung. Das Ergebnis kann man aber in Hessen mit Stolz präsentieren. Zum Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren stellt das Land in einem Bonusprogramm im neuen Haushalt im Förderprodukt 45 8,1 Mil lionen € ein. Für 5.000 neu geschaffene Plätze werden ab dem 01.09.10 1.500 € im Jahr 2011 und 800 € im Jahr 2012 je Platz bereitgestellt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dies ist ein zusätzlicher Beitrag des Landes, das Betreuungsangebot 2013 von 35 % vorzeitig zu erreichen. Innerhalb des KFA wird die Zuweisung des Landes für die U-3-Betreuung entsprechend dem Platzausbau von 90 auf 95 Millionen € erhöht, die Förderung der Betriebskostenzuschüsse von 75 auf 80 Millionen €. Für die Freistellung von Kindergärtenbeiträgen im Jahre vor dem Schuleintritt werden weiterhin 64 Millionen € eingestellt.

Für die Verbesserung der Qualitätsstandards in Kindertageseinrichtungen entsprechend der Mindestverordnung sind 30 Millionen € vorgesehen. Fast alle Kinder in Hessen erhalten im Jahre 2011 unabhängig von Wohnort und Träger eine qualifizierte frühkindliche Bildung – ab 01.09.2012 alle Kinder. Damit ist Hessen das Land unter den westdeutschen Flächenländern, das pro Einwohner das meiste für Kindertagesstätten ausgibt. Was soll daran falsch sein, wie mein Vorredner behauptet hat?

Die praxisorientierte und kommunalfreundliche Richtlinie zur Auszahlung der Landesmittel ist am 30.10. in Kraft getreten. Es wird nun möglich, dass die Anträge der Kommunen, die bis zum 30.11.2010 beim Regierungspräsidium eingehen, so zügig bearbeitet werden, dass das Geld dieses Jahr fließt. Eine Pauschalregelung – 840 € für U 3 und 240 € für Ü 3 – ist eine bedarfsorientierte Regelung. Priorität hat die zentrale, zeitnahe Auszahlung. Davon profi

tieren insbesondere die freien und gemeinnützigen Träger.

Die Finanzierung der Krankenhäuser ist zentraler Punkt der Gesundheitspolitik im Landeshaushalt. Hessen hat hier seit Jahrzehnten eine Spitzenposition. Auch im Etat 2011 sind im Krankenhausbauprogramm 100 Millionen € für neue Investitionen vorgesehen. Die Pauschalmittelzuweisung beträgt 96 Millionen €. Durch verbesserte Rahmenbedingungen, durch Landes- und Bundesgesetze, werden auch diese Finanzmittel noch effizienter zum Wohle der Menschen eingesetzt.

Das kürzlich vorgestellte Onkologiekonzept fördert die Kooperation der Kliniken. Investitionen kommen dann mehr Patienten zugute. Durch das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Krankenhausgesetz können Träger vermehrt über Investitionen eigenverantwortlich und schneller entscheiden.

Meine Damen und Herren, auf Bundesebene wird die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig gesichert – stabile Beiträge. Es erfolgt eine Entkoppelung von den Arbeitskosten. Das Solidarelement wird durch den steuerfinanzierten Solidarausgleich gestärkt. Daher haben auch Krankenhausträger mehr Planungssicherheit.

Meine Damen und Herren, wir freuen uns über die aktuellen Arbeitsmarktdaten für Hessen. Die Zahl der Arbeitslosen von 183.000 ist gegenüber dem Vorjahr um 14.000 gesunken. Die Quote ist jetzt unter 6 %. Wir sehen nun noch mehr Chancen, Langzeitarbeitslose in den ers ten Arbeitsmarkt zu bringen.

Insofern hat mich die Äußerung des Sprechers der SPD heute Vormittag sehr gewundert, der überwiegend über prekäre Arbeitsverhältnisse gesprochen hat, bei dem das Wort Fördern und Fordern überhaupt nicht vorkam, der nicht über das Lohnabstandsgebot gesprochen hat. Meine Damen und Herren, was soll das für eine Botschaft an die jungen Leute sein, die Arbeit suchen? Was soll das für eine Botschaft für Menschen sein, die einen Arbeitsplatz suchen?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nein, wir sehen das anders und optimistischer. Das Perspektivangebot für Ausbildung und Arbeit mit den vier Projekten der Hilfe zur Beschäftigungsfähigkeit enthält Landesmittel von 3,2 Millionen € plus 1 Million € EUMittel. Das Arbeitsmarktbudget für regionale Arbeitsmärkte für besonders benachteiligte Gruppen enthält Landesmittel von 5,6 Millionen € plus 4 Millionen € EUMittel. Und das Ausbildungsbudget, um junge benachteiligte Menschen ausbildungsfähig zu machen, enthält für einen Zeitraum von vier Jahren 18,7 Millionen €.

Insbesondere die letzten beiden Förderprodukte werden über Zielvereinbarungen auf kommunaler Ebene zeitnah und zielgerecht umgesetzt. Diese Mittel werden jetzt noch effektiver eingesetzt, weil besonders unsere Landesregierung die Argen und Optionskommunen dauerhaft gesichert hat. Hessen ist das Land der Optionskommunen.

Wir wünschen, dass drei bis vier weitere Kreise oder kreisfreie Städte optieren können. Wir wünschen weiterhin, dass ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt mit besonders schwierigen oder herausfordernden Arbeitsmarktstrukturen optieren kann. Hessen leistet mit vielen passgenauen Maßnahmen entscheidende Beiträge, im Aufschwung aus der Krise schneller als die Mitbewerber zu sein und bislang Benachteiligte, die beim Fördern und Fordern mit

machen, auf dem Weg nach oben mitzunehmen.

Wir wollen unseren Beitrag mit diesem Haushalt dazu leisten. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartelt. – Nächster Redner ist Herr Kollege Mick für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Wir haben schon in den Beratungen zu den vorhergehenden Einzelplänen viel über das Thema der Notwendigkeit der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gesprochen. Das ist ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch diese ganzen Haushaltsberatungen zieht. Daher ist es nur logisch und verständlich, dass auch der Sozialbereich seinen Beitrag leisten muss.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es bei diesem Ministerium besonders schwierig ist, Einsparungen zu realisieren, weil der Anteil an verpflichtenden Maßnahmen und an durchlaufenden Positionen besonders hoch ist. Rund 73 % der Gesamtausgaben dieses Ministeriums werden von diesem Ausgabenblock gestellt. Insofern ist es besonders schwierig, hier Konsolidierung zu realisieren. Gleichwohl muss auch der Sozialbereich seinen Beitrag bringen.

Wie man das am besten macht, ist klar. Wir müssen Politikschwerpunkte setzen. Deswegen möchte ich mich in meinen Ausführungen besonders auf drei Punkte beschränken. Herr Dr. Bartelt hat es angesprochen: Wo wir einen besonderen Akzent setzen, ist die Frage des Ausbaus der Kinderbetreuung. Unabhängig von der ganzen Diskussion, die wir über die Mindestverordnung und die Auszahlungsmodalitäten in den vergangenen Wochen und Monaten gehabt haben, bleibt unter dem Strich das Ergebnis, dass die Hessische Landesregierung die Mittel für diesen Bereich deutlich erhöht.

Das ist ein Grund, der uns allen Anlass zur Freude sein sollte, weil wir dies fraktions- und parteiübergreifend als eines der zentralen Politikfelder für die Zukunft unseres Landes sehen. Insofern ist das ein deutlicher Grund zur Freude. Darin kann ich dem Kollegen Dr. Bartelt nur zustimmen. Sowohl die Mindestverordnung als auch das Bonusprogramm für die U-3-Betreuung sind wichtige Punkte. Sie sichern die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Insofern ist in diesem Bereich Hessen sehr gut aufgestellt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ein zweiter wichtiger Bereich, wo der Ansatz sogar erhöht werden konnte, ist die Förderung für Präventionsprogramme im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Auch das ist ein Thema, das uns in den letzten Wochen und Monaten sehr stark beschäftigt hat und wo wir wiederum partei- und fraktionsübergreifend eine große Einigkeit erzielen konnten.

Deswegen begrüße ich es außerordentlich, dass wir im Haushalt mehr Geld für Präventionsmaßnahmen, insbesondere im Bereich des Gesundheitsschutzes für Gewaltopfer wie auch im Bereich sexueller Gewalt gegen Kinder, in diesen Haushalt einstellen. Das ist ein wichtiges Thema. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel darüber gesprochen. Wir können sagen: Hier handelt die Landesregierung. Insofern ist auch das ein Bereich, wo

wir durchaus stolz auf die Arbeit der Landesregierung sein können.

Einen dritten Punkt möchte ich gerade deswegen erwähnen, weil dort die GRÜNEN 2,3 Millionen € mehr gefordert haben. Das ist der Bereich der Arbeitsmarktprogramme.

Herr Dr. Bartelt hat darauf hingewiesen, dass wir in diesem Bereich einiges tun und dass dieser Bereich auch nötig ist, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Das ist richtig.

Auf der anderen Seite – das zeigen auch die Beratungen, die wir in der Enquetekommission Integration und Migration hinter uns gebracht haben – gibt es dort einen ungeheuren, ich möchte einmal sagen, Dschungel an Trägern und Maßnahmen der Weiterbildung und der Qualifizierung. Deswegen haben wir diesen Haushaltsansatz gleich gelassen. Wir wollen aber in Zukunft diese Arbeit noch stärker mit den Kommunen verzahnen. Wir wollen hier auf Qualität statt auf Quantität setzen. Es gibt hier viel zu viele Träger. Die Landschaft ist quasi unüberschaubar geworden, und die Effizienz der einzelnen Maßnahmen ist nicht sichergestellt.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Das heißt, in Zukunft müssen wir mehr auf die bessere Verwendung der Mittel achten. Mehr Geld allein reicht hier nicht. Wir brauchen mehr Qualität statt mehr Quantität. Das ist ein Punkt, den wir in Zukunft nicht nur im Sozialministerium, aber dort besonders angehen müssen. Insofern ist das hier genau der richtige Ansatz.

(Wortmeldung des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Nein, keine Zwischenfragen, ich wollte es kurz machen.

Noch zu den Streichungsanträgen, die die SPD gestellt hat. Sie haben natürlich das Sozialbudget erwähnt. Das ist klar, das kommt von Ihnen jedes Mal.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Sie müssen unseren Anträgen nur einfach zustimmen, dann ist alles gut!)

Besonders interessant finde ich, dass Sie die Familienkarte sowie das Modellprojekt der Betreuungsgutscheine streichen wollen, ebenso die Mittel für das Schulvorbereitungsjahr und für die Elternkompetenzkurse. Das sind alles innovative Maßnahmen,

(Widerspruch des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))