Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Ich habe das zugegebenermaßen vereinfacht. Aber genau das ist das Prinzip der Vermögensteuer.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Grundsteuer ist doch auch eine solche Steuer!)

Wenn jemand Aktien im Gegenwert von 100 Millionen € hat und 3 % Vermögensteuer bezahlen muss, dann muss er 3 % seiner Aktien verkaufen. Das ist natürlich ein Eingriff in den Markt. Das ist doch Blödsinn. Die laufenden Einnahmen müssen besteuert werden. Die SPD hat, übrigens zusammen mit den GRÜNEN, dafür gesorgt, dass der Spitzensteuersatz von 53 auf 42 % gesenkt wurde. Also insofern liegt der Ball auch bei Ihnen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Reine Polemik! – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Meine Damen und Herren, dann kommen wir zu den kommunalen Finanzen. Heute Morgen wurde sehr deut

lich gesagt: Der Kommunale Finanzausgleich steigt im nächsten Jahr gegenüber dem Jahr 2010 insgesamt an. Es ist der vierthöchste Kommunale Finanzausgleich, den es je in der Geschichte Hessens gab. Ich füge hinzu, weil die SPD hier immer Krokodilstränen vergießt: Diese vier höchsten Kommunalen Finanzausgleiche – der fünfte und der sechste übrigens auch – waren samt und sonders unter CDU oder CDU/FDP-Regierungen gewesen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)

Das ist Kommunalfreundlichkeit, und das trotz der im nächsten Jahr neuen Aufteilung der Kommunalfinanzen zwischen Land und Kommunen.

Dazu will ich Ihnen auch sagen: Ehrlich ist es nicht, was die SPD und teilweise die GRÜNEN – die GRÜNEN haben ihre Anträge noch nicht eingereicht – hier sagen. Zumindest die SPD hat ihre Anträge zum Haushalt eingereicht. Bei den Anträgen der SPD findet sich kein Antrag, die 360 Millionen € wieder zur Verfügung zu stellen. Auch das ist eine unehrliche Politik.

(Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Unser Konzept liegt vor!)

Meine Damen und Herren, was ist passiert? In allen anderen Bundesländern gibt es eine Aufteilung der im Land verbleibenden Steuern zwischen Kommunen und dem Land.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist falsch, was Sie sagen!)

Bei den Kommunen bleiben maximal 47 % und bei dem jeweiligen Land 53 % hängen. In Hessen sind es beim Land 50,5 % und bei den Kommunen 49,5 %.

(Torsten Warnecke (SPD): Sie haben auch viele Aufgaben!)

Die Struktur hat sich in den letzten fünf, sechs Jahren in diese Richtung entwickelt. Diese Struktur kann so nicht bleiben, weil es das Land sonst ruiniert und das Land seine Aufgaben in der Bildung und Sicherheit nicht wahrnehmen kann. Deswegen ist zunächst einmal eine Grundbereinigung durchzuführen.

Dass wir für das Jahr 2011 den Kommunalen Finanzausgleich in dieser Art und Weise erhöht haben, das hat doch hausgemachte Gründe. Dass die Wirtschaft in Deutschland floriert, hat weniger etwas mit der SPD zu tun, sondern mit der guten Regierungspolitik, die jetzt in Berlin gemacht wird, und auch mit dem Konjunkturprogramm, das wir in Hessen beschlossen haben. Da können Sie immerhin noch sagen, dass Sie dabei gewesen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Diese 1,7 Milliarden €, die wir in die Infrastruktur des Landes investiert und mit denen wir insbesondere den Kommunen geholfen haben, hat mit dazu geführt, dass die Wirtschaftsdaten so sind, wie sie jetzt sind. Das Geld wird jetzt zu einem guten Teil kurzfristig an die Kommunen ausgeschüttet.

Das ist bei Ihnen niemals gemacht worden. Das Vorziehen des Spitzausgleichs von 2012 und 2013 in das Jahr 2011 bringt den Kommunen im nächsten Jahr 300 Millionen € zusätzlich. Meine Damen und Herren, das ist gutes Geld, das die Kommunen brauchen, um ihren Bürgern zu zeigen, dass der Aufschwung bei ihnen angekommen ist. Zusammen mit den Maßnahmen, die wir mit dem Konjunk

turpaket schon in den Kommunen gemacht haben, wo Schulen, Straßen und kommunale Einrichtungen gebaut und andere Infrastrukturmaßnahmen gemacht wurden, sind die Kommunen gut aufgestellt; und das Land ist ein fairer Partner der Kommunen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Milde. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Noll für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte in Anbetracht der Zeit den Beitrag auf wenige wesentliche Aspekte beschränken, zumal in den letzten Beiträgen, insbesondere in der ersten Lesung, auch schon einiges Grundsätzliches zu den Finanzen gesagt wurde.

Erstens. Es gelingt in diesem Jahr mit diesem Haushalt, die konsumtiven Ausgaben um 2,8 % zu senken, also noch nicht einmal Gleichstand, sondern senken. Das ist ein Beitrag zur Konsolidierung.

Zweitens. Die Investitionsquote wird antizyklisch zurückgefahren, von 12,5 auf 10,7 %, und trotz allem leistet das Land seine investiven Aufgaben. Immerhin konnten die Einsparbemühungen aller Ministerien die Nettoneuverschuldung um ca. 555 Millionen € senken. Sie passen damit genau in die Finanzplanung hinein, die vorsieht, dass das Defizit bis zum Jahr 2014 auf 1,3 Milliarden € heruntergefahren wird.

Drittens. Es werden gezielt und systematisch Maßnahmen zur Verbesserung von Effizienz und Haushaltsstruktur und Haushaltskonsolidierung umgesetzt. Ich erinnere beispielsweise an die Optimierung im Gerichtswesen. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben in dieser Frage immer nur Kritik zu üben: aber Alternativen und bessere Vorschläge, wie Strukturen dauerhaft verändert werden, haben Sie in diesem Zusammenhang gar nicht eingebracht.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte kurz auf die Verteilung der Steuern zwischen Land und Kommunen eingehen. Herr Kollege Milde hat im Wesentlichen schon darauf hingewiesen: Hessen ist das einzige Bundesland, in dem es eine deutliche Schieflage der Steuerverteilung zulasten des Landes gibt. Dass letztendlich ein Großteil der Finanzmittel, die wir z. B. in den Länderfinanzausgleich zu zahlen haben, auch auf die besondere Finanzkraft der Kommunen zurückgeht, steht außer Frage. Es ist deswegen im Sinne einer gerechten Verteilung der Steuern zwischen Land und Kommunen, dass wir hier zu Korrekturen kommen müssen; und das Land hat diese Korrektur im neuen Haushalt mit den 360 Millionen € vollzogen.

(Norbert Schmitt (SPD): „Korrektur“, schöner Begriff!)

Das, was Sie den Menschen erklären und sie glauben machen wollen, dass die Kommunen wegen dieser 360 Millionen € ausbluten, ist doch Irrsinn, weil sich die Schlüsselmasse schlichtweg so gut wie gar nicht verändert und die Kommunen mit einer ähnlichen Finanzausstattung wie bisher in die Aufgabenerfüllung gehen können.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Meine Damen und Herren, unsere Instrumente der Haushaltskonsolidierung heißen: sparen, Schwerpunkte setzen, Schuldenbremse und eine funktionierende und wachsende Wirtschaft; denn Wachstum bedeutet Steuereinnahmen.

Wir sehen im Augenblick, wie sich die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand verändern, und dies ist ein wesentlicher Beitrag dazu, Haushalte der öffentlichen Hand zu konsolidieren. Der Beitrag der GRÜNEN lautet: Erhöhung in allen Bereichen, Grunderwerbsteuer, Wassercent, Umsatzsteuer, Spitzensteuersatz, vermögensbezogene Steuern usw. Sie sagen zwar richtig, die Palette müsse lauten: Einsparungen, Effizienzsteigerungen, Einnahmeerhöhungen. Nur verstehen wir unter „Einnahmeerhöhungen“ nicht die Erhöhung von Steuern, sondern die Generierung von Einnahmeerhöhungen durch Wachstum.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Geheimnis des Sparens ist und bleibt der Verzicht. Deswegen werden wir im Haushalt 2011 keine zusätzlichen Ausgabenschwerpunkte bilden. Wir schaffen damit den Einstieg zum Ausstieg aus der Schuldenspirale. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Noll. – Als Nächste ist Frau Kollegin Erfurth für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an der Reihe.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meines Beitrags zum Einzelplan 06 noch einmal ein paar Zahlen aus dem Haushaltsentwurf in Erinnerung rufen: Wir haben eine geplante Nettoneuverschuldung von 2,8 Milliarden €; das sind 1,3 Milliarden € über der Verfassungsgrenze, die wir derzeit in Hessen haben. Die derzeit gültige Verfassung würde eine Neuverschuldung von rund 1,4 Milliarden € gestatten. Für diejenigen, die jetzt mitgerechnet haben: Die erfreulichen Steuermehreinnahmen von mehr als 600 Millionen €, die uns für das nächste Jahr avisiert werden, werden nicht dazu führen, dass wir die Verfassungsgrenze einhalten, die derzeitig gültige Verfassungsgrenze.

Herr Noll, Sie haben gesagt, wie Sie künftig Steuermehreinnahmen generieren wollen. Für Sie bedeutet Wachstum Steuermehreinnahmen. Herr Noll, an diesem Punkt frage ich Sie einmal: Wie viel Wachstum wollen Sie denn? – Wir haben einmal errechnet, dass 1 % Wachstum ungefähr 150 Millionen € sind. Wenn wir uns die 1,3 Milliarden € allein in diesem Haushalt vor Augen halten, dann frage ich Sie: Wie viel Wachstum wollen Sie denn dann? – 10, 12, 13 %, wie viel brauchen Sie denn, um das abzufedern?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, so- wie der Abg. Gernot Grumbach (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Kollege Noll, diese Antwort sind Sie, die Damen und Herren von CDU und FDP – in der FDP sind es mehrheitlich Herren –, uns bisher schuldig geblieben.

Ich möchte noch einmal einen Blick auf das Gesetzes- und Antragspaket richten, das uns mit diesem Haushaltsentwurf vorgelegt wurde. Es sind in diesem Gesetzes- und

Antragspaket nur wenige Abschnitte, die meine Zustimmung finden. Einer davon findet sich allerdings auf Seite 29 des Finanzplans. Dort ist zu lesen – das finde ich sehr wichtig –, dass es „in den kommenden Jahren zu keiner weiteren Schwächung der staatlichen Einnahmebasis kommen“ dürfe. „Umfassende Steuersenkungen sind auf absehbare Zeit mit dem vorgezeichneten Pfad zur Rückführung der Nettokreditaufnahme nicht vereinbar.“ Das sind nicht meine Worte, es ist dem Finanzplan auf Seite 29 entnommen. Lesen Sie es nach.

Ich finde, das ist sehr richtig, und da wird mit bemerkenswerter Klarheit festgestellt, dass alle Bestrebungen für ausgeglichene Haushalte Makulatur sind, wenn wir jetzt dazu übergehen, dass die Einnahmebasis durch Steuersenkungen weiter geschwächt wird. Herr Noll, ich hoffe sehr, dass Sie sich noch einmal überlegen, ob Sie es wirklich allein mit Wachstum schaffen, oder ob Sie sich nicht auch den drei E der Finanzpolitik zuwenden wollen, so wie wir sie Ihnen vorgeschlagen haben.

Ich möchte noch ein paar Anmerkungen zum Kommunalen Finanzausgleich machen. Herr Milde, unser Antrag zum Kommunalen Finanzausgleich liegt Ihnen vor.

(Günter Schork (CDU): Nee!)

Wir machen da einen sehr dezidierten Vorschlag, wie wir den Kommunen aus ihrer im Moment sehr prekären Finanzsituation helfen wollen. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass auch die Kommunen von den Steuermehreinnahmen profitieren. Sie können aber doch nicht leugnen, dass die Kommunen erhebliche Probleme haben, ihre Haushalte auszugleichen. Auch die hoch verschuldeten kommunalen Haushalte sind Teil der öffentlichen Haushalte, und von daher haben wir durchaus die Pflicht, hier den Kommunen zu helfen.

Unser Vorschlag stellt eine Verantwortungspartnerschaft her – eine Verantwortungspartnerschaft in dem Sinne, dass wir sagen: Der Kommunale Finanzausgleich ist dringend reformbedürftig. Er setzt im Moment die falschen Anreize. Die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen stimmt nicht mehr, und die Finanzverteilung zwischen den Kommunen stimmt ebenfalls nicht mehr. Und er ist in größtem Maße intransparent. Das muss dringend geändert werden, und in diesem Punkt ist das Land in der Pflicht, zusammen mit den Kommunen endlich etwas zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss nach unserer Auffassung im Jahr 2011 dringend passieren, damit wir im Jahr 2012 einen neuen Kommunalen Finanzausgleich haben. Bis dahin müssen wir den Kommunen helfen, und wir stellen uns vor, dass wir das mit dem Vorziehen einer Spitzabrechnung machen, nämlich der für das Jahr 2010 von 2012 auf 2011. Mit diesem Anteil fordern wir sozusagen die kommunale Verantwortung ein.

Der andere Teil der Verantwortung liegt bei uns, beim Land. Daher sollten wir aus den erfreulich sprudelnden Steuereinnahmen des Jahres 2010 den Restbetrag aufstocken, damit den Kommunen hier geholfen wird.