Da finden wir es schon bedauerlich, dass erst die Oppositionsfraktionen im Ausschuss nachfragen müssen, wie die Kriterien waren, wie transparent es war und ob ein Zusammenhang besteht oder nicht. Da hätten wir uns gewünscht, dass Herr Koch das vorher offengelegt hätte; dann wäre es auch für viele verständlicher gewesen. Er hat noch kurz vor seinem Abgang in allen Tages- und Wochenzeitungen gesagt, dass er ungerecht behandelt worden sei, weil er unverdient in die Schwarzgeldaffäre hineingezogen worden sei.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Was war denn daran scharf, Herr Rudolph?)
Herr Boddenberg, ganz besonders hätten wir aber mehr Fingerspitzengefühl erwartet, als es darum ging, mit den Medien umzugehen und ihnen die Wahrheit zu sagen. Noch im Sommer hat Herr Koch gesagt, es sei nichts dran, er gehe nicht zu Bilfinger Berger, alles Lüge. Auch Bilfinger Berger hat gesagt, es gibt keine Verhandlungen.
Ich glaube, niemand hätte ein Problem damit gehabt, wenn er offen damit umgegangen wäre und gesagt hätte:
„Ich rede nicht über laufende Verhandlungen“, oder: „Ich kann mich dazu nicht äußern“. Aber nein, er hat es ausdrücklich dementiert. Das ist das, was die Menschen nicht mehr wollen: von der Politik angelogen werden.
Das ist das, was die Glaubwürdigkeit kostet. Dann wundern wir uns, wenn sie bei Politikerinnen und Politikern abnimmt und unterm Strich nur noch übrig bleibt, dass die Menschen in die Politik gehen, um danach einen gut bezahlten Job in der Wirtschaft zu bekommen.
(Holger Bellino (CDU): Ich war erst in der Wirtschaft und bin dann in die Politik gegangen! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Sie wissen doch genau, dass es andersherum war!)
Genau, erst in die Politik und dann in die Wirtschaft. Die Unterstellung ist, keine Glaubwürdigkeit, und das nur deswegen zu machen.
(Holger Bellino (CDU): Bei mir war es umgekehrt, ich habe auch mehr verdient! Aber bei Ihnen kommen die Leute von der Hochschule in den Plenarsaal!)
Genau dagegen müssen wir uns wehren, weil diese Lügen von Herrn Koch auch die Demokratie beschädigen und sich immer weniger Menschen finden, die zum einen wählen gehen und zum anderen sich selbst in der Politik engagieren. Darüber sollten Sie zumindest einmal nachdenken und nicht lapidar sagen, bei uns gehen die Leute vom Studium in die Politik.
Wie gesagt, wir sind daran interessiert, Lösungen zu finden, weil es nicht nur Herrn Koch betrifft, sondern auch viele andere, die in Regierungsverantwortung sind. Dafür müsste es erst einmal Lösungen geben. Die könnte es in einem Ministergesetz geben, also gesetzliche Regelungen wie für die Beamten auch für die Minister. Denn im Beamtengesetz ist es ganz klar geregelt. In § 83a Hessisches Beamtengesetz sind die Karenzzeiten geregelt, ist die Aufnahme der Erwerbstätigkeit geregelt, usw. Das wäre ein erster Schritt, wo man zumindest klare Regeln hätte. Dann hätte man immer noch nicht die Kriterien festgelegt, weil es schwierig ist, wie wir zugeben. Aber immerhin es gäbe eine Regelung. Dass die Selbstverpflichtung nicht funktioniert, haben wir gesehen.
(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat drei Jahre gewartet! – Clemens Reif (CDU): Damit wir es noch einmal hinterlegt haben!)
Ergänzend zu den Regelungen im Beamtengesetz sollte allerdings überlegt werden, ob es auch für Nicht-Versorgungsempfänger gilt. Jetzt nehme ich wieder das Beispiel Koch. Bei ihm wäre es wahrscheinlich nicht so schlimm gewesen, wenn er auf seine Versorgungsbezüge hätte verzichten müssen.
Ich überlege, ob ich es Ihnen erspare, dass ich das alles noch einmal vortrage, weil Sie sowieso nicht zuhören, sondern mit Ihren Zwischenrufen beschäftigt sind.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Entscheiden Sie pro Zuhörer! – Holger Bellino (CDU): Die Zwischenrufe sind das Ergebnis des Zuhörens!)
Das ist sehr schön. Aber danach sollten Sie auch weiter zuhören und nicht innerhalb des Parlaments einen Dialog führen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD), zur CDU gewandt: Warum hören Sie dann nie zu?)
Ich wollte aber noch auf einen Punkt eingehen, den Herr Beuth angesprochen hat, dass es nämlich einem Berufsverbot gleichkäme. Dem ist nicht so. Es gab bereits 2006 im Bundestag eine Anhörung, bei der Prof. Dr. Dr. Hans Meyer ganz klar festgestellt hat, dass es sich nicht um ein Berufsverbot handelt und keine verfassungsrechtlichen oder grundrechtlichen Bedenken dagegen bestehen. Der Staat kann seinem Führungspersonal berufsrechtliche Einschränkungen abverlangen, wenn sie dem sinnvollen Zweck dienen, auch nur den Schein mangelnder Integrität zu vermeiden.
Klar muss man sich dann auch darüber unterhalten, ob weiterbezahlt wird. Das ist aber ein anderer Punkt. Jetzt geht es erst einmal darum, wie man es transparent macht und ob es einen Wechsel geben kann oder nicht.
Wir haben ein Interesse daran, Regeln zu finden, wie wir Transparenz und Vertrauen in Politik und Staat zurückbringen und stärken. Dazu sollten wir alle einen Beitrag leisten und das Thema nicht so populistisch aufbereiten, wie wir es gerade tun.
(Michael Boddenberg (CDU), zu Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) gewandt: Von der Wende leben Sie heute noch!)
Also führen wir diese Diskussion differenziert im Ausschuss weiter. Wir hoffen auf die konstruktive Zusammenarbeit aller.
Vielen Dank, Frau Müller. – Frau Kollegin Wissler hat sich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
(Ministerpräsident Volker Bouffier: Lächeln Sie doch einmal, das sieht viel hübscher aus! Sie sehen immer so verbissen aus! Entschuldigung, das war nur eine persönliche Bemerkung!)
Herr Ministerpräsident, ich finde es erfreulich, wenn Sie mir Tipps geben, wie man gut aussieht. Aber ich weise das zurück.
(Minister Jörg-Uwe Hahn: Oh! Das war auch ver- bissen! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind auch klar im Vorteil!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Müller, wir haben bereits im Februar einen Antrag eingebracht, weil wir in der Tat glauben, dass man die Frage in aller Komplexität behandeln muss, um der Sache gerecht zu werden. Deswegen hatten wir im Februar den Vorschlag gemacht, eine Anhörung des Hessischen Landtags durchzuführen, wo man das Problem des Lobbyismus in allen seinen Facetten diskutiert, also nicht nur die Fragen von Karenzzeiten und des Wechsels von Regierungsämtern in die Wirtschaft, sondern beispielsweise auch die Fragen von Parteispenden und Sponsoring. Ich teile Ihre Ansicht, dass es ein ganz schwieriges Feld ist; denn die Frage ist: Wie passiert die Abgrenzung zwischen Lobbyarbeit und völlig berechtigter Interessenvertretung?
In der Tat glaube ich, dass wir uns genauer damit auseinandersetzen müssten. Unser Antrag auf Anhörung ist damals leider von den Regierungsfraktionen abgelehnt worden, sodass wir jetzt einen neuen Antrag gestellt haben, in dem der Name Koch nicht vorkommt. Es geht schon um die Sache, und Koch ist ein Beispiel, aber eben kein Einzelfall. Nach wie vor sind wir der Meinung, dass wir uns dieses Problems annehmen müssen. Da gibt es Organisationen wie Transparency International, wie Lobby Control, die sehr gute Vorschläge gemacht haben, man mit solchen Fragen umgeht, beispielsweise Ethikräte einzusetzen.
Selbstverständlich kommen wir Ihrer Bitte nach: Wir können das gern im Ausschuss weiter diskutieren und den Entschließungsantrag nicht sofort abstimmen.
Herr Beuth, ich weiß schon, warum ich bei Ihnen keine Kurzintervention gemacht habe. Ich würde gern Frau Kollegin Müller antworten.
Vielleicht ergibt sich auch eine gemeinsame parlamentarische Initiative von unseren Fraktionen oder auch anderen Fraktionen des Hauses, diese Frage noch einmal auf die Tagesordnung zu bringen und dann mit der gebotenen Sorgfalt und der ganzen Komplexität hier im Landtag zu beraten.
Vielen Dank. – Frau Müller, möchten Sie darauf eingehen? – Dann ist jetzt Herr Kollege Blum für die FDPFraktion dran.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Stück weit eine schizophrene Diskussion, die wir hier führen, wenn wir uns an das erinnern,