Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

Meine Damen und Herren, die Polizei hat sich in den vergangenen Jahren unter Volker Bouffier an vielen Stellen zu einem Vorzeigebetrieb entwickelt. Diese Bilanz wird auch nicht dadurch falsch, dass es in Einzelfällen kritisch zu bewertende Entwicklungen gab.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Meine Damen und Herren, natürlich gibt es in einer Organisation mit rund 18.000 Bediensteten immer einen Weiterentwicklungs- und Optimierungsbedarf. Das betrifft die handelnden Personen ebenso wie die aktuellen Strukturen, die sich natürlich an den zukünftigen Herausforderungen für eine erfolgreiche Polizeiarbeit orientieren müssen.

Wir lassen es Ihnen aber nicht durchgehen, dass Sie diese berechtigte Kritik an einzelnen Vorfällen innerhalb der Polizei zu einem System hochstilisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist doch höchstens ein leicht durchschaubares Manöver einer an Sachthemen armen Opposition.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Frau Faeser, Sie wollen nicht die Sachen klären, Sie wollen Personen beschädigen.

(Nancy Faeser (SPD): Nein!)

Ihnen geht es nicht um das Ansehen, die Wertschätzung und die Verbesserung der inneren Polizeistruktur, Ihnen geht es darum, den erfolgreichen Start des neuen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, über den Sie sich völlig zu Recht ärgern, systematisch zu unterminieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es wird doch allgemein anerkannt, dass Minister Boris Rhein schnell in seinem neuen Amt als Innenminister angekommen ist.

(Holger Bellino (CDU): Sehr richtig! – Heike Hofmann (SPD): Reden Sie doch zum Thema!)

Wer heute die Zeitung liest, der weiß – oder er ahnt es zumindest –, welch anspruchsvolle und verantwortungsvolle

Aufgabe er innehat. Dabei macht er eine gute Figur. Er ist kompetent und hat seinen eigenen Stil. Er greift durch, wo es nötig ist, er stellt sich aber auch vor die Menschen, für die er politische Verantwortung trägt. Er urteilt nicht vorschnell, sondern macht sich zunächst sachkundig. Er scheut es auch nicht, Probleme beim Namen zu nennen, Lösungswege aufzuzeigen und die Lösungen dann auch umzusetzen.

Ich finde es einen guten Zeitpunkt, dies für meine Fraktion feststellen zu dürfen: Herr Minister Rhein, Sie machen einen guten Job.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, das, was Sie in Wahrheit umtreibt, ist doch, dass Boris Rhein das Problem erkannt hat und mit der Berufung eines Ansprechpartners für vermeintlich gemobbte Beamte auch einen Lösungsansatz aufgezeigt hat.

Sowohl der neue Landespolizeipräsident Udo Münch wie auch der neue Vertrauensmann Henning Möller als eine Reaktion auf die Mobbingvorwürfe gegen die Polizeiführung sind beide eine hervorragende Wahl. Ich darf aus der „FNP“ zitieren:

Der neue Ansprechpartner ist de facto unabhängig. Er ist weder käuflich noch bestechlich und lässt sich erst recht nicht von Autoritäten beeindrucken.

Das ist doch eine zutreffende Beschreibung für dieses neue Amt. Als langjähriges Personalratsmitglied verfügt Henning Möller über reichliche Erfahrung mit dem Innenleben der hessischen Polizei. Er ist in der hessischen Polizei – das ist ein Zitat – „bekannt wie ein bunter Hund“, und er darf auch – ebenfalls ein Zitat – „sein loses Mundwerk“ gerne behalten. Meine Damen und Herren, er wird dann aktiv, wenn sich Polizistinnen und Polizisten schlecht behandelt und gemobbt fühlen oder sonstige Probleme haben. Er wird als Vertrauensperson ein Menschenanwalt sein, eine Bezeichnung, die mir sehr gut gefällt.

Meine Damen und Herren, das Wort „Mobbing“ – Frau Faeser, Sie haben es in Ihrem Beitrag mehrfach angesprochen – steht offensichtlich hoch im Kurs. Die „FAZ“ vom 13. November schreibt zum inflationären Gebrauch des Wortes „Mobbing“, ohne das Problem, das sage ich ganz bewusst, zu verharmlosen oder zu verniedlichen – mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zitieren –:

Plötzlich fühlen sich [bei der Polizei] so viele Beamte ungerecht behandelt, dass sogar die eigenen Kollegen genervt mit den Augen rollen und darauf hinweisen, dass nicht jede ausgebliebene Beförderung,

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

nicht jeder böse Blick und jedes raue Wort gleich Mobbing ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Natürlich gibt es darüber hinaus Konstellationen, in denen handfeste Probleme aufgetaucht sind. Diese gilt es zu klären. Die von Ihnen genannten Fälle werden allesamt juristisch und dann auch disziplinarrechtlich aufgearbeitet. Aber, Frau Faeser, muss ich Ihnen als juristischer Laie den Hinweis geben, dass für Beschuldigte wie auch für Angeklagte zunächst der Unschuldsverdacht gilt?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe der Abg. Nancy Faeser und Petra Fuhrmann (SPD))

Dass wir uns mit Vorverurteilungen höflich zurückhalten mögen, solange Justitia noch nicht gesprochen hat, ist doch eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch dafür, dass mögliche Dienstvergehen von Beamten im Rahmen eines Disziplinarverfahrens dann auch sanktioniert werden, gibt es Regeln, die von allen zu respektieren sind.

Die erfolgreiche Arbeit der hessischen Polizei ist unbestreitbar. Dieses Feld wurde unter Volker Bouffier und wird auch aktuell unter Innenminister Boris Rhein gut bestellt und trägt Früchte. Wer einzelne Problemfälle zu Problemen ausweitet, schadet letztlich der ganzen Polizei. Das haben die vielen Hundert tadellos arbeitende Polizisten und Führungskräfte in Hessen nicht verdient.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir werden deshalb Minister Boris Rhein unterstützen, indem er Probleme aufgreift und an sachgerechten Lösungen arbeitet, um die Strukturen und Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Polizeiarbeit weiter zu verbessern. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Gute Rede!)

Danke sehr, Herr Kollege Bauer. – Zu einer Kurzintervention hat sich jetzt Frau Faeser gemeldet. Frau Faeser, Sie kennen das: zwei Minuten.

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Bauer, das geht so nicht. Sie stellen sich hierhin und verharmlosen das. Sie sagen, das seien alles Einzelfälle. Sie sagen, ein schiefer Blick eines Kollegen sei noch kein Mobbing. Herr Kollege, ich habe Ihnen hier die Fälle vorgestellt. Da hat der Dienstvorgesetzte die Kollegen aufgefordert, etwas Schlechtes über einen anderen Kollegen zu schreiben und das schriftlich niederzulegen. Dort wurden psychiatrische Gutachten erstellt, die mit falschen Urteilen dazu geführt haben, dass Leute widerrechtlich aus dem Amt gefallen sind. Sie stellen sich hierher und sagen, dass sei alles nicht so schlimm, und sie sollten sich nicht so anstellen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das hat doch keiner gesagt!)

Da arbeiten Sie am Thema vorbei, Herr Bauer.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Unschuldsvermutung angesprochen. Genau das ist hier nämlich das Problem. Sie galt nämlich für die kleinen Beamten offenbar nicht.

(Petra Fuhrmann (SPD): Richtig! – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Sie wurden nämlich alle sofort suspendiert. Jetzt wird bei der LKA-Chefin plötzlich mit der Unschuldsvermutung argumentiert. Da stimmt etwas im System nicht. Da wird mit zweierlei Maß gemessen.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Heuchelei!)

Das ist nämlich genau das Problem.

Sie haben den Ansprechpartner angesprochen, den der Innenminister eingesetzt hat. Die Person ist eine tolle Wahl, Herr Innenminister. Dafür müssen wir Ihnen ein Kompliment aussprechen. Das ist sicherlich jemand, der die Polizei gut kennt. Aber dieser Landtag hat im Moment ein Gesetzgebungsverfahren, wo über einen Landespolizeibeauftragten debattiert wird. Und wir hatten vor Kurzem eine Anhörung dazu. Sie hat ergeben, dass das Wichtigste an einem solchen Polizeibeauftragten die Unabhängigkeit ist. Die Unabhängigkeit ist gerade nicht gegeben, wenn ihr Landesansprechpartner direkt dem Minister und dem Staatssekretär untersteht. Von Unabhängigkeit kann man da in keinster Weise reden.

(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Besser geht es doch gar nicht!)

Meine Damen und Herren, dieses System Bouffier hat dazu geführt, dass die Leute Angst hatten und sich gegenseitig beschuldigt haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ach du grüne Neune! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ein Popanz!)

Wir wollen wieder eine Polizei haben, in der mündige Bürger sind, die auch ihre Meinung sagen dürfen, ohne dadurch gleich ein Disziplinarverfahren zu riskieren. Da bitten wir nach wie vor um Aufklärung. Dazu haben Sie nichts beigetragen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)