Protokoll der Sitzung vom 14.12.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will aber auch noch etwas Grundsätzliches zu dem Uniklinikumsgesetz sagen, weil es außer den zwei Punkten, die auch in der Anhörung strittig waren, vor allem redaktionelle Änderungen sind, die Sie machen. Genau das ist das Problem.

Schon im Vorblatt schreiben Sie, Sie seien der Meinung, das Gesetz habe sich größtenteils bewährt. Frau Ministerin, das sehen wir ganz anders.

Wenn wir über die Novelle des Hessischen Universitätsklinikumsgesetzes reden, dann müssen wir natürlich auch über die fatalen Auswirkungen der Privatisierung reden. Frau Dorn hat das bereits angesprochen. Mit diesem Gesetz wurden im Jahr 2005 die Universitätskliniken Gießen und Marburg fusioniert und anschließend privatisiert. Das war schon damals sehr umstritten. Ich muss sagen, nach den Jahren haben sich diese Befürchtungen bewahrheitet. Die Patientenversorgung hat sich verschlechtert, und vor allem haben sich die Arbeits-, die Lehr- und die Lernbedingungen verschlechtert.

Auch das wurde in der Anhörung geschildert. Es war von unterbesetzten Schichtdiensten, von fehlenden Vertretungen die Rede. Es gibt Stellenabbau. Erfahrene Ärzte haben das Klinikum verlassen – das haben wir in dem Brandbrief der Oberärzte lesen können. Auf vielen Stationen ist die Personaldecke so dünn, dass ausdrücklich auf die vom Land für Forschung und Lehre finanzierten Stellen zurückgegriffen werden muss. Das ist natürlich ein Problem: wenn Mitarbeiter für wissenschaftliche Arbeit zur Patientenversorgung herangezogen werden. Denn damit wird indirekt, aus dem Pool für Forschung und Lehre, also aus Landesmitteln, kompensiert, dass die Rhön AG Personal abbaut und offensichtlich Mittel einspart. Das ist ein Problem.

Herr Büger, Sie haben den Wissenschaftsrat als eine Ihrer Meinung nach neutrale Institution erwähnt. Aber auch der Wissenschaftsrat attestiert dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg ein ganz besonders schlechtes Zahlenverhältnis von Professoren zu Studierenden, das drastisch über dem Bundesdurchschnitt liegt. Auch der Wissenschaftsrat sieht das als eine Gefahr für wissenschaftliche Arbeit an.

Frau Wissler, bitte kommen Sie zum Schluss.

Vielen Dank. Ich sehe, ich muss zum Schluss kommen.

Frau Ministerin, wir kritisieren, dass Sie in dieser Angelegenheit mit allen reden – aber nicht mit den Betriebsräten. Das sollten Sie aber, um sich über die Arbeitsbedingungen dort zu informieren. Deswegen sind wir der Meinung, Sie kommen der Chance nicht nach, in diesem Gesetz wenigstens Personalmindeststandards und den Ausschluss von Leiharbeit zu regeln.

Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf auch in zweiter und dritter Lesung ablehnen. Denn wir sind der Meinung, Universitätskliniken gehören in die öffentliche Hand und sollten nicht privatisiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Wissler. – Als Nächste spricht Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens ist dieses Gesetz verfassungsgemäß. Zweitens ist es handwerklich ordentlich gemacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will das System erklären, wie Forschung und Lehre in zwei kompliziert gefügten Gremien dargestellt worden sind. Das ist sehr schwierig.

Herr Kollege Spies, als Allererstes: Die Entscheidung, die Sie genannt haben, passt überhaupt nicht auf den jetzigen Fall. Denn dort geht es sozusagen um einen Streit zwischen Dekanat und Fakultätsrat. In dieser Bundesverfassungsgerichtsentscheidung, die Sie erwähnt haben, geht es um die starke Stellung des Dekans und die mindere Stellung der Fakultät. Bei uns aber geht es um einen ganz anderen Fall, sodass diese Bundesverfassungsgerichtsentscheidung darauf gar keine Anwendung findet.

Ich lege auf Folgendes Wert: In diesem komplizierten Gefüge haben wir zwei Gremien, die man sehr genau unterscheiden muss. Das eine Gremium ist der Vorstand des Klinikums. Das ist im Gesetz geregelt. Da ich die einzige Juristin bin, die zu diesem Thema heute hier redet, lege ich Wert darauf, diese beiden Gremien auseinanderzuhalten. Diese beiden Gremien haben in der Tat unterschiedliche Funktionen. Mehrere Redner haben das Problem nicht erwähnt.

Im Vorstand ist der Dekan Mitglied. Dort hat er Stimmrecht. Selbstverständlich bringt er dort Maßnahmen und Beschlüsse ein und achtet darauf, dass Forschung und Lehre bedacht werden.

In § 8 Abs. 2 des Gesetzes heißt es, ich zitiere:

Maßnahmen und Beschlüsse, die Belange der Forschung und Lehre betreffen, bedürfen der Zustimmung des jeweiligen Dekanats. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag der Aufsichtsrat.

Das ist der Dekan als Mitglied des Vorstands. In dieser Funktion hat er eine ganz starke Stellung. Wenn er also mit dem, was er für Forschung und Lehre voranbringen will, dort nicht durchkommt, dann landet das Ganze im Aufsichtsrat. Da die Aufsichtsräte von den Teilnehmern her so bestückt sind, dass die Vorstände gleichzeitig Teilnehmer des Aufsichtsrats sind, sitzt selbstverständlich der Dekan mit im Aufsichtsrat.

Der Änderungsvorschlag von CDU und FDP zu § 10 Abs. 2 sieht nochmals ausdrücklich vor, dass er dort hingehört und auch in dieser Funktion dort sitzt.

Wenn also der Präsident im Aufsichtsrat geborenes Mitglied ist – er ist natürlich auch für die Forschung und Lehre zuständig – und der Dekan als Mitglied des Vorstands ebenfalls dort sitzt, dann ist der Aufsichtsrat das Gremium, das – nach dem Vorstand, wenn es bis dahin nicht gelungen ist – über die Belange von Forschung und Lehre zu entscheiden hat. Der Aufsichtsrat entscheidet mit Mehrheit, auch über die Belange von Forschung und Lehre.

Wenn nach der Entscheidung des Aufsichtsrats der Dekan, oder Dekan und Präsident, oder nur der Präsident der Auffassung sind, Forschung und Lehre sei nicht genügend Rechnung getragen worden, dann wiederum können sie selbstverständlich den Weg gehen und die letzte Ent

scheidung des Ministeriums anrufen. Denn in Fragen von Forschung und Lehre obliegt dem Ministerium die Rechtsaufsicht.

Das, was ich Ihnen eben aufgezeigt habe, zeigt sehr deutlich, dass Forschung und Lehre in einem Gefüge zwischen Vorstand und Aufsichtsrat Rechnung getragen wird. Man kann also in keiner Weise davon reden, es gebe verfassungswidrige Vorschriften oder unüberlegte Änderungsanträge. Ganz im Gegenteil, mit diesem Gesetzentwurf zum Universitätsklinikumsgesetz wird den Belangen von Forschung und Lehre in Hessen sehr gut Rechnung getragen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will noch auf Folgendes hinweisen – Frau Wolff hat es vorhin angesprochen, und auch Herr Büger –: Es war notwendig, die Forschungsanstalt Geisenheim in diesen Gesetzentwurf aufzunehmen.

Es handelt sich auch nicht um einen Antrag, der einzelne Punkte aufgreift, die man sonst hätte regeln können. Vielmehr erfolgen hier Umsetzungen. Das sind Vorschriften zum TUD-Gesetz; diese Vorschriften werden von der Technischen Universität Darmstadt sogar gewünscht. Auch die Hessische Landesbibliothek Wiesbaden spielt noch eine Rolle. All diese Dinge mussten geregelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beschränke mich auf diesen einen Punkt. Das andere haben Frau Kollegin Wolff und Herr Kollege Büger eben schon dargestellt.

Das hessische Universitätsklinikumsgesetz ist ein Gesetz, das mutig neue Schritte gewagt hat. Das führt jetzt bei der ersten Novellierung dazu, dass wir die Grundsätze behalten, weil sie sich bewährt haben, und nur einzelne Änderungen vornehmen, die durch die Erfahrung in der Evaluation nötig geworden sind.

In diesem Sinne ist dieses Universitätsklinikumsgesetz das modernste Universitätsklinikumsgesetz, das es in Deutschland gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke sehr, Frau Kühne-Hörmann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und des Hessischen Hochschulgesetzes.

Die dritte Lesung ist beantragt. Zur Vorbereitung dafür wird heute Abend der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst tagen.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz über die staatliche Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie Heilpädagoginnen und -pädagogen – Drucks. 18/3468 zu Drucks. 18/2528 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Dr. Büger. So steht es hier. – Ich kann Ihnen gerne helfen und Ihnen den Text geben.

(Abg. Günter Rudolph (SPD) händigt Abg. Dr. Matthias Büger (FDP) ein Blatt aus.)

Ich sehe, die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen klappt prima. – Herr Dr. Büger, Sie haben das Wort.

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz über die staatliche Anerkennung von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie Heilpädagoginnen und -pädagogen, Drucks. 18/2528, hierzu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/ 2990, Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 18/ 2991, und Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/3448:

Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung von SPD und DIE LINKE, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 18/3448 in zweiter Lesung anzunehmen. – Ich bedanke mich.

Danke, Herr Dr. Büger. – Meine Damen und Herren, es ist keine Aussprache vorgesehen.

Ich komme damit direkt zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – SPD und LINKE. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Ich darf Tagesordnungspunkt 16 aufrufen:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Art. 124 der Verfassung des Landes Hessen (Absenken des Quorums für den Volksentscheid) – Drucks. 18/3460 zu Drucks. 18/2764 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Utter. Er ist bereit. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Der Hauptausschuss empfiehlt dem Plenum, dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen. Für diese Beschlussempfehlung waren CDU und FDP gegen die Stimmen der GRÜNEN bei Enthaltung von SPD und LINKEN.

Zuvor lehnte der Hauptausschuss den Änderungsantrag Drucks. 18/3172 ab. Die Ablehnung erfolgte durch CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, GRÜNEN und LINKEN.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Utter. – Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen.