Herr Rudolph, nicht Gedanken über die Ausgestaltung des Metropolgesetzes, sondern die von Ihnen betriebene Skandalisierung von Überlegungen vermitteln den Eindruck von Chaos. – So viel zum Süden, nun zum Norden.
Entgegen dem von sozialdemokratischer Seite erweckten Eindruck hat sich Ministerpräsident Bouffier in seinem Brief nach Kassel nicht generell und sowieso gegen eine dortige Regionalreform ausgesprochen. Er hat sich nur über die recht unkonkreten Vorschläge, die ihm von Oberbürgermeister Hilgen und Landrat Schmidt vorgelegt wurden, skeptisch geäußert.
Wenn man in eine sachgerechte und überzeugende Realisierung eintreten möchte, bedarf es präziser Vorstellungen.
Anders gesagt: Es sollte Klarheit in wichtigen Fragen bestehen, etwa in der Frage der rechtlichen Stellung der Stadt Kassel.
Nächste Frage: Wie verhält sich eine künftige Regionsumlage im Vergleich zur jetzigen Kreisumlage? Welcher Ansatz wird für den Umgang mit den Altschulden der Stadt Kassel, den oberzentrumsbedingten Kosten, gewählt? Der Beschlussempfehlung des gebildeten Ausschusses zur Entwicklung der Region Kassel aus der Sitzung vom 18. Mai 2009 ist dazu immerhin schon einmal zu entnehmen:
Bis heute erfährt der geneigte Beobachter nichts darüber, wo man von dem Hannoveraner Modell abweichen und wo man es ihm gleichtun möchte.
Unabhängig von der Beantwortung derartiger Fragestellungen sollte eine gesetzliche Initiative zur Bildung eines Regionalkreises Kassel voraussetzen, dass dieses Modell von den Betroffenen einvernehmlich gewollt und mitgetragen wird.
Frau Müller hat es schon angesprochen: Tatsächlich sind aber erhebliche Bedenken der Landkreisgemeinden vorhanden, die auch von vielen SPD-Bürgermeistern hinter vorgehaltener Hand geäußert wurden.
Ein Beispiel. Niestetal als Gemeinde mit 10.000 Einwohnern im Landkreis Kassel hat im Nachtragshaushalt 2010 dank des Firmensitzes von SMA eine Gewerbesteuereinnahme von 37 Millionen € ausgewiesen. Man wird dort nicht in der ersten Reihe der Begeisterten mitmarschieren,
wenn nicht absehbar ist, wie viel von diesen Einnahmen bei einem Regionalkreis Kassel noch vor Ort verbleiben würde.
Im praktischen Handeln der Akteure vor Ort ist auch sonst keine übergroße Neigung in dieser Angelegenheit zu erkennen.
Obwohl bereits im Jahr 2002 mit der Überreichung eines gemeinsamen Leitantrags der SPD-Unterbezirke KasselLand und Kassel-Stadt an den damaligen Kasseler Oberbürgermeister Lewandowski die Idee der Einrichtung eines Regionalkreises verfolgt wurde, wurde dieses Papier seitdem nie weiterentwickelt und konkretisiert.
Wenn vorgetragen wird, dass die Ablehnung des Fusionswunsches durch den Ministerpräsidenten im Widerspruch zum Koalitionsvertrag stehe, so kann das geklärt werden. Es steht in der Tat dort so.
Herr Rudolph, damit ist aber nicht das gemeint, was im Leitantrag der SPD aus dem Jahr 2002 auf Seite 3 steht. Da heißt es nämlich:
Das Konzept der Kasseler SPD verlangt, dass das Land Hessen einen großen Beitrag zur Entschuldung leistet.
(Günter Rudolph (SPD): So, jetzt wollen wir es einmal wissen: Die FDP hat das in Kassel ja kritisiert! – Herr Lenders, gilt das auch für Wiesbaden?)
Herr Rudolph! – Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kollegen! Eines will ich vorwegschicken: Die FDP-Fraktion steht zur Regionalreform.
Meine geschätzten Kollegen, die FDP-Fraktion steht so uneingeschränkt dazu, dass in der Metropolregion RheinMain alle gesellschaftlichen Kräfte ein Gehör finden.
Meine Damen und Herren, die Aufgeregtheiten, die sich jetzt hier zeigen – Sie mögen sagen, das sei ein Missverständnis. Ich glaube, Sie wollten ganz bewusst den Ministerpräsidenten falsch verstehen. Das ist mir durch Ihre Ausführungen auch wieder klar geworden.
Der Ministerpräsident hat nicht von einem Stoppschild für die Region Kassel gesprochen, sondern er hat eigentlich ein Schild „Vorfahrt achten“ aufgestellt: