Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

Meine Damen und Herren von der Opposition, ich verstehe Ihre Zwischenrufe überhaupt nicht. Ich verstehe sie zwar akustisch, aber nicht vom Sachzusammenhang her.

(Günter Rudolph (SPD): Das könnte an Ihnen liegen!)

Sie könnten doch einfach einmal die Grandezza besitzen, zu sagen: Das ist gut gemacht, ein tolles Ergebnis, eine tolle Arbeit, danke schön. – Das wäre ein neuer Umgang miteinander.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2010 ist in qualitativer und quantitativer Hinsicht eine außergewöhnliche Bilanz der Sicherheit in Hessen.

(Clemens Reif (CDU): Nicht so bescheiden!)

Sie beweist trotz aller Kübel voll Dreck, die die Opposition sich nicht zu schade gewesen ist auszugießen,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

dass die hessische Polizei zu exorbitanten Leistungen fähig ist, dass sie gut aufgestellt ist und dass die Beamtinnen und Beamten eine Spitzenarbeit in Hessen leisten. Dafür sage ich den 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Polizei ein ganz herzliches Dankeschön. Sie leisten eine großartige, eine tolle Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Diese Bilanz ist nämlich ihre Bilanz: Sie ist die Bilanz der Polizistinnen und Polizisten in Hessen. Es ist die Bilanz eines jeden Einzelnen von ihnen. Tag für Tag leisten sie mit einem Engagement, das weit über das Übliche hinausgeht, auf den Revieren, in den Stationen und in den Kriminalkommissariaten ihren nicht immer einfachen Dienst. Es ist ihre Arbeit, und es ist ihr Ergebnis.

(Beifall bei der CDU)

Die Politik kann Rahmenbedingungen setzen. Sie kann schlechte Rahmenbedingungen setzen wie die, die wir vorgefunden haben, als wir 1999 hier angefangen haben. Oder sie kann Rahmenbedingungen setzen, die stimmen: solche wie die, die seit 1999, seit dem Amtsantritt von Volker Bouffier als Innenminister, Stück für Stück, konsequent, kontinuierlich und in einer Aufholjagd, die ihresgleichen sucht, durch diese Regierung gesetzt worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört beispielsweise die von CDU und FDP damals ermöglichte Videoüberwachung. Ich füge hinzu: Niemand will eine flächendeckende, lückenlose Überwachung. Das zu fordern ist nicht nur völliger Unsinn; eine solche Überwachung ist zudem ohne jeglichen Nutzen. Eine Videoüberwachung muss man klug machen, damit sie wirkt; eine Videoüberwachung muss man punktgenau machen, damit sie wirkt; und man muss sie anlassbezogen machen, damit sie wirkt. Exakt das tun wir in Hessen.

Die Erfahrungen aus zehn Jahren Videoüberwachung zeigen, dass potenzielle Täter abgeschreckt werden, dass beim Erkennen von Gefährdungen und Straftaten unmittelbar und wirkungsvoll polizeiliche Maßnahmen getroffen und bei begangenen Straftaten Beweissicherungsund Identifizierungsmaßnahmen rasch durchgeführt werden können. Genau das war bei dem Raubmord am 11. Februar dieses Jahres der Fall, als Täter und Opfer auf dem Bahnhofsvorplatz in Fulda von einer Kamera aufgenommen worden sind und der Täter eben aufgrund der Tatsache, dass es dort eine Videoüberwachung gibt, gestellt werden konnte.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das konnte die Straftat nicht verhindern!)

Lieber Herr Frömmrich, das hat die Straftat in der Tat nicht verhindert. Aber es hat dafür gesorgt, dass der Täter seiner Strafe zugeführt werden kann, und das wäre wahrscheinlich nicht der Fall gewesen, wenn es keine Videoüberwachung gegeben hätte.

Dazu gehört auch der Einsatz von Kennzeichenlesegeräten, über den wir diskutiert haben. Sie sind seit dem 01.01.2011 wieder im Einsatz und stellen eine wertvolle und auch erforderliche Ergänzung des Fahndungsinstrumentariums der Polizei dar. Der Einsatz von Kennzeichenlesegeräten ist rechtmäßig, erforderlich und auch verhältnismäßig; denn er führt zu einer erhöhten Sicherheit, und die Freiheit des Einzelnen wird dabei gerade nicht über die Maßen eingeschränkt.

Ich kann den Widerstand, den Sie hier geleistet haben, überhaupt nicht nachvollziehen. Nehmen Sie sich doch ein Vorbild an Ihrem brandenburgischen sozialdemokratischen Kollegen, dem Innenminister, der auf dem Europäischen Polizeikongress, auf dem ich mit ihm diskutiert habe, klipp und klar gesagt hat: Selbstverständlich führt auch Brandenburg Kennzeichenlesegeräte ein.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr gut!)

Das ist keine gute Koalition – ich bedauere das –; es ist eine rot-rote Koalition. Aber der Mann hat recht. Er hat begriffen, worauf es ankommt, und deswegen kann ich nur sagen: Nehmen Sie sich an ihm ein Vorbild.

(Beifall bei der CDU)

Es ist nicht nur so, dass man sich an einem anderen ein Vorbild nehmen sollte. Vielmehr ist es auch so, dass die Verweigerungshaltung, die Sie an den Tag legen, falsch ist. Sie ist durch nichts begründet. Diese Verweigerungshaltung ist zudem gefährlich. Ich sage es klipp und klar: Die Kennzeichenerfassung ist etwas völlig Normales. Es ist das Wesen eines Kennzeichens, dass es erfasst wird. Anderenfalls würde man überhaupt keine Kennzeichen benötigen.

Bei den Kennzeichenlesegeräten geht es eben nicht darum, dass man mittels der Vorratsdatenspeicherung einen Datenbestand erzeugt, sondern darum, bestimmte Kennzeichen zu einem bestimmten Zweck zu erfassen. Wenn wir damit jemanden verfolgen können, der z. B. ein Triebtäter ist oder sonstige schwerste Straftaten begangen hat, dürfen wir ein solches Instrumentarium nicht nur einsetzen, sondern wir müssen es sogar, weil alles andere irrwitzig wäre und wir dann die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gefährden könnten.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt Deliktfelder, die das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger besonders empfindlich beeinträchtigen. Dazu gehören die Straftaten aus dem Bereich der Gewaltkriminalität, die Straßenkriminalität und der schwere Diebstahl einschließlich des Wohnungseinbruchs. Genau in diesen Bereichen – bis auf einen, auf den ich gleich noch zu sprechen komme – erleben die Bürgerinnen und Bürger in Hessen seit 1999 eine kontinuierliche Verbesserung.

Nehmen wir uns die einzelnen Bereiche einmal vor. Bei der Straßenkriminalität haben wir einen Rückgang um 4,1 %, beim Raub ist es ein Minus von 7,1 %, beim Handtaschendiebstahl sind es sogar 13,1 % weniger, und beim Diebstahl aus Kraftfahrzeugen ist die Zahl der Straftaten um 9,7 % gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit 1971. Natürlich hat das auch etwas damit zu tun, dass die KfzHersteller über eine verbesserte Technik verfügen; aber es hat insbesondere etwas damit zu tun, dass es erhebliche polizeiliche Präventionsbemühungen gibt und gab und dass die hessische Polizei genau in diesem Bereich einen erhöhten Kontrolldruck ausgeübt hat.

Allerdings – damit komme ich zu dem Bereich, den ich eben angesprochen habe – gibt es dort, wo viel Sonne ist, auch immer wieder das eine oder andere Fleckchen Schatten. Dazu gehört die Zahl der Wohnungseinbrüche, die mir mit einer Zunahme von 16,3 % Kopfschmerzen bereitet. Da braucht man überhaupt nicht drum herumzureden, und das will ich hier auch nicht verschweigen.

Aber die Gründe dafür sind genauso unschön, wie sie real sind: Hessen hat eine zentrale Lage. Hessen bietet mit dieser zentralen Lage, die uns sonst zum Vorteil gereicht und in Deutschland einmalig ist, sowie mit einer ausgeprägten Verkehrsinfrastruktur wie nirgendwo anders die Möglichkeit, schnell an einen Tatort zu gelangen und sich über kurze Wege schnell wieder davon zu entfernen. Das sowie Kinderbanden, aber auch Tätergruppen aus Osteuropa und Südamerika verursachen die hohen Fallzahlen, die wir hier zu beklagen haben.

Es ist unsere Aufgabe, diese Fallzahlen zu reduzieren. Deswegen sage ich: Die hessische Polizei legt eben nicht die Hände in den Schoß. Vielmehr handelt sie. Sie hat eine rasante Aufholjagd gestartet. Dazu gehört, dass Gefährder gezielt angesprochen werden. Dazu gehört, dass es eine im Landeskriminalamt angesiedelte Arbeitsgruppe gibt, die sich speziell um dieses Phänomen kümmert.

Dazu gehört aber auch, dass wir eine Ausbildungs- und Einstellungsoffensive in Hessen gemacht haben. Sie hat nachhaltige und spürbare Auswirkungen. Wir haben im Jahr 2008 550 Anwärter eingestellt. Wir haben im Jahr 2009 550 Anwärter eingestellt. Wir haben das im Jahr 2010 getan. Wir haben auch im Jahr 2011 550 Anwärter in den Polizeidienst eingestellt. Das führt dazu, dass wir bei der Polizei mehr Zugänge als Abgänge haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf)

Ich freue mich über jeden Zwischenruf von Ihnen. – Natürlich ist es genau diese Politik, die mein Vorgänger Volker Bouffier eingeleitet hat, die es uns beispielsweise ermöglicht, mit einem sehr zielgenauen und personalintensiven Konzept, nämlich mit dem Konzept „Regionale Sicherheit“, eine schnelle Eingreiftruppe für genau solche Fälle aufzustellen, die der Polizei in den Flächenpräsidien vor Ort zur Verfügung steht und die als Unterstützungskräfte der Bereitschaftspolizei bei der Bewältigung solcher regionaler Brennpunkte nachhaltig Unterstützung leisten kann. Das gilt exakt für diesen Deliktsbereich, der natürlich auch etwas mit der Präsenz der Polizeibeamten zu tun hat.

Im Gegensatz zu Ihnen redet die Landesregierung nicht nur über das Thema innere Sicherheit, sondern sie handelt da. Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Mit Verlaub, das ist auch ihr Job!)

Ich sagte es bereits: Ich freue mich über die Zwischenrufe des Oppositionsführers. – Eben, das ist unser Job. Sie haben Ihren Job damals nicht gemacht. Darauf möchte ich jetzt gerne zurückkommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schauen Sie sich einmal die Zahlen des Langzeitvergleichs an. Sie sehen dann doch, dass in den Neunzigerjahren, also in der Zeit, in der Rot-Grün in unserem Bundesland leider Verantwortung getragen hat, die Zahl der Wohnungseinbrüche doppelt so hoch war, wie sie heute ist.

Um das einmal anschaulich zu machen, habe ich eine wunderbare Säulengrafik mitgebracht. Herr Präsident, ich hoffe, ich darf das einmal zeigen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Schauen Sie sich die doch einmal genau an. Da, wo die Säulen hoch sind, hat Rot-Grün regiert. Da, wo die Säulen niedrig sind, hat Schwarz-Gelb regiert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist leider die Realität im Land Hessen. Deshalb kann ich nur sagen: Von Ihnen brauchen wir nun wirklich keine Ratschläge beim Thema innere Sicherheit.

Verehrte Frau Faeser, da wir schon einmal bei diesem Thema sind, möchte ich Ihnen etwas sagen, was ich Ihnen schon einmal gesagt habe. Das Beste an Ihren Pressemitteilungen ist das Foto, das von Ihnen da abgebildet wird.

(Zurufe: Oh!)

Dieses Mal haben Sie nun wirklich dem Fass den Boden ausgeschlagen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Könnten Sie ihm mitteilen, dass wir hier keinen Fasching machen?)

Denn in Ihrer Pressemitteilung vom 24. Februar 2011 zur Vorstellung der Kriminalitätsstatistik der Polizei haben Sie geschrieben:

„Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ Aber der Innenminister muss... sogar noch seine eigenen Ergebnisse verschleiern,...

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