(Minister Stefan Grüttner: Sie haben das schon kri- tisiert! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Dialog!)
Was die neuen Regelsätze in der Grundsicherung anbelangt, haben wir erhebliche Zweifel, ob sie einer neuerlichen Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhalten werden. Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass es falsch ist, nur die unteren 15 anstatt 20 % der Einkommensskala als Bemessungsgrundlage zu wählen, nicht zuletzt wegen der sogenannten Aufstocker, die den Durchschnitt zwangsläufig nach unten drücken.
Die von Frau von der Leyen propagierte neue Transparenz bei den Regelsätzen ist für uns mehr als durchsichtig. Denn ich glaube, sie war von Anfang an nicht darauf angelegt, dass hier wirklich echte Prüfungschancen bestehen. Diesen zwangsläufigen weiteren Gang nach Karlsruhe haben dann aber die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen zu verantworten und nicht wir.
Meine Damen und Herren, am Ende war die Zustimmung zu dem erzielten Kompromisspaket mit all seinen eben
genannten Einzelheiten für die SPD ein Abwägungsprozess: endlich die Einführung des Mindestlohns in der Leih arbeit sowie in zwei weiteren Branchen und ein wesentlich verbessertes Bildungspaket, von dem 500.000 Kinder von Geringverdienern profitieren, unter Inkaufnahme eines niedrigeren Regelsatzes, von dem wir uns relativ sicher sind, dass er ohnehin keinen Bestand hat. Oder sollten wir deswegen alles platzen lassen?
Die SPD hat sich für dieses Paket entschieden, weil es uns wichtig war, etwas für 1,2 Millionen Arbeitnehmer und über 2 Millionen Kinder und Jugendliche zu tun. Wir haben Verantwortung übernommen, während andere – ich schaue auf diese Seite – mit abstrusen Vorstellungen das nicht getan haben.
Meine Damen und Herren, wir sind uns sicher, dass wir in allen Punkten mit viel Zähigkeit zu weiteren Verbesserungen kommen werden. So haben wir das mit viel Stehvermögen in den eben besprochenen Punkten erreicht. Wir bleiben am Ball, wenn es um die Arbeitnehmerrechte geht – für die, die derzeit keine Arbeit haben. Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass alle Kinder, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, eine Chance auf Bildung haben. Das ist unsere Position, deutlich und klar.
Herr Minister, ich habe jetzt noch eine Minute Redezeit. Bevor Sie sich nachher an dieser Stelle aufregen können, sage ich ganz einfach: Hier scheint das Bild diffus zu sein. Wir fordern Sie auf, das aufzuklären. Wenn das Ergebnis dann lautet, dass das im Bundeskindergeldgesetz unter Hartz IV wirklich so geregelt ist, dann brauchen wir aus der Landesschatulle dafür nichts zu bezahlen. Darüber können wir dann im Ausschuss ganz friedlich reden.
Dann ist diese Passage obsolet. Sie haben die Gelegenheit, das aufzuklären. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich das aufkläre, was die SPD in ihrem Antrag festgestellt hat und wozu sie anschließend um Aufklärung gebeten hat, will ich, um in der Sache vielleicht endlich einmal etwas weiterzukommen, zwei, drei Vorbemerkungen machen.
Zum Ersten. Ich teile uneingeschränkt die Auffassung des Abg. Bocklet im Hinblick auf die sozialpolitische Kompetenz der LINKEN in diesem Landtag. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist in der Tat so, dass dort schlicht und einfach Wolkenkuckucksheime gebaut werden und der Versuch gemacht wird, allen alles zu versprechen – man gleichzeitig aber von der Sache wenig versteht.
Das merkt man auch, wenn man in den Antrag hineinschaut, der da heute als Setzpunkt angemeldet worden ist.
Dort steht, dass man „Sanktionen“ gegen Hartz-IV-Empfänger ablehnt. Man weiß also schlicht und einfach nicht, dass Sanktionen in diesem Zusammenhang kein Selbstzweck sind, sondern dass alle, die Leistungen auszahlen, eine Verantwortung denen gegenüber haben,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gehört dazu, Leistungsberechtigte in Eigenverantwortung zu nehmen. Man muss alle tatsächlichen Bemühungen ergreifen, um ihre Hilfsbedürftigkeit zu verringern oder möglichst ganz zu beenden.
Deswegen sind beispielsweise Sanktionen auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Hilfeberechtigten. Denn es muss verdeutlicht werden, dass diese alles Mögliche unternommen haben, um ihren Hilfebezug zu beenden und wieder selbstbestimmt leben zu können.
Meine Damen und Herren, deswegen sind Sanktionen kein Selbstzweck. Sie sind nicht zu verwerfen. Herr Kollege, sie sind in diesem Zusammenhang notwendig – schlicht und einfach notwendig.
Dann sprechen Sie von „Vorladungen“. Diesen Begriff gibt es überhaupt nicht. Hier wird schon wieder mit Semantik Stimmung gemacht.
Nein, momentan nicht. Denn ich werde mit Sicherheit meine Redezeit überschreiten, und dann haben alle Gelegenheit, sich noch einmal zu äußern. Wenn ich jetzt Zwischenfragen zulasse, wird es noch länger werden. Ich bin der Überzeugung, das ist ein solch großes Werk, dass man ausgiebig darüber diskutieren muss.
Sie sprechen von „Vorladungen“. Das sind aber Meldeaufforderungen, und die können ganz unterschiedliche Gründe haben. Es sind Sachverhalte aufzuklären, bei denen schlicht und einfach die Mitwirkung der betroffenen Personen notwendig ist.
Dass Sie Ein-Euro-Jobs ablehnen, passt auch in dieses Bild hinein. Ein-Euro-Jobs oder das, was man eine Arbeitsgelegenheit nennt, sind schlicht und einfach für eine gewisse Personengruppe notwendig. Wir müssen wirklich konstatieren, dass sich Menschen im Leistungsbezug befinden, die es nicht mehr gewohnt sind, zu arbeiten.
Damit diese in Zukunft wieder Arbeit bekommen, müssen sie schlicht und einfach Gelegenheit erhalten, das zu probieren. Deshalb sind Arbeitsgelegenheiten oder EinEuro-Jobs absolut wichtig.
Das Fallmanagement vor Ort entscheidet personenbezogen und persönlich, auf die konkrete Situation bezogen, ob eine derartige Arbeitsgelegenheit – die landläufig EinEuro-Job heißt – notwendig ist oder nicht.
Insofern ist das ein ganz normales Instrument der aktivierenden Sozialpolitik. Dazu sage ich wieder:
Wir machen eine aktivierende Sozialpolitik. Wir wollen nicht, dass man in der Not alimentiert wird und keine Anreize enthält, aus der Not herauszukommen. Wir wollen die Leute in die Lage versetzen, aus dieser Not herauszukommen. Dazu ist Eigeninitiative notwendig.
Jeder, der sich in Not befindet, bekommt diese Hilfe. Aber er bekommt Hilfe, damit er aus der Not herauskommt – und nicht dafür, damit er es sich in der Not bequem machen kann. Meine Damen und Herren, das vertreten anscheinend auch die GRÜNEN in diesem Haus, wenn ich Herrn Kollegen Bocklet richtig verstanden habe – und das ist ein grundlegender Unterschied zu der sozialpolitischen Auffassung, die die LINKEN hier vertreten.
Das einzige Problem, das ich mit dem Kollegen Bocklet habe, ist, dass er zwar hier hehre Aussagen macht – letzt endlich aber, wenn es zum Schwur kommt, stehlen sich die GRÜNEN aus der Verantwortung.
Das wird besonders deutlich bei Ihrem Verhalten im Vermittlungsverfahren und zu dem Vermittlungsergebnis, das wir auf Bundesebene unter Beteiligung der Länder erzielt haben.