Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

(Michael Boddenberg (CDU): Das mache ich weiter so, wie ich es für richtig halte!)

Das ist keine Beleidigung all derer, die diese Leute betreuen.

Es handelt sich hierbei um den verzweifelten Versuch, Maßnahmen zu schaffen und gleichzeitig die Möglichkeit zu eröffnen, immer wieder Sanktionen mit dem ganz klaren Ziel zu verhängen, Geld einzusparen und Menschen einzuschüchtern.

Um zu belegen, dass wir die Sanktionen brauchen, ist hier wieder das Bild von der sozialen Hängematte und den

faulen Arbeitslosen gezeichnet worden. Ich finde, das ist eine Unverschämtheit. Ich glaube nicht, dass wir das Recht haben, die Erwerbslosen in diesem Land derart pauschal zu beurteilen. Eben ist hier gesagt worden: Wir brauchen die Sanktionen, weil die Menschen sonst nicht willens sind, zu arbeiten. – Das hat der Herr Minister eben gesagt. Wir können das gern im Protokoll nachlesen.

Genau dadurch entsteht das Bild von den faulen Arbeitslosen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer nicht arbeiten will, hat keinen Anspruch! So ist das! Wo kommen wir denn dann hin?)

Damit wird ein Zerrbild von all den Menschen entworfen, die ohne eigene Schuld erwerbslos sind und gern arbeiten würden. Arbeit bedeutet für die meisten Menschen gesellschaftliche Teilhabe. Arbeit ist für die meisten Menschen das, worüber sie sich definieren.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Um die geht es doch gar nicht! Was machen wir mit denen, die nicht arbeiten wollen?)

Nach der Arbeit sortieren wir die Menschen in unserer Gesellschaft. Leider machen wir das so. „Was arbeitest du?“, ist eine der ersten Fragen, die die Deutschen einander stellen, um die Menschen zu sortieren. Das machen wir tatsächlich, und wir grenzen Menschen damit aus. Indem wir die Menschen politisch so betrachten, dass wir sie sanktionieren müssen und dass sie nicht arbeiten wollen, zeichnen wir das Bild von den faulen Erwerbslosen und diskreditieren die Menschen, anstatt ihnen würdevolle, existenzsichernde Einkommen zu verschaffen, damit wir ihnen die Möglichkeit eröffnen, von dem Geld zu leben, das wir ihnen geben.

(Holger Bellino (CDU): Was haben Sie als Abgeordnete denn mit Ihren 400-€-Verträgen gemacht? Sie haben doch Ihre Mitarbeiter ausgebeutet!)

Das geht aber nicht mit solchen Zumutungen wie zusätzlichen 5 oder 8 €, die niemandem wirklich helfen und letztendlich nur dazu führen, dass alles so bleibt, wie es ist, und dass Sie sich die Welt schönreden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Decker, SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Grüttner, an Ihren Stil und an Ihre Auftretensweise haben wir uns in diesem Hause schon gewöhnt. Das ist nichts Neues.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nicht wirklich! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das merkt man Ihnen aber nicht an!)

Es wird Ihnen aber auch diesmal nicht helfen. Ich sage Ihnen noch einmal klar und deutlich – wenn Sie es uns nicht glauben, lesen Sie es, bitte schön, in Ihren Verhandlungsprotokollen von Anfang an nach –: Die Bundesregierung unter der Leitung von Frau Ministerin von der Leyen wollte am Anfang nichts anderes, als nur die Regelsätze zu ändern. Sonst wollte sie gar nichts.

(Beifall bei der SPD)

Dass der Mindestlohn in der Leiharbeit in das Paket hineingekommen ist und dass das vorgesehene Bildungspaket qualitativ massiv aufgewertet und ausgeweitet wurde, hat ausschließlich etwas mit der SPD und auch mit der Unterstützung der GRÜNEN zu tun. Da können Sie uns hier kein X für ein U vormachen; das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, ich weiß auch, dass von Ihrer und von dieser Seite des Hauses keinerlei Initiativen dazu gekommen sind. Auch das ist die Wahrheit. Dazu, dass Sie sich jetzt hierhin stellen und wegen eines Absatzes – ich rede von den Fahrtkosten – einen riesengroßen Popanz nach dem Motto aufbauen, wir hätten leise weinend etwas zurückgezogen, sage ich Ihnen Folgendes: Ich habe eine Pressemitteilung von Ihnen gelesen, in der Sie lapidar erklärt haben, das sei in irgendeinem Paket enthalten. Wahrscheinlich wussten Sie selbst nicht, wo das geregelt ist.

Sie ziehen das hier künstlich hoch, obwohl ich nichts zurückgenommen habe. Ich habe gesagt: Dem Vernehmen nach scheint das geregelt zu sein. Dann ist es für uns obsolet, wir brauchen hier nicht weiter darüber zu verhandeln, und dann braucht das Land auch nicht ins Obligo zu treten. Ich frage mich, was für ein Theater Sie hier veranstalten. Das ist doch ein selbstverständlicher Vorgang. Es zeigt aber, auf welch dünnem inhaltlichem Eis Sie stehen. Lassen Sie den Quatsch doch künftig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Rock, FDPFraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute wieder etwas im Plenum gelernt: Die Fraktion DIE LINKE kann ein Thema zum Setzpunkt machen und einen Antrag dazu stellen, und die Mitglieder der SPDFraktion können eine muntere Debatte darüber führen, ohne mit einem Wort auf das Thema des Setzpunkts und des Antrags einzugehen. An dieser Stelle kann man wieder einmal etwas dazulernen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Im Nachhinein kann ich das, was die SPD-Fraktion hier gemacht hat, ein Stück weit nachvollziehen. Ich schäme mich im Endeffekt ein bisschen, dass ich meine Redezeit dafür verwendet habe, auf den Antrag der LINKEN einzugehen.

Da hier aber alle so intensiv auf die großen Ergebnisse, die sie erzielt haben, eingegangen sind, möchte ich sagen: Wir Liberale können mit dem Ergebnis auf jeden Fall ganz hervorragend leben.

(Zuruf von der SPD: Das glaube ich!)

Von dort drüben habe ich „Das glaube ich!“ gehört. – Wir können ganz hervorragend damit leben, das ist so. Equal Pay ist nämlich ein ganz wichtiges Thema, wenn es darum geht, SGB-II-Empfänger in Beschäftigung zu bringen. Die Zeitarbeit ist nicht so geregelt worden, wie Sie

sich das wünschen. Da haben wir uns durchgesetzt. Wir haben etwas für die Menschen erreicht. Wir ermöglichen ihnen nämlich, leichter wieder einen festen Job zu finden. Darum ist das ein hervorragendes Thema für uns.

(Beifall bei der FDP)

Der Verhandlungserfolg in Form von Mindestlöhnen ist etwas, was Sie vor sich hertragen. Das Entsendegesetz ist übrigens eine schwarz-gelbe Erfindung; denn wir wollten damals das Bauhauptgewerbe schützen. Auch da haben Sie keine gewaltige Leistung erbracht. Das ist Teil eines Kompromisses. Aber auch mit dem können wir leben; denn an der Stelle gab es schon Vereinbarungen mit den betreffenden Tarifparteien. Wir Liberale können jedenfalls mit diesem Ergebnis hervorragend leben.

Herr Bocklet, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Sie nehmen immer wieder das Wort „Verfassungsbruch“ in den Mund – Sie hätten Angst vor einem Verfassungsbruch, sagen Sie – und führen aus, dass Sie sich deshalb aus der Verantwortung gestohlen haben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Sie bei dem ersten rot-grünen Gesetz nicht so viel Angst vor einem Verfassungsbruch hatten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist vom Bundesverfassungsgericht mittlerweile zweimal beanstandet worden. Da waren Sie viel offensiver.

Die Kollegen in Berlin und wir haben uns intensiv damit beschäftigt und dafür gesorgt, dass das Gesetz verfassungsfest ist. Es weiß zwar keiner, bevor das überprüft ist; aber wir haben alles Mögliche getan, um hier eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Sie dagegen machen nichts anderes, als nach einer Hintertür zu suchen.

Das möchte ich für meine Fraktion noch einmal feststellen: Es ist sehr schade; aber das Abstimmungsverhalten im Bundesrat ist nun einmal so. Das ist auch ganz klar nachzuvollziehen. Die von den LINKEN mitregierten Länder und die von den GRÜNEN mitregierten Länder haben sich diesem Kompromiss nicht angeschlossen. Sie sind außen vor geblieben. Sie beide haben sich aus der Verantwortung gestohlen. Das ist nicht gut. Darum müssen Sie auch dazu stehen und dürfen sich nicht mit fremden Federn schmücken, nämlich mit dem Erfolg in diesen Verhandlungen. – Danke.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Debatte.

Wir haben vereinbart, dass Tagesordnungspunkt 75, Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kompromiss bringt Fortschritt beim Bildungspaket, beim Mindestlohn und in der Grundsicherung, Drucks. 18/3801, zur weiteren Behandlung an den Ausschuss überwiesen wird. Über die anderen drei Anträge werden wir jetzt abstimmen.

Ich lasse zunächst über Tagesordnungspunkt 38, Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 18/3753, abstimmen. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Dafür ist die Fraktion DIE LINKE, dagegen ist das übrige Haus. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich stelle Tagesordnungspunkt 76, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

Drucks. 18/3803, zur Abstimmung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die GRÜNEN und die SPD. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und LINKE. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich Tagesordnungspunkt 80, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/3808, zur Abstimmung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD, GRÜNE und LINKE. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 48 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schuldenbremse in die Hessische Verfassung aufnehmen und in Verantwortung für kommende Generationen eine zukunftsfeste Politik verwirklichen – Drucks. 18/3768 –

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 37:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Schuldenbremse schränkt Handlungsfähigkeit der Kommunen ein – Drucks. 18/3752 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Herr Kollege Milde hat das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir, die Fraktionen der vier demokratischen Parteien in diesem Landtag, die das Gesetz verabschiedet haben, haben heute einen Entschließungsantrag vorgelegt, um der hessischen Bevölkerung noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass am 27. März darüber abgestimmt wird, ob die Schuldenbremse, die für das Land Hessen ab 2020 gelten soll, in die Hessische Verfassung aufgenommen werden soll.