Ich werde jetzt auf die von Ihnen angesprochene Haushaltsstrukturkommission zu sprechen kommen. Herr Prof. Dr. Scherf hat sich in seinem Gutachten für diese Kommission so geäußert – ich zitiere –:
Ob die Zahlungen an die Gemeinden per saldo angemessen sind, lässt sich anhand der LFA-Effekte allein nicht beantworten.
Das heißt nichts anderes, als dass der von Ihnen für die Haushaltsstrukturkommission eingesetzte Gutachter bezweifelt, dass Ihre Begründung für die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs trägt. Was auf der Ebene der akademischen Auseinandersetzung vielleicht noch ganz interessant ist, hat aber konkrete Folgen. Ihre kommunalfeindliche Politik des Kürzens und Ihre Selbstbedienungsmentalität bedeuten für die Bürgermeister und die Stadtverordneten, dass sie demnächst nur noch entscheiden dürfen, welche freiwilligen Leistungen der Kommune sie als Erstes streichen.
Ihre Politik gegen die Städte, Gemeinden und Landkreise bedeutet für die Menschen in Hessen, dass die öffentliche Infrastruktur zusammengestrichen wird. Das ist auch für die Daseinsfürsorge geplant. Ihre Politik richtet sich damit offensiv gegen die Menschen, die am meisten auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen sind.
Das eine ist, dass sich CDU und FDP heute kurz vor der Kommunalwahl selbst dafür feiern, dass sie den Kommunen die Mittelzuweisung erfolgreich zusammengestrichen haben. Aber sie setzen sogar noch einen drauf. Ihre Taschenspielertricks mit dem Sonderprogramm für die Beseitigung der Straßenschäden noch vor der Kommunalwahl hier ins Schaufenster zu stellen, ist mehr als dreist. Das ist Wahlkampf pur. Statt eines Sonderprogramms hätten Sie sich vielleicht einmal vor dem Winter überlegen sollen, dass die Beseitigung der üblichen Frostschäden an hessischen Straßen Geld kostet.
Das wäre sicherlich kein so schöner Werbegag wie das gewesen, was Sie jetzt tun. Erst haben Sie die Straßen verrotten lassen, um anschließend als Retter in der Not dazustehen, weil Sie das eine oder andere Schlagloch notdürftig flicken werden.
(Peter Stephan (CDU): Es geht um 100 Millionen €! So rechnen Sie! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wir reden über 30 Millionen € und nicht über 100 Millionen €!)
Es geht nur um 30 Millionen €, die da als Landesmittel hineinfließen. Immerhin geht es um 344 Millionen €. Das sind also nicht einmal 10 %.
Wie gesagt, das wäre sicherlich kein so schöner Werbegag gewesen. Sie wollen notdürftig flicken und von der rechten in die linke Tasche umverteilen. Das ist das Prinzip, nach dem die Finanzen der kommunalen Ebene in Hessen geregelt werden.
Die Situation der Kommunen in Hessen ist dramatisch. Verantwortlich dafür ist eine Koalition aus Schuldenbremsern. Die Bundesregierung und die Landesregierungen haben die Einnahmen der Kommunen in Hessen nachhaltig zerstört.
Nachhaltig zerstört haben CDU, SPD, FDP und GRÜNE die Einnahmen der hessischen Kommunen. Das geschah genauso nachhaltig, wie sie jetzt mit der Schuldenbremse den Sozialstaat schleifen wollen.
Allein zwischen 2000 und 2010 haben Steuersenkungen fast 6 Milliarden € Schulden bei den Kommunen verursacht. Das heißt, dass etwa ein Viertel der kommunalen Schulden in Hessen durch die Steuersenkungen der Parteien entstanden sind, die heute für die Schuldenbremse sind. Innerhalb von zehn Jahren haben Sie bei den Kommunen eine Finanzmisere verursacht, indem Sie die Spitzensteuersätze, die Körperschaftsteuer für Unternehmen und die Vermögensteuer gesenkt oder nicht erhoben haben.
Es ist deshalb durchaus begrüßenswert, dass die SPD und auch die GRÜNEN in ihren Anträgen die Kürzungen beklagen, die die Landesregierung bei den Mitteln der Kommunen vorgenommen hat. Das ist aber auch inkonsequent. Denn sie wissen genau, dass diese Kürzungen nur vermeidbar gewesen wären, wenn die rot-grüne Bundesregierung keine Steuergeschenke in einem Umfang an Reiche verteilt hätte, von dem die Mitglieder der FDP heute nur noch träumen können.
Dennoch kann ich als kleinen Trost sagen, dass wir den beiden Anträgen der GRÜNEN und der SPD zustimmen werden.
Na ja. – Träumen können die Kommunen aber auch nur von dem sogenannten Schutzschirm, den die Landesregierung für sie aufspannen will. Es wäre schön, wenn wir endlich einmal erfahren würden, wie dieser Schutzschirm aussehen soll und unter welchen Umständen Sie den Kommunen den Notgroschen zukommen lassen wollen, nachdem Sie ihnen das Geld erst weggenommen haben.
Wir sind gerne bereit, uns das anzusehen und dann zu sagen, was wir davon halten. Aber schon jetzt zu begrüßen, dass die Landesregierung den Kommunen Nothilfe gewähren will, kommt für uns nicht infrage.
Ganz nebenbei möchte ich sagen, dass ich übrigens den von Ihnen gewählten Begriff „Schutzschirm“ doch für ziemlich zynisch halte. Denn wovor soll er die Kommunen schützen?
Dafür müsste die Landesregierung aber endlich aufhören, sich bei den Kommunen zu bedienen. Sie tut das, weil sie im Land unzureichende eigene Einnahmen hat.
Damit die Kommunen in Hessen wieder auf die Beine kommen können, wäre es vielmehr angebracht, die Einnahmen des Staates und der Kommunen insgesamt zu erhöhen. Das könnte bei den Kommunen durch die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer oder durch eine Millionärsteuer oder eine erträgliche Vermögensteuer geschehen. Nichts davon fällt der Landesregierung ein.
Sie können nur kürzen, kürzen, kürzen. Sie kennen nur die Schuldenbremse und Steuergeschenke. Das heißt aber Sozialabbau und Abbau bei den Kommunen. Dagegen werden wir natürlich während der Auseinandersetzung des Kommunalwahlkampfs antreten. Wir werden natürlich dafür sorgen, dass ein anderes Ergebnis zustande kommt, als Sie es sich erhoffen. – Vielen Dank.
Herr van Ooyen, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Staatsminister Dr. Schäfer.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abg. van Ooyen macht es sich im Landtag immer sehr einfach. Zu jedem Thema hält er die gleiche Rede.
Das ist durchaus bemerkenswert. Die Zahl der Facetten in seinen Reden hält sich in überschaubaren Grenzen. Das scheint ein besonderes ökonomisches Prinzip zu sein. Das muss man sich vielleicht einmal anschauen.
Wenn ich meiner Tochter Pippi Langstrumpf mit dem Tremolo vorgelesen hätte, wie Sie es eben bei Ihrer Rede getan haben, dann hätte sie gesagt: Papa, mach es doch einmal richtig.