Wer sich den Kommunalen Finanzausgleich anschaut, sieht, dass wir hier auf einem Rekordniveau sind. Es ist auch notwendig, dass es dieses Rekordniveau gibt; denn die Kommunen haben eine ganze Reihe von Aufgaben zu erledigen, bei denen wir sie brauchen. Wir haben in den letzten Jahren Aufgaben auf die Kommunen übertragen, weil wir wollen, dass bestimmte Maßnahmen in einer größeren Nähe zu den Menschen durchgeführt und nicht von der Bundes- oder der Landespolitik bestimmt werden. Deshalb war diese Unterstützung richtig.
Wir werden im Jahr 2013 beim Kommunalen Finanzausgleich ein Rekordniveau erreichen. Genauso war es bei dem Konjunkturpaket des Landes. Da es häufig in Vergessenheit gerät – da gibt es eine Parallele zu dem Verhalten der GRÜNEN auf der Bundesebene –, will ich daran erinnern: Es war in ganzen Bereichen unseres Landes nicht klar, wie die Wirtschaftskrise, die wir in den letzten zwei Jahren hatten, überwunden werden sollte.
Wir haben uns damals im Landtag nach einer langen, ausführlichen Debatte darüber, was ein Bundesland in einer solchen Wirtschaftskrise überhaupt machen kann, dazu entschlossen, mit dem Auflegen eines eigenen Konjunkturpakets die Verantwortung zu übernehmen. Ich will nicht bestreiten, dass wir auch innerhalb der FDP lange darüber diskutiert haben, ob das sinnvoll ist. Wir haben dann gesagt, es ist in einer solchen Krise sinnvoll, dazu beizutragen, dass die Wirtschaft nicht komplett an Fahrt verliert und nicht komplett abgewürgt wird. Wir sehen es gerade: Wir hätten dieses Mehr an Steuereinnahmen jetzt nicht, wenn wir die Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit nicht unterstützt hätten.
Was war es denn sonst als ein kommunales Rettungspaket in einer schwierigen Lage? Wo waren denn die Kommunen? Haben sie sich irgendwie beschwert? Nein, die Kommunen haben das, was wir mit ihnen gemeinsam gemacht haben, an jeder Stelle begrüßt, und deshalb sind wir von einer Kommunalfeindlichkeit ganz weit entfernt.
Aber was die GRÜNEN angeht, gibt es eine Parallele zu der aktuellen Debatte auf der Bundesebene. Als wir damals das Konjunkturpaket verabschiedet haben, haben wir in einer schwierigen Debatte, auch mit der SPD, gesagt – hier will ich die Sozialdemokraten ausdrücklich loben –: Wir machen das gemeinsam.
Damals haben die GRÜNEN, wie immer nach einer langen Debatte darüber, was man alles anders machen könnte und müsste, gesagt: Wir können nicht zustimmen.
Kollege Al-Wazir, auf der Bundesebene war es jetzt genauso. „GRÜNE geben genervt auf“, lautete eine Überschrift. Das bezog sich auf Herrn Trittin. Die GRÜNEN gaben im Vermittlungsausschuss genervt auf.
Herr Kollege Rudolph, der Vermittlungsausschuss ist übrigens von allen angerufen worden. Das war ein einstimmiger Beschluss. Nicht alles, was Sie gut finden, haben die Sozialdemokraten erfunden. Daran waren auch andere beteiligt. Das möchte ich nur zur Korrektur sagen.
Aber wo waren denn die GRÜNEN? Die GRÜNEN gaben also genervt auf. Herr Kollege Al-Wazir, das ist das Grundproblem der GRÜNEN: Immer dann, wenn es eng wird, und immer dann, wenn man in Deutschland Verantwortung übernehmen muss, ducken Sie sich schön in die Schützengräben. Das ist Ihre Politik.
Erst bauen Sie einen Popanz auf und erklären, was man alles machen müsste, und dann haben Sie nicht die Nerven und ducken sich weg. Das ist doch das Problem bei Ihrer Landespolitik. Sie haben es gerade erwähnt: Das ist Ihre vierte Kommunalwahl von der Oppositionsbank aus. Es ist aber nicht unser Problem, dass es Ihnen bisher anscheinend nicht gelungen ist, bei den Kommunen mit der Botschaft durchzudringen: Schwarz-Gelb macht nichts für die Kommunen. – Das scheint Ihnen nur ein Teil abzunehmen. Ich hoffe, es ist wenigstens der eigene. Dann hat sich die Kampagne zumindest, was die eigenen Reihen angeht, gelohnt.
Die Masse der kommunalen Vertreter, mit denen ich gesprochen habe, hat das, was Sie und auch Herr SchäferGümbel vorgetragen haben, nämlich nicht auf ihrer Schallplatte. Sie sprechen mit uns über die Probleme, die es bei den kommunalen Strukturen gibt, und darüber, wo sie unsere Hilfe brauchen. Natürlich streiten wir uns mit den Vertretern der Kommunen über die Finanzausstattung. Trotzdem muss man zur Wahrheit zurückkehren: Der Kommunale Finanzausgleich erreicht ein Rekordniveau.
Wir haben das Konjunkturpaket aufgelegt, das Antischlaglochprogramm. Sie haben von einem „Schlaglochprogramm“ gesprochen; das ist selbstredend. Bei uns ist es ein Antischlaglochprogramm. Wir wollen nicht mehr, sondern weniger Schlaglöcher haben.
Herr Kollege Milde hat die Struktur dieser Debatte um einen wesentlichen Tatbestand angereichert. Der wesentliche Tatbestand ist, dass Hessens Kommunen wirtschaftlich stärker sind als die in allen anderen Bundesländern. Das ist die Realität.
Man kann sich fragen, woran das liegt. Liegt es vielleicht daran, dass wir hier eine Landesregierung haben, die ein Klima schafft, in dem sich die Kommunen gut entfalten können? Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass unsere Kommunen so stark sind. Ja, sie machen in vielen Bereichen eine gute Arbeit. Aber möglicherweise ist es auch so, dass diese Landesregierung einen Rahmen setzt,
innerhalb dessen sich die Kommunen gut entfalten können. Andernfalls käme man gar nicht zu den im Vergleich zu den anderen Kommunen in Deutschland hervorragenden Zahlen. Da gibt es einen Konnex.
Dieser Konnex wird durch den Tatbestand bestätigt, dass das Land Hessen laut Art. 107 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz GG – ich habe es gerade noch einmal nachgelesen – zahlen muss, um die Stärke der Kommunen zu gewährleisten.
Es ist ein Strukturproblem, das wir dort haben. Auch die Politikwissenschaftlerin, die für die GRÜNEN vorgetragen hat, hat gesagt, es gebe dort ein Fairnessproblem. Das war nicht ganz neu; aber es geht immerhin in dieselbe Richtung. Diese Frage muss geklärt werden. Es ist doch genauso wie auf der Landesebene nicht in Ordnung, dass wir Geld für Strukturen zur Verfügung stellen, damit wir wirtschaftlichen Erfolg haben, und dass uns dann dieser wirtschaftliche Erfolg in dem Sinne schadet, dass wir Geld an andere Bundesländer abgeben müssen. Das kann weder fair noch gerecht sein. Deshalb kämpfen wir gegen den Länderfinanzausgleich in dieser Form.
Wir kämpfen auch gegen diesen Länderfinanzausgleich, weil unsere Kommunen und das Land dadurch strukturell benachteiligt werden. Die Stärke unserer Kommunen wird uns quasi doppelt und dreifach ins Stammbuch geschrieben, und das wollen wir ändern. Daran sollten wir ein gemeinsames Interesse haben. Das ist keine ausgedachte Summe, um die es hier geht, sondern diese Summe von 400 Millionen € hat sich aufgrund der Struktur im Länderfinanzausgleich ergeben. Diese haben wir in den KFA eingerechnet. Es ist nicht unfair, sondern fair, dass das Land, wenn es für die Stärke seiner Kommunen zahlt, da einen Ausgleich schafft. Was soll daran unfair sein?
Aber Herr Kollege Al-Wazir hat einen Punkt angesprochen, den ich spannend finde. Sie haben erklärt, was die Kommunen aus Sicht der Landesebene alles machen müss ten. Ich gebe zu, ich bin froh, wenn die Kommunen das in eigener Verantwortung und im Rahmen ihrer Selbstverantwortung machen, statt dass wir auf der Landesebene ständig neue Aufgaben definieren müssen. Das kam bei Ihnen ein Stück weit so herüber. Trotzdem glaube ich, dass die Landesebene immer wieder verpflichtet ist, die Durchführung von Modellversuchen und das Schaffen von Strukturen anzuregen – das, was auf kommunaler Ebene gemacht werden muss.
Das, was Sie gesagt haben, unterstütze ich absolut. Ich glaube, darin besteht Einigkeit: Wenn es um die Kinderbetreuung geht, sitzen wir in einem Boot. Wir sitzen nicht nur deshalb in einem Boot, weil wir alle den Wunsch haben, dass es eine Gleichberechtigung von Mann und Frau gibt – auch wenn ich glaube, dass dies ein wichtiges Ziel ist. Gerade bei gut ausgebildeten Frauen ergibt es einen Sinn, wenn sie sich nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen, sondern beides vereinbaren können.
Aber warum sage ich das? Das ist deshalb umso wichtiger, weil wir in Deutschland in den nächsten Jahren vor einer der größten Herausforderungen stehen, die es überhaupt gibt. Wenn wir weiterhin ein solches Wirtschaftswachstum haben wollen, werden wir in Bezug auf die Facharbeiter sowie auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer generell, bei denen wir auf einen eklatanten Mangel zusteuern, nicht drum herumkommen, die Frage zu klären, wie wir die Erwerbstätigenquote in unserem Bundesland auf dieser Höhe halten können. Deshalb ist das, was wir machen, ein volkswirtschaftlicher Skandal: dass gut ausgebildete Frauen – oder auch Männer – zu Hause bleiben müssen, wenn sie Kinder haben, und dass sie aufgrund dieser Kinderbetreuung dann dem Arbeitsmarkt verloren gehen. Wir brauchen beides: Wir brauchen gut ausgebildete Frauen
Frau Kollegin Wissler –, und wir brauchen gut ausgebildete Frauen, die auch arbeiten können. Das ist das, was wir endlich erreichen müssen.
Deshalb will ich das, was die Landesregierung da gemacht hat, gemeinsam mit den Angehörigen der Fraktionen unterstreichen. Dass wir bei der U-3-Betreuung die Quote von 25 % so schnell erreicht haben, hat möglicherweise auch damit zu tun, dass wir mit unserem Anreizprogramm das Richtige gemacht haben. Das, was wir dort machen, scheint bei den Kommunen ganz gut anzukommen; denn es wird genutzt. Aber wir müssen gerade bei dem Thema Kinderbetreuung mit den Kommunen verstärkt weiterarbeiten.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Deshalb werden wir in diesem Jahr sicherlich noch zweierlei anstoßen: Das eine ist der Modellversuch Betreuungsgutscheine. Wir wollen bei der Kinderbetreuung in Richtung auf ein anderes Modell umsteuern. So haben es CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Das werden wir im Rahmen eines Modells untersuchen.
Herr Kollege Al-Wazir, genauso wichtig ist der Übergang vom Kindergarten in die Schule. Auch das Schulvorbereitungsjahr wird in diesem Jahr das Licht der Welt erblicken. Dann werden wir auf der Landes- und auf der kommunalen Ebene sicherlich viel für die Bürgerinnen und Bürger geschafft haben. Ich kann Ihnen jetzt schon prophezeien, dass Ihre Kampagne im Sand verlaufen wird. Sie wird keinen Erfolg haben. – Vielen Dank.
Herr Rentsch, danke. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich ihr Vorsitzender, Herr van Ooyen, zu Wort gemeldet.
(Ministerpräsident Volker Bouffier: Seien Sie jetzt ein bisschen freundlich! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das bin ich immer! Ich mache es immer mit einem fröhlichen Lächeln!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für eine Chuzpe muss man haben, um als Regierungsfraktionen einen solchen Antrag vorzulegen? – Gerade erst haben die Landkreise angekündigt, vor dem Staatsgerichtshof gegen die Kürzungen der Landesregierung zu klagen. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass im Land Hessen bei den Kommunen alles in Ordnung sei.
Die hessischen Kommunen gehen, finanziell gesehen, aber am Krückstock. Die Landesregierung kürzt ihnen die Mittel und behauptet hier auch noch, die Kommunen zu stärken.
Die Schulden der Kommunen betrugen im Jahr 2009 insgesamt bereits 18 Milliarden €. Das ist inklusive der Eigenbetriebe, der Eigengesellschaften und der Zweckverbände. Da gibt es eine deutlich steigende Tendenz.
Verstärkt wird der Anstieg der Schulden auch noch dadurch, dass Land und Bund den Kommunen immer neue Aufgaben zuweisen, ohne ihnen die entsprechenden Mittel an die Hand zu geben. CDU und FDP behaupten in dem Entschließungsantrag, dass die Mittel für die Kommunen aus dem Kommunalen Finanzausgleich wieder auf Rekordniveau seien. Dabei verschweigen sie, dass auch die Aufgaben der Kommunen mittlerweile auf Rekordniveau sind.
Die Kürzungen der Landesregierung beim Kommunalen Finanzausgleich wurden im letzten Jahr vom Finanzminister noch damit begründet – Herr Milde hat das vorhin auch noch einmal hier getan –, dass die kommunalen Steuereinnahmen in Hessen besonders hoch seien. Daraus ergebe sich auch, dass das Land aufgrund des Mechanismus des Länderfinanzausgleichs für diese Einnahmen besonders viel Geld in den Länderfinanzausgleich einzahlen müsse.
So weit ist das richtig beschrieben. Dass Sie daraus aber die Rechtfertigung ziehen, den Kommunen das Geld zu kürzen, ist schlichtweg unglaubwürdig.