Protokoll der Sitzung vom 03.03.2011

Es darf nicht so sein, wie es heute ist. Heute sind sie irgendwo im Impressum, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder wo auch immer versteckt. Vielmehr müssen sie nach meiner Sicht der Dinge spätestens auf den zweiten Klick gefunden werden können. Am besten wäre es, wenn sie noch unmittelbarer als auf den zweiten Klick erreichbar wären.

Drittens. Wir brauchen natürlich mehr Sicherheit beim Schutz der Privatsphäre des Nutzers. Das heißt, die Anbieter müssen sich verpflichten, immer den höchsten Standard zu verwenden. Das betrifft das, was Herr Abg. Reißer angesprochen hat.

Heute ist es so, dass immer der niedrigste Standard eingestellt ist. Das kann nicht sein. Das muss geändert werden. Es muss die höchste Sicherheitsstufe eingestellt werden. Das muss der Standard sein. Dann kann jeder für sich selbst entscheiden: Das will ich, oder das will ich nicht. – Dann muss er selbst tätig werden, um von der höchsten Si

cherheitsstufe herunterzukommen. Ich glaube, das muss möglich sein. Aber es muss der höchste Standard eingestellt sein.

Viertens. Es muss für die Betroffenen eine Möglichkeit geben, ihr Nutzerkonto zu löschen, wenn sie das wollen. Das ist heute nicht gewährleistet. Das gibt es heute so nicht. Da muss man umständlich eine E-Mail oder, wenn es noch umständlicher ist, einen Brief schreiben. Das kann so nicht bleiben.

Deswegen sagen wir: Wer sich heute bewusst dafür entscheidet, ein solches Netzwerk zu verlassen, der muss das auch können. Er muss die Möglichkeit haben, seine virtuelle Existenz darin zu beenden. Er muss dafür sorgen können, dass die Daten, die er eingegeben hat, verschwinden.

Deswegen sage ich: Wir brauchen da ein Angebot. Es muss eine Möglichkeit geben, dass man quasi per Knopfdruck die entsprechenden Daten löschen kann. Das ist ein wichtiger Teil dieser Bundesratsinitiative.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube, der Entschließungsantrag weist ist die richtige Richtung. Es besteht Handlungsbedarf. Das haben wir alle festgestellt.

Man muss es immer wieder sehr deutlich sagen: Es geht dabei unter keinen Umständen um Bevormundung. Es geht nicht darum, mündige Menschen zu entmündigen. Vielmehr geht es darum, in der Kommunikationslandschaft, die sich völlig verändert hat, Rahmenbedingungen zu setzen. Die Nutzer müssen entscheiden können, was sie für sich für richtig halten. Aber sie können das nur entscheiden, wenn sie Transparenz haben, wenn es Informationen gibt und wenn es alternative Handlungsmöglichkeiten gibt, die ihnen zur Verfügung gestellt werden.

Das ist der Inhalt der entsprechenden Initiative. Ich bedanke mich sehr herzlich für die signalisierte Unterstützung. Ich glaube, dass wir damit auf einem wirklich außergewöhnlich guten Weg für mehr Sicherheit in sozialen Netzwerken und im Internet sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Innenminister, vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Datenschutz stärken und Bürger vor Gefahren in „Sozialen Netzwerken“ schützen, Drucks. 18/3774. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder des gesamten Hauses. Damit ist der Entschließungsantrag natürlich angenommen.

Der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD wird zur weiteren Beratung dem Innenausschuss überwiesen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 9:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Hessisches Betreuungs- und Pflegegesetz (HBPG) – Drucks. 18/3763 –

Mir liegt die Wortmeldung des Herrn Dr. Jürgens vor. Ich nehme aber an, dass er den Gesetzentwurf nicht einbrin

gen wird. Deshalb bitte ich um eine Wortmeldung aus Ihren Reihen. – Herr Bartelt, Sie erhalten das Wort zur Einbringung.

Fünf Minuten Redezeit sind vereinbart.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Folge der Föderalismusreform haben die Bundesländer die Aufgabe bekommen, Betreuungs- und Pflegegesetze zu verabschieden, um damit das Bundesheimgesetz aus dem Jahr 1974 zu ersetzen.

Unser Gesetzentwurf berücksichtigt den veränderten Bedarf an Pflege in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2009 2,34 Millionen Menschen pflegebedürftig. Das waren 16 % mehr als zehn Jahre zuvor.

Die inhaltliche Veränderung ist darin zu sehen, dass man versucht, den Menschen möglichst lange ein selbst bestimmtes Leben in gewohnter Umgebung zu ermöglichen.

Während vor einer Generation die Einrichtung eines großen, gut ausgestatteten Heims in ruhiger Lage und schöner Landschaft angestrebt wurde, haben heute ambulante Pflege, teilstationäre Einrichtungen, Wohngemeinschaften und stationäre Einrichtungen in Gemeinden und Stadtteilen Priorität. So werden heute 69 % der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, 1 Million Menschen allein von Angehörigen – eine große Leistung unserer Gesellschaft – und eine weitere halbe Million mit Unterstützung ambulanter Pflegedienste.

(Petra Fuhrmann (SPD): Es sind vorwiegend Frauen: Töchter und Schwiegertöchter! Das darf man nicht vergessen!)

Unser Gesetzentwurf, Hessisches Betreuungs- und Pflegegesetz, ist von drei Grundsätzen geprägt: die Rechte und die Würde der Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf zu stärken, die Selbstbestimmung dieser Menschen zu erhalten und zu fördern, die stationäre und ambulante Pflege als Dienstleistung mit Qualitätstransparenz und Verbraucherschutzrechten des Leistungsempfängers zu begreifen und die Dienstleister möglichst von Bürokratie zu entlasten, damit sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen können.

(Beifall bei der CDU)

Daher ist es wichtig, ambulante Pflegedienste und Vermittlungsagenturen ausländischer Pflegekräfte in den Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen. Damit erhalten alle Menschen, die Pflege- und Betreuungsdienstleistungen benötigen, einen umfänglichen Verbraucherschutz.

Bei der Vorstellung unseres Gesetzentwurfs bezweifelten Vertreter der Oppositionsparteien, ob Heimbewohner ohne Pflegebedarf durch dieses Gesetz ausreichend geschützt wären. Der Begriff „Betreuung“ ist so zu verstehen, dass auch diese Menschen mit einbezogen werden. Dies ist in den §§ 1 und 2, Geltungsbereich, und insbesondere in den Erläuterungen ausführlich dargelegt. Wir werden uns im Ausschuss sicherlich darüber noch einmal unterhalten.

Der Gesetzgeber soll gleichermaßen die Belange der Menschen berücksichtigen, die die Pflege leisten. Nach Angabe des Statistischen Bundesamtes sind es 269.000 Beschäftigte in 12.000 ambulanten Pflegediensten, die

meisten davon in privater Trägerschaft. Die Regelungen lauten hier, nur anlassbezogene Qualitätskontrollen durchzuführen, wie es auf S. 20, in der Begründung des Gesetzestextes, aufgeführt ist. Das ist vernünftig und wird allen Beteiligten gerecht.

Dokumentationspflichten sollen auf das notwendige Maß des Leistungsnachweises in Qualität beschränkt sein und vorgehalten werden. Bürokratie soll abgebaut werden.

Meine Damen und Herren, die Pflege hilfsbedürftiger Menschen ist in den letzten Jahren ohne die Mitwirkung ausländischer Hilfs- und Pflegekräfte, insbesondere aus Mittel- und Osteuropa, nicht darstellbar gewesen. Diesen, meist Helferinnen, gebührt ein ganz besonderer Dank unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Ohne sie wäre der Fachkräftemangel noch gravierender. Daher ist die Einbeziehung der Vermittlungsagenturen in dieses Gesetz folgerichtig. Die Agenturen sollen für sachgerechte Pflege einstehen. Das Personal soll nach den hier geltenden Mindestlohnregelungen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz honoriert werden. Auch hier ist eine anlassbezogene Kontrolle angemessen.

Eine kurze Stellungnahme zum Gesetzentwurf der SPD zu diesem Thema. Es ist zu begrüßen – auch hier besteht Einigkeit –, dass er auf den Grundsätzen der Menschenwürde und Selbstbestimmung der Menschen mit Pflegebedarf basiert. Bei zwei Punkten Ihres Gesetzentwurfs haben wir aber erhebliche Bedenken. Sie wollen nach einer Frist das Einzelzimmer vorschreiben, und Sie wollen einen ganz genau beschriebenen Personalschlüssel vorschreiben. So gut gemeint dies auch ist, wir sehen bei beiden Punkten aber die Gefahr, dass insbesondere die Träger kleinerer stationärer Betreuungseinrichtungen diese Vorschriften nicht einhalten können und dann diese Heime schließen müssten. Dies würde gerade dem Ziel der wohnortnahen Betreuung in kleineren Heimen in Gemeinden und Stadtteilen zuwiderlaufen. Sie könnten diese Vorgaben meist gar nicht einhalten, weil der Arbeitsmarkt das nicht hergibt.

Meine Damen und Herren, wir legen Ihnen einen guten Entwurf vor, der den Menschen dient. Es handelt sich um Menschen, die im Laufe ihrer Biografie oft haben leiden müssen, im Nationalsozialismus, im Krieg, auf der Flucht und in der Vertreibung oder unter der kommunistischen Diktatur. Diesen Menschen sind wir in besonderer Weise verpflichtet.

Wir hoffen, hier einen Beitrag zu leisten. Dieser Beitrag reiht sich ein in die vielfältigen Anstrengungen der Landesregierung, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten und einem Pflegemangel entgegenzuwirken. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartelt, für die Einbringung. – Nun hat sich Dr. Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bartelt hat es völlig richtig gesagt: Seit der Föderalismusreform I sind die Bundesländer selbst zuständig für das Heimrecht.

Sie regeln eigenständig, wer ein Heim betreiben darf, welche Standards beim Betrieb einzuhalten sind, beispielsweise Einzel- oder Doppelzimmer, Größe und Lage der Räume, personelle Ausstattung, Qualitätsmaßstäbe usw. und wie dies alles von den Behörden überwacht wird.

Das ist auch richtig und gut so, denn gerade das Leben in einer Institution ist in hohem Maße freiheitsbedrängend. Der Aufenthalt in einer Institution rund um die Uhr, das ist in vielen Heimen der Fall, bestimmt die gesamte Lebensführung und birgt die Gefahr, dass erst die Freiheit, dann die Selbstbestimmung und schließlich die Würde der Bewohnerinnen und Bewohner auf der Strecke bleiben. Dem soll das Heimrecht entgegenwirken.

Betroffen sind in Hessen – ich habe es einmal nachgeschaut – allein in Pflegeheimen und Einrichtungen der Behindertenhilfe rund 60.000 bis 70.000 Menschen, natürlich auch deren Angehörige und Freunde. Dazu kommt noch ein weiterer Personenkreis von 60.000 bis 70.000 Menschen, die dort beschäftigt sind oder davon leben, also Lieferanten bzw. sonstige Geschäftspartner. Es gibt also gute Gründe, das Heimrecht in Hessen mit Sorgfalt zu gestalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die meisten Länder haben inzwischen Gesetze verabschiedet. In Hessen hat es etwas länger gedauert. Herr Bartelt, Sie haben besonders viel Zeit gebraucht, um einen besonders unzulänglichen Entwurf vorzulegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich muss es Ihnen einfach sagen. In der Begründung schreiben Sie noch, Sie wollten die Situation „älterer Menschen, pflegebedürftiger volljähriger Menschen oder volljähriger Menschen mit Behinderung“ regeln. Im Gesetzestext selbst kommen aber dann die älteren Menschen nicht vor. Sie regeln nur etwas für pflegebedürftige Volljährige und für Volljährige mit Behinderung. Betreuung ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht enthalten. Ältere Menschen fallen raus, wenn sie weder pflegebedürftig sind noch eine Behinderung haben. Sie haben dann keinen Anspruch auf Schutz ihrer Würde, auf körperliche Unversehrtheit, Selbstständigkeit und Selbstbestimmung, wie Sie das für betreuungsbedürftige Menschen zu Recht formuliert haben.

Das bedeutet auch, das klassische Altenheim, Seniorenresidenz, Seniorenheime, oder wie immer sie heißen, in denen ältere Menschen leben, ohne gepflegt zu werden, fallen aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes heraus und werden in den rechtsfreien Raum entlassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das tatsächlich so wollen. Wenn Sie es aber nicht wollen, dann müssen Sie Ihren Entwurf ändern, und zwar schnell.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Regine Müller (Schwalmstadt) (SPD))