Das funktioniert jedoch nur dann, wenn ich in dieser Zeit dieses Rotwild nicht störe – denn sonst erhöhe ich den Energiebedarf. Wenn aber der Energiebedarf erhöht ist, braucht es wieder etwas zu fressen. Findet es dann nichts, was ihm der Mensch anbietet, dann geht es an die Bäume und schält.
Deswegen ist es sinnvoll, zu sagen: Wir müssen im Winter so früh wie möglich mit der Jagd aufhören, um dem Wild die erforderliche Ruhe zu lassen. Deswegen haben wir gesagt, wir verkürzen die Jagdzeit beim Rotwild um zwei Wochen. Herr Kollege Görig, wir haben aber das Problem mit dem Feld erkannt. Wir werden uns im Ausschuss dar
Was wir auf jeden Fall gemeinsam wollen ist, dass im Winter, also ab Januar, wenn die eigentliche kalendarische Notzeit beginnt – zumindest heute –, dort dann nicht mehr Drückjagden, mit Treibern und Hunden, veranstaltet werden, die das Wild doch sehr stark beunruhigen und auf jeden Fall zu einem erhöhten Energiebedarf führen.
Auf der anderen Seite haben wir dann im Mai die einjährigen Stücke wahlweise für diejenigen aufgemacht, die es bejagen wollen. Das ist wildbiologisch vernünftig. Im Mai wird sowieso das Rehwild bejagt. Die Kälber sind noch nicht da. Also kann man das mit gutem Recht machen, um auch die Abschusszahlen schneller zu erreichen.
Zum anderen haben wir die sagenumwobene Nilgans betrachtet. Nach langem Hin und Her – das war allerdings schon seit 1972 bekannt – haben wir festgestellt: Das ist keine Gans, sondern eine Ente. Diese Ente aber unterliegt dem Jagdrecht.
Damit konnten wir dieser Nilgans eine Jagdzeit verpassen. Denn die Nilgans breitet sich sehr stark an den heimischen Gewässern aus. Sie vertreibt in sehr aggressiver Weise einheimische Wasservögel, insbesondere auch Gänse – richtige Gänse; aber eben auch einheimische Enten. Dort müssen wir regulierend eingreifen, um unsere heimische Fauna nicht zu gefährden.
Wir haben weiterhin Wildtauben freigegeben, um die Wildschadensproblematik auf dem Feld etwas zu entspannen. Bei den Ringeltauben gibt es die sogenannten Juvenilen, die unter ein Jahr alt und im selben Jahr geschlüpft sind. Die kann man sehr leicht erkennen, weil sie keinen Halsring haben. Das kann man auch im Flug sehr gut erkennen. Insofern haben wir hier eine Entbürokratisierung bei den Anträgen erreicht.
Wir haben dem Dachs – das war in aller Munde, ich kann das nur empfehlen – eine längere Jagdzeit gegeben, weil Tatsache ist, dass wir mehr Dachse haben und dass wir dieselbe Problematik wie beim Fuchs und der Tollwut haben.
Wir ändern die Fütterung insgesamt. Herr Kollege Dr. Arnold hat es erwähnt. Ich will es noch einmal deutlich sagen, auch für die Kollegen, die selbst nicht auf die Jagd gehen. Wir haben grundsätzlich ein Fütterungsverbot. Man darf nur Heu und Raufutter, was das Wild nur nimmt, wenn es richtig Hunger hat, füttern. Nur ausnahmsweise, wenn das Veterinäramt zusammen mit der unteren Jagdbehörde auf Antrag des Kreisjagdberaters eine Notzeit feststellt – die ist im Gesetz definiert, nämlich wenn das natürliche Äsungsangebot nicht mehr vorhanden ist oder nicht erreichbar ist –, darf gefüttert werden, und dann auch nur Saftfutter ohne Kraftfutteranteile, und das in sehr restriktiver Form.
Aber deswegen ist es geradezu richtig – Herr Kollege Arnold hat es erwähnt –: Wir als Jagdausübungsberechtigte, egal ob Eigentümer oder Pächter, sind immer verpflichtet, die natürlichen Äsungsangebote zu verbessern. Dazu gehört auch, dass man dem Jagdausübungsberechtigten die
Möglichkeit gibt, Äsungsflächen anzulegen. Das sind die 0,5 %, die die Jagdgenossenschaft oder der Eigentümer zur Verfügung stellen soll, wenn es geht, um Fütterung unnötiger zu machen.
Eines sehen Sie bitte ein, und das sage ich den Kollegen, die ein totales Fütterungsverbot wollen. Herr Kollege May, ich frage Sie: Wie wollen wir im Tierschutzbeirat erklären, wenn wir Notzeiten haben und Rehe verhungern – das hatten wir in Bayern in diesem Jahr –, dass wir Tiere schützen und bei ihnen einen Unterschied zwischen bejagbaren Tieren und Tieren machen, die nicht dem Jagdrecht unterliegen; denn denen wird immer geholfen? Deshalb ist es sinnvoll, dass der Mensch, wo er die natürlichen Lebensgrundlagen verändert hat, auch einen Ausgleich schafft. Ich glaube, dass Ihre Forderung nach einem totalen Fütterungsverbot nicht sehr menschlich ist.
Ich komme gleich zum Ende. Ich darf noch kurz einen Satz erwähnen. – An dieser Stelle ist noch etwas zum Schwarzwild zu sagen. Der Kollege hat es erwähnt, die Kirrungen sind nur noch anzeigepflichtig. Wir lassen Eiweißadditive in einem Versuchsstadium zu, um zu vermeiden, dass größere Grünlandschäden entstehen. Ich hoffe, dass diese Projekte Erfolg zeigen werden, damit wir den Landwirten zeigen können: Wir tun etwas für euch und an eurer Stelle, wir arbeiten an der Stelle gemeinsam.
Denn die Hauptzahl des verletzten Wilds stammt leider aus Verkehrsunfällen und muss auch nachgesucht werden. – Ich danke dem Präsidenten für die Großzügigkeit.
Vielleicht sollte ich daran erinnern, dass wir die Redezeit von zehn auf siebeneinhalb Minuten reduziert haben. Aber ich habe jetzt allen Rednern schon etwas zugeschlagen. – Herr May, Sie haben das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Schwarzwild jetzt ohne Schonzeit zur Jagd freigegeben wird!)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als vor gut eineinhalb Jahren die SPD mit ihrem Gesetzesschnellschuss zum Jagdgesetz um die Ecke kam,
habe ich meinen Debattenbeitrag damit eröffnet: Ich bin zwar kein Jäger, aber ich traue mir trotzdem zu, zum Gesetz zu sprechen. – Heute möchte ich nach drei gelaufenen Debattenbeiträgen sagen, es würde dem Jagdrecht guttun, wenn auch bei den anderen Parteien nicht nur Jäger zu dem Gesetz sprächen.
Sie beweisen mit diesem Gesetz, dass Sie nicht bereit sind, die Konflikte auszutragen, die zwischen Jagd- und Tierschutz, aber auch zwischen Jagd und Forst bestehen. In diesem Gesetz dominieren schon wieder die Interessen der Jägerschaft, die im Hessischen Jagdverband vertreten ist, und das sind nicht alle Jäger.
Insofern finden die wenigen Verbesserungen, die Herr Sürmann vorgetragen hat, kaum Beachtung. Ich möchte sie fairerweise benennen. Einerseits ist es sicherlich positiv zu bewerten, dass in Zukunft nicht mehr mit Bleischrot auf Wassertiere geschossen wird. Das sorgt dafür, dass weniger giftiges Blei in unsere Gewässer kommt.
Das andere sind die Grünbrücken, an denen nicht mehr geschossen werden darf. Das ist auch sinnvoll; denn ansonsten hätten die Investitionen in die Grünbrücken keinen Sinn.
Lassen Sie mich das an drei Punkten illustrieren. Vielleicht verstehen Sie dann meinen Standpunkt, Herr Dr. Arnold. – Der erste Punkt ist ein Konflikt mit dem Tierschutz, die Fallenjagd. Mir sagen die Jäger, die Fallenjagd ist nicht nur vollkommen unnötig, sondern sie sorgt auch für unnötiges Leid. Immer wieder fallen der Fallenjagd geschützte Arten zum Opfer, beispielsweise die Wildkatze. Von daher fragen Tierschützer zu Recht: Wieso streichen Sie dies nicht aus dem Gesetz?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Da sind wir unterschiedlicher Meinung!)
Ein weiterer Punkt zum Tierschutz. Herr Sürmann hat eben so schön gesagt, der Dachs ist in aller Munde – ich hoffe, nur sprichwörtlich.
Ich bin mir sicher, dass auch Sie die zahlreichen Kettenmails zum Thema Ausweitung der Dachsjagd erhalten haben. Sie sehen an der Reaktion der Bürgerinnen und Bürger, dass wir Nichtjäger relativ viel Misstrauen gegenüber der Jagd hegen.
Es geht auch gar nicht darum, eine Aktion „Ein Herz für Dachse“ aufzumachen, sondern Sie müssen genau argumentieren, wieso eine Art, die noch vor einiger Zeit fast ausgerottet war, jetzt wieder ausgedehnt bejagt werden muss. Da sind uns Ihre Motive schleierhaft.
Mir ist nicht klar, ob das Hunger auf delikaten Dachsschinken ist oder ob es nachvollziehbare ökologische Gründe dafür gibt.
Der zweite Punkt, bei dem wir Konflikte sehen, ist die Wildfütterung. An dieser Stelle ist Ihr Gesetzentwurf – das billige ich Ihnen zu – weiter gehend als das, was die SPD seinerzeit beantragt hat. Aber Sie gehen immer noch nicht den richtigen Schritt in Richtung eines kompletten Verbots. Für uns ist klar: Wildfütterungen müssen ohne Wenn und Aber verboten werden. Wild heißt Wild, da es natürlich, ohne Fütterung durch den Menschen, hier leben können soll. Wir wollen keine Hintertürchen, und wir wollen auch keine Kirrungen. Denn gerade die Kirrungen – so ist die Erfahrung – laufen vollkommen aus dem Ruder und führen quasi zu einer zweiten Wildfütterung.
Wie unsinnig die Wildfütterung ist, Herr Kollege Dr. Arnold, lässt sich auch daran zeigen, wie wenige Arten davon profitieren. Anders herum gefragt: Welche Jäger füttern eigentlich Wildkatzen, Marder, Füchse, Wiesel, Wachteln, Gänse, Schnepfen, Blesshühner, Haubentaucher, Trappen, Reiher und Raben in Notzeiten?
Erleiden diese Arten den Hungertod in Notzeiten? All das sind doch auch Tiere in der Obhut der Jäger mit Hegeverpflichtung. Für uns ist daher klar: Die Wildfütterungen sind wildbiologisch kontraproduktiv und müssen abgestellt werden.