Protokoll der Sitzung vom 03.03.2011

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Damit leite ich zum dritten Punkt über, dem Wald-WildKonflikt. Es ist für den Wald traurig, wie hier die Augen vor den Problemen verschlossen werden. Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, wie stark der Wald unter der hohen Wilddichte leidet. Für uns ist klar: Die Wilddichte muss so herunterreguliert werden, dass sich der Wald natürlich verjüngen kann. Jedes Jahr geben die hessischen Waldbesitzer, darunter wir mit Hessen-Forst, sehr viel Geld für Pflanzungen, für Einzelschutzmaßnahmen und für Gatter aus, damit unser Wald überhaupt noch nachwächst. Hier müsste das Jagdgesetz verändert werden, sodass Jäger mehr in die Pflicht genommen werden können. Wir GRÜNEN sind Freunde des Waldes, daher wollen wir, dass die Jäger ihren Aufgaben gerecht werden und für eine vernünftige Wilddichte im Wald sorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))

Sehr geehrte Damen und Herren, auf dem Landesjägertag am 8. Mai letzten Jahres in Bad Nauheim wurden ganz große Gesten verteilt. Redner der Regierungsfraktionen haben gesagt, man sei interessiert daran, ein gemeinsames Gesetz mit der Opposition hinzubekommen. Diese Ankündigung blieb folgenlos. Wenn ich mir das Produkt Ihrer langen Beratungen zum Jagdgesetz anschaue, weiß ich auch, wieso, und bin froh, dass unsere Fraktion nicht zu den Antragstellern gehört.

Wir GRÜNEN sehen sowohl in dem Gesetzentwurf der SPD wie auch in dem von CDU und FDP große Chancen vergeben und werden daher in Kürze einen eigenen Gesetzentwurf einbringen, der Ihnen allen nicht gefallen wird.

(Mario Döweling (FDP): Das könnt ihr euch sparen!)

Das werden wir uns nicht sparen; denn wir wollen die Unterschiede klarmachen zwischen einseitiger Lobbypolitik und einem Interessenausgleich in der Jagd.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der folgenden Abstimmung werden wir den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ablehnen, da er hinsichtlich der Wildfütterung noch schlechter ist als das, was von Union und FDP vorgelegt wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Döweling von der FDP-Fraktion das Wort.

Lieber Herr Kollege May, vertiefte Sachkenntnis verhindert offensichtlich die muntere Debatte. Das kann man bei Ihnen wieder sehen.

Was Sie hier erzählt haben, ist unglaublich. Sie haben die ideologische Schublade ganz tief aufgemacht und die ältesten Sachen aus Ihrem Wahlprogramm herausgeholt. Das ging völlig an der Sache vorbei.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben moniert, die Meinung der FDP sei durch die Jäger unter den Abgeordneten geprägt. Das ist richtig. Jahrelang hat aber der Kollege Heidel dieses Thema bei der FDP betreut, und wir brauchten unsere Meinung nicht zu ändern, weil auch der Kollege etwas von der Sache versteht. Das kann man nämlich auch als Nichtjäger.

(Beifall bei der FDP)

Nur weil der Ökologische Jagdverband – den meinen Sie, wenn Sie sagen, es seien nicht alle berücksichtigt worden –, eine Splittergruppierung im Vergleich zum Landesjagdverband, der die meisten Jäger vertritt,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der hat bestimmt mehr Prozent als die FDP! – Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nicht vertreten ist und sich in dem Gesetzentwurf nicht wiederfindet, heißt das noch lange nicht, dass der Gesetzentwurf schlecht ist, lieber Herr Kollege May.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn ich Ihre Auslassungen zum Thema Fallenjagd höre, muss ich Ihnen sagen: Erstens. Wir nehmen gar keine Änderung bezüglich der Fallenjagd vor. Die ist weiterhin erlaubt. Dafür gibt es eine Fallenjagdverordnung. Wenn Sie sagen, die Falle unterscheide nicht, antworte ich: Das kann man über die Beköderung regeln. Man kann z. B. den Waschbären mit Bananen anlocken. Dann wird keine

Wildkatze oder Ähnliches in die Falle gehen, sondern nur der Waschbär. Das sage ich Ihnen aus fachlicher Sicht.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da brauchen Sie nicht zu lachen. – Gleiches gilt für die Dachse. Da ist Ihr Tierschutzgedanke wieder dahin. Wenn Sie sich einmal den Dachs im Sommer anschauen: Der geht wie ein Staubsauger über die Wiesen und frisst alles, was ihm vor die Schnauze kommt. Der unterscheidet nicht, ob ein Tier geschützt oder nicht geschützt ist. Und dann sagen Sie hier: Die Dachse verursachen keine Schäden. – Die Dachse verursachen aber Schäden, weil der Dachs – –

Herr Kollege, eine Kurzintervention ist auf zwei Minuten begrenzt. Sie haben noch 15 Sekunden Redezeit.

Ein letztes Wort zu den Dachsen. Sie behaupten, die verursachen keine Wildschäden. Wenn die Maisfelder stehen, dann zeige ich Ihnen, was der Dachs dort anrichtet. Das sollten Sie sich einmal anschauen. Dann können wir nochmals darüber reden, ob sich der Dachs seit den Sechzigerjahren, als er begast und der Bestand stark verringert wurde, nicht doch wieder stark verbreitet hat und wir deswegen eine längere Jagdzeit brauchen.

Es gäbe noch vieles zu sagen. aber der Herr Präsident hat mich darauf hingewiesen, dass meine Redezeit zu Ende ist. Ich muss es leider sagen: So einen Unsinn wie das, was von Ihnen gekommen ist, habe ich noch nie gehört.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Zur Replik, Herr May, bitte. Auch hier: zwei Minuten Redezeit.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Möglichkeit, zu entgegnen. – Es ist wenig an Argumenten vorgetragen worden. Von daher müsste ich eigentlich gar nicht entgegnen. Außer Beschimpfungen ist fast gar nichts vorgetragen worden. Wenn Sie aber sagen, da sei etwas aus der ideologischen Schublade hervorgekramt worden: Ich weiß nicht, ob Sie der Debatte aufmerksam gefolgt sind, aber wenn Sie tatsächlich stolz auf Ihren Entwurf sind und sogar eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem Landesjagdverband gemacht haben, dann würde ich nicht davon ausgehen, dass Ihre Position besonders abgewogen ist. Uns Einseitigkeit vorzuwerfen, aber selber die Interessen nur einer Gruppe zu berücksichtigen, ist nicht besonders ausgewogen, sondern eher ärmlich.

Nehmen Sie doch einmal Kontakt mit den Förstern in diesem Lande auf. Lassen Sie sich einmal die Wildschäden zeigen, die wir zu beklagen haben. Dann werden Sie einsehen, dass wir ein Problem und in diesem Bereich Regelungsbedarf haben. Von daher lasse ich mir von Ihnen keine ideologische Politik vorwerfen. Wir betreiben eine realistische Politik, die an den verschiedenen Interessen im Bereich der Jagd orientiert ist.

Und Sie haben gar nicht richtig zugehört, was ich zum Thema Dachs gesagt habe. Ich habe nicht gesagt, dass das vorn vornherein Unsinn ist. Ich habe nur gesagt: Ihre Argumentation greift da viel zu kurz. Sie argumentieren nämlich zu einfach: Sie wollen die Jagdzeit ein bisschen ausweiten, weil Sie den Dachs dann besser bejagen können. Das reicht aber nicht. Sie müssten schon einmal darstellen, wie groß der Bestand ist, wie groß die Schäden sind. Dann können wir uns ganz ideologiefrei darüber austauschen, ob man da eine Änderung herbeiführen möchte. Ich glaube aber nicht, dass das möglich ist, denn Sie haben sich Ihre Meinung schon vom Landesjagdverband diktieren lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus dem Parlament liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Frau Staatsministerin, wenn Sie wollen, können auch Sie zu dem Gesetzentwurf reden. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Hessische Jagdgesetz läuft Ende 2012 aus. Deshalb steht jetzt eine Novellierung an. Die Vorschläge, die wir jetzt vorgelegt haben, zeigen, dass hier mehrere Dinge eingeflossen sind: Erfahrungen aus laufenden Verwaltungsverfahren, neue wissenschaftliche biologische Erkenntnisse, mit Sicherheit auch Ergebnisse von Fachsymposien. Man kann sagen, dass das, was jetzt zur Beratung vorliegt, Sachverstand mit Tierschutz verbindet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deshalb möchte ich auf mehrere Punkte eingehen, die in dem Gesetzentwurf von CDU und FDP enthalten sind. Lassen Sie mich auf das Thema Jagdzeiten eingehen. Durch die Föderalismusreform ist es inzwischen möglich, dass das Land die Jagdzeiten nicht nur verkürzt oder vollständig aufhebt, sondern selbstständig festlegt. Wir haben in Hessen – ich will jetzt nicht die schon angesprochene Nilgans behandeln, sondern die Graugans – die Besonderheit, dass wir in bestimmten Regionen eine besonders große Population von Graugänsen haben und nun die Möglichkeit besteht, vorgezogene Jagdzeiten vom 1. August bis zum 31. Oktober einzuführen. Das bedeutet, dass man die Graugänse gezielt jagen kann, ohne den Vogelzug zu stören, dass man die hier anzutreffenden Tiere im wahrsten Sinne des Wortes treffsicher erreichen kann. Insofern ist es richtig, dass hier die Jagdzeiten vorverlegt wurden, um zum richtigen Zeitpunkt, bevor Schäden bei der Aussaat und beim Auflaufen des Getreides auftreten, ohne bürokratische Ausnahmegenehmigungen, ohne besondere Hemmnisse, ohne die Aufhebung von Schonzeiten, die im Bundesjagdgesetz vorgesehen sind, entsprechend handeln zu können.

Angesprochen wurde auch das Thema Grünbrücken. Das ist ja ein Thema, bei dem hier Konsens besteht. Man schafft Grünbrücken, damit die Tiere unfallfrei über Straßen kommen. Daher würde es relativ wenig Sinn machen, die Tiere im Bereich der Grünbrücken nicht zu schützen. Insofern ist es richtig, dass es in den Brückeneinmündungen eine Wildruhezone geben soll, in der die Tiere – bis auf wenige Ausnahmen, wenn z. B. ein Tier durch den Straßenverkehr verletzt worden sein sollte – nicht bejagt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte die beabsichtigten Änderungen ansprechen, die aufgrund wildbiologischer Erkenntnisse eingeflossen sind. Es ist das Thema Munition, insbesondere die Verwendung von Bleischrot, angesprochen worden. Es ist vollkommen richtig, dass im Gesetzentwurf vorgesehen ist – insofern sind neue Erkenntnisse eingeflossen, was richtig und wichtig ist –, dass Bleischrot nicht bei der Jagd auf Wasserwild eingesetzt werden soll. Der Einsatz von Bleischrot hat negative Auswirkungen sowohl auf die Gewässerökosysteme als auch und insbesondere auf die dort vorkommenden Lebewesen und die entsprechende Nahrungskette, wie man inzwischen weiß. Hervorheben möchte ich an der Stelle aber, dass es auf freiwilliger Basis eine Vereinbarung mit dem Landesjagdverband Hessen gibt, der schon seit Langem kein Bleischrot mehr verwendet, wenn auf Wasserwild geschossen wird. Es ist aber richtig, dass das im Gesetzentwurf entsprechend geregelt wird, weil in der Tat Jagderfolge auch mit anderer Munition erzielt werden können.

Mit dem Entwurf werden auch die ganzjährigen Ablenkfütterungen geregelt. Ich möchte auch auf diesen Bereich ganz kurz eingehen. Wir wissen inzwischen aufgrund neuer Erkenntnisse, dass Ablenkfütterungen nur dann Sinn machen, wenn die Wilddichte rund 1,5 Wildschweine pro km2 beträgt. Wir wissen aber auch, dass wir hier in Hessen andere Wilddichten haben und sich die Ablenkfütterungen in der Tat nicht bewährt haben. Was sich nicht bewährt hat, muss man auch nicht aufrechterhalten. Insofern ist es nur logisch und konsequent, wenn man deshalb eine entsprechende Untersagung vornimmt und nur in besonderen Ausnahmefällen Fütterungen durchgeführt werden dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Angesprochen wurde auch – das zeigt ebenfalls, dass der Gesetzentwurf gut ist und neue Erkenntnisse mit aufnimmt – die Regelung für wiederkäuendes Schalenwild. Hier ist zweierlei mit eingeflossen: Der eine Punkt ist die Erkenntnis, dass Schalenwild eigentlich genug Futter findet und nur in Ausnahmefällen gefüttert werden muss. Deshalb können Fütterungen auch nur in Ausnahmefällen zugelassen werden.

Es ist auch völlig richtig, in dem Gesetzentwurf zu regeln, dass in den Zeiten, in denen es eher schadet, kein Saftfutter zugeführt werden darf. Man weiß inzwischen, dass sich die Tiere ansonsten faserreiche Kost suchen. Faserreiche Kost bedeutet wiederum, dass sie Baumrinde fressen. Baumrinde zu fressen heißt, den Wald zu schädigen. Insofern ist das mit Sicherheit eine sehr gute Regelung, die den neuen Erkenntnissen entspricht und auch den Schutz des Waldes gewährleistet.

(Beifall bei der CDU)

Auch eine Regelung zur verkürzten Jagdzeit bei Rotwild ist mit aufgenommen worden. Dort sind ebenfalls neue Erkenntnisse mit eingeflossen. Auch insofern ist das ein innovativer Gesetzentwurf. Wenn man weiß, dass das Rotwild im Winter ein anderes Fressverhalten zeigt als im Sommer und dass die Tiere entsprechende Ruhephasen brauchen, kann man daraus ableiten, dass man die Ruhe möglichst wenig stören sollte. Man stört weniger, wenn die Jagdzeiten verkürzt sind. Auch das ist eine griffige Regelung. Es wird das aufgegriffen, was notwendig ist, um das Rotwild nicht unnötig in den Zeiten zu bejagen, in denen es Ruhe braucht und ansonsten aufgescheucht würde.

Ich komme zu meinen beiden letzten Punkten. Sie beschäftigen sich mit dem Thema Entbürokratisierung. Auch das findet sich in dem Gesetzentwurf wieder. Die Festsetzung des Rehwildabschussplans auf der Ebene der Hegegemeinschaften ist sinnvoll. Drei Jahre lang hat man ein Pilotprojekt dazu durchgeführt, das dann evaluiert wurde. Man weiß aufgrund der Evaluationsergebnisse, dass man damit erreicht, dass es deutlich weniger Genehmigungsverfahren gibt und dass die Eigenverantwortung der Jägerschaft und die Verantwortung der Grundeigentümer oder Jagdgenossenschaften gestärkt werden. Das muss das erklärte Ziel dieses Jagdgesetzes sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Thema Kirrungen ist angesprochen worden. Hier scheint es eine weitgehende Übereinstimmung dahin gehend zu geben, dass dies vereinfacht wird und die entsprechenden Rahmenbedingungen im Gesetz verankert werden. In dem Gesetzentwurf ist die Regelung verankert, dass keine Einzelanträge gestellt werden müssen und dass nicht jedes Mal ein Verwaltungsakt notwendig ist, um eine Kirrung durchzuführen. Es ist dort geregelt, dass die Anzahl und der jeweilige Standort angezeigt werden müssen. Das ist ein entbürokratisiertes Verfahren.

Beim letzten Punkt geht es um das Thema Nachsuche. Man wird einem verletzten Tier nicht erklären können, wo die Reviergrenzen sind. Deshalb ist es aus Tierschutzgründen völlig richtig, dass die Hunde, die dafür ausgebildet sind, die Reviergrenzen überschreiten dürfen und dass die Tiere aufgespürt werden können. Nach dem Bundesjagdgesetz ist das nicht möglich. Da würde es als eine Art Wilddieberei bezeichnet. Mir fehlt im Moment der Begriff dafür. Nach dem Bundesjagdgesetz wäre es nicht möglich, über die jeweiligen Reviergrenzen hinauszugehen. Es dient jedoch dem Schutz des Tieres, das zu erlauben. Deshalb ist es auch sinnvoll, es so zu regeln. Das ist ein Beitrag zum Tierschutz.