Ganz ehrlich, schauen wir uns doch einmal die Diskussion der letzten Monate und Jahre an. Wir sehen dann, dass Schwung hereingekommen ist. Alle Industrie- und Handelskammern, nicht nur die aus Frankfurt, sondern gerade auch die anderen, sind sehr engagiert dabei. Sie bringen ihre Ideen ein. Ich glaube, so wie wir das hier eingebracht haben, werden wir genau auf dem richtigen Weg sein.
Das hat auch die Anhörung bestätigt. Anders, als es die Vertreter der Opposition noch bei der Einbringung gesagt haben, wurde gesagt: Wir wollen keinen Mehrzweckpflichtverband, lasst uns bitte mit Mehrzweckpflichtverbänden in Ruhe. – Genau das werden wir auch in Zukunft tun. – Vielen Dank.
(Beifall des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Florian Rentsch (FDP): Ja, das ist ihm peinlich!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Müller, ja, die Region Frankfurt/Rhein-Main, dieser Ballungsraum, ist für dieses Land von zentraler Bedeutung. Sie ist der wirtschaftliche Herzmuskel des Landes. Es bleibt aber leider auch dabei: Dieses Gesetzeswerk wird keinen Beitrag dazu leisten, die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main im Konzert der europäischen Metropolregionen zu stärken.
Das Gegenteil ist sogar der Fall. Sie haben vor, die Region im Status quo quasi schockzufrosten. Diese Kritik ist während der Anhörung sehr deutlich geworden.
Die während der Anhörung geäußerte Kritik war nicht nur deutlich. Sie war auch konstruktiv. Die Vertreter der Kreise, Städte und Gemeinden, aber auch die der Wirtschaft, haben sehr deutlich gemacht, dass sie stärker als Region Frankfurt/Rhein-Main zusammenarbeiten wollen, als Sie ihnen das zugestehen wollen.
Sie haben in der Anhörung auch noch einmal die vergebene Chance einer Internationalen Bauausstellung Frankfurt/Rhein-Main beklagt. Der haben Sie vor etwa eineinhalb Jahren von hier aus eine Beerdigung dritter Klasse beschert. Das wurde explizit noch einmal als eine vergebene Chance für diese Region angesprochen.
Sie wollen das in der Region mit einem räumlichen Zuschnitt machen, der den funktionalen realen Gegebenheiten nicht entspricht. Auf der anderen Seite wundern Sie sich dann auch noch darüber, dass die Sonderstatusstädte nicht am Katzentisch sitzen wollen.
Das Entgegenkommen der Landesregierung nach der Anhörung ist faktisch keines. Herr Ministerpräsident Bouffier hat etwas auf dem Neujahrsempfang der IHK mitgeteilt. Ich darf da aus der Presseerklärung der IHK zitieren:
Ministerpräsident Bouffier sagte,... In einem ersten Schritt würden der Wirtschaft im Regionalvorstand drei Sitze zur Verfügung gestellt.
Das mussten Sie und Herr Kollege Beuth am nächsten Tag wieder einzufangen versuchen, indem Sie klargemacht haben, dass diese drei Sitze mit beratender Stimme eben nicht exklusiv der Wirtschaft, sondern allen, die daran Interesse anmelden, zur Verfügung stehen. Das zeigt: Der Ministerpräsident hatte sich offensichtlich vergaloppiert.
Wenige Stunden vor der Ausschusssitzung haben Sie im Schweinsgalopp noch einen Änderungsantrag eingebracht, in dem es plötzlich heißt, jetzt sollen es fünf Sitze werden, ohne dass Sie sauber begründet hätten, warum Sie auf einmal auf diese Zahl gekommen sind. Ob dieser handwerklichen Fertigkeiten wird man schon stutzig. Ob es so oder so kommen wird, ob es drei oder fünf Sitze sein werden, es werden keine Sitze für Personen mit Entscheidungskraft sein, es werden Sitze für Personen mit beratender Stimme sein.
Das heißt, dass Sie die Sonderstatusstädte Hanau, Rüsselsheim und Bad Homburg – das sind immerhin rund 200.000 Bürgerinnen und Bürger –, die sich seit Jahren erheblich in der Region und für die Region engagieren, von den Entscheidungsprozessen ausschließen werden.
Die Wirtschaft, die Sonderstatusstädte und wer auch immer noch sollen sich um die fünf Sitze beim Regionalvorstand bewerben, der dann mit Zweidrittelmehrheit entscheiden soll. Ich frage Sie: Anhand welcher Kriterien soll das eigentlich geschehen? Geht das dann nach Sympathie, nach dem Geld, das mitgebracht wird, nach alten Freundschaften oder Performance? Wird es am Ende dabei sogar um so etwas wie Parteizugehörigkeit gehen?
Es darf Sie doch überhaupt nicht wundern, dass sich die Sonderstatusstädte ausgebootet fühlen. Denn der von Ihnen vorgesehenen Aufweitung liegt keine erkennbare Systematik zugrunde. Das atmet lediglich den Wunsch, die Kritik der Wirtschaftsverbände, die sehr massiv war, zum Verstummen zu bringen. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass das auf lange Sicht zum Scheitern des Gesetzes beitragen wird.
Ich will noch einmal unsere Kritik an der einzigen substanziellen Änderung im Vergleich zum Referentenentwurf wiederholen. Statt einem wollen Sie plötzlich zwei hauptamtliche Beigeordnete verankern. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat seinerzeit alles Notwendige dazu gesagt. Auch hier darf ich zitieren:
Der zweite, neu geschaffene Posten soll an die FDP gehen, vorausgesetzt, nach der Kommunalwahl gelten die gleichen Mehrheiten wie vor der Wahl.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Es bleibt dabei: Dieses Gesetz wird keinen Beitrag zur Stärkung der Region leisten. – Wir GRÜNE wollen ein direkt gewähltes Regionalparlament als Teil eines Regionalkreises haben. Ohne direkte demokratische Legitimation und ohne Menschen, die sich zuvörderst der Region als Ganzes verpflichtet fühlen, springt jedes Gesetzesvorhaben zu kurz. Auch das wurde in der Anhörung beim Vergleich mit erfolgreichen Regionen – Hannover und Stuttgart waren da Beispiele – sehr deutlich.
Ihre Regionalpolitik ist einzig von einem Wunsch beseelt: Die Regionen dürfen nie so stark werden, dass sie die Position der Landesregierung schwächen könnten. – Nach dieser Devise haben Sie beim Wunsch von Landkreis und Stadt Kassel reagiert, und so verfahren Sie leider auch mit der Region Frankfurt/Rhein-Main. Sie haben sich trotz der massiv vorgetragenen Kritik in der Anhörung entschieden, an diesem unzureichenden Gesetzentwurf festzuhalten. Sie haben sich entschieden, der sich gerade stärker zusammenfindenden Region die Instrumente, die sie braucht und einfordert, nicht zur Verfügung zu stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich zum Pult gegangen bin, habe ich noch einmal auf den Plätzen nachgesehen und mich vergewissert, dass von CDU und FDP wirklich kein Änderungsantrag mehr auf den Tischen liegt, lieber Herr Kollege Klose. Scheinbar ist die Zeit der Neujahrsempfänge vorbei, wo der Ministerpräsident irgendwelchen Leuten noch irgendetwas versprechen kann und die Koalition am nächsten Tag hinterherhecheln und das noch schnell in den Entwurf einpflegen muss.
Stattdessen haben wir Ihnen einen Änderungsantrag mit der Drucksachennummer 18/3817 vorgelegt. Auf diesen Änderungsantrag komme ich gleich noch zu sprechen.
Da ich heute Geburtstag habe, wollte ich eigentlich ungewohnte Milde walten lassen. Außerdem bin ich von einem Kollegen der CDU-Fraktion eben angesprochen worden, dass ich ein Hemd aus der Willi-van-Ooyen-Kollektion tragen würde.
Deshalb müsste ich mich an die Friedfertigkeit halten. Es ist aber leider so, dass die Wichtigkeit des Themas für die Region Rhein-Main und der Umgang der Koalitionsfraktionen damit mir dies sehr schwerfallen lassen.
Wie schon in der ersten Lesung muss ich Ihnen erneut sagen, dass sich Ihr Gesetz zwar Metropolregiongesetz nennt, der Zuschnitt aber alles andere als dem einer Metropolregion entspricht. Schon der Titel ist eine Mogelpa
ckung. Die Polyzentrik unserer Region, die gerade ein Vorteil für Frankfurt/Rhein-Main ist, wird mit Ihrem Gesetz schlichtweg vernachlässigt. Dem Anlass des heutigen Tages angepasst, betrachten wir diese Region als Kuchen. In Ihrem Gesetzentwurf fehlen diesem Kuchen ein paar Stücke, und so wird der Kuchen nun einmal nicht rund. Wie will man denn die Kulturlandschaft Frankfurt/RheinMain herausstellen, ohne die große Kulturstadt Wiesbaden zu berücksichtigen?
Wie will man denn das touristische Potenzial der Region ohne die touristische Destination Rheingau herausstellen? Wie soll der Kuchen denn ohne diese fehlenden Stücke rund werden?
Ein Metropolregiongesetz sollte eigentlich Handlungsnormen vorgeben, um der betroffenen Metropolregion an sich eine regionale Verfasstheit und einen regionalpolitischen Rahmen zu sichern. Dieses Gesetz sollte, bildlich gesprochen, die Sahne auf diesem Kuchen sein. Der Zuckerguss dieses untauglichen Gesetzentwurfs ist jedoch nicht in der Lage, ein verbindendes Element von RheinMain zu sein. Ihr Gesetz ist allenfalls ein Zahnstocher, und mit dem kann man nun einmal keine Sahne steif schlagen.
Nehmen Sie das Beispiel Sonderstatusstädte. Sie haben einstimmige Beschlüsse gefasst, dass sie ein Teil dieses Kuchens sein und bleiben wollen; sie wurden nunmehr stattdessen in ihren Rechten beschnitten. Es gibt keinen einzigen triftigen Grund, warum diese kein Stimmrecht mehr im neu zu gründenden Regionalvorstand haben sollen. Die Gründe der Größe des Vorstands als Vorwand zu nehmen, haben Sie bereits selbst dadurch konterkariert, dass Ministerpräsident Bouffier aus heiterem Himmel angekündigt hat, der Wirtschaft drei Plätze zur Verfügung zu stellen. Dann haben Sie hastig einen Änderungsantrag auf den Tisch gelegt, der drei zusätzliche Plätze für den Regionalvorstand in Aussicht stellt. Die Wirtschaft haben Sie dabei nicht explizit erwähnt, sondern gesagt, diese Plätze könnten auch für die Sonderstatusstädte sein.
Dann haben Sie nachgerechnet und festgestellt, dass Sie drei Sonderstatusstädte haben. Wenn die Wirtschaft dann zusätzlich vertreten sein soll, reichen diese drei zusätzlichen Plätze nicht aus.
Daraufhin haben Sie einen zweiten Änderungsantrag zu Ihrem eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Mit diesem haben Sie anstelle von drei zusätzlichen Plätzen fünf zusätzliche Plätze eingerichtet. Sie haben aber nicht einmal die Traute, in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben, dass diese Plätze für die Sonderstatusstädte und die Wirtschaft, welche auch immer damit gemeint ist, vorgehalten werden sollen, obwohl Sie zu jeder Gelegenheit sagen, dass Sie genau dies damit meinen.
Wenn die Wirtschaft in den Vorstand kommt, gibt es aber ein Problem. Das wäre ein Dammbruch, wenn Private bei hoheitlichen Aufgaben beteiligt würden. Diesen Malus Ihres Gesetzes haben Sie inzwischen selbst erkannt und schwadronieren, dies könne man durch zwei unterschiedliche Tagesordnungen lösen.