Frau Lannert, Sie haben die Kommunen angesprochen: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat eine Broschüre aufgelegt, in der er beschreibt, dass die Korruption ein großes Problem ist, und fordert, ein Korruptionsregister einzuführen. Auch darüber diskutieren wir im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr derzeit.
Herr Posch, es ist ein Grundsatz liberaler Theorie, dass Demokratie und Kontrolle auch Transparenz und Öffentlichkeit verlangen.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich weiß von liberaler Theorie mehr als Sie, die sich Liberale nennen.
Die Regierung verwaltet die öffentlichen Mittel; die Bürgerinnen und Bürger sind aber die Eigentümer, und sie haben ein Recht darauf, zu erfahren, was mit diesen Mitteln geschieht. Herr Minister, das Wort „Minister“ bedeutet Diener, nicht Eigentümer, und deshalb haben die Menschen ein Recht darauf, zu erfahren, was der Staat mit ihrem Eigentum macht. – Vielen Dank.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor 20 Jahren saß die Hälfte der Bürgermeister des Hochtaunuskreises im Knast! Wir sollten uns einmal überlegen, warum!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Frau Wissler, das, was Sie hier von sich gegeben haben, zeigt, dass Sie einfach nicht wissen, wie die Welt da draußen mit ihrem freien Wettbewerb funktioniert.
Eigentlich möchte ich auch gar nicht mehr groß darauf eingehen. Ich möchte nur eines sagen: Als wir im Rahmen des Konjunkturprogramms die Freivergabegrenzen angehoben haben, waren wir, die FDP-Fraktion, uns durchaus darüber im Klaren, dass das kein einfacher Weg sein würde. Das hatten wir auch in den vorangegangenen Beratungen angemerkt. Ich will aber auch sagen, dass sich in den Beratungen alle vier ernst zu nehmenden Fraktionen darin einig waren, dass dies genau das richtige Instrument zur richtigen Zeit war; denn wir wollten, dass das Geld, das wir in das Konjunkturprogramm gesteckt haben, möglichst schnell bei den Unternehmen ankommt.
Wir wollten auch, dass die Aufträge möglichst an Unternehmen in der Region vergeben werden, sodass die ört
lichen Handwerksbetriebe davon profitieren können. Wir können heute mit Recht sagen: Das ist uns gelungen.
Diese Vergabegrenzen sollen nicht nur, wie es hier immer wieder gesagt wird, der Korruption vorbeugen – das ist eine schmale Gratwanderung, das ist schon richtig –, sondern sie sollen vor allen Dingen auch für Wettbewerb sorgen. Es soll am Ende nämlich nicht so sein, dass bestimmte Unternehmen einen permanenten Draht zu einem öffentlichen Auftraggeber haben, sondern es müssen auch andere Marktteilnehmer die Möglichkeit haben, an solche Projekte heranzukommen und sich an einer Ausschreibung zu beteiligen. Wir haben keinerlei Erkenntnis darüber, ob das heute wirklich so funktioniert.
Das, was Sie hier unterstellen, hat mit der Anhebung der Freigabegrenzen überhaupt nicht zu tun. Was es beim Hessischen Kompetenzzentrum mit den Vorkommnissen bei der Beschaffung auf sich hat, muss man sich einmal genau anschauen.
Ich will Ihnen aber eines sagen: Es gibt Menschen, auch in den Verwaltungen, die sich nicht daran halten. Das hat mit den Freivergabegrenzen überhaupt nichts zu tun, das würde dadurch gar nicht abgedeckt werden. Wenn jemand mit krimineller Energie am Werke ist, nutzen Ihnen die besten Vorschriften nichts mehr. Dann muss die Exekutive tätig werden, und die Menschen, die gegen die geltenden Vorschriften verstoßen, müssen bestraft werden.
Das ist kein Kavaliersdelikt. Wenn sich jemand nicht an die Vorschriften hält, bestechlich ist und Aufträge an bestimmte Personen vergibt, ist das kein Kavaliersdelikt. Das nehmen CDU und FDP sehr ernst.
Frau Kollegin Waschke, es ist sehr schön, dass Sie eben hier Ihren Entwurf für ein Korruptionsbekämpfungsgesetz angeführt haben. Das ist besonders bemerkenswert. Wenn Sie in der Anhörung waren,
muss Ihnen eigentlich relativ schnell klar geworden sein, dass Sie entweder Ihren eigenen Gesetzentwurf möglichst grundlegend korrigieren oder ihn – was das Beste wäre – zurückziehen sollten. Ihnen ist nämlich dieser Entwurf für ein Korruptionsbekämpfungsgesetz um die Ohren gehauen worden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Vergaberecht ist in der Tat eines der kompliziertesten Rechtsgebiete, die wir haben. Deswegen will ich versuchen, mit ein paar Worten Klarheit in die Diskussion zu bringen. Ich glaube nämlich, es geht dort einiges durcheinander, was ich aber mit der Komplexität der Materie entschuldige.
Lassen Sie mich daher als Erstes etwas zu den Freigrenzen und zum Konjunkturprogramm sagen. Wir haben diese Grenzen geändert – das ist schon gesagt worden –, um so schnell wie möglich Aufträge vergeben zu können. Das gilt sowohl für unsere eigenen Aufträge als auch für die Aufträge, die von den Kommunen vergeben worden sind.
Dieser Erlass, in dem es heißt, eine freihändige Vergabe erfolgt bei einem Auftrag bis zu 100.000 €, eine beschränkte Ausschreibung für Bauleistungen bei einem Auftrag bis zu 1 Million €, gilt bis zum Ende des Jahres. Wir werden ihn evaluieren und Sie über die Ergebnisse informieren.
Nach dem jetzigen Stand der Dinge gibt es keine Vorkommnisse – ich habe die gleiche Äußerung wie der Herr Ministerpräsident gemacht –, sodass wir dazu tendieren, diese Grenzen in Zukunft generell beizubehalten. Das ist eine Aussage, die natürlich erst durch die Evaluationsergebnisse belegt werden muss. Aber so weit besteht Klarheit: Wir werden das auswerten, und wir werden mit den Vertretern der Kommunen und der Verbände darüber diskutieren, ob es dort zu Problemen gekommen ist.
Frau Kollegin Wissler, das ist ein bisschen sehr fahrlässig: Es kann überhaupt nicht davon die Rede sein, dass wir etwas auf der Grundlage des Hörensagens machen. Das ist wirklich unverschämt. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Das war ein Zitat, Herr Minister! So ist es formuliert worden!)
Wir haben im Moment keinen Grund zu der Annahme, dass es im Rahmen des Konjunkturprogramms zu Problemen gekommen ist. Dass es unterschiedliche Einschätzungen gibt, ist klar. Die Handwerksbetriebe, gerade diejenigen, die auf diese kleinen Aufträge angewiesen sind, sind sehr zufrieden damit, ein Generalunternehmer möglicherweise nicht, weil er eine andere Interessenlage hat. Das kann ich nachvollziehen.
Um das festzuhalten, sage ich noch einmal: Wir evaluieren. Der Erlass läuft bis zum 31.12., und es gibt die politische Absicht – es sei denn, das wird durch die Ergebnisse konterkariert –, an diesen Freigrenzen festzuhalten. Das wollte ich nur einmal klarstellen.
Wir werden das prüfen, und dann werden wir Sie in diesen Diskussionsprozess einbinden. Dann werden wir entscheiden, ob es so, wie es der Herr Ministerpräsident und ich sowie, glaube ich, der Herr Finanzminister gesagt haben, bei diesen Grenzen bleibt oder nicht.
Lassen Sie mich jetzt zu dem zweiten Punkt kommen, der Transparenz. Herr Klose, ich muss Ihnen eines sagen: Ich glaube, Sie gehen von völlig falschen Sachverhalten aus. In dem Vergabeerlass aus dem Jahr 2007 sind zwei Punkte geregelt, durch die wir mehr Transparenz haben als durch
Jeder Beschaffungsvorgang mit Nutzung der Vergabefreigrenzen ist vollständig zu dokumentieren und vollständig mindestens zehn Jahre lang zu archivieren. Da ist nicht allein das Angebot des Auftragnehmers zu archivieren, sondern alles, was für das Beschaffungsverfahren insgesamt bestimmend war. So ist noch nach Jahren durch die zuständigen Stellen kontrollierbar, ob eine Vergabe ordnungsgemäß ausgeführt wurde. Das gibt es in diesem Umfang in anderen Ländern nicht.
Meine Damen und Herren, weil das etwas durcheinandergeht, lassen Sie mich jetzt den zweiten Aspekt ansprechen, der mit diesem Erlass geregelt wird. Ab bestimmten Grenzwerten ist bei einer beschränkten Ausschreibung und freihändiger Vergabe ein Interessenbekundungsverfahren in der Hessischen Ausschreibungsdatenbank durchzuführen und zu dokumentieren.
Lassen Sie mich das noch einmal sagen: Bei uns ist ein Interessenbekundungsverfahren ab 250.000 € bei Bauleistungen, ab 50.000 € bei Lieferleistungen und ab 80.000 € bei Dienstleistungen durchzuführen. Das Interessenbekundungsverfahren bedeutet Folgendes: Wenn es in der Ausschreibungsbank steht, ist das praktisch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes. – Jeder, der sich da informiert, kann sich gewissermaßen in das Ausschreibungsverfahren einklinken, indem er sein Interesse bekundet. Im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens wird dann entschieden. So etwas gibt es nirgendwo anders.
Jetzt kann man darüber diskutieren, ob die Grenzwerte ausreichend sind. Darüber sollten wir durchaus diskutieren.
Herr Klose, eines finde ich nicht ganz in Ordnung. Beispielsweise wird auch darüber diskutiert, dass der Bund andere Regeln hat. Der Bund hat andere Regeln. Die will ich Ihnen einmal darstellen. Er verlangt die Bekanntmachung über beabsichtigte beschränkte Bauausschreibungen ab 25.000 €. Das ist auf dem Internetportal der jeweiligen Vergabestelle zu veröffentlichen.
Das wurde im Übrigen schon im Ausschuss diskutiert. Wir haben Ihnen auch geschrieben – deswegen will ich das hier noch einmal wiederholen –, dass wir von dieser Regelung relativ wenig halten. Denn es gibt etwa 12.000 öffentliche Auftraggeber. Damit gibt es auch die entsprechende Anzahl an Internetportalen.
Die Veröffentlichung ist da dann zwar zu finden, Sie müssten sich aber auf 12.000 Internetportalen anschauen, ob es da etwas gibt. Damit ist das, vergaberechtlich gesehen, ziemlich ohne Belang.
Wir haben deswegen ein anderes Verfahren. Deswegen habe ich das gerade eben dargestellt. Wir sagen: Wir führen ab den genannten Wertgrenzen ein Interessenbekundungsverfahren durch.
Ich sage es noch einmal: Ich schließe nicht aus, dass es im Vergaberecht Probleme gibt und immer wieder geben wird. Das ist bekannt. Aber wir versuchen, durch diese Regelung ein Höchstmaß an Transparenz sicherzustellen. Durch das Interessenbekundungsverfahren versuchen wir, jedermann die Möglichkeit zu geben, sich in das Vergabeverfahren einzuklinken.