Frau Merkel hat zum Thema Opel-Beteiligung gestern gesagt, dass eine staatliche Beteiligung an Opel ausgeschlossen ist. Herr Ministerpräsident Koch hat sich in der Vergangenheit dazu zum Glück anders ausgedrückt und etwas anderes formuliert. Das finden wir richtig. Herr Koch schließt eine staatliche Beteiligung nicht aus. Das ist aus unserer Sicht auch richtig.
Nach der ganzen Debatte und nach dem, wie die Hütte im ganzen Finanzsektor brennt, und – wie gesagt – welche Folgen entstehen würden, wenn Hypo Real Estate kippen würde, kann ich dem Herrn Ministerpräsidenten nur raten, seinen stellvertretenden Ministerpräsidenten endlich an die Kandare zu nehmen. Ich kann der CDU nur raten, endlich zu zeigen, wer Herr in dieser Regierung ist, und sich nicht immer von der FDP durch die Arena treiben zu lassen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! – Herr Rudolph, durch meine Kandidatur habe ich den von Ihnen seit vielen Jahren geforderten Demokratisierungsprozess bei der CDU eingeleitet. Insofern müssten Sie voll zufrieden sein.
(Lachen und demonstrativer Beifall bei Abgeord- neten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)
Lassen Sie uns jetzt zu Ihrem Antrag kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sprechen über das Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes,das sogenannte Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz – damit wir beim Thema sind. Wenn ich die Überschrift der SPD lese, muss ich feststellen: Herr Kollege Schmitt,
Denn was hat der stellvertretende Ministerpräsident Hahn getan? Der stellvertretende Ministerpräsident Hahn hat seine Sorge um den Finanz- und Wirtschaftsplatz der Bundesrepublik Deutschland ausgedrückt, die schließlich die drittgrößte Wirtschafts- und Handelsnation der Welt ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist seine Pflicht. Darauf hat er einen Eid geleistet. Das muss er meines Erachtens tun.
Herr Schmitt, im Übrigen müssen wir präzise sein. Der Aktienkurs liegt heute Morgen nicht bei 0,77 c, sondern bei 1,15 c. Das beruhigt den Aktionär von Hypo Real Estate nicht, aber das ist ein wesentlicher Unterschied, weil es nahezu 60 % mehr ist als das, was Sie hier genannt haben. – So viel zur Akkuratesse dessen, was Sie hier vortragen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD):Wir sind uns aber einig, dass – –)
Nein, Herr Kollege, wir sind uns nicht darüber einig.Wir sind uns auch nicht darüber einig, dass jeder Aktionär ein Spekulant ist. Ich darf darauf hinweisen: Ich bin nicht der Vertreter von Herrn Flowers.Aber Ihre Parteikollegen in Schleswig-Holstein haben Herrn Flowers in die HSH Nordbank hineingeholt, um diese Bank zu stabilisieren. So schlecht kann er also nicht sein, wenn Ihre eigenen linken Parteigenossen in Schleswig-Holstein dafür sorgen, dass Herr Flowers einen wesentlichen Anteil an einer Staatsbank im Norden unserer Republik hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Übrigen darf ich darauf hinweisen: Es gibt nicht nur Großaktionäre bei der HRE. Es gibt Tausende und Abertausende von Klein- und Kleinstaktionären, die dort ihr Geld eingesetzt haben und die Sie mit diesem Antrag und Ihrer Vorgehensweise ebenso enteignen.
Herr Schäfer-Gümbel, ob das im Sinne dieses Gesetzes und Ihrer Philosophie ist, wage ich zu bezweifeln.
Wir erleben in diesen Tagen die schwerste Wirtschaftsund Finanzkrise in der Geschichte unseres Landes, ausgelöst durch die amerikanische Subprime-Krise.
In Zeiten wie diesen ist es die Aufgabe der Politik und des Staates, schnell und verantwortungsbewusst zu handeln und die Menschen vor den aktuellen Verwerfungen im Wirtschafts- und Finanzsystem so gut wie möglich zu schützen und davor zu warnen, um anschließend gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen.Das ist unsere Aufgabe in der Politik, und das ist Aufgabe des Staates.
Es ist nicht Aufgabe, bei einem sehr ernsten Thema zu polemisieren und handelnde Partner gegenseitig auszuspielen. Das führt nämlich zu Irritationen nicht nur bei den
handelnden Personen und Partnern, sondern insbesondere bei der Bevölkerung.Sie möchte Klarheit,sie möchte fundierte Sachkenntnis haben und nicht irgendwelche oberflächliche Polemik, die darum geht, einen Aktionär, und sei es ein Großaktionär, aus einer Firma herauszudrängen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, durch die Politik ist es gelungen, in einem ersten Schritt den Finanzmarkt durch ein Maßnahmenpaket aus Krediten und Bürgschaften vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Hier ging es um die Rettung und die Sicherstellung eines funktionierenden Finanzmarktes, also um die Sicherstellung eines öffentlichen Gutes zum Wohle der Menschen in unserem Lande, der zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die auf ein funktionierendes Geldund Kreditmarktwesen angewiesen sind, und um nichts anderes.
Zu Recht wurde auf internationaler Bühne verabredet, Banken mit systemischer Bedeutung aufzufangen. Aber es wurde nicht unbedingt gesagt, dass wir diese Banken enteignen müssen. Denn die Enteignung ist ein sehr massiver Eingriff in die Eigentumsgarantie und würde dem Investitionsstandort Deutschland erheblichen Schaden in der international verflochtenen Wirtschaft zufügen.
Deshalb ist unser Appell,dass wir alles versuchen,auch im Rahmen dieses Gesetzes, das verabschiedet wurde, um Möglichkeiten auszuloten, die unterhalb einer Enteignung liegen. Wenn ich die letzten Diskussionen verfolge, auch die Diskussionen, ausgelöst durch die Justizministerin Zypries, die der SPD angehört, dann stelle ich fest, das ist innerhalb dieses Gesetzes möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die angeschlagene Hypo Real Estate ist von ihrer Größe her mit einer Bilanzsumme von über 420 Milliarden c von systemischer Bedeutung. Ein erheblicher Teil des Pfandbriefmarktes in Deutschland besteht aus Hypo-Real-EstateProdukten.
Nein. – Eine Insolvenz hätte eine dramatische Folge für andere Banken, für Sparkassen, für die Genossenschaftsbanken, für Kommunen, für den Staat schlechthin. Darüber hinaus wäre ein Großteil der Einlagen, insbesondere der Privaten, aber auch der privaten sozialen Sicherungssysteme, so z. B. der Pensionsfonds und der Versorgungswerke für alle möglichen Berufsgruppen, gefährdet. Eine Insolvenz der Hypo Real Estate würde uns alle wesentlich mehr kosten als eine geordnete und gezielte Sanierung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Staat trägt neben der Verantwortung für die Bereitstellung öffentlicher Güter auch gegenüber dem Steuerzahler eine Pflicht. Die Hypo Real Estate hat bereits 102 Milliarden c an Kapitalhilfen, auch privaten Kapitalhilfen, und
staatlichen Garantien erhalten und benötigt bis spätestens Ende April weitere zweistellige Milliardenbeträge. Damit ist der Finanzbedarf dieser Bank noch nicht abschließend geklärt. Der Staat braucht daher die Kontrollmöglichkeit über das Geldinstitut; denn nur unter staatlicher Kontrolle kann die Hypo Real Estate am privaten Geldmarkt refinanziert werden und mit der Sanierung beginnen. Ohne hingegen ist eine Insolvenz nicht abzuwenden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Möglichkeit der Enteignung oder die Rettungsübernahme durch das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz muss allerdings wirklich die Ultima Ratio
oder die Ultissima Ratio, wie der amtierende Bundeswirtschaftsminister in den letzten Tagen gesagt hat, sein.
Denn wir dürfen den Finanzplatz, wir dürfen den Wirtschaftsstandort der Bundesrepublik Deutschland nicht einfach gefährden.Wir sind doch darauf angewiesen, dass auch Institutionen, auch Firmen, auch Menschen aus anderen Ländern in diesem Land investieren und finanzieren. Wir sind darauf angewiesen, dass dies in der internationalen Verflechtung unserer Wirtschaft auch in Zukunft nicht gemieden, sondern geradezu gefördert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein dauerhafter Einstieg in die Hypo Real Estate ist darüber hinaus zumindest von unserer Seite nicht geplant. Eine Reprivatisierung nach einer Wiedererholung auf dem Finanzmarkt ist im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben.
Ich komme noch einmal darauf zurück. Meine Damen und Herren, wie kommen Sie mir eigentlich vor? Das, was Sie wollen,die schonungslose Enteignung,ist auch für den Kleinaktionär, der dort mit Tausenden und Abertausenden von Menschen sein Geld eingesetzt hat, weder marktwirtschaftlich noch sozial.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Reif, es geht darum, was wir in Berlin gemeinsam verabredet haben! Reden Sie doch nicht um den Brei herum!)
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, es ist eine außerordentliche Marktradikalität, die Sie hier vornehmen wollen. Das ist die eigentliche Marktradikalität, die Sie immer anprangern.
Sie wollen den Kleinaktionär mit enteignen, weil Sie eine Großaktionärphobie haben. Damit sehen Sie die wirklichen Verhältnisse nicht mehr.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir wollen dem zustimmen, was wir in Berlin verabredet haben! – Janine Wissler (DIE LINKE): Es ist eine Enteignung der Steuerzahler, was hier stattfindet!)