Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Was uns besonders irritiert, ist die Ungleichbehandlung. Lesen Sie einmal in den Archiven der hessischen Zeitungen nach, was denn passiert, wenn irgendein kleiner Sozialverein in der Zeitung steht, der 1.000 € Zuschuss für ein kleines Projekt bekommt. Dann wird er vom Ministerium einen Anruf oder einen Brief erhalten und gefragt werden: Was ist bei euch los? Was passiert mit unseren Mitteln? – Eine Institution, die aber mehrfache Millionenbeträge als Dauerförderung und für kleinere und größere Investitionen bekommt, wird behandelt, als sei das alles belanglos. Hier gibt es eine Ungleichbehandlung, und es stellt sich die Frage: Warum macht die Landesregierung das? Will sie das wissen oder nicht?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Man muss das gar nicht lange ausbreiten. Ich glaube, an der Stelle gilt ganz schlicht: Verantwortlich sind zwei Mi

nisterien. Auch das muss man sehr deutlich sagen. Die spannende Frage richtet sich nicht nur an die Wissenschaftsministerin, sondern logischerweise auch an den Innenminister. Wenn die Wissenschaftsministerin in ihrer Position sagt: „Nein, ich habe nur die Rechtsaufsicht, und ich habe nur bestimmte Teile zu prüfen“, dann, glaube ich, ist es ihre Aufgabe, den Innenminister als Stiftungsaufsicht darüber zu informieren, wenn er nicht von sich aus handelt, dass in einer Stiftung, die das Land mit viel Geld fördert, Unregelmäßigkeiten vermutet werden und dass es Zeit ist, dass die Stiftungsaufsicht einschreitet. Auch das ist etwas, das die Landesregierung nicht gemacht hat.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich will nur mit einer Nebenbemerkung anfügen, dass der eine oder andere, der in Aufsichtsgremien sitzt, sich auch einmal überlegen muss, was passiert. Wenn die Firma BrainNet in bestimmten Aufsichtsratskonstruktionen Aufträge erhält und in anderen nicht, mögen das die Betreffenden auf anderer Ebene mit sich ausmachen. Ich will das gar nicht weiter ausführen. Wer aber heute die Zeitungsberichte über die Horst-Schmidt-Kliniken gelesen hat, weiß, dass es da plötzlich gleiche Personen und gleiche Aufträge gibt. Aber das ist ein anderes Kapitel.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Im Kern geht es darum – und das ist der Punkt, warum wir es im Landtag behandeln –: Das Land Hessen investiert zig Millionen in eine Institution, und wenn diese Institution dann ökonomisch ins Straucheln gerät, respektive Unregelmäßigkeiten vermutet werden, kümmert sie sich dann auch darum? – Wir sagen: Sie wollen nichts wissen. Sie wollen keine Verantwortung für das übernehmen, was dort passiert, und diese Schutzfunktion, die Sie dort übernehmen, wird weder – das ist nur der eine Vorwurf – dem Steuerzahler gerecht, noch – das ist der andere, hierzu gibt ein schönes Zitat: „Der Skandal beginnt mit der Behandlung der Tatsachen“ – schützen Sie den Ruf der European Business School dadurch, dass Sie relativ schnell agieren, damit die Hochschule möglichst schnell aus den Schlagzeilen kommt. Auch das wäre Ihre Aufgabe gewesen – nicht nur, weil Sie diese Einrichtung mögen, sondern weil Sie als Landesregierung verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass Einrichtungen, die sich im Lande Hessen befinden und vom Land Hessen gefördert werden, da ohne Rufschädigung wieder herauskommen. Sie wollen nichts wissen, weil Sie keine Verantwortung übernehmen wollen. Das ist der Punkt, um den es heute geht, und dazu bitte ich um Stellungnahme. – Danke.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Kollege Grumbach. – Das Wort hat Frau Abg. Sorge, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau KühneHörmann, ich will noch einmal ein kleines Stück weiter zurückgehen als der Kollege Grumbach und daran erinnern, wie politisch umstritten diese Finanzierung der neuen Fakultät der EBS von Anfang an war. Es ist zumindest der Opposition, aber auch den staatlichen Hochschu

len und der Gesellschaft nicht verständlich, warum der Aufbau einer juristischen Fakultät einer Privathochschule mit 25 Millionen € subventioniert werden muss, während gleichzeitig die Privathochschulen des Landes – alle zusammen – ungefähr lediglich 3 Millionen € bekommen und vor allem die Mittel für die staatlichen Hochschulen um 30 Millionen € gekürzt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Da das alles so unverständlich ist und Sie es bislang nicht erklären konnten, hat sich von Anfang an der Verdacht genährt, dass es noch andere Interessen gibt, die hier im Spiel sind.

Hier müssen wir jetzt wirklich fragen, was die Landesregierung bewegt, nach wie vor in dieser Art und Weise hinter dem Aufbau zu stehen und zu sagen, dass dies der richtige Weg sei. Wenn wir hören, was in den letzten Monaten und Wochen in den Zeitungen zu dieser European Business School stand – Veruntreuung, teilweise Verhaftung und Wiederfreilassung –, dann stelle ich fest: Das führte nicht nur an der EBS selbst zu einer totalen Verunsicherung, sondern an allen Privathochschulen und natürlich in der Öffentlichkeit, weil keiner nachvollziehen kann, was hier los ist.

Es ist eine sogenannte „Elite-Hochschule für angehende Manager“, wie sie sich selbst bezeichnet. Wir haben es hier mit einem bisherigen Leiter dieser Hochschule zu tun, der 17 Unterfirmen hat, ein absolut undurchsichtiges Geflecht an Firmen, und der unter dem Verdacht steht, aus diesen Firmen heraus Rechnungen an die EBS gestellt zu haben. Zusätzlich relevant für uns ist, dass nicht klar ist, ob bei dieser Veruntreuung auch staatliche Gelder dabei sind.

Frau Kühne-Hörmann, es ist unverständlich, dass Sie sich hier einfach nur als Wirtschaftsprüferin gerieren und nicht die politische Verantwortung für diesen Skandal übernehmen, und das ist ein Skandal in sich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wenn man die Zeitungen liest, dann glaubt man wirklich, dass man es hier mit einem Wirtschaftskrimi zu tun hat. Ich glaube, es wird nicht lange dauern, bis irgendein Autor das in einen Roman aufnimmt. Herr Grumbach hat es schon angedeutet. Inzwischen sind nicht nur Ermittlungen gegen Herrn Jahns, den Leiter, aufgenommen worden, sondern auch gegen Teile des Aufsichtsrats. Es ist wirklich spannend, was bei den staatsanwaltlichen Ermittlungen noch herauskommt.

Wie gesagt, es geht hier nicht nur um einen Imageschaden der EBS selbst, sondern auch um einen deutlichen Imageschaden der Landesregierung, weil sie so sehr mit dem Ausbau der juristischen Fakultät der EBS verbunden ist.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das bedauern Sie!)

Herr Dr. Wagner, ich bedauere es nicht, dass die Landesregierung einen Imageschaden erhält. Das ist mir nur recht, das stimmt. Was ich aber bedauere, ist, wie die Landesregierung mit diesem Konflikt umgeht. Das bedauere ich wirklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen sich einmal überlegen, es ist nicht sehr lange her, dass wir alle erschrocken auf die Finanzmärkte weltweit geschaut haben. Wir haben uns alle gefragt, was an

den Börsen und bei den dafür Ausgebildeten los ist. Wir haben uns alle gefragt, welche Instrumente wir einführen können, damit eben diese Skandale, Verwirrungen und undurchsichtigen Finanzströme nicht mehr so verzwickt werden können, sodass wir es mit einer Riesenfinanz- und -wirtschaftskrise zu tun haben. Da sind eben auch diejenigen, die die Finanzelite der Zukunft ausbilden, nachdenklich geworden, und es gab in diesen Zeiten an den MBASchools, an den Hochschulen für Wirtschaft, Diskussionen, und es wurde überlegt, ob wir hier so etwas Ähnliches wie einen hippokratischen Eid brauchen, den es bei Ärztinnen und Ärzten gibt.

Meine Damen und Herren, das wirklich Absurde ist, dass Herr Prof. Jahns an der Spitze dieser Bewegung stand und sagte: Ich will meine Studierenden in Zukunft mit ethischen Grundvorstellungen ausbilden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Auf der Homepage der EBS steht nach wie vor – ich zitiere –:

Der „Hippokratische Eid“ für Manager verpflichtet Führungskräfte und Absolventen von Business Schools weltweit auf einen gemeinsamen Code of Ethics und soll das Bewusstsein für Werte wie Anstand, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung wieder mehr schärfen. Der „Global Business Oath“ wurde anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2009 in Davos von der Gruppe der „Young Global Leaders“ – unter ihnen EBS-Präsident Christopher Jahns – ins Leben gerufen.

Wenn man das heute auf dieser Homepage liest und kein einziges Wort zu den aktuellen Skandalen und zum Rücktritt des Präsidenten liest, dann fragt man sich wirklich, wo es mit der ethischen Verantwortung dieser Hochschule und dieser Landesregierung hingeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will mich jetzt einmal auf das Verhalten der Landesregierung konzentrieren. Frau Kühne-Hörmann hat sich jetzt schon zweimal im Ausschuss dergestalt geriert, dass sie sagt, sie werde diese Zwischenbescheide auch extern prüfen lassen. Zitat: „Alle anderen Dinge sind nicht Prüfungsgegenstand“. Frau Kühne-Hörmann, das reicht wirklich nicht aus. Wir haben es hier mit einem Skandal an der Spitze der Hochschule zu tun. Wir haben es aber auch mit anderen moralischen Entgleisungen zu tun.

Beispielsweise haben wir eine Feier erleben dürfen – ich war nicht anwesend, aber viele andere hier im Haus waren anwesend –, eine Einweihungsfeier „Wir sind Uni“ im Kurhaus, und wir haben Werbekampagnen erlebt. Die Busse haben wir alle gesehen, die durch Wiesbaden fuhren. Dort stand: „Wir sind Uni“. Dann dürfen wir Monate danach erfahren, dass das noch gar nicht der Fall ist. Da muss man doch einmal aufpassen, auf welche Werbeveranstaltungen man geht und wie diese Hochschule in der Öffentlichkeit auftritt.

Es sind schon 17 Millionen € von den versprochenen 25 Millionen € an die EBS geflossen. Jetzt stellt sich die Frage: Für was wurden diese Mittel ausgegeben? Wurden diese Mittel auch in die Machenschaften des Herrn Jahns verstrickt? Dann hieße das für mich, dass es auf jeden Fall einen sofortigen Stopp weiterer Mittel geben muss und man dieses ganze Projekt noch einmal überdenken muss.

Aber wir müssen auch prüfen, ob in diesen 17 Millionen € Gelder für die Werbekampagne in den Bussen und den Zeitungen sowie für diese Einweihungsfeier enthalten sind, weil das aus meiner Sicht nun wirklich keine staatliche Aufgabe wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Nun hat die Ministerin im Wissenschaftsausschuss angekündigt, dass wir zeitnah alle Schritte, die an der EBS finanziert werden sollten, belegt bekommen. Sie hat angekündigt, dass wir belegt bekommen, für was diese Gelder gezahlt wurden. Sie hat gesagt, das sei vereinbart worden. Es gibt eine Schritt-für-Schritt-Vereinbarung, was von der EBS geleistet werden sollte und was dafür finanziert werden sollte. Der Ausschuss hat letzten Mittwoch getagt. Wenn diese Vereinbarung schwarz auf weiß schon so lange existiert, Frau Kühne-Hörmann, dann frage ich mich, warum wir bis heute nicht einmal diese Liste zur Verfügung gestellt bekommen haben. Es ist wirklich ein Skandal, wie Sie mit diesem Skandal umgehen. Sie vertuschen, Sie fühlen sich nicht zuständig. An der EBS sind Studierende, die für die Zukunft dieses Landes ausgebildet werden. Genau dafür sind Sie zuständig – für die akademische Zukunft dieses Landes.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Danke, Herr Präsident. Mein letzter Satz. – Ich fordere Sie auf: Werden Sie dieser Aufgabe endlich gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Das Wort hat der Abg. Reißer für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte hier einmal in Erinnerung rufen, dass es sich bei der EBS um 1.200 Studenten handelt – junge Menschen, die hervorragend ausgebildet werden. Es handelt sich auch um 120 Mitarbeiter, und es handelt sich um 150 Professoren.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Absolventen werden mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren diese Universität hervorragend ausgebildet verlassen. Alle, die dort ausgebildet worden sind, haben in Zukunft eine herausgehobene Stellung in unserem Land und tragen dazu bei, dass unser Land weiter vorankommt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das, was Sie hier heute Morgen vonseiten der Opposition machen, indem Sie wortreich unterstellen, dass es Verdrehungen gab, dass man dieses und jenes könnte und sollte, und was die Landesregierung alles getan hat – –

(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben nichts getan!)

Wir hatten in dieser Richtung zwei Ausschusssitzungen, in denen die Ministerin für den Bereich, für den wir zustän

dig sind, nämlich die öffentlichen Mittel, ganz klar Auskunft gegeben hat. Das waren die zwei Sitzungen am 6. April und am 26. Januar, die Sie auch genannt haben, Frau Kollegin.

Jetzt ist die Frage zu stellen, wie man diesen Imageschaden, den Sie auch erwähnt haben, nicht weiter forciert, sondern bei den Untersuchungen, die dort anstehen, sehr genau nachschaut.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))