Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schade, es ist so schön!)

Von gradliniger Politik kann da nicht die Rede sein. – Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Kollege Greilich für die FDP-Fraktion.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hält zwei Reden, eine dafür und eine dagegen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war nicht anders zu erwarten. Wenn Herr Frömmrich ans Rednerpult tritt, gibt es Stimmung. Ich will es Ihnen gleich erklären, was Sie offenkundig nicht richtig verstanden haben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der FDP kann man vieles nicht richtig verstehen!)

Also hören Sie gut zu. Es gibt zwei Gründe, weshalb wir uns heute mit diesem Thema beschäftigen. Der erste Grund ist auch von Herrn Kollegen Frömmrich genannt worden: Wir haben eine drastische Zunahme der Spielhallen in Hessen. Von 550 im Jahr 2006 ist die Zahl bis heute auf 850 bis 900 hochgeschnellt. Damit sind die Gefahren der Spielsucht gestiegen. Es gibt eine gestiegene Begleit- und Umfeldkriminalität wie Betrug, Raub und Diebstahl. Das macht staatliches Handeln erforderlich. Das ist der sachliche Grund.

Der zweite Grund hat etwas mit dem GRÜNEN-Klamauk zu tun. Herr Frömmrich und seine Freunde haben gemerkt, dass die Landesregierung einen Gesetzentwurf vorbereitet. Also kamen sie auf die Idee: Wir machen Copy & Paste und legen eine – schlechte – Kopie des Berliner Gesetzentwurfs vor und bringen ihn mit viel Aktionismus ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen, das ist wohl unstreitig, eine Grundlage schaffen, um den Kommunen den nötigen Handlungsrahmen zu geben, um den ausufernden Betrieb von Spielhallen in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken. Das haben wir in der Koalition vereinbart. Das hat Minister Rhein in einem Eckpunktepapier festgelegt. Das wurde jetzt in einen Gesetzentwurf der Landesregierung gegossen, der vom Kabinett verabschiedet wurde. Herr Kollege Frömmrich, da fangen dann die kleinen Unterschiede an.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da bin ich gespannt!)

Wir sind dabei von einem Grundsatz ausgegangen – ein Grundsatz, der Ihnen offensichtlich fremd ist –, nämlich dem Grundsatz: so viel Regulierung wie nötig, aber auch

so wenig Regulierung wie möglich. Das ist das glatte Gegenmodell zum GRÜNEN-Ansatz.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Uns und mir – Herr Kollege Frömmrich, Sie waren der Abschreiber, Sie haben es ja selbst zugegeben – war es wichtig, das Thema mit Augenmaß anzupacken, ohne grüne Regulierungswut und übertriebene Überwachung. Die GRÜNEN bleiben mit ihrem vorliegenden Antrag zur Regulierung der Spielhallen wenig kreativ und gehen auf Kollisionskurs mit der Freiheit der Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Frömmrich hat zugegeben, weitgehend aus einem Berliner Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion abgeschrieben zu haben. Das zeigt einmal mehr, dass von einem echten Engagement der GRÜNEN für die Persönlichkeitsrechte der Menschen nichts zu spüren ist, wenn es ernst und konkret wird. Die GRÜNEN haben eben kein Augenmaß, wenn es um diese Fragen geht.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hä? – Petra Fuhrmann (SPD): Was ist das denn für eine Argumentation?)

Frau Fuhrmann, was ist das für eine Argumentation? Dem ist manchmal sehr schwer zu folgen. Deswegen will ich Ihnen Beispiele aus dem Gesetzentwurf nennen. Vi deo überwachung, § 10 Abs. 1 Ihres Gesetzentwurfs. Wir sind uns einig, Raumüberwachung in Spielhallen brauchen wir. Sie ist erforderlich, um den geschilderten Kriminalitätsformen wirksam begegnen zu können. Sie gehen aber ein ganzes Stück weiter. Sie wollen auch noch die Spielüberwachung. Das bedeutet, jeder einzelne Spieler wird per Video in erheblicher Weise am Gerät überwacht.

Was das mit der Zielsetzung des Gesetzentwurfs zu tun hat, hat bislang keiner erklärt. Ich sage Ihnen: Da ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Oder auf Deutsch, damit es mancher besser versteht: Das ist ohne Augenmaß. Das ist maßlos, das ist grüne Regulierungsund Überwachungswut auf Kosten der Freiheitsrechte unbescholtener Bürger.

(Beifall bei der FDP)

Ich will da nicht missverstanden werden. Das allein ist nicht der Untergang des Rechtsstaats. Aber auch die GRÜNEN sollten sich merken: Freiheit stirbt scheibchenweise.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb gilt auch hier: Wehret den Anfängen. – Frau Kollegin Schulz-Asche, § 10 Abs. 2 Ihres Gesetzentwurfs enthält weitere solcher Scheibchen. Das fängt an mit der Speicherfrist von sieben Tagen. Die Straftaten, um die es geht, werden schnell entdeckt und festgestellt und können entsprechend schnell verfolgt werden.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Deswegen ist eine Speicherfrist von sieben Tagen im Gesetzentwurf überflüssig. In dem Gesetzentwurf der Landesregierung werden Sie eine Speicherfrist von 48 Stunden finden. Das reicht für die praktischen Bedürfnisse vollständig aus.

Danach ist zwingend zu löschen, wenn die Aufzeichnungen nicht für laufende Verfahren steuerlicher oder strafrechtlicher Art benötigt werden. Was sagt der GRÜNENGesetzentwurf dazu? Fehlanzeige. Im Gegenteil, da findet sich die Krönung dessen, was GRÜNE offensichtlich an Gewährleistung von Rechtsstaat empfinden. Die GRÜNEN überlassen in ihrem Gesetzentwurf die Anordnungsbefugnis zur längeren Speicherung den Spielhallenbetreibern. Diejenigen, die die Spielgeräte aufstellen, sollen im Einzelfall entscheiden, wie lange die Videoaufzeichnungen gespeichert werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht das, was sich Liberale unter Rechtsstaat vorstellen.

(Beifall bei der FDP)

Entweder liegen die gesetzlich definierten Voraussetzungen für eine längere Speicherung vor, oder nicht. Das per Anordnung in das Ermessen von Spielhallenbetreibern zu stellen, lehnen wir ab. Wenn hier Ermessen auszuüben ist, dann nicht von den Kasinochefs, sondern von den unserem Rechtsstaat verpflichteten Verfolgungsbehörden, deren Entscheidungen wiederum durch die Gerichte überprüfbar sind.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN ergeht sich außerdem in ausschweifender Bürokratie- und Regulierungswut. Dazu muss man einfach einmal wörtlich zitieren. Ich befürchte, bei der Papierflut, die wir zu bewältigen haben, liest nicht jeder alles Wort für Wort. Nehmen Sie § 6 Abs. 2 des Gesetzentwurfs der GRÜNEN. Dort finden Sie einen Satz mit folgender bemerkenswerter Anordnung zur Bekämpfung der Spielsucht, nehme ich an:

Die Aufstellerin oder der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens jeweils zwei Geräten mit einem Abstand von mindestens 1 m aufzustellen,

es reicht aber noch nicht –

getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 m,

also nicht 0,79 oder 0,81 –

gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante.

Herr Kollege Frömmrich, Sankt Bürokratius lässt grüßen. Die GRÜNEN meinen, jedes Detail regeln zu müssen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht unsere Welt, das ist nicht die Welt, die wir wollen.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Schulz-Asche, auf der anderen Seite zeigt Ihr Gesetzentwurf massive Lücken gerade beim Spielerschutz und bei der Suchtprävention. Daran sollten Sie arbeiten. Es findet sich in dem Gesetzentwurf kein Wort zu Spielersperren, zu der Frage einer Sperrdatei, wie wir sie zum Schutz der Betroffenen schon aus dem Bereich der Spielbanken kennen.

Resümee und Zusammenfassung des Ganzen: Dieser Gesetzentwurf hat kein Augenmaß. Er ist maßlos bei der Einschränkung der Rechte von Bürgern und bei der Regulierung überflüssiger Dinge. Dafür gibt es Fehlanzeigen bei wirklich wichtigen Fragen wie dem Spielerschutz.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Schulz-Asche, das ist der Gesetzentwurf der GRÜNEN. Sie werden verstehen, dass wir da gewisse Unterschiede zu dem Eckpunktepapier sehen. Sie haben schlecht abgeschrieben.

Warten Sie meinetwegen noch ab, bis eventuell der Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht ist. Spätestens dann sollten Sie Ihre misslungene Kopie eines fremden Gesetzentwurfs in der Versenkung verschwinden lassen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Herr Frömmrich hat sich nun für eine Kurzintervention zu Wort gemeldet.

Es macht hier Spaß, weil Sie so aus der Nummer nicht herauskommen, Herr Kollege Greilich.

(Lachen des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich lese Ihnen noch einmal vor, was der Innenminister zur Vorlage unseres Gesetzentwurfs gesagt hat. „Mit Erstaunen hat Innenminister Rhein jetzt den Aktionismus der Landtagsfraktion“ – weil wir vor ihm waren, fand er das nicht so gut – festgestellt. Er sagt, dass der mit dem von ihm demnächst vorgestellten – Herr Kollege Greilich, Sie müssen sich also einmal – –

(Wolfgang Greilich (FDP): Fast!)

„Fast“ heißt nicht, dass das alles Quatsch ist.