Deswegen wird das für Sie auch der Lackmustest bundesweit, ob Sie bereit sind, die volkswirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen, ob Sie auch bereit sind, zu sagen: Ja, die Lottoeinnahmen müssen stabilisiert werden. – Ob das Konstrukt mit den privaten Konzessionen in dem Bereich trägt, werden wir noch vertiefen.
Denn im Juli wollen die Ministerpräsidenten den Staatsvertrag verabschieden. Irgendwann werden wir ihn im Parlament beraten, wenn es geht, nicht am 20. Dezember, um ihn am 21. Dezember zu verabschieden, sondern zeitnah. Dann lade ich Sie auch zu einem gemeinsamen Diskurs ein.
Herr Kollege Rentsch, wir sind an der Sache orientiert. Vielleicht schicken Sie das nächste Mal einen anderen Redner. Dann wird es vielleicht auch für Sie einfacher. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leif Blum (FDP): Das war auch eine Rede, die auf Glücksspiel basiert!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder wird das schon einmal beobachtet haben: Wo gestern noch ein schönes, vielleicht alteingesessenes Einzelhandelsgeschäft war, ist heute eine Spielhalle. Das mag im Einzelfall hinnehmbar sein. Das ist Teil der freien Marktwirtschaft. Aber in den vergangenen Jahren hat diese Entwicklung eine Dimension erreicht, die bedenklich ist. In einer Reihe von Kommunen ist die Ausbreitung von Spielhallen unübersehbar geworden.
Die Zahlen wurden genannt. 2006 waren es noch 550, 2011 sind es schon über 850 Spielhallen in Hessen. Ihre Zahl steigt weiter. Das ist nicht nur ein optisches Problem. Es ist vor allem ein ordnungspolitisches Problem, ein gesundheitspolitisches und auch ein soziales Problem.
Denn ob jemand der Glücksspielsucht anheimfällt oder nicht, das ist oft das eigentliche Glücksspiel, meistens mit einem tragischen Ausgang. Der Übergang vom Glücksspielverhalten mit Spaßcharakter zu einem problematischen Glücksspielverhalten bis hin zur Abhängigkeit ist fließend. Studien belegen, dass rund 60 % der Automatenspieler entweder spielsüchtig oder stark gefährdet sind. Die Zahlen belegen auch: Immer häufiger landen Menschen durch ihre Spielsucht zwangsläufig in der Schuldenfalle. Außerdem bringt die Spielsucht erhebliche Probleme im sozialen Umfeld mit sich. Diese Entwicklung erfordert staatliches Handeln. Darüber dürften wir eigentlich alle einig sein.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der GRÜNEN geht deshalb in Einzelteilen in die richtige Richtung. Er ist ja auch größtenteils von der CDU Berlin abgeschrieben. Was sollte ich anderes sagen?
Aber freilich hat auch die Landesregierung, hat der zuständige Innenminister Boris Rhein mit seiner Vorstellung von Eckpunkten bereits im März dieses Jahres entsprechenden Handlungsbedarf signalisiert
Meine Damen und Herren, es spielt in einer gesetzlichen Regelung schon eine wichtige Rolle, wie schnell man in eine Spielhalle hineingerät. Deshalb ist es wichtig, dass bei einer gesetzlichen Regelung auch Mindestabstände zwischen Spielhallen definiert werden. Es ist wichtig, dass wir die bauliche Ausgestaltung von Spielhallen regeln und hier neue Anforderungen stellen und dass wir auch dafür sorgen, dass es Mehrfachkonzessionen zukünftig nicht mehr gibt.
Damit unterscheidet sich auch das zukünftige Erscheinungsbild in den Städten und Gemeinden. Denn es ist so, dass bei den süchtigen Spielern überwiegend das Spielen an Geldgewinnspielautomaten im Mittelpunkt steht.
Ist man erst einmal in einer Spielhalle angekommen, dann führen größere oder mehrere kleine Gewinne oftmals zu dem bekannten positiven Glücksgefühl. Viele dieser Spielsüchtigen haben bei Befragungen angegeben, am Anfang ihrer Spielsucht habe dieses persönliche Erfolgserlebnis gestanden.
Meine Damen und Herren, deshalb muss in einer gesetzlichen Regelung dafür gesorgt werden, dass die Betreiber von Spielhallen mit in die Pflicht genommen werden. Sie müssen ihre Spieler zu einem verantwortungsvollen Spiel anhalten und nach Möglichkeit der Entstehung von Glücksspielsucht entgegenwirken und über Behandlungsmöglichkeiten informieren.
Es ist deshalb auch richtig, die Spielhallenbetreiber an einem übergreifenden Sperrsystem mitwirken zu lassen. Auch ist es sinnvoll, dass sie die Anträge für Selbstsperren von Spielern entgegennehmen und Ausweiskontrollen durchführen. Erst recht haben Jugendliche in Spielhallen nichts zu suchen.
Meine Damen und Herren, halten wir aber auch hier fest: Überwiegend sind die Glücksspielanbieter und die Spielhallenbetreiber seriöse Unternehmen, die ihrerseits sowohl auf dem Gebiet der Prävention, der Suchtbekämpfung, wie auch des Jugendschutzes engagiert sind. Um aber zu verhindern, dass unzuverlässige Personen Spielhallen betreiben, werden in einer gesetzlichen Regelung künftig auch für die Erteilung von Betriebserlaubnissen weitere Qualifikationsanforderungen auch für das Aufsichtspersonal gestellt werden müssen. Dazu gehören nach unserer Auffassung auch eine Ausweitung der Sperrzeiten sowie die Sonn- und Feiertagsregelung; bei der stellt für uns, die CDU, auch der Karfreitag einen schützenswerten Feiertag dar. Auch das wird dazu beitragen, den permanenten Spielbetrieb zu unterbrechen.
Meine Damen und Herren, die Glücksspielsucht ist eine Krankheit. Ist ein solches Stadium erreicht, dann ist aus dem Spiel bitterer Ernst geworden. Die Zahl der Spielsüchtigen in Hessen schätzt die Hessische Landesstelle für Suchtfragen im Jahr 2010 auf 8.000 bis 20.000 Personen. Bundesweit sollen es mehr als eine halbe Million sein. Bei rund 3,7 Millionen Bundesbürgern geht man vom Vorhandensein von Merkmalen der Suchtgefährdung aus. Das bedeutet, neben dem vielen Leid, das Suchtverhalten und Abhängigkeit mit sich bringen, entstehen auch enorme volkswirtschaftliche Kosten. Niemand gewinnt, aber alle verlieren. Deshalb hat der Staat auch eine Schutzpflicht.
Meine Damen und Herren, der am Montag vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ist, so hoffen wir doch alle, eine richtige Antwort auf diese Gefahren. Die vorgesehenen Maßnahmen werden dazu beitragen, die Begleit- und Umfeldkriminalität einzudämmen. Dies ist nämlich ebenfalls signifikant.
Das Gesetz bekämpft somit die mit dem Glücksspiel verbundenen Probleme von drei Seiten: die Suchtprävention, Spieler- und Jugendschutz sowie die Eindämmung der damit verbundenen Kriminalität. Dies ist ein wirksamer Handlungsrahmen, um den Spielbetrieb in geordnete und überwachte Bahnen lenken zu können. Das Ziel müsste doch für uns alle sein: mehr Sicherheit für die Spieler, mehr Sicherheit für die Bürger und mehr Attraktivität in den Städten.
Am Ende darf ich feststellen: Es ist schön, dass die GRÜNEN die Notwendigkeit für eine solche Regelung erkannt haben und aus den Eckpunkten des Innenministers sowie einem Gesetzentwurf der Berliner CDU einen Gesetzentwurf formuliert haben. Für das Flächenland Hessen ist der Gesetzentwurf der Hessischen Landesregierung sicher der bessere. Das neue Spielhallengesetz dieser Landesregierung wird dann das erste Spielhallengesetz in einem Flächenland sein – ein Glücksfall für Hessen. Wir kennen die Eckpunkte und sind sicher, dass das in die richtige Richtung geht. Diese Eckpunkte sind positiv und werden die Probleme, die ich benannt habe, adäquat lösen können. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl die Gesetzgebungskompetenz zur Erlaubnis und für den Betrieb von Spielhallen bereits seit fünf Jahren bei den Ländern liegt, konnte sich die Landesregierung bisher nicht zu einem Gesetzentwurf durchringen,
(Alexander Bauer (CDU): Kein einziges Bundesland bisher! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Das ist auch kein Argument: Weil es keiner macht, machen wir es auch nicht!)
sondern sie hat bisher lediglich ein Eckpunktepapier der Öffentlichkeit vorgestellt und – wie ich in den letzten Tagen gelesen habe – in dieser Woche dazu einen Kabinettsbeschluss gefasst.
Denn es geht doch darum, den Streit um die Urheberschaft hier konstruktiv zu beenden. Im Lichte des Problems ist mir der doch wurscht. Wir sind hier gemeinsam als Parlament gefragt, und diese Arbeit ist notwendig, weil es dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich der Spielsucht und des Jugendschutzes gibt. Insofern fordere ich Sie auf, diesen Streit, wer von wem abgeschrieben hat, konstruktiv zu beenden. Denn das, was ich bisher gelesen habe, zeigt in vielen Fällen eine Grundübereinstimmung. Der können wir uns im Übrigen als LINKE anschließen – auch das will ich sagen.
In Zahlen ausgedrückt ist das genannte Problem doch Folgendes. Einiges wurde schon dargestellt. Wenn aus einem bundesweiten Forschungsprojekt hervorgeht, dass es 530.000 süchtige Glücksspieler gibt – Herr Minister, das sind die Zahlen aus Ihrer Presseerklärung vom 15. April –, und wenn es 3,7 Millionen Gefährdete gibt, dann ist die Dramatik dieses Problems doch sehr groß. Meine Damen und Herren, wir können doch nicht hergehen und weiter zuschauen, wenn Leute wie die Weihnachtsgänse ausgenommen werden. An dieser Stelle sind wir gefordert.
Insofern ist natürlich der Zuwachs an Spielhallen ein Problem – aber auch die Aussagen der Polizei, dass sich im Umfeld dieser Bereiche die Kriminalität häuft. Auch mit diesem Thema müssen wir uns beschäftigen.
Gemeinsame Ziele, wie ich sie gelesen habe, sowohl aus dem Kabinettsbeschluss wie aus dem Gesetzentwurf der GRÜNEN – den wir begrüßen – sind doch, dass diese Betriebe für mindestens acht Stunden geschlossen werden sollen und dass es einen Mindestabstand von 500 m geben soll. Ja, da gibt es noch Detailfragen in Bezug auf die Anwohnerschaft, auf die Nähe zu Schulen und Kindergärten, den Abstand. Das sind alles wichtige Themen, aber die sind lösbar. Keine Außenwerbung, keine Mehrfachkonzessionen – auch das wurde schon genannt – sowie erhöhte Bußgelder und permanente Videoüberwachung. Herr Greilich, da verstehe ich Ihren kontroversen Beitrag überhaupt nicht. Ich bin weit davon entfernt, die GRÜNEN und Herrn Frömmrich in Schutz zu nehmen. Wenn
(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))
Herr Greilich, wo ist denn jetzt der Konflikt? Man muss ihn doch nicht künstlich herstellen, wenn er überhaupt nicht vorhanden ist.
Lassen Sie uns doch gemeinsam darüber reden, wie wir konstruktiv zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
Über viele Detailfragen werden wir noch zu diskutieren haben. Auch in diesem Rahmen will ich nochmals eine Frage aufwerfen: Meine Damen und Herren, wenn es uns wirklich um den Jugendschutz geht, dann müssen wir doch über das Spielhallengesetz hinaus auch die Frage aufwerfen: Wie ist das mit den Spielautomaten in den Gaststätten?